Foto-Adaption: Nikon D3 an Zeiss Phomi II

Begonnen von -JS-, März 02, 2013, 20:34:16 NACHMITTAGS

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-JS-

Liebes Forum,

wie so oft, nahm alles seinen Anfang mit einem Thread von Christian aka 'Blitzi72' im Forum:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=15035.msg115830#msg115830
Eine Nikon D3 sollte an ein Zeiss Phomi adaptiert werden.
Nun gut, als 'Leichtgewicht' kann man den 'Boss' von Nikon mit seinen immerhin 1400 g Gehäuse(kampf-)Gewicht ja gerade nicht bezeichnen, und so war von Anfang an klar, daß die Adaption am Geradtubus Zeiss 47 30 24 ein wenig stabiler ausfallen musste.
Per PM und am Telefon war die Aufgabenstellung schnell umrissen:
Als Übertragungs-Objektiv ('Relais-Optik') wurde von Christian ein AF-Micro Nikkor 1:2.8/60mm gewählt, und als Okular sollte ein Zeiss S-KPL 10x/20Br Verwendung finden.
Das Micro-Nikkor f=60mm hat in Stellung 'Unendlich' eine sehr tief im Gehäuse sitzende Frontlinse, so daß eine Lösung erarbeitet werden musste, das Okular so dicht als möglich an diese Linse heranzuführen.
Nachstehend werden die einzelnen Teile der Adaption im Bild vorgestellt. Der Adapter beruht auf der Klemmverbindung, die bereits vom Zeiss-Tubus bekannt ist, jedoch ist der Original- Klemmtubus von Zeiss (Nr. 47 60 05) leider zu lang, um zusammen mit dem Nikon-Objektiv verwendet werden zu können.


Bild 1: Bestandteile des Adapters
hintere Reihe, von links: Überwurfmutter für die Klemmung, Tubuszylinder, Micro-Nikkor 60mm
vordere Reihe, von links: Ringkeile für die Klemmung, Adaptergrundplatte mit Innengewinde für die Höhenverstellung und Bohrungen/Gewinden zur Befestigung, Step-Up-Ring 62mm-72mm mit Befestigungsbohrungen, Gewindezylinder für die Höhenverstellung


Die im Bild 1 gezeigte Höhenverstellung dient dazu, den Abstand der Frontlinse der verwendeten Relais-Optik zur Augenlinse des Okulars genau einstellen zu können, um Vignettierungen und/oder Verzeichnungen zu verhindern, die sich durch eine unrichtige Pupillenlage ergeben können.
Die obere Schulter des Phototubus 47 30 24 stellt in diesem Fall das Gegenlager dar, und der Adapter wird nach den Einstellarbeiten mit seiner Klemmverschraubung am äußeren Tubuszylinder des Tubus 47 30 24 stabil gesichert.
Der Vorteil dieser Konstruktion ist, daß das Okular von der Relaisoptik nicht berührt wird und somit keinerlei Belastung ausgesetzt ist, so wie es dies beim Adapter von Zeiss mit der Original-Relaisoptik Nr. 47 60 29 der Fall sein kann. Das Gewicht von Adapter, Objektiv und Nikon D3 wird im hier gezeigten Fall ausschließlich vom Fototubus und sekundär vom Tubuskopf des Phomi II getragen.

In der nachstehenden Bildreihe wird die Montage des Adapters aus seinen Einzelteilen vorgestellt:


Bild 2: Montagestufen des Adapters
2-2: Montage der Klemmverschraubung für den Tubus 47 30 24
2-3: Montage der Zentralplatte des Adapters
2-4: Montage der Flitergewinde-Kupplung und des Gewindezylinders für die Höhenverstellung, links ein Blick auf das Micro-Nikkor von vorn


Die etwas eigentümliche Form der Messingteile an der Adapterzentralplatte ist an die tiefe trichterförmige Einsenkung des Micro-Nikkors (siehe Bild 2-4) angepasst. Eine Schwärzung der Messingteile erscheint zunächst nicht notwendig, da nach Verschraubung der Relaisoptik mit dem Filtergewindering am Adapter kein Lichteinfall von außen mehr möglich ist.
Dennoch steht es Christian natürlich jederzeit frei, die Sprühdose mit dem tief-mattschwarzen Foto-Lack für Gehäuse-Innenteile zu bemühen, so sie denn noch irgendwo erhältlich ist...

