Leitz AM Pol Prisma von Alien befallen

Begonnen von Dypsis, Januar 13, 2013, 14:29:38 NACHMITTAGS

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Dypsis

Hallo,

aus einer versteckten Bucht in der Bucht hat es mir ein AM Pol an den Strand gespült.
Es ist eigentlich schön erhalten, nur: Den Prismen geht es nicht so wirklich gut. Das untere Prisma im Kondensor (der Polarisator, richtig?) ist ziemlich von etwas sehr häßlichem befallen. En Pilz? Oder hat sich das Harz schwarz verfärbt? Ich meine ich hätte mal hier im Forum von jemanden gelesen, dass er die Verklebung eins Prismas gelöst und wieder neu zusammengeklebt hat. Mit Erfolg wohlgemerkt.
Ob das bei meinem Prisma wohl auch gehen könnte? Oder traut sich das von Euch jemand zu? Ich würde es ungern vollends verderben. Im Analysator zeigt sich ähnliches, dort ist es aber nicht ganz so wild.

Besorgte Grüße
Thomas



Ich bevorzuge das forumsübliche Du!

olaf.med

Hallo Thomas,

dies sind Ahrens-Prismen, das Anspruchvollste, was es auf dem Sektor der Polarisationsprismen überhaupt gibt! Sie bestehen aus drei Einzelprismen, deren mittleres eine absolut fehlerfreie Schneide haben muß. Diese Prismen wurden mit Leinöl verkittet, das leider die unangenehme Eigenschaft hat, dass es mit den Jahren gelb wird oder dass sich die Kittschicht gar löst und Luft einwandert. Dann sieht man, wegen der Totalreflektion, nur noch schwarz >:(. Eine Reparatur ist nur sehr eingeschränkt möglich, und selbst dann kann man die Prismen nur noch als Polarisatoren und nicht mehr als Analysatoren verwenden. Beim Neuverkitten entstehen nämlich zwangsläufig Keilfehler, die sich störend auf die Abbildung auswirken.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Dypsis

Hallo Olaf,

puh, das klingt aber gar nicht gut. (Und wenn Du das sagst, schon gleich gar nicht. Wenige dürften das so genau wissen wie Du.)
Interpretiere ich das richtig, dass es wohl besser sein wird das so zu lassen wie es ist und das AM Pol mehr oder weniger als Ausstellungsstück zu betrachten?

Mal ganz naiv gefragt, man kann nicht vielleicht frisches Leinöl dazu überreden, die Luft zumindest teilweise wieder zu ersetzen?

Herzliche Grüße
Thomas
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Werner

Hallo Olaf!

Ich habe auch solch ein Prisma mit dem Gilb. Der Hinweis auf Leinöl ist sehr wertvoll. Aber wieso ist das Neuverkitten so schwierig?
Wie haben die das damals gemacht, um den Keilfehler in den Griff zu bekommen?

Übrigens habe ich noch solche Prismen aus Zeeman-AAS-Geräten, allerdings aus Quarz, damit sie UV-fähig sind. Ich weiß allerdings nicht, ob die im Bodenseewerk gefertigt oder zugekauft wurden. Glan-Thompson-Prismen aus Calcit wurden jedenfalls in der Optikabteilung für die Polarimeter hergestellt, habe sogar einen rohen "isländischen Doppelspat" geschenkt bekommen.

Gruß   -   Werner

Klaus Herrmann

#4
Hallo Werner,

Zitathabe sogar einen rohen "isländischen Doppelspat" geschenkt bekommen.

wenn dir dieser Stein schwer im Magen liegt kann ich dir die Koordinaten meines Gartens geben! ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Werner

Hallo Klaus!
Der liegt mir aber nicht im Magen - er würde sich dort auflösen ...

Gruß   -   Werner

Dünnschliffbohrer

Hallo Thomas,
war das das AM welches vor kurzem in der Bucht als "Euromex" angeboten wurde?

Notfalls müsstest du das Prisma durch einen Folienpolarisator ersetzen. Ich habe mich schon gefragt, ob es nicht möglich wäre das ganze Prisma vollständig in Leinöl (oder einem niedrigviskosem Lösungsmittel) einzutauchen und dann in einem Exsikator den Druck soweit zu erniedrigen, dass dann die Luft aus dem Spalt wieder entweicht und durch Leinöl bzw. Lösungsmittel ersetzt wird, ohne die Prismen zu auseinanderzunehmen. Wahrscheinlich funktioniert es aus irgendwelchen Gründen nicht (zu genaue Passung der verkitteten Flächen, verharztes Leinöl, etc.?), sonst würde es bestimmt gemacht.  - Dsb.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Dypsis

Hallo Dsb (So einen richtigen Namen hast Du keinen abbekommen?  ;D),

ja, es war das "Euremex" (hab aber weitem nicht so viel bezahlt wie im Angebot gefordert)
So wie Du Dir das mit dem Unterdruck gedacht hast, hätte ich mir auch vorgestellt (naiver Weise).
Nunja, man kann es auch so lassen, beim Betrachten stört es gar nicht mal so sehr, wie man meinen könnte. Meist wird das Ding ohnehin nur rumstehen. Schöner wärs halt, wenn es wieder fit wäre. Ersatz durch Folie kommt aber nicht in Betracht.

