Die Köhlersche Beleuchtung - noch immer aktuell

Begonnen von Klaus Henkel, Januar 04, 2013, 14:55:42 NACHMITTAGS

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Klaus Henkel

Werte Mikro-Freunde

Momentan ist in unseren Forumsdiskussionen die Tendenz erkennbar, die Bedeutung der Köhlerschen Beleuchtung zu "relativieren" - angesichts der Fortschritte bei der Vergütung moderner Objektive. Ich möchte dagegenhalten, indem ich mich auf den folgenden und ähnlich lautende Beiträge beziehe.

Zitat von: Detlef Kramer in Januar 04, 2013, 09:34:42 VORMITTAG
durch Köhlern gewinnt man keine Auflösung. Die korrekt eingestellte Köhler'sche Beleuchtung sichert lediglich auf einfache Art die erreichbare Auflösung, die durch die NAs von Objektiv und Kondensor bestimmt wird. Lediglich parasitierende Lichtstreungen und Reflektionen in den Objektiven können durch die korrekte Einstellung der Feldblende minimiert werden. Dies spielt aer bei den modernen Objektiven mit vergüteten Linsen kaum noch eine Rolle. Das war es wohl, was Wilfried meinte und so ist auch meine Erfahrung.
Detlef


Zunächst die unbestreitbaren Vorzüge der Köhlerschen Beleuchtung (Zitat aus der Mikrofibel), meine heutigen Anmerkungen dazu jeweils gekennzeichnet durch Einrücken mit einem schwarzen Punkt davor.


2.5.5.2     Der verflochtene Strahlengang nach dem Köhlerschen Prinzip

Die Anforderungen an eine gute Mikroskopbeleuchtung sind seit 1893 dieselben geblieben.

Helles Licht, um bei der Mikrofotografie kurze Belichtungszeiten zu ermöglichen. Die hohe Leuchtdichte der Glühwendel einer elektrischen Lampe soll voll ausgenutzt werden.
  • Die Leuchtdichte der modernen LEDs nimmt zu, so daß wir heute beinahe schon ein Problem haben mit zu heller Beleuchtung, die stark gedimmt werden muß. Sicherlich werden die Nachteile bei der spektralen Farbwiedergabe durch verbesserte Konstruktionen der LED-Beleuchtung bald überwunden sein.
    Prof. Köhler fotografierte um 1900 auf beschichteten Glasplatten mit einer Empfindlichkeit von 18 bis 19° Scheiner, das waren etwa 8-9 DIN / 6 ASA. Die Kleinbildfilme Kodak Technical Pan und Agfa Ortho, die in den Jahren 1960-1990 für Mikroaufnahmen beliebt waren, lagen bei 15 DIN / 25 ASA.
    Dieses Thema ist mit den modernen CHIP-Kameras also erledigt.

Gleichmäßige Beleuchtung in der Präparatebene; sie soll vollkommen homogen sein. Sofern eine ungleichmäßig strahlende Lichtquelle wie die Glühwendel einer elektrischen Glühlampe verwendet wird, soll die zerklüftete Wendelstruktur nicht in der Präparatebene sichtbar sein, weil sie das Bild des Präparats überlagern und schwer deutbar machen würde. (Das ist besonders bei Verwendung kontrastreich zeichnender Filme wichtig, die jeden kleinsten Helligkeitsunterschied im Bild sichtbar machen.)
  • Das Einfügen einer sandgestrahlten billigen (anstatt einer mit Flußsäure geätzten) Mattscheibe in den Strahlengang - an ungeeigneter Stelle - löst das Problem der inhomogenen Strukrur ganz bestimmt nicht. Die Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung des Köhlerschen verflochtenen Strahlengangs ist damit nicht zu erreichen.

Keine Reflexe. Die Beleuchtung soll kein kontrastminderndes Streulicht im Strahlengang erzeugen, welches das Bild flau und diffus macht.
  • Kontrastmindernde Reflexe entstehen nicht nur im Objektiv, wo sie durch moderne Vergütungstechniken deutlich reduziert werden können, wenn die Antireflexschichten gekonnt aufgebracht sind (was häufig nicht zutrifft!). Auch im Tubus, also oberhalb des Objektivs entstehen jede Menge Reflexe an blanken oder anderen Teilen, die dann dort herumvagabundieren und das Zwischenbild trüben. Das kann nur in einem verflochtenen Strahlengang mit der Leuchtfeldblende verhindert werden. Siehe 2.5.4 in der Mikrofibel.