Die Montage am Phototubus des Phomi II gestaltet sich sehr einfach. Der Adapter wird - zunächst ohne Relaisoptik - über den Foto-Tubus bis zum Anschlag an dessen oberer Schulter geschoben, das Okular in den Fototubus des Phomi II eingesetzt und die Tubusklemmung des Adapters festgezogen. Anschließend das Foto-Objektiv über sein Filtergewinde mit dem Adapter verschraubt. Das Micro-Nikkor ist mit einem Vollmetall-Gehäuse ausgestattet, so daß man sich über eventuelle Stabilitätsprobleme keine Gedanken zu machen braucht.


Bild 3: Montage des Adapters mit Tubus 47 30 24 am Phomi II
3-1: aufgesetzter Adapter mit eingesetztem Okular S-KPL 10x/20 Br
3-2: Adapter mit Micro-Nikkor 1:2.8/60mm komplettiert

Nun wird die Kamera montiert, der Fototubus an der Ringschwalbenverbindung zum Phomi-Kopf nach Wunsch ausgerichtet, und die ersten Probe-Bilder können erstellt werden:


Bild 4: Foto-Adapter mit Micro-Nikkor 1:2,8/60mm und per Bajonett-Adapterring montierter Canon EOS 5D MkII

Für die ersten Tests stand keine Nikon D3 zur Verfügung, so musste leider auf ein von den ganz eingefleischten Nikon-Anhängern spöttelnd als 'Kopierer' bezeichnetes Kameramodell ausgewichen werden (gemeint ist die von Canon, die auch sehr viel Umsatz mit Bürotechnik machen, hergestellte Vollformat-DSLR EOS 5D MKII). Es bleibt zu hoffen, daß das Micro-Nikkor dies nicht allzu übel genommen hat...

Zum Abschluss werden noch ein paar mit der hier beschriebenen Adaption erstellte Testaufnahmen gezeigt:

Weil's so schön ist, zunächst das allseits beliebte Okularmikrometer, mit PlanApo 10/0.32 aufgenommen:


Bild 5: Objektmikrometer 2 mm / 200 Teile, PlanApo 10/0.32

Abschließend noch ein paar weitere mit der hier gezeigten Adaption erstellte Beispiel-Aufnahmen:


Bild 6: Nesselseide an Urtica spec., W3A-Färbung, Präparat von Michael Dillberger, PlanApo 25/0.65


Bild 7: Neidium iridis Gleve, Uralt-DIC, PlanApo 40/0,95


Bild 8: Hantzschia amphioxys Sm., Uralt-DIC, PlanApo 40/0,95

Fazit: Auch für 'gewichtige' Kameras (die D3 wiegt zusammen mit dem Micro-Nikkor 60mm ja stolze 1840 Gramm...) lassen sich Adapter herstellen, und wegen des enorm tiefen Trichters ein wenig ungewöhnliche Objektivkonstruktionen stellen zwar in der Konstruktionsphase am 'Zeichenbrett' eine Herausforderung dar, sie sind aber, wie demonstriert werden konnte, durchaus lösbar.

Es bleibt nun, Christian viel Spaß und natürlich noch mehr fotografischen Erfolg mit seiner neuen Adaption zu wünschen und auch zu hoffen, daß die Eingangsfrage seines zu Beginn zitierten Threads "Wie geht es besser ?" hinreichend beantwortet worden ist.

Allen Übrigen: Einen herzlichen Dank für's Lesen.

Viele Grüße
Joachim
... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

Klaus Herrmann

Hallo Joachim,

sieht beeindruckend sauber gefertigt aus.

Eine Frage:

ist der Klemmadapter auch selbst gefertigt, oder gibt es den irgendwo fertig zu kaufen?

