Botanik: Aus dem Topf unters Messer - Zamioculcas zamiifolia *

Begonnen von Fahrenheit, November 16, 2012, 16:29:26 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

noch ein letzter Beitrag aus Bad Orb! Diesmal musste das Blatt einer Glücksfeder (Zamioculcas zamiifolia) für meine Schnippeleien im Rahmen der Ergotherapie her halten und die Schnitte waren wiederum gut genug, um nach der Färbung fertig präpariert zu werden.

Die Glücksfeder kennen die meisten wohl nur als anspruchslose Topfpflanze, die sich auch mit sehr wenig Licht begnügt und sich dafür auch noch mit tief grünen, glänzenden Blättern bedankt. Im Licht wächst sie natürlich schneller und entwickelt deutlich hellere Blätter, aber immer mit dem ihr eigenen Glanz, der auf eine gut ausgeprägte Cuticula hin deutet.

Zamioculcas zamiifolia (Syn.: Caladium zamiaefolium Lodd., Zamioculcas loddigesii Schott, Zamioculcas lanceolata Peter) ist die einzige Vertreterin in der Gattung Zamioculcas und stammt aus der Familie der Aronstabgewächse (Araceae). An Trivialnahmen findet man auch Kartonpapier-Palme oder einfach "Zamie".

Bild 1: Zamioculcas zamiifolia im natürlichen Habitat

Aufnahme von BT Wursten (Die Pflanzen von Zimbabwe)

Ursprünglich stammt die Pflanze aus Ostafrika, ich würde aber vermuten, dass sie zwischenzeitlich weit häufiger in den Wohnräumen der westlichen Welt anzutreffen ist, wo sie genügsam vor sich hin wächst und ab und an durch einen ausgebeulten oder gar gesprengten Blumentopf darauf hin weist, dass sie gerne mal wieder umgetopft werden möchte.

Zamioculcas zamiifolia ist eine ausdauernde krautige Pflanze. Aus einem horizontal wachsenden, knollenartigen Rhizom entspringen Sprosse, die je nur ein einziges unpaarig gefiedertes Blatt mit fünf bis zwölf Fiederpaaren bilden. Die Stiele dieser Fiederblätter sind am Grund stark verdickt und auch die Fiedern selbst sind leicht sukkulent. Stirbt ein Blatt ab, so bildet sich eine Sollbruchstelle am Übergang zum Stiel, der Stumpf selbst kann noch jahrelang erhalten bleiben.

Auch die Zimmerpflanzen bilden in unregelmäßigen Abständen Blüten aus, die die Zugehörigkeit zur Familie der Aronstabgewächse sofort offenbaren.
Der typische, von einem Hüllblatt umgebene Kolben trägt unten die grünen, später dunkelvioletten weiblichen Blüten und darüber die beigen männlichen Blüten.

Bild 2: Blüte der Glücksfeder

Gemeinfreie Aufnahme des Users "Julo" aus der Wikipedia

Aus dem Band Pflanzenfamilien von Engler und Prantl gibt es auch noch eine schöne Illustration

Bild 3: Zamioculcas zamiifolia in der Illustratio

A  Ganze Pflanze, 1/3 nat. Größe.  B  Spadix.  C  Männliche Blüte, Längsschnitt.  D  Völlig sterile Blüte, Längsschnitt.  E  Staubblatt.  a  dorsale Ansicht,  b  frontale Ansicht.  F  Weibliche Blüte, Längsschnitt.  G  Stempel (Pistill).  H  Abgeworfenes Fiederblättchen, eine Knolle treibend, [welche] eine Sprossknospe hervorbringt.
Die Kopie der Illustration aus A. Englers Original-Artikel wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dr. Stephan Schneckenburger, Botanischer Garten der TU Darmstadt. Bildbearbeitung: Norbert Anderwald

Wie immer kurz zur Präparation:

Das Blattstück wurde frisch auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter geschnitten. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm.

Anschließend wurden die Schnitte für etwa 10 Minuten in AFE fixiert.

Gefärbt habe ich hier nach W3Asim II von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden.

