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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Piper in Januar 10, 2018, 23:36:12 NACHMITTAGS

Titel: Frage zum sogenannten Leitz-Akkomodationstrieb
Beitrag von: Piper in Januar 10, 2018, 23:36:12 NACHMITTAGS
Hallo,

habe eine ziemlich spezielle Frage, aber vielleicht weiß ja zufällig jemand eine Antwort.
Leitz hat ja seinerzeit am HM-Lux 3 den sog. ,,Akkomodationstrieb" eingeführt. Dieser wurde so beschrieben, dass sich bei gleichbleibendem Kurbeln des Fokusknopfs der Objekttisch umso langsamer dem Präparat nähert, je kürzer die Abweichung von Arbeitsabstand des Objektivs bzw. von der vorauszusehenden Fokusebene eines Standard-Präparats ist. Hierdurch sollte vermieden werden, dass ein Einsteiger durch allzu beherztes Drehen am Triebknopf die Fokusebene verpasst und das Objektiv ins Deckglas fährt.

Nun habe ich ein Leitz Dialux 20 EB in die Hände bekommen, bei dessen koaxialer Zweiknopf-Bedienung der Feintrieb ähnlich zu arbeiten scheint, in einer Weise, die mir bisher nicht geläufig war.
Ich kenne nur Dialux 20 Stative, bei denen sich der Feintrieb entsprechend der mir vorliegenden Prospektbeschreibung quasi unbegrenzt drehen lässt, so dass es prinzipiell möglich wäre, den Objekttisch über seine gesamte Hubdistanz nur mittels Feintrieb zu bewegen. Entsprechend läuft auch bei Betätigen des Grobtriebs der Feintriebknopf in zigfacher Drehgeschwindigkeit über die gesamte Tischhubstrecke immer mit, wenn man den Tisch in beiden Richtungen auch über große Distanzen mit dem Grobtrieb bewegt. Und natürlich hebt sich der Tisch in beiden Drehrichtungen des Feintriebs im selben Maß, konkret pro Teilstrich der Trommel um 2 Mikrometer (Werksangabe), unabhängig davon, wie nahe man dem Präparat schon ist.

Das jetzt inspizierte Dialux 20 Stativ verhält sich gänzlich anders. Hier dreht sich der Feintriebknopf bei Betätigen des Grobtriebs nur über etwa eine Umdrehung in der gewohnt schnellen Geschwindigkeit mit, danach verlangsamt sich die Mitbewegung, und nach etwa einer weiteren Umdrehung dreht sich der Feintriebknopf nur noch in der Geschwindigkeit des Grobtriebknopfes weiter. Der Feintrieb selbst bewegt den Objekttisch nur über etwa 2 Umdrehungen, danach bleibt der Tisch stehen, auch wenn man den Feintriebknopf weiter dreht, was unbegrenzt lange geht. Man muss dann erst am Grobtrieb drehen, ehe man wieder neue Verstellreserve im Feintrieb hat. Zusätzlich ist erkennbar, dass bei gleichartigen Drehbewegungen des Feintriebs in beiden Richtungen der Tischhub dann deutlich verlangsamt abläuft, wenn das Präparat dem Objektiv genähert wird, und zusätzlich wird die Annäherungsgeschwindigkeit noch weiter reduziert, wenn man sich der eigentlichen Fokusebene bzw. dem Deckglas nähert. Wenn man das Objektiv über diese eigentliche Fokusebene zum Deckglas hin noch weiter bewegen will, erfordert es noch deutlich mehr Dreharbeit, ehe der Feintrieb "folgt". Und irgendwann bleibt der Tisch stehen, trotz Weiterdrehen des Feintriebs.

Zuerst dachte ich, der Feintrieb wäre in seiner Funktion gestört, aber ich habe den Eindruck, dass er reproduzierbar dasselbe Verhalten zeigt, auch wenn man z.B. den Objektträger um einen Zentimeter aufbockt und den Tisch auf diese Weise zum Fokussieren aus seiner üblichen Arbeitshöhe entfernt.

Vom Effekt her erinnert mich dieses Verhalten an den "Akkomodationstrieb" des HM-Lux 3. In beiden Fällen wird eine übermäßige Annäherung des Objektivs an das Deckglas deutlich erschwert.

Andererseits ist ein solches Fokussieren natürlich für jeden  Anwender gewöhnungsbedürftig, der gleichmäßig arbeitende Feintriebe gewohnt ist. Auf der anderen Seite ergibt sich, dass der Feintrieb bei Bewegung des Objekttisches mit dem Großtrieb vor allem über längere Verstelldistanzen deutlich entlastet wird, weil dessen Umdrehungszahl massiv reduziert wird. Dies könnte bei langjährigem Gebrauch einem Verschleiß des Feintriebs entgegenwirken.

Meine Frage nun: Weiß jemand, ob Leitz bei dem Dialux 20 bzw. D. 20 EB im Laufe der Zeit bei späteren Produktlinien einen so arbeitenden Feintrieb eingebaut hat? Oder handelt es sich womöglich trotz aller Vorüberlegungen und trotz des scheinbar sauberen und reproduzierbaren Arbeitens dieses Feintriebs um eine Funktionsstörung?

Viele Grüße
Jörg