Wird ja dann beliebig aufwändig aber natürlich professionell!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

-JS-

Hallo Klaus,

Zitatst der Klemmadapter auch selbst gefertigt, oder gibt es den irgendwo fertig zu kaufen?
Leider ist der Klemmadapter meines Wissens nicht kommerziell erhältlich, daher handelt es sich bei dem gezeigten Nachbau um eine Eigenfertigung.
Die Keilringe sind übrigens aus schnödem Stahl und müssen daher stets gut gefettet sein, um einen Rostbefall zu verhindern.

Viele Grüße
Joachim
... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

Peter V.

#3
Lieber Joachim,

eine beeindruckede Lösung, die Du da konstruiert hast (und laß mich raten, wer da der Hofmechanicus war  ;)).
Aber wenn ich das so sehe, weiß ich schon, wieso ich auf einmal die Lösung mit den Coolpix mit der "Trennstelle P" (für das Periplan  ;D) so charmant finde.

Beeindruckte Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

koestlfr

Hallo Joachim!

Sensationell schöne und auch optisch perfekte Lösung!

Frage: an welchem Punkt sitzt das Okular? Ich habe auch diesen Tubus und bin mit dem Okular sicher mehr doppelt so hoch in der Strichplattenebene angesiedelt.

Liebe Grüße
Franz

PS: ich finde es sehr witzig, in einer Gemeinde, die zu ca. 90% Canons verwendet, auf diese zu witzeln! :-))
Liebe Grüße
Franz

-JS-

#5
Hallo Klaus, Peter, Franz,

danke für die lobenden Worte!

@ Peter:
Zitat... Hofmechanicus ...
sollte Dein Rätselraten etwa in Richtung PLZ 30880 resp. B.W. gehen, muss ich Dir leider sagen, dass Du da auf dem vielzitierten Holzweg bist. Der zwischenzeitlich von meiner ganzen mikroskopierenden Familie in Anspruch genommene 'Mechanicus' residiert tief im Herzen des Pütt und werkelt immerhin seit 2005 für uns...

@ Franz:
ich habe mal eine kleine Fotomontage aus den Bildern 3-1 und 3-2 zusammen mit einer kleinen Skizze des Halbschnittes (nicht maßstabsgerecht) vom Micro-Nikkor 60mm erstellt:



Das Okular S-KPL 10x/20 Br hat eine relativ kurze Schulter (21,6 mm) und ragt, wie in obiger Darstellung zu sehen, nur ca. 1,5 cm aus der Höhenverstellhülse des Adapters heraus. Beim Okular KPL 6,3x/18 Br (Schulterhöhe 37,5mm) würde der Adapter eben etwas höher am Tubus 47 30 24 klemmen müssen, damit sich die Glasoberflächen von Okularaugenlinse und Micro-Nikkor nicht allzu gefährlich nahe kommen. Um dies zu verhindern, müsste der Anschlag des Adapters nach unten zur Schulter des Phototubus verlängert werden, das ist aber technisch ganz einfach (z.B. mit entsprechenden Abstandsringen) zu lösen.

Viele Grüße
Joachim
... bevorzugt es, ge_Du_zt zu werden ...

Michael W.

Hallo Joachim,

danke dass du den Adapter hier gezeigt hast. Das ist ja wirklich eine Wucht, Glückwunsch zum gelungenen Projekt. ;)
Die Ausführung der Teile ist so anmutig, dass man meinen könnte, dass sie aus der Serienproduktion eines Optikkonzerns stammen. :D

Viele Grüße
Michael
Am liebsten per "Du"

the_playstation

Sieht wirklich SEHR professionell aus!!!
Respekt. Ohne Drehbank, ... ist so ein Projekt kaum realisiertbar.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

koestlfr

Hallo Joachim!

Herzlichen Dank für die Erklärung! Nochmals, sensationelle Lösung!

Liebe Grüße aus Österreich
Franz

PS: warum nennt ihr die Canon "Kopierer"?
Liebe Grüße
Franz