Wie schon bei den vorangegangenen Threads aus Bad Orb sind die ungestackten Einzelaufnahmen Aufnahmen wieder auf dem Leitz HM mit einfachen Achromaten entstanden. Somit muss auch hier mit Unschärfe gerechnet werden. :)

Und nun die Schnitte:

Bild 4a/b: Übersicht über die Mittelrippe eines Blattfieder, Bild 4b mit Beschreibung; Einzelaufnahme mit Zeiss 2,5x Plan Objektiv, Vergrößerung 25x


Beschriftung von der Oberseite zur Unterseite:
Cu:  Cuticula
Ep:  Epidermis
Pal: Nur schwach ausgeprägtes Palisadenparenchym
SP:  Deutlich sukkulentes Schwammparenchym
HLb: Zentral gelegene Hauptleitbündel ohne Sklerenchymkappe
NLb: Außen liegende Nebenleitbündel mit deutlich erkennbarer Sklerenchymkappe

Bild 5: Eines der Hauptleitbündel, Vergrößerung 100x, Einzelaufnahme.

Die gossen Tracheen des Xylem oben sind gut zu erkennen, unterhalb des Phloems gibt es keine Sklerenchymkappe.

Bild 6: Etwas näher heran: die Gefäße im Xylem, Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme.


Bild 7: Eines der außen an der Mittelrippe liegenden Nebenleitbündel, Vergrößerung 100x, Einzelaufnahme.

Die Sklerenchymkappe unterhalb des Phloems ist gut zu erkennen. Sie gehört neben den Tracheen zu den einzigen stabilisierenden Strukturen in der gezeigten Blattfieder.

Bild 8: Cuticula, Epidermis und das darunter liegende Parenchym der Blattrippe, Vergrößerung 100x, Einzelaufnahme.

Die recht dicke Cuticula ist für den Glanz der Blätter verantwortlich, unter der einfachen Epidermis liegt das deutlich sukkulente Parenchym.
In der Plattrippe waren bei den frischen Schnitten viel Raphidenbündel in ihren Hüllen zu sehen, die jedoch alle bei der Präparation verloren gegangen sind. Leider habe ich keine Polfilter zur Hand, einzelne Calciumoxalatnadeln wären damit sicher noch auffindbar.

Bild 9: Die Fiederspreite im Querschnitt, Vergrößerung 100x, Einzelaufnahme.

Unter der Epidermis der Blattoberseite ist ein schwach ausgeprägtes Palisadenparenchym zu erkennen und auch hier weist das kräftige Schwammparenchym auf den sukkulenten Charakter der Pflanze hin.

Bild 10: Ein Stoma von der Flanke der Mittelrippe, Vergrößerung 450x, Einzelaufnahme.


Das Stoma ist sehr schön getroffen, es lohnt sich also ein Blick aus der Nähe.

Bild 11a/b: Wiederum das Stoma, diesmal mit maximalem Zoomfaktor der Kamera bei ebenfalls 450-facher Vergrößerung, Bild 11b mit Beschriftung. Einzelaufnahme.


Beschriftung von innen nach außen:
sIR:  Substomatärer Interzellularraum (früher "Atemhöhle")
iCul: Innere Cuticularleisten
SZ:   Schließzelle
NZ:   Nebenzelle
EP:   Epidermiszellen
Cu:   Cuticula
VH:   Vorhof
ZSp:  Zentralspalt
aCul: Äußere Cuticularleisten
Nuc:  Kern einer der Schließzellen, oder evt. Reste der Chloroplasten in der Schließzelle?

Vielen Dank fürs Anschauen, Anmerkungen und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
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hajowemo

Hallo Jörg,

klasse gemacht !!!
Vor allem die Bezeichnungen der Stoma hatte ich so noch nicht gekannt.
Herzlichen Dank für deine unentwegten Arbeiten.

Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Mila

Lieber Jörg,

das Stoma ist ja der Knaller! Wunderbar getroffen! Wie filigran doch die Cuticularhörnchen sind :)

Herzliche Grüße
Mila

frfmfrfm

Thanks Joerg, entanta me their stories, I am learning a lot.
A greeting.

