Botanik: Der Bittersüße Nachtschatten (Solanum dulcamara) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, September 27, 2012, 17:36:22 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

der Gattungsname Solanum ist vom lateinischen Wort "solumen" abgeleitet welches mit "Trost" oder "Beruhigung" übersetzt werden kann. Die Namenswahl rührt von der Verwendung des Nachtschattens als Schmerzmittel her. Der deutsche Name wird von "Nachtschaden" abgeleitet, einem Wort, das im Mittelalter soviel wie "Alptraum" bedeutete.
Die Gattung Solanum, Nachtschatten, umfasst etwa 1500 kosmopolitisch verbreitete Arten und ist damit wahrscheinlich die artenreichste Gattung der Blütenpflanzen, der sich auch Nutzpflanzen wie Kartoffel, Paprika und Tomate zuordnen lassen. Die Blüten verraten die Verwandtschaft zur Kartoffel.
Die Pflanze ist ein Halbstrauch.
Der Halbstrauch ist eine ausdauernde Pflanze, die unten verholzt, deren Zweige der aktuellen Vegetationsperiode hingegen nicht verholzt sind. Er steht in seinen Eigenschaften zwischen krautiger Pflanze und Strauch. Die nicht verholzten Pflanzenteile sterben am Ende der Vegetationsperiode ab. Der Neuaustrieb zu Beginn der Vegetationsperiode erfolgt aus den verholzten Pflanzenteilen. Blüten und Früchte sind meistens an den einjährigen Trieben.

Systematik:

Ordnung: Nachtschattenartige (Solanales)
Familie: Nachtschattengewächse (Solanaceae)
Gattung: Nachtschatten (Solanum)
Art: Bittersüßer Nachtschatten
Wissenschaftlicher Name:  Solanum dulcamara
Volkstümliche Bezeichnung: Bittersüß oder Hundbeere, Mäuseholz, Mausholz, Natter(n)holz, Pissranken, Rote Hundsbeere, Saurebe, Stinkteufel, Süßstoff, Teufelsklatten, Waldnachtschatten, Wasserranke, Wolfsbeere, Jelängerjelieber, Alpranke,  Bittersuess, Hinschkraut

Bild 01 Illustration

Solanum dulcamara ist eine strauchartige, ausdauernde Pflanze, welche rankend nach oben wächst. Sie gehört zu den Spreizklimmern:  sie durchwächst vorhandenes Geäst und verhindert  das Zurückrutschen der Ranken durch die Ausbildung von Seitentrieben.
Original book source: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany
Quelle: www.biolib.de     Dieses Bild ist gemeinfrei.

Bild 02  Einjähriger Trieb, Solanum dulcamara

Die Blütezeit des Bittersüßen Nachtschatten erstreckt sich über die ganze Vegetationsperiode, so dass an einer Pflanze von der Blütenknospe bis zur reifen Beere alle Fruchtstadien (unreife grüne und reife rote Beeren) zu finden sind.

Bild 03 Solanum dulcamara

Einfaches  Blatt mit Fraßspuren

Die ganze Pflanze ist stark giftig. Tödliche Vergiftungen mit der Pflanze sind in der Literatur beschrieben. Kinder benutzten den Saft der Pflanze zur Färbung der Lippen.
In der Gefährlichkeit wird die Reihenfolge reife Beeren < Sprossachse < Blätter < unreife, grüne Beeren angegeben.
Als tödliche Dosis werden 10 Früchte angegeben. Der Tod erfolgt im Koma durch eine Lähmung  der Atmung. Alle Pflanzenteile enthalten Steroidalkaloide und mit diesen verwandte Saponine. Der Bittersüße Nachtschatten enthält im Kraut bis zu 3%, in der Wurzel bis zu 1,4% und in den unreifen Früchten bis zu 0,6% Steroidalkaloide.

Verholzter Spross, Querschnitt, 30 µm

Bild 04   Schnittstelle, verholzter Spross


Bild 05  Angeschnittener  hohler  Spross


Bild 06  Eingespannter Spross im Probenhalter vom Reichert Mikrotom


SAC-Färbung

Eine Dreifachfärbung mit Safranin-Astrablau-Chrysoidin (SAC-Färbung) von Rolf-Dieter Müller zusammengestellt und beschrieben.