Grüße
Thomas
Ich bevorzuge das forumsübliche Du!

Klaus Herrmann

Zitatverharztes Leinöl,

das wird das Problem sein. Leinöl ist oxidativ trocknend und dann nicht mehr ohne Weiteres lösbar!


ZitatHallo Dsb (So einen richtigen Namen hast Du keinen abbekommen?  Grinsend),

na ja ich fänds auch symbadscher! ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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olaf.med

Lieber Thomas, lieber Werner, Dsb und Klaus,

auf diesem Gebiet habe ich allerdings einige Expertise, da ich mit Pol-Prismen praktisch aufgewachsen bin. Mein Vater war Mineraloge und wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Leitz, und er hat von 1948 beginnend die Pol-Prisma-Produktion bei Leitz aufgebaut, da es Lieferengpässe bei der Fa. Dr. Steeg und Reuter gab, die diese Teile vorher gefertigt hatten. Soviel zur Rechtfertigung...

Ahrens-Prismen waren die crème de la crème der Pol-Prismen, da sie den größtmöglichen Polarisationswinkel bei geringem Materialverbrauch hatten, allerdings waren sie auch am schwierigsten zu fertigen. An dieser Skizze sieht man das deutlich. Zunächst wurde das mittlere Prisma mit dem rechten verkittet, danach die Fläche links poliert, dann das linke Prisma aufgekittet und die obere Fläche poliert. Danach wurde noch ein Schutzglas (blau) angebracht. Dadurch erhielt man eine absolut plane obere Fläche. Bei einer Reparatur entsteht dort immer ein Keilfehler, der das Bild stört.



Zum Leinöl: dieses ist ein sehr schlechter Kitt, aber zu dieser Zeit war es der einzige verfügbare, der einen Brechungsindex hatte, der fast genau dem des außerordentlichen Strahls des Calcits entspricht (ne=1,483). Damit erreicht man einen maximalen Polarisationswinkel (Apertur des polarisierten Strahlenbündels). Die Verarbeitung des Leinöls war langwierig und kompliziert. Es wurde aus Südamerika importiert, sodann in flachen Schalen lange Zeit dem Sonnenlicht zur Bleichung und Eindickung ausgesetzt, filtriert und dann verwendet. Zwischen den Kittungen und dem Feinschleifen und Polieren mussten die Rohlinge bis zu 3 Monate zwischenlagern, bis die Kittfläche ausreichend belastbar war. Alles in Allem eine bewundernswerte Leistung.

Nein, Thomas, Leinöl würde nicht einwandern Du mußt mit dem Defekt leben, aber Du bist in bester Gesellschaft. Im Gegensatz zu den ganz alten Nicols, die noch mit Kanadabalsam gekittet waren, haben viele Leinöl-Prismen diese Fehler.

Werner, Glan-Thompson sind praktisch halbierte Ahrens-Prismen und ungleich leichter zu fertigen (und zu reparieren).

Gerne auf Wunsch mehr, aber erst morgen. Gute Nacht,
Olaf



Gerne per Du!

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... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
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Dünnschliffbohrer

Die hier fänden es sicher auch "symbadischer":
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/cloud-computing-eu-bericht-warnt-vor-ueberwachung-durch-die-usa-a-876789.html
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/nsa-baut-riesiges-abhoerzentrum-a-821737.html
Und wenn ich dann noch JAP verwende, bin ich sicher terrorverdächtig.
Nee, Spass beiseite, Yasni muss mich nicht unbedingt symbadisch finden.
Für´s Forum sollte es eigentlich nichts zur Sache tun, und wenn doch, dann melde ich mich eben wieder ab. - Dsb.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Klaus Herrmann

Hallo Dsb,

du bist schon längst aufgeflogen - sie sind dir schon auf der Spur! Deine für Laien harmlosen Beiträge strotzen nur so von subversiven Botschaften.  ;D

Aber ganz im Ernst: leg dir doch einen unverfänglichen Vornamen zu wie z. B. Erwin und dann ist gut! :D Auch wenn wir wissen, dass du tatsächlich Kara Ben Nemsi heißt!