Fahrenheit

Liebe Freunde,

schön, dass Euch auch dieser Beitrag gefällt. Wie immer vielen dank für Euer Lob!

Lieber Jochen,

da das Stoma zufällig so "bilderbuchhaft" getroffen ist, habe ich mir meinen Braune geschnappt und versucht, wirklich alle erkennbaren Details korrekt zu benennen. (W. Braune, A. Leman H. Taubert, Pflanzenanatomisches Praktikum I, 9. Auflage 2007, Seite 187 ff. und insbesondere Abb. 73 auf Seite 191).
Für mich ist das schöne Präparat die eine Hälfte des Hobbys. Die andere Hälfte dreht sich um die Frage, was es da eigentlich zu sehen gibt.  :D

Liebe Mila,

ja, da habe ich mit einem der Schnitte richtig Glück gehabt. Es sind eine Menge angeschnittener Stoma in den drei Präparaten zu sehen, aber nur eines, bei dem der Zentralspalt und die Cuticularleisten (oder -hörnchen) so gut erkennbar sind. Ein Stoma vom Amaryllistyp hatte ich bisher noch nicht so plakativ im Präparat. Zu hause werde ich versuchen, auf dem DME noch einmal ein gestapeltes Bild zu erstellen, was dann sicher auch ein schöner Vergleich ist.
Mich begeistern die Strukturen, die es in den botanischen Schnitten zu entdecken gibt, immer wieder aufs neue. Wie Du in einem meiner älteren Threads schon schriebst: es gibt immer etwas zu entdecken. Und das selbst in Schnitten, die im ganzen nicht so gut gelungen sind: beim freistehenden Schnitt ist das nicht sonderlich steife Frischmaterial der Klinge ein wenig ausgewichen, was man an den an manchen stellen aufliegenden, leicht demolierten Zelllagen leider nur zu gut erkennt.

Querido Francisco,

thank You again for Your nice comment!
I'm happy to see, that my article is helpfull to You. Have You taken a look at the MKB Website?

Saludos cordiales ...

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

bei der Spaltöffnung hast Du eine Schnittebene gefunden, die exakt die innere Cuticularleisten  zeigen die  zur Dichtung der ,,Atemhöhle" dienen.
Was Du auf dem letzten Bild mit ,,Nuc" gekennzeichnet hast, halte ich auch für Chloroplasten.
Ein  super Beitrag.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Jan Kros

Lieber Jörg
Ich schliesse mich andere Schreibern an
Sehr schöne und interessante Arbeit
Herzlichen Gruss
Jan

Holger Adelmann

Lieber Jörg,

schon erstaunlich, was Du mit Deiner Reiseausrüstung hinbekommst - super !

Das letzte Bild ist der Hammer - anschaulicher kann man Pflanzenanatomie nun wirklich nicht zeigen.

Herzliche Grüsse
Holger

Fahrenheit

Liebe Freunde,

auch Euch herzlichen Dank für Euer Lob!

Bei der Struktur am Rande der "Zellfüllung", lieber Hans-Jürgen, bin ich mir nicht ganz sicher. Meistens wird es sich wohl tatsächlich um die Reste der Chloroplasten handeln.
Ich werde zu hause noch einmal ein Blick mit dem 100er drauf werfen, wenn das Präparat gut ausgehärtet ist.

Mit der Bildschärfe, lieber Holger, bin ich noch nicht so ganz zufrieden. Herade die schönen Cuticulahörnchen liegen ein wenig tiefer und sind daher etwas unscharf. Das Bild ist ein Kompromiss: der Zentralspalt geht auch noch schärfer und gleiches gilt für die etwas ramponierten Zellinhalte der Schließzellen. Ich hoffe, durch Stacken noch ein wenig mehr aus dem Bild heraus holen zu können.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Anatol

Herzliche Grüße

Anatoly

Fahrenheit

Дорогой Anatoly,

многим благодаря для твоей похвалы! Прекрасно, что мой маленький взнос в перо счастья нравится тебе.

С сердечным приветом
Jörg

p.s.
Hoffentlich hat die Online-Übersetzung nicht zu viele Fehler gemacht.  ;)
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