Leitz Stativ II (1913), merkwürdige Oberfläche

Begonnen von Dypsis, April 10, 2013, 12:50:02 NACHMITTAGS

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Dypsis

Hallo,

ich habe vor einer Weile ein ziemlich verranztes Leitz StativII mit der Nummer 159035 bekommen. Sollte wohl um 1913 gebaut sein.
Gab es bei Leitz schon mal so eine Oberfläche für die Messingteile (hier der Tubus) wie auf den Bildern zu sehen ist? Oder wurde hier mal sandgestrahlt? Dazu passen aber ein paar Sachen nicht.
Unter der Schiene für den Grobtrieb ist das Messing blank. Wäre die Schiene mitbehandelt worden, dürfte sie nicht mehr glatt und vernickelt sein, ist sie aber.
Wurde sie abgeschraubt, müsste das Messing unter ihr auch rauh sein. Rumgemacht wurde an dem armen Mikroskop schon mal, alles (auch die vernickelten Teile) war und ist mit einer bräunlichen, lasierenden Schicht überzogen.

Herzliche Grüße
Thomas











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olaf.med

Lieber Thomas,

das arme Teil ist gründlich malträtiert worden. Eine solche Oberfläche gab es definitiv nie ab Werk.

Herzliche Grüße,

Olaf
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... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
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JüSchTü

#2
Hallo Thomas,

könnte das auch so etwas wie Korrosion sein? Mir fällt da in Verbindung mit kupferhaltigen Legierungen (Messing, Bronze etc.) z.B. die ammoniakinduzierte Spannungsrißkorrosion, genannt "season cracking" ein. Das Ammoniak kam aus dem Pferdeurin, hab ich soeben noch mal wikipediert. Das trifft in diesem Fall zwar sicher nicht zu, weil sich in den betroffenen Teilen Risse bilden, aber vielleicht so etwas ähnliches. Feuchtigkeit (ja/nein) mit einer bestimmten Atmosphäre über einen längeren Zeitraum? Dafür spricht auch, dass im zusammengebauten Zustand, was wohl die meiste Zeit der Fall war, bedeckte Oberflächen nicht betroffen sind. Ich könnte mir schon vorstellen, dass das so nicht gefertigt wurde.

Herzliche Grüße, Jürgen
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Dypsis

Zitat von: olaf.med in April 10, 2013, 13:37:37 NACHMITTAGS


das arme Teil ist gründlich malträtiert worden. Eine solche Oberfläche gab es definitiv nie ab Werk.


Lieber Olaf,

gut und nicht gut. Gut, weil ich es mir schon gedacht habe und ich nun ein willkommenes Studienobjekt für die Rekunstruktion der Oberfläche habe. Ich will da was ausprobieren und warte schon einige Zeit auf einen Kandidaten.
Den habe ich jetzt gefunden, kaputt kann man an der Oberfläche ja nicht mehr viel machen.
Weißt Du jetzt vielleicht auch noch, ob die Stative I, II usw. mit "Strich" auf der Oberfläche waren oder wie ihre Zeitgenossen, mit den geschwungenen Füßen, einfach hochglänzend?
(oder vielleicht weiß es ja auch jemand anderes?)

Herzliche Grüße
Thomas
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Dypsis

Hallo Jürgen,

an einen "natürlichen" Vorgang kann ich nicht so recht glauben. Es ist zu gleichmäßig. Ich weiß nicht, ob es eine chemische Oberflächenbehandlung gibt, die solche Oberflächen hinterlässt.
Am wahrscheinlichsten scheint mir immer noch Sandstrahlen.
Oder kann das nicht so aussehen?

Herzliche Grüße
Thomas
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Eckhard F. H.

Hallo Thomas,
zum Sandstrahlen: Es ist bei dieser Oberflächenbehandlung usus, daß Teile bzw. Stellen, die ungestrahlt bleiben sollen, abgeklebt werden. Ich habe es oft genug gemacht. Stoffklebeband z.B. widersteht dem Sandstrahl ausreichend lange völlig unbeeindruckt.
Gruß - EFH

Klaus Herrmann

Hallo Thomas,

der Zahn der Zeit und vor Allem der Chemie!

Ich meine ebenfalls wie Jürgen, dass das stark nach Ammoniakeinwirkung in geringer Konzentration über längere Zeit aussieht.
Vielleicht eine mikroskopierende Klofrau? ;D

Wäre interessant die Oberfläche mal bei höherer Vergrößerung anzuschauen und zu vergleichen mit sandgestrahlten Oberflächen.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Dypsis

Hallo Klaus,

zu spät, ich war schon ein bisschen mit der Stahlwolle dran. Aber vielleicht finde ich noch eine "originale" Stelle. Eine gute Gelegenheit, das Metallux zum Einsatz zu bringen.

