Botanik: Neues vom Korallenbaum - Jatropha multifida *

Begonnen von Fahrenheit, März 08, 2012, 21:20:28 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

heute möchte ich Euch einige Bilder vom Spross des Korallenbaums (Jatropha multifida) zeigen, über dessen Blattstiel ich vor einiger Zeit schon einmal berichtet habe:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=7790.0

In diesem alten Thread habe ich schon einiges zur Pflanze selbst gesagt, deshalb hier nur noch mal ganz kurz zur Wiederholung: der Korallenbaum ist ein Wolfsmilchgewächs (Familie Euphorbiaceae). Er ist leicht sukkulent und erreicht Höhen von 2 bis 3 Metern. Auffällig sind die frisch grünen doppelt gefiederten Blätter und die Blütenstände, in denen eine zentrale weibliche Blüte von vielen männlichen Blüten umstanden ist.
Der Milchsaft der Pflanze ist wasserklar bis leicht gelblich und gallertartig. Er oxidiert an der Luft recht schnell zu einer orangeroten Masse.

Hier noch einmal ein Bild unserer Pflanze:

Bild 1: Blüte und Blätter von Jatropha multifida


Zur Präparation:

Die über 4 Tage in AFE fixierten Sprossstücke wurden auf dem Zylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK Halter geschnitten. Die Schnittdicke betrug ca. 50 µm.
Auffällig beim Wechseln des AFE waren die Flocken geronnenen Milchsafts in der Fixierflüssigkeit.

Die Färbung ist auch diesmal wieder W3Asim II. Auch hier noch einmal der Link auf die Färbeanleitung auf den Seiten des MKB: Färbeanleitung W3Asim II zum Download - dritter Punkt von unten.

Und nun zu den Präparaten ...

Bild 2: Totale des Sprossquerschnittes, Makroaufnahme mit Canon Powershot S3is

Der Durchmesser des Sprosses beträgt ca. 11 mm. Zwischen 12 und 3 Uhr sind am Xylemring drei Blattspuren erkennbar.

Vor dem Färben habe ich einige Aufnahmen vom fixierten Material gemacht, die ich hier zusammen mit ähnlichen Ausschnitten aus den fertigen Präparaten zeige.

Bild 3a-c: Übersicht, Bild 3a ungefärbt, Bild 3c mit Beschriftung. Vergrößerung jeweils 50x, Stapel aus 12 bzw. 7 Bildern.



In Bild 3a sind im Bereich des Markparenchyms gelbliche Wolken des Milchsafts zu sehen. Dieser wurde im laufe der Färbung herausgelöst, die fertigen Präparate seigen keinerlei Niederschläge mehr im Mark.
Zur Beschriftung von Bild 3c von innen (rechts) nach außen (links):
MP:  Markparenchym
MK:  Milchkanal, wie er auch im Phloem und dem vorgelagerten Rindenparenchym zu finden ist
PXl:  Primäres Xylem
T:    Tracheen
XL:  Xylem
Ca:  Cambium
Pl:   Phloem
Skl: vom ehemals  vielleicht einmal geschlossenen Sklerenchymring sind nur einzelne Sklerenchymzellennester geblieben
RP:  ein ausgeprägtes Parenchym außerhalb des "Sklerenchymrings" ist das sichtbare Zeichen für die Sukkulenz des Korallenbaums
Per: Periderm als Abschlußgewebe
?:    Verschiedentlich finden sich tief rot gefärbte Ablagerungen in den Intzerzellularräumen der Geweben (Verletzungen?) oder aber
     in schlauchförmigen Zellen mehr oder weniger parallel zur Schnittebene.

Schauen wir uns den Querschnitzt nun in Detailaufnahmen von innen nach außen an. Wir beginnen mit dem Markparenchym.

Bild 4a-c: Markparenchym, Bild 4a und b ungefärbt, Bild 4b mit Beschriftung. Vergrößerung jeweils 200x, Stapel aus 13 bzw. 9 Bildern.



MS-Wolke: Ablagerungen geronnenen Milchsafts
AP:           Amyloplasten
D:            Druse
Die Markrparenchymzellen sind insbesondere nahe beim Xylem bis zum Bersten mit Amyloplasten gefüllt. Diese heben sich auch im gefärbten Schnitt blassgelb ab.
Nach der Färbung sind die Milchsaftwolken verschwunden, es bleibt ein angeschnittener Milchkanal, angefüllt mit tiefrotem Material (ein alter Bekannter!). Hier können wir davon ausgehen, dass es sich um Reste des Milchsaftes handelt.
Auffällig ist allerdings, dass nicht alle Milchkanäle diese Reste enthalten, während sie auch in einigen Tracheen und wie oben schon angedeutet, auch in Interzellularräumen zu finden sind.

Bild 5a/b: Das Xylem, Bild 5a ungefärbt mit Maßstab, Vergrößerung 200x, Stapel aus 8 bzw. 10 Bildern


Auch in den Markstrahlzellen finden sich viele Amyloplasten. Die Tracheen enthalten teilweise die bekannten Artefakte - kann das hier auch geronnener Milchsaft sein?
Auf jeden Fall geht die Koagulation nicht auf die Färbung sondern wenn dann auf die Fixierung zurück, da die Strukturen auch im ungefärbten Schnitt erkennbar sind.

