Botanik: Der Hiba-Lebensbaum (Thujopsis dolabrata) *

Begonnen von Fahrenheit, November 02, 2011, 22:27:08 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

auf der letzten Kornrade habe ich im hinteren Teil des Botanischen Gartens Darmstadt einen schönen Baum gefunden, der wohl in die Familien der Zypressen gehört. Eine kleine Probe war schnell genommen, aber mit der genauen Bestimmung sollte es noch etwas dauern, den leider war kein Pflanzschild zu entdecken.

Vor zwei Wochen stand ich dann mehr oder weniger Zufällig vor einem weiteren Exemplar der Art - diesmal im Botanischen Garten Bonn und mit entsprechendem Schildchen. Somit war die Probe als Hiba oder Hiba-Lebensbaum (Thujopsis dolabrata) bestimmt und die Präparation konnte beginnen.

Thujopsis dolabrata ist die einzige Art der Gattung Thujopsis aus der Familie der Zypressengewächse (Cupressaceae). In der Unterfamilie Cupressoideae gibt es u.A. neben den Gattungen Juniperus (Wacholder) und Cupressus (Zypressen) mit mehreren Arten noch 5 weitere monotypische Gattungen wie z.B. den Sandarakbaum (Gliederzypresse Tetraclinis articulata). Insgesamt sind die Cupressaceae eine sehr alte Pflanzenfamilie - erste fossile Nachweise treten schon in den Schichtungen des Jura auf.

Der Hiba selbst ist ein 15 bis in Ausnahmefällen 20 Meter hoher immergrüner Baum mit sehr langsamen Wuchs. Typisch ist seine dünne, graue bis rotbraune Borke, die sich in langen, schmalen Streifen ablöst.
Die Blätter sind mit dem Spross verwachsen und bei einer Länge von 4 bis 7 mm etwa 2 mm breit. Die Blattoberseite ist glänzend dunkel- bis gelbgrün, die Blattunterseite im Zentrum weiß behaart.
Hiba-Lebensbäume sind einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Die männlichen Zapfen sind zylindrisch und dunkelgrün, während die weiblichen mit einem Durchmesser von 1 bis 1,6 cm fast kugelförmig sind. Sie haben sechs bis acht holzigen Zapfenschuppen, in denen sich nach der Befruchtung je drei bis fünf geflügelte, dunkelbraune, länglich-ovale Samen von etwa 5 mm Länge bilden.

Bild 1: Spross des Hiba Lebensbaums mit Blättern

Links die Blattoberseiten, rechts die Blattunterseiten.

Bild 2: Eine schöne Illustration von Philipp Franz von Siebold

Aus  Flora Japonica, Sectio Prima (Tafelband, 1870), gemeinfrei, Quelle: www.biolib.de.

Kurz zur Präparation:

Nach dem freistehenden Schnitt auf dem Handzylindermikrotom (mit Leica Einmalklingen im SHK-Halter, Schnittdicke ca. 50 µm) wurden die in AFE fixierten Schnitte nach gründlichem Wässern mit Rolf-Dieter Müllers W3Asim II gefärbt und in Euparal eingeschlossen. Eine genaue Färbeanleitung kann auf den Seiten des MKB heruntergeladen werden.

Und nun zu den Schnitten:

Bild 3: Übersicht als Makroaufnahme

Aufnahme des Präparates auf dem Objektiv der Canon PS S3IS aufliegend im Super Makro Modus. Leider nicht so schön wie Rolf-Dieters Panoramen. Die Struktur des Querschnitts ist aber gut zu erkennen: in der Mitte der Spross, links und rechts je ein Kantenblatt, oben und unten die Ansätze der Flächenblätter.  
Wohl aufgrund von Harzen oder Alkaloiden ist der ungebleichte Schnitt ordendlich rot überfärbt - und das trotz einer Differenzierung vor dem Entwässern mit Isopropanol. Die verantwortlichen sekundären Pflanzenstoffe hatten wohl während der viermonatigen Lagerung in Ethanol genügend Zeit, sich in der ganzen Probe auszubreiten.
Eine Bleichung mit Klorix 1:4 bringt leichte Besserung, die Präparate liegen aber noch auf der Heizung. Dabei ist Vorsicht angesagt: das Cambium ist sehr empfindlich und bei zu langer Einwirkungszeit wird es zerstört und es löst sich so das Xylem als kleine Scheibe aus dem Schnitt.  

Bild 4a/b: Xylem und Phloem, Bild 4b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus 14 Bildern


Von innen nach außen:
XL  : Xylem mit Tracheiden
MS : Markstrahl
Ca  : Cambium
PL  : Phloem
SPP: sklerifizierte Zellen des Phloemparenchyms
RP  : Rindenparenchym oder schon parenchymatisches Gewebe des mit dem Spross verwachsenen Blattes

Bild 5a/b: Mark und primäres Xylem, Bild 5b mit Beschriftung, Vergrößerung 200x, Stapel aus 8 Bildern


Von innen nach außen:
Ma  : Mark
PXl  : primäres Xylem
PMS : primärer Markstrahl
XL   : Xylem mit Tracheiden