Schneiden mit 70% Ethanol.
Fixieren in 70 % Ethanol mindestens 1 Stunde, besser über Nacht.
Fixiermittel auswaschen in 70 % Ethanol,  5 Minuten.
über
50 % Ethanol, 3  Minuten.
30 % Ethanol, 3  Minuten.
in Wasser entmin., 3 x wechseln je 1 Minute.
Färben mit
Safranin ( 25 Minuten)
3 x gut spülen in Wasser
Differenzieren in Salzsäurealkohol
5 x gut spülen in Wasser
Astrablau (30 Sekunden)
3 x spülen in Wasser
Chrysoidin (10 Minuten).
In Wasser entmin. auswaschen, 1 x wechseln, je 1 Minute.
In 100% Isopropylalokohol, sorgfältig entwässern, >2x wechseln
1. Stufe = 30 Sekunden,
2. Stufe = 3 Minuten,
3. Stufe = 5 Minuten.
Einschließen in Euparal.

Bild 07  Übersicht, Solanum dulcamara


Bild 08  Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Solanum dulcamara

EP = Epidermis, PHE = Phellem, PLG = Phellogen, PLD = Phelloderm, R = Rindenparenchym, PH = Phloem, K = Kambium, T = Trachee, XY = Xylem

Bild 09  Vergrößerung, Solanum dulcamara


Bild 10 AF – Fluoreszenzaufnahme, Spross, Solanum dulcamara

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 519 IF.

Einjähriger Trieb, nicht verholzt, Querschnitt, 40 µm

Bild 11  Schnittstelle


Bild 12  Übersicht, Solanum dulcamara


Bild 13  Vergrößerung aus der Übersicht, Solanum dulcamara


Bild 14 AF – Fluoreszenzaufnahme, Spross, Solanum dulcamara

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 519 IF.

Bild 15  Gegenüberstellung


Blattstiel, Querschnitt, 40 µm

Bild 16  Übersicht, Solanum dulcamara


Bild 17  Vergrößerung, Solanum dulcamara


Wurzel, Querschnitt, 40 µm

Bild 18  Schnittstelle


Bild 19  Übersicht, Solanum dulcamara


Bild 20  Vergrößerung, Solanum dulcamara


Quellen:

Sitte, Weiler, Kadereit, Bresinsky, Körner "Strasburger - Lehrbuch der Botanik",35. Auflage, Spektrum-Verlag, 2002
Schmeil, Fitschen "Flora von Deutschland und angrenzender Länder", 89. Auflage, Quelle & Meyer, 2000
http://www.biologie.uni-ulm.de/lehre/bestueb/solanace.htm
http://www.catbull.com/alamut/Lexikon/Indexe/Tropanalkaloide.htm
http://www.giftpflanzen.com/solanum_dulcamara.html

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen




Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Rawfoto

Hallo Hans-Jürgen

Das ist Dir wieder spitze gelungen ==> Gratulation ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Mila

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für die wunderschöne Dokumentation zu einer meiner absoluten Lieblingsheilpflanzen. Sie wächst auch bei mir im Garten.

Viele Grüße
Mila

Rolf-Dieter Müller

Lieber Hans-Jürgen,

ich bin unterwegs, habe gerade ein paar Schneideübungen gemacht und sehe danach Deinen schönen Beitrag mit den gut ausdifferenzierten Färbungen. Das macht laune.

Zitat von: Mila in September 27, 2012, 19:08:45 NACHMITTAGS
...
zu einer meiner absoluten Lieblingsheilpflanzen. Sie wächst auch bei mir im Garten.
...

Mila, ich weiß ja jetzt wie Dein Garten angelegt ist, mit all den Schätzen, die man nur erahnen kann. Wir müssen also im Gespräch bleiben.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

ich danke für das Interesse und Euer Lob.

@ Mila,

Deine Lieblingsheilpflanze hätte ich beim Spaziergang mit unserem Hund beinahe übersehen. Nur die roten Beeren sind jetzt im September auffällig.

@ Rolf-Dieter,

das ausdifferenzierten mit Salzsäurealkohol ist schwierig. Je nach Schnittdicke beträgt die Zeitspanne manchmal nur wenige Sekunden.
Bei dieser SAC-Färbung ist eine Schnittdicke von 40 Mikrometern ideal. Dünnere Schnitt sind für mich zu blass.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deinen schönen und umfassenden beitrag zum Bittersüßen Nachtschatten!

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

#6
Lieber Jörg,

danke für Dein Lob.

Dieses Bilder möchte ich noch einstellen.



Polarisation, Dunkelfeld, Farbfilter

Gruß nach Sankt Augustin

Hans-Jürgen


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