Bild 6: eine Blattspur, Vergrößerung 100x, Stapel aus 12 Bildern


Bild 7a-d: Phloem und Sklerenchymnester. Bild 7a ungefärbt, 7b in polarisiertem Licht, 7d mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 bzw. 8 Bildern




Die Milchkanäle liegen auch im Phloem und dem Rindenparenchym verteilt. In der Pol-Aufnahme 7b zeigt sich, dass die Ränder Doppelbrechend sind.
Die Beschriftung von Bild 7d:
Pl:    Phloem
MK:  Milchkanal
SKL: Sklerenchymnester
RP:   Rindenparenchym
Ap:   Amyloplasten

Bild 8: Koaguliertes Material in einem Geweberiss oberhalb des Phloems, Vergrößerung 100x, Stapel aus 10 Bildern

Ob es sich hier um aufgrund einer Verletzung in den Zellzwischenraum ausgetretenen Milchsaft handelt?

Bild 9: ein Detail aus Bild8, Vergrößerung 400x, Stapel aus 6 Bildern


Bild 10a-c: Rindenparenchym und Periderm, Bild 7c mit Beschriftung, Vergrößerung 200x, Stapel aus 15 bzw. 8 Bildern



Auf Bild 10a sind blaßgrün noch die Reste von Chloroplasten zu erkennen. Beschriftung von Bild 10c:
RP:  Rindenparenchym
D:   Druse
MK: Milchkanal
PD: Phelloderm
PG: Phellogen
PL:  Phellem

Im Rindenparenchym finden sich schlauchförmige Zellen, die annähernd parallel zur Schnittrichtung verlaufen, und auch mit dem dunkelroten Material gefüllt sind.

Bild 11a-d: Milchkanal?, Einzelbilder und Stapel, Vergrößerung 200x.

11a: Einzelaufnahme vom oberen Rand der Struktur

11b: Einzelaufnahme vom unteren Rand der Struktur

11c: Z-Stapel über die gesamte Struktur aus 33 Einzelbildern

11d: Gemessen. Der Schlauch ist ca. 300 µm lang und bis zu 24 µm breit.

Bild 12a/b: Eine Lentizelle zum Abschluss, Bild 12b  mit Maßstab. Vergrößerung 200x, Stapel aus 12 Bildern


Der Außendurchmesser der Lentizelle beträgt ca. 580 µm, innen sind rund 240 mm. Die Tiefe beträgt etwa 265 µm.

Vielen Dank fürs Anschauen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg  
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Ronald Schulte

Jörg,

Da hast du wider eine Arbeit geleistet! Toll wie du immer deine Beiträge Dokumentierst. Zum Inhalt weis ich aber nichts aber ich glaub es dir  ;)
Die Wackerfärbung liefert dir immer wunderschöne Färben, das ist leider in die Histologie nicht immer der Fall.
Ich mag Bild 7 c und d sehr.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jan Kros

Hallo Jörg
Ich schliesse mich Ronald an
Herzlichen Gruss
Jan

Holger Adelmann

Wiederum eine sehr schöne Arbeit, lieber Jörg.

Ich denke auch dass die rotgefärbten Massen geronnenen Milchsaft darstellen.

Dann ist der Schlauch in Bild 11 wohl auch ein Milchkanal...
Warum der aber ohne erkennbaren Blattansatz in der Horizontalen verläuft ist mir nicht klar  ???

Herzliche Grüsse
Holger


Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

eine sehr interessante Arbeit.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Frank Fox

Hallo lieber Jörg,

da hast Du Dir mal wieder sehr viel Arbeit gemacht,
und das mit Erfolg.
Toller Beitrag!

Herzliche Grüße
Frank
Mikrofotografie
www.mikro-foto.de
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Faszination Mikroskopie
www.dustri.com/nc/de/hachinger-verlag/category/sachbuch.html

Zeitschrift Mikroskopie
http://www.mikroskopie-journal.de/

YouTube - Kanal
www.youtube.com/channel/UC32f7n_zGHMphTHSTC5wylg

David 15

Lieber Jörg,

Ich schließe mich den anderen Schreibern an. Grandioser Beitrag !
Zu deinen Fragen habe ich leider keine Antwort. Ich glaube aber nicht, dass es sich bei den Artefakten in den Tracheen um Milchsaft handelt. Der hätte dort zumindest nichts verloren ?!

Herzliche Grüße
David
''Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.'' ( Albert Schweitzer)

Vorstellung: ''Hier''

Fahrenheit

#7
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob! Es freut mich sehr, dass Euch die Schnitte und Bilder gefallen.

Lieber Ronald,

mein Favorit ist Bild 5b. Da werde ich wohl einen großen Abzug auf Leinwand von machen.
Die Färbung ist nicht W3A sondern W3Asim II, eine Weiterentwicklung von Rolf-Dieter Müller, mit dem Ziel, möglichst viele Vorteile der Dreifachfärbung von Robin Wacker in eine einfach zu handhabende Simultanfärbung zu retten.

Lieber Holger,

ja, ich denke auch, dass es sich bei den Gebilden (es handelt sich nicht um ein Einzelstück, aber um das größte Exemplar in meinen Präparaten) um Milchkanäle handelt.

Lieber David,

ja, in den Tracheen hat der Milchsaft nichts zu suchen. Es wird sich aber wohl nur um eine Komponente des Sekretgemisches Milchsaft handeln, dass vielleicht bei der Präparation in die Tracheen eingedrungen ist. Andererseits haben wir exakt diese Strukturen schon in vielen Schnitten hier gesehen, auch bei Pflanzen, die nicht der Familie der Wolfsmilchgewächse angehören.
Ich gestehe, ich glaube nicht, dass wir das Rätsel diesmal nach allen Seiten zufriedenstellend lösen werden. Zumal es auch ein Argument gibt, das gegen den Milchsaft spricht: die Wolken in Bild 4a müssten dann in den gefärbten Schnitten als rot-oranger Niederschlag zu finden sein, sind sie aber nicht.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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