Nur geringe Erwärmung des Präparats – trotz großer Lichtfülle, damit gefärbte Präparate nicht ausbleichen und lebende Organismen nicht vorzeitig absterben.
  • Auch die modernen LED heizen ganz schön auf! Bei Langzeitbeobachtung von lebenden Mikroorganismen ist das auch bei LED-Beleuchtung ein Thema!

Die Köhlersche Beleuchtungsanordnung erfüllt als einzige alle genannten Anforderungen. Sie ist für ein qualitativ hochwertiges Bild bei allen genaueren Arbeiten unentbehrlich und das entscheidende Merkmal aller besser ausgestatteten, auch für Forschungszwecke geeigneten Mikroskope. Für den Mikrofotografen ist sie das Nonplusultra. Zitat Ende/
  • Fazit
    Für die Beobachtung feiner und feinster Details an der Auflösungsgrenze ist für Objektive mit Aperturen über 0,75 die "Köhlersche" noch immer sehr vorteilhaft, bei Aperturen über 1,0 aber unerläßlich - wenn man die feinen Details denn überhaupt sehen will.

Gut geköhlertes Licht im neuen Jahr!
KH

Klaus Henkel

Zitat von: TPL in Januar 04, 2013, 15:05:23 NACHMITTAGS
Lieber Herr Henkel,
nicht böse sein, aber rote Fettschreibung auf grauem Untergrund, und das über mehrere Zeilen, ist eine ziemliche Zumutung! So interessant Ihre Beiträge auch sein mögen: das tue ich mir nicht an.

Thomas (TPL)

Lieber TPL, da wäre ich aber untröstlich! Deshalb habe ich das schnell geändert!
KH

Detlef Kramer

Lieber Herr Henkel,

mir ging es in meinem Beitrag lediglich um die zwei Punkte:

1. mit Köhler gewinnt man keine auflösung, wenn man die anderen Punkte gewissenhaft beachtet.

2. die Streuungen innerhalb der Objektive spielen heute, und da meine ich seit ca. 1960, keine Rolle mehr.

Ich habe dagegen betont, dass es mit den Köhler'schen Regeln ungleich einfacher ist, die optimale Beleuchtung zu erhalten, als mit der Kritischen.

Zu einigen Ihrer Punkte:

ZitatGleichmäßige Beleuchtung in der Präparatebene; sie soll vollkommen homogen sein. Sofern eine ungleichmäßig strahlende Lichtquelle wie die Glühwendel einer elektrischen Glühlampe verwendet wird, soll die zerklüftete Wendelstruktur nicht in der Präparatebene sichtbar sein, weil sie das Bild des Präparats überlagern und schwer deutbar machen würde. (Das ist besonders bei Verwendung kontrastreich zeichnender Filme wichtig, die jeden kleinsten Helligkeitsunterschied im Bild sichtbar machen.)

Ich habe jahrzehntelang mit einem Reichert Zetopan mit externer 100 W Halogen-Leuchte gearbeitet, bei der der Kollektor zur Fokussierung des Leuchtwendels in die Ebene der Kondensor-Blende verschoben werden kann. Die Inhomogenitäten des Leuchtwendels bekommt auch bei sorgfältigster Einstellung bei niedrigen Vergrößerungen nicht vollkommen beseitigt. Da hilft auch da nur das Einschieben eines Mattfilters. Und das tun sie doch Alle! Beim Zeiss Standard mit Leuchtrohr und 15 W-Funzel ist das Fokussieren und Zentrieren des Leuchtwendels überhaupt nicht möglich, weil da eine der Linsen des sehr aufwendig konstruierten Kollektors mattiert ist. Warum wohl?

August Köhler hatte in seinem Heim, als sein Beleuchtungsprinzip erfand und veröffentlichte übrigens überhaupt kein elektirisches Licht, sondern einen Gasstrumpf, ein idealer Flächenstrahler.

ZitatKeine Reflexe. Die Beleuchtung soll kein kontrastminderndes Streulicht im Strahlengang erzeugen, welches das Bild flau und diffus macht.

Ich habe dies immer wieder an diversen Mikroskopen versucht, nachzuvollziehen. Es ist mir nie gelungen. Vielleicht fehlen mir die "goldenen Augen" (wie die "goldenen Ohren", die man benötigt, um die Vorteile 1K€-teurer Lautsprecher-Kabel zu hören).

ZitatNur geringe Erwärmung des Präparats – trotz großer Lichtfülle, damit gefärbte Präparate nicht ausbleichen und lebende Organismen nicht vorzeitig absterben.

    Auch die modernen LED heizen ganz schön auf! Bei Langzeitbeobachtung von lebenden Mikroorganismen ist das auch bei LED-Beleuchtung ein Thema!