Abmelden musst du dich deshalb wirklich nicht. Und meine Meinung zu dem Thema ist in keiner Weise allgemeinverbindlich, sondern sehr individuell.
Im Chemieforum z. B. gibt es aus meiner Sicht absolut pubertäre Nicknames: da gibt es einen "Hefefurz" Ich fände es kindisch einen Teilnehmer so zu begrüßen. Aber das ist meine persönliche Einstellung. Können andere gelassener sehen.
Nix für ungut und lass dich nicht beirren. Bis der Si ai Ei mich im Visier hat ist der Berliner Flughafen eröffnet, da habe ich noch lange Zeit! ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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TStein

#12
Hallo liebe Mikroskopiekollegen,

ich hoffe es ist ok, dass ich dieses alte Thema reaktiviere.
Es gab damals schon eine interessante Diskussion bezüglich der Reparatur von Polarisations-Prismen älterer Petrographischer Mikroskope und da mein Leitz CM von 1948 leider auch die deutlichen Delaminierungen der Prismen aufweist, möchte ich mich an einer Reparatur versuchen.
Vielen Dank nochmal an Olaf für die Insiderinfos zur Herstellung der Ahrens-Prismen und auch für die zur Verfügung gestellten (defekten) Prismen zum Testen.

Ich habe diesbezüglich erstmal auf Arbeit geschaut, welche optische Qualität denn in etwa erreicht werden sollte, was dann natürlich auch indirekt die Erfolgschancen betrifft. Dazu hab ich das Polarisator-, sowie das Analysator-Prisma meines CMs am Interferometer vermessen und man kann schonmal sagen, dass das Analysatorprisma eine außergewöhnlich hohe optische Qualität aufweist. Es ist natürlich auch klar, da dieses Prisma direkt im optischen Strahlengang des Mikroskops sitzt. Da die Mikroskopoptiken im Grunde beugungsbegrenzt arbeiten, sind hier die Anforderungen auch ziemlich extrem. Ein Wellenfrontfehler von maximal Lambda/14 (rms) ist dazu erforderlich, was bei grünem Licht etwa 40nm (rms) entspricht. Hier bei meinem Prisma habe ich <5nm (rms) gemessen, was wirklich erstaunlich gut ist. Und übrigens, das Polarisator-Prisma (welches (nur) im Beleuchtungsstrahlengang sitzt) ist bezüglich der Wellenfront so schlecht, dass es sich am Interferometer garnicht erst messen lässt. Im Grunde genommen ist es beim Polarisatorprisma auch nicht erforderlich.
Anbei ein Bild der Messung und das Protokoll.


Lg Tino

Ps. Und zusätzlich noch ein Bild des Sorgenkinds.
PsPs. Ich muss leider nächste Woche doch nochmal schauen, ob die Auswertung ok ist. Ich hab leider gerade gesehen, dass ich die falsche Position ausgewertet habe.

TStein

Hallo liebe Polarisatorprismenaliengeplagten,

die kürzlich durchgeführte erste Messung der Polarisatorprismen am Interferometer war leider falsch.  ::) Hab dummerweise die Hellfeldapertur im Polschieber gemessen, also im Grunde nur den Referenzspiegel. Etwas peinlich ist es schon.
Die Wiederholungsmessung entspricht jetzt denke ich den Erwartungen. War auch deutlich schwieriger zu messen, als gedacht.
Der Rms-Wert meines CM-Analysators beträgt etwa 168nm und ist somit schon deutlich schlechter als beugungsbegrenzt (<40nm(rms)). Hier zeigt sich auch, dass die Wellenfronten der jeweiligen Teilprismen schon etwas gekippt sind und somit ein leichtes Doppelbild erzeugen.
Der Analysator zeigt kein Doppelbild, aber ist mit 267nm (rms) doch nochmal schlechter.
Anbei die Messdaten:
Bild1: WFE-Messung Analysator im Doppeldurchgang (Interferometer > Analysator > Referenzspiegel und zurück)
Bild2: Rückgerechnete PSF (Spot) des Analysators
Bild3: WFE-Messung Polarisator im Doppeldurchgang
Bild4: Rückgerechnete PSF (Spot) des Polarisators
Bild5: Synthetische ideale PSF

Ich denke es lohnt sich doch, das Kittproblem anzugehen, zumindest meine Prismen sind schon etwas unerfreulich im Strahlengang.

Lg Tino

hugojun

Hallo Tino,
interessante Messungen, die du da gemacht hast.
Leider Verstehe ich nicht ganz, anhand welcher Abbildung bzw. Tabelle (Messwert), auf das Vorhandensein eins Doppelbildes geschlossen werden kann. Die Aussage, dass der Wellenfront-Fehler größer 40nm beträgt, trifft ja für den Analysator genauso zu, wie für den Polarisator?
LG
Jürgen