Bild 6a/b: Assimilationsparenchym und Epidermis, Bild 6b mit Beschriftung,m Vergrößerung 200x, Stapel aus 17 Bildern

 
Von innen nach außen:
GZ  : große Zellen ... bei den freien Flächen im Präparat handelt es sich nicht um die Hohlräume eines Aerenchyms.
       Die Reste der Zellmembranen zeigen, dass hier große Zellen mit sehr dünne Zellwänden liegen, die in der Regel angeschnitten sind.
APa : Assimilationsparenchym
Chlp: Chloroplasten in den Zellen des Assimilationsparenchyms
Skl  : Sklerenchymatische Zellen unter der Epidermis
EP  : Epidermis
Cu  : Die ausgeprägte Cuticula ist für den Glanz der Blätter verantwortlich

Bild 7a/b: Ein Sekretgang (Harzgang), Bild 7b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern

   
Von innen nach außen:
SK  : Sekretgang, hier ein Harzgang
DZ  : Drüsenzellen, die innerste Zelllage des Ganges bildet das Harz
WZ : Wandzellen, die den Harzgang gegen das umgebende Gewebe abschließen
Pa  : Die Zellen des umliegenden Parenchyms enthalten wieder Chloroplasten (Chlp), es ist also ein Assimilationsparenchym
HZ : Auch hier wieder die großen Zellkörper, die von den kleineren Parenchymzellen netzartig umschlossen werden.

Bild 8: Moderne Kunst, ein Ausschnitt aus dem Parenchym der Blätter, Vergrößerung 100x, Stapel aus 10 Bildern


Vielen Dank fürs Lesen, Anregungen und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
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Rawfoto

Hallo Joerg

Unglaublich wie produktiv Du bist, schon wieder eine spitzen Produktion. Und das neben der Erneuerung der Homepage ...

Danke fuers Zeigen dieser Raritaet ...

Gruesse aus Wien :-)

Gerhard

Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Fahrenheit

Lieber Gehard,

vielen Dank für Dein Lob! Schön, dass Dir die Schnitte gefallen.
Die starke Rötung hat mich anfangs sehr überrascht, führt aber zu einem interessanten Schnittbild.

Herzliche Grüße
Jörg
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Rolf-Dieter Müller

Lieber Jörg,

zum Übersichtsbild (Bild 3), es ist immer wieder erstaunlich, was Du aus Deiner Kamera herausholst und für solche Übersichten gut geeignet ist.

Mir ist die rötliche Durchfärbung des Schnittes auch gleich aufgefallen und erinnert mich an den einen oder anderen eigenen Koniferenschnitt.

Es werden Zellinhaltsstoffe sein, die hier mit dem Acridinrot und Acriflavin reagieren. Auffallend in Deinen Erläuterungen/Beschriftungen sind die vielen Hinweise auf Harz.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Fahrenheit

Lieber Rolf-Dieter,

ja, die alte S3IS möchte ich nicht missen. Hoffentlich bleibt sie mir noch lange erhalten - ist schon ein bisschen betagt, das gute Stück.  ;)

Beim Harz bin ich mir nicht ganz sicher, daher habe ich im Bild 7b allgemein als Sekretkanal beschriftet. Die Bruchstelle bei der Probenahme war allerdings schon etwas klebrig, daher meine Annahme in Richtung Harze.

Vielleicht kann das jemand bestätigen oder korrigieren? Die Pflanzen der Unterfamilie Cupressoideae sind ja richtige kleine Fabriken: gefunden wurden Camphen, Cedrol, Furfural, Pinen, Sempervirol, Sylvestren und Terpineol und im Kernholz Aromadendrin, Taxifolin, Widdren und Cedrol  (siehe z.B. Erdtman, H. and Pelchowicz, Z. (1956), Die Chemie der Ordnung Cupressales, XII. Mitteil.: Inhaltsstoffe des Kernholzes von Biota orientalis Endl.Chemische Berichte, 89: 341–343. doi: 10.1002/cber.19560890224).

Herzliche Grüße
Jörg

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David 15

Hallo Jörg,

Tolle Dokumentation ! Wie man das von dir gewohnt ist  :)

Viele Grüße
David
''Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.'' ( Albert Schweitzer)

Vorstellung: ''Hier''

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

ein interessanter Beitrag mit super Bildern.
Deinen Hinweis zum Klorix kann ich bestätigen. Das Kambium ist extrem empfindlich. Nach dem Auftragen von Kloris färbt sich der Schnitt dunkler, sowie eine Aufhellung sichtbar wird, unterbreche ich die Bleichung. Bei  Zypressengewächsen habe ich durch Bleichen mit Klorix nicht viel erreicht, die Schnitte bleiben kräftig rot.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Jan Kros

Hallo Jörg
Ich schliesse mich vorige Schreibern an
Herzlichen Gruss
Jan

Fahrenheit

#8
Liebe Freunde,

auch Euch herzlichen Dank für Euer Lob!

Lieber Hans-Jürgen,

ja, Du hast recht: die Differenzierung der Gewebe ist bei den gebleichten Schnitten etwas besser, aber die rote Überfärbung bleibt erhalten. Wenn die Präparate ausgehärtet sind, stelle ich noch mal ein Vergleichsbild ein.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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