Volle Zustimmung, hat aber keiner angesprochen!

ZitatFür die Beobachtung feiner und feinster Details an der Auflösungsgrenze ist für Objektive mit Aperturen über 0,75 die "Köhlersche" noch immer sehr vorteilhaft, bei Aperturen über 1,0 aber unerläßlich - wenn man die feinen Details denn überhaupt sehen will.

Für dieses Theorem wünsche ich einfach einmal eine logische und nachvollziehbare Begründung. So lange ist dies für mich nur eine Behauptung.

Ich bleibe aber dabei: mit den Köhler'schen Regeln ist es ungleich leichter, als bei der kritischen Beleuchtung, die optimalen Voraussetzungen für eine optimale Abbildung zu erreichen. Und deshalb köhlere ich auch, so weit meine Mikroskope dies gestatten (die Standards tun es nur eingeschränkt, s.o.)

Herzliche Grüße und Beste Gesundheit,
Ihr Detlef (Kramer)


Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

peter-h

Lieber Herr Henkel,

gleich vorweg, ich bin nicht gegen die Köhersche Beleuchtung und die exakte Anwendung !
Aber ich wollte es mal wieder selbst erleben, wie man so einen richtigen Fehler machen kann, bzw. gegen das Prinzip verstoßen kann. Was ist also der Unterschied und Kontrastverlust bei Beleuchtung durch eine primitive Mattscheibe unterhalb vom Objekt zu einer sauberen Köhlerschen Beleuchtung?

Ein Bildausschnitt von einem Objektmikrometer mit einem CZJ Apo 63/0,95 Korr. aufgenommen und ausgewertet.


Die rote Linie markiert das ausgewertete Intensitätsprofil.





Und nun das Rätsel !
Sollte der Kontrast nicht schon ab einer Apertur von ~ 0,75 leiden? Hier aber sogar mit 0,95 und nur ganz unwesentliche Verringerung des Kontrasts. An was mag das liegen?  Wo habe ich bei diesem Experiment Fehler gemacht? Ist das Testobjekt falsch gewählt?  Bei welchem Objekt ist also köhlern wichtig, wo hat es kaum einen Einfluß?

Viele Fragen und keine Antwort.  Sicher wird mir bald ein Licht aufgehen.
Schöne Köhlerei
P.H.


Gunther Chmela

Zitat von: Klaus Henkel in Januar 04, 2013, 14:55:42 NACHMITTAGS
Für die Beobachtung feiner und feinster Details an der Auflösungsgrenze ist für Objektive mit Aperturen über 0,75 die "Köhlersche" noch immer sehr vorteilhaft, bei Aperturen über 1,0 aber unerläßlich - wenn man die feinen Details denn überhaupt sehen will.

Lieber Herr Henkel,

definitiv: Nein!
Ein kleiner Bericht aus der Praxis: Ich kann mit Nelson-Beleuchtung am Standard Junior (LED mit Mattscheibe unter dem Kondensor) mit einem Zeiss Plan-Neofluar 63/1,25 die Schale von Frustulia rhomboides auflösen (Kondensor nicht immergiert). Der Vergleich am WL mit Köhler-Beleuchtung, mit demselben Objektiv und mit immergiertem Kondensor bringt keinen Unterschied!

Grüße!
Gunther Chmela

Thilo Immel

Hallo!

Man kann das doch wunderbar vergleichen.
Zuerst köhlere man nach allen Reglen der Kunst und dann ziehe man ruckartig die Leuchtfeldblende auf.
Nach der Theorie sollte dann der Kontrast durch das zusätzliche Streulicht vermindert werden.

Ich habe das an üblichen Schnitten und Tümpelproben versucht und sehe definitiv keinen Unterschied.

Er ist aber sehr gut zu sehen, wenn man ein sehr kontraststarkes Präparat, z.B. ein Präparat mit breiten Silberstreifen nimmt!
Es stimmt also schon, dass da etwas passiert, nur sieht man es bei den üblichen Proben wohl nicht so.

Grüße

Thilo Immel

Nomarski

Hallo,

zwar nutze ich die Köhlerung für die Grundeinstellung der Beleuchtung, da sie für die Kondensorzentrierung sehr hilfreich ist, aber gerade um die Auflösungsgrenzen erreichen zu können, mußte ich schon oftmals der Köhlerung nach Vorschrift abweichen.
Und daß sich auch mit der "primitiven" Nelson-Beleuchtung einiges erreichen läßt, kann ich durchaus bestätigen.