Das wird ja immer besser, erst habe ich ein Versuchskaninchen und jetzt habe ich auch noch einen Grund, so richtig mit Sinn, durch das Metallux zu schauen.
Ein wahres Bravurstück, wie man aus der Not (eines verdorbenen Stativs) eine Tugend macht.  :D

Herzliche Grüße
Thomas
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JüSchTü

Hallo Thomas,

ich vermute ja nur. Wenn ich mir die narbige Oberfläche ansehe, ist das m.E. nicht soooo gleichmäßig. Im 3. Bild sieht es fast aus wie ein Verlauf von gröberen zu feineren Narben hin, oder täuscht die Lichterführung im Bild? Sandstrahlen im wörtlichen Sinne würde ich ausschließen, dafür sind die Narben zu "rund". Vielleicht bekäme man sowas mit Nußschalen hin, also einem weichen Strahlmittel, aber m.E. nicht mit Sand (=SiC=Quarz=scharf). Feinerer Sand? Dann sind die Narben nicht so tief. Kugelstrahlen? Dann wärs m.E. gleichmäßiger. Auch kann man nicht beliebig "draufhalten", weil durch das Stahlen Druckeigenspannungen im Bauteil entstehen, die u.U. das ganze Teil verbiegen und zwar so, wie man es sich kaum vorstellen kann. Hab ich selber schon gesehen.

Vermutlich hast Du schon probiert, den Belag abzuwischen. Farblich erinnert er mich an die bei Rauchern sattsam bekannte Mischung Teer/Nikotin ;) Mehr fällt mir momentan dazu leider nicht ein.

Herzliche Grüße, Jürgen
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Klaus Herrmann

Hallo Thomas,

Zitatzu spät, ich war schon ein bisschen mit der Stahlwolle dran.

Vergiss am Schluss nicht das Finishen mit der Schwabbel, dann sind auch die lästigen Kanten und Ecken weg, an denen man sich immer so fies die Finger aufreißen kann! ;D Und der Wert steigt zumindest in USA ins Unermessliche! :D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Dypsis

Hallo Jürgen,

klingt sehr plausibel was Du schreibst. Ich habe ja weder von Sandstrahlen noch von chemischer Oberflächenbehandlung so die große Ahnung.
Eigentlich hast Du mich schon überzeugt, es wird wohl doch Chemie im Spiel gewesen sein.
Die Raucher sind ausnahmsweise nicht Schuld, man konnte sogar Pinsel- und Wischspuren sehen. Erstaunlich war, dass sich das Zeug kaum bis gar nicht lösen lassen wollte (wobei ich nur ein paar Sachen ausprobiert habe).
Letztlich habe ich dann die Stahlwolle (feinste) genommen. Aber nur, weil eh schon alles verloren ist!!!!!
Wenn ich meine Ungeduld zügeln kann, dann mache ich ein Bild von der Oberfläche bei höherer Vergrößerung.

Viele Grüße
Thomas

P.S. So sah das Stativ aus, als ich es bekommen habe (Fotos sind vom Händler):











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Dypsis

Zitat von: Klaus Herrmann in April 10, 2013, 14:55:05 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

Zitatzu spät, ich war schon ein bisschen mit der Stahlwolle dran.

Vergiss am Schluss nicht das Finishen mit der Schwabbel, dann sind auch die lästigen Kanten und Ecken weg, an denen man sich immer so fies die Finger aufreißen kann! ;D Und der Wert steigt zumindest in USA ins Unermessliche! :D

Hallo Klaus,

ich muss ja ohnehin die Oberfläche wieder glatt bekommen. Da dürfte also die Stahlwolle nichts angerichtet haben. Zumal man Stahlwolle so einsetzen kann, dass die Kanten leidlich unberührt bleiben.
Das schöne ist, dass ich jetzt ganz frei und fröhlich Sachen machen darf, die man sonst nie tun dürfte.  :P
Nur die schwarz lackierten Teile lasse ich in Ruhe und auch die kupferfarbenen.
Ist da eigentlich wirklich Kupfer verwendet oder eine ander Legierung oder eine andere Lackmischung oder gebeizt oder??????

Herzliche Grüße
Thomas
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JüSchTü

Hallo Thomas,

ich hab noch einen :) :

Total vergammelter Zaponlack (oder evtl. eine Ersatzsubstanz. Würde m.E. Sinn machen, das blanke Messing schützen zu wollen). Ich hab hier ein Zitat gefunden: "Da dieser Lack (der Zaponlack) nur begrenzt haltbar ist und an der Luft bzw. unter Sonneneinstrahlung deutlich vergilbt, ist es häufig notwendig, den Schutzfilm zu entfernen und danach zu erneuern. Aceton gilt als eine der Möglichkeiten zur Entfernung von Zaponlack, ohne die Patina zu schädigen."

Vielleicht hilfts Dir. Guck mal bei den Münzsammlern.

Herzliche Grüße, Jürgen
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olaf.med

Hallo Thomas,

Kupfer wurde nie verwendet, das rötlich erscheinende ist Bronze. Die Oberflächen wurden unterschiedlich vorbehandelt; die meisten Flächen haben einen Strich, Tuben und Zierradien sind in der Regel poliert.

Es hat gar keinen Sinn ohne die richtigen Maschinen für die Oberflächenbehandlung und die richtigen Lacke mit dem Restaurieren zu beginnen - es kann nicht befriedigend gelingen!

Mit herzlichen Grüßen,

Olaf
Gerne per Du!

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Dypsis

#14
Lieber Olaf,

schau mer mal...
Ich glaube für den Lack hab´ ich was. Wenn die Operation gelingt, stelle ich mein Ergebnis vor, wenn nicht, dann wird sich der Mantel des Schweigens über die Sache breiten.

Zu der Bronze: Dass da wirklich Kupfer zum Einsatz kam, hatte ich auch nicht wirklich angenommen. Weißt Du, mit was die (Kupferfarbenen-)Oberflächen vorbehandelt wurden?

Löcher in den Lack fragende Grüße
Thomas
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