VG
Bernd

liftboy

Hallo estmal,

also ehrlich; einfach nur durchgucken und gut?!
Sind wir nicht alle ein bischen Technikfreaks?
Allein der Aufwand, das Gerät optimal einzustellen um dann ein perfektes Bild zu erhalten..... das hat doch was!
Ist doch schon ein Männerspielzeug, so ein Mikroskop :-)

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Nomarski

Zitat von: Safari in Januar 04, 2013, 21:30:03 NACHMITTAGS
.... Ich würde sogar vermuten das es dort Leute gibt, die fast so viel Ahnung wie die Leute in den Foren.

...

...was du nicht sagst... ;D

Klaus Henkel

Zitat von: Gunther Chmela in Januar 04, 2013, 18:02:08 NACHMITTAGS
Zitat von: Klaus Henkel in Januar 04, 2013, 14:55:42 NACHMITTAGS
Für die Beobachtung feiner und feinster Details an der Auflösungsgrenze ist für Objektive mit Aperturen über 0,75 die "Köhlersche" noch immer sehr vorteilhaft, bei Aperturen über 1,0 aber unerläßlich - wenn man die feinen Details denn überhaupt sehen will.
Lieber Herr Henkel,
definitiv: Nein!
Ein kleiner Bericht aus der Praxis: Ich kann mit Nelson-Beleuchtung am Standard Junior (LED mit Mattscheibe unter dem Kondensor) mit einem Zeiss Plan-Neofluar 63/1,25 die Schale von Frustulia rhomboides auflösen (Kondensor nicht immergiert). Der Vergleich am WL mit Köhler-Beleuchtung, mit demselben Objektiv und mit immergiertem Kondensor bringt keinen Unterschied!
Grüße!
Gunther Chmela

Lieber Herr Chmela!
1. Grüße zurück!
2. Wir kennen uns, Ihr Wort genügt mir. Dann ist das so.
3. Meine eigenen vergleichenden Beobachtungen liegen schon etwas zurück, und heute traue ich meinen Augen nicht mehr so wie "damals als wir jung waren".

Bis bald mal wieder!
KH

Nomarski


Herbert Dietrich

Hallo liebe Köhlerianer,

Neunzehnhundertirgendwas schrieb Dr. Kurt Michel: " Nun läßt sich in der Regel eine wirkliche Lichtquelle wegen der von ihr erzeugten
Wärme nicht in die Nähe des Objektbrennpunktes des Kondensors anbringen, da dieser sehr nahe an der ersten Linse liegt. Man umgeht diese Schwierigkeit dadurch, daß man an die Stelle, welche die Lichtquelle einnehmen müßte, das B i l d  e i n e r  s o l c h e n  legt.

Ich bin weder Physiker noch Optiker, aber läßt sich diese "Schwierigkeit nicht mit den modernen LED's beheben?
Für mich ist der "Michel" schwierig zu lesen und noch schwieriger zu verstehen, darum haltet die Steine klein, die ihr nach mir werfen werdet.

In Deckung

Herbert

Wolfgang Bettighofer

Dieser Thread war in jeder Phase lesenswert, was sich mir allerdings nicht erschlossen hat, ist, was 1893 mit dem achzehnten Jahrundert zu tun hat. ;)

Beste Grüße, Wolfgang
Hier gibt es was für Einzellerfreunde: www.protisten.de

Detlef Kramer

Hallo Herbert,

das kannst Du sicherlich leicht selbst versuchen. Das Problem ist allerdings, dass die LEDs einen sehr kleinen Durchmesser haben. Damit kann man niemals den Durchmesser der Aperturblende direkt ausleuchten, es sei denn, man nimmt noch eine passende Linse zu Hilfe. So wird es bei vielen "Routine"-Mikroskopen auch tatsächlich getan und das geht schon recht gut. Hat aber mit Köhler nicht viel zu tun, es sei denn, man fügt auch noch eine Iris-Blende an geeigneter Position ein. Dann hat man eine perfekte Köhler-Beleuchtung mit LED.

Wir Amateure machen es der Einfachheit so, dass wir den Chip der LED an die Position des Leuchtwendels der ursprünglichen Beleuchtung anbringen. Da die Chips der neueren z.B. Cree-LEDs annähernd die gleiche Fläche haben, wie die alten NV-Leuchtmittel funktioniert das sehr gut.

Herzliche Grüße
Detlef


Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Wolfgang Bettighofer

#14
Moin Safari,

ich schätze, Du bist 19irgendwas geboren. Meinst Du dann, Du seist im 19. Jahrhundert geboren? Vielleicht. Das wäre dann allerdings ein Irrglaube... ;)

Tschüß von der Waterkant,
Wolfgang
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