Unbekanntes Zeiss Mikroskop

Begonnen von Klaus Herrmann, August 23, 2013, 22:44:17 NACHMITTAGS

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Klaus Herrmann

Hallo zusammen,

Florian hat mich daran erinnert: ich hab ja auch so ein kleines Zeiss. Ich vermute allerdings West!

Gesamthöhe 12 cm. Sehr stabiles Gußeisenstativ, fest eingebauter Spiegel. Die Optik ist nicht ganz plan und das Okular ist kein KPL. Außer dem Schriftzug, der graviert ist keine Typenbezeichnung.

Die Fokussierung kann nicht verharzen - eigentlich eine geniale Lösung!

Meine Frage: hat jemand schon ein solches gesehen außer diesem?



Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Florian Stellmacher

Lieber Klaus,

auch ein kurioses Modell! Mir ist kein Zeiss-Mikroskop bekannt, das hier als Vorbild gedient haben könnte. Aus dem Bauch heraus würde ich das Teil jedoch als älter, zumindest als vor 1945 hergestellt einstufen. Aber nix Genaues weiß man nicht ...

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Lothar Lammfromm

#2
Vorab: Ich habe so gut wie keine Ahnung.

Bei dem Mikroskop würde ich zunächst tippen, es handelt sich hier um ein "Exkursions-Kleinmikroskop" oder "Kurs-Kleinmikroskop" ca. aus dem Jahr 1880 bis 1890. Dafür imho spricht die besondere Form des Stativfußes, und auch die Art, wie der Spiegel untergebracht ist. Das war bei Kleinmikroskopen in diesen Jahr quasi Mode. Die Signatur "C.Zeiss" wurde meines (sehr ungefähren) Wissens nach 1910 nicht mehr verwendet. Mit der Zeitangabe "ca. 1880 bis 1890" bin ich mir - ähem - allerdings nicht so sonderlich sicher. Man möge das entschuldigen - ich bin dezidiert Nichtkenner und Nichtfachmann. Wenn ich das Mikroskop so im Ganzen auf mich wirken lasse, dann fällt mir noch auf, dass die Signatur "C.Zeiss" vermutlich gestanzt ist, und dass es insgesamt nicht sehr hochwertig wirkt, sondern geradezu für einen "Massenmarkt" gemacht. Da hat man möglichweise sich bei Zeiss auch an älteren Designs orientiert, quasi "gut genug" für ein Kleinmikroskop, das wohl vor allem preiswert zu sein hatte. Da geht meine Vermutung dann doch eher auf ein frühes "Kurs-Kleinmikroskop", und dann auf Jahre deutlich nach 1890. Vermutlich nicht sehr hilfreich bislang, was ich dazu schreibe. Trotzdem, ich wollte da (in meiner Eigenschaft als Nichtfachmann) mal ganz mutig voranpreschen. ;-)

Stutzig machen mich ein paar andere Punkte:

1) Das Okular: Wenn ich das richtig sehe, ist der schwarze Okularrand aus Bakelit. Haut da hin? So genau kann ich es auf den Bildern nicht erkennen. Keine Ahnung, wie sinnvoll die Verwendung von Bakelit bei einem Okular ist - aber mit seiner Verwendung lässt sich der Zeitraum etwas eingrenzen. Und zwar auf Jahre nach ca. 1906. Das würde bedeuten, das Mikroskop stammt ca. aus dem Jahr 1906 bis 1910. Die Bakelitverwendung würde ich dann als anfängliche Begeisterung für das neue Material deuten.

2) Die besondere, konkav geschwungene Objektiv-Form. Das kenne ich (ich kenne allerdings nur wenig) in der Tendenz eher von Mikroskopen die sogar einige Jahrzehnte älter waren als 1880. Aber gegen ein "richtig altes" Mikroskop sprechen dann andere Merkmale, ich denke sogar recht deutlich. Andererseits: Die besondere konkave Schwingung betrifft ja eigentlich nicht das Objektiv selbst, sondern nur den unteren Teil des Stativs. Insofern, hmm, bei Blick auf die Gestaltung des Objektivs: Wohl doch nicht so dermaßen uralt, das Kleinmikroskop. Insofern könnte das mit "ca. 1910" vielleicht sogar hinhauen.

Vielleicht hat ja noch jemand anders ein paar Ideen dazu.

Klaus Herrmann

Hallo Lothar,

das kostbare Instrument ist mit der Maschine graviert mit so einem Minifräser, man sieht schön die Spuren.

Das zweilinsige Okular ist aus Messing, das Unterteil davon kann auch abgeschraubt werden - Vorsicht: die "Augenlinse" liegt nur lose in der Fassung!

Ist also schon ordentlich gemacht!

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Lothar Lammfromm

#4
Das Detailbild vom Okular macht einiges klarer.

Also, die Art und Weise, wie das Okular gearbeitet wurde, erinnert mich doch tatsächlich an Zeiss-Mikroskope in der Bauart Stativ II. Ich füge hier einfach mal ein Vergleichsbildchen zu einem Okulardetail ein:



Allerdings wirkt dein Mikroskop-Okular in seiner Machart auf mich sogar ein Stück weit "noch älter". Schaut man sich nun das merkwürdige, mit "C.Zeiss" signierte Stativ an, dann wirkt es geradezu wie ein Konkurrenzentwurf zu den Kleinmikroskopen der 20er Jahre, zum Beispiel dem Klemi:



Eher zu den 20er Jahren passt imho auch die Lackierung des Stativs. Ich (Achtung: Nichtkenner/Nichtfachmann!) habe das jedenfalls noch an keinen alten Mikroskop aus den Jahren 1875 bis 1910 gesehen, zu denen allerdings die Okularbauweise und die Signatur passen würde.

Das Stativ-Material ist vermutlich Messing (oder Aluguss?), der Tubus besteht vermutlich aus Stahl (kleiner Test mit Magnet wäre fein). Möglicherweise befindet sich unterhalb des Mikroskop"tisches" noch eine Nummerierung. Aber was ist das für eine Form von Mikroskop"tisch"?? Das habe ich bei Zeiss noch nie gesehen. Wobei mich der Tubus auch ins Schleudern bringt. Sieht der Tubus vom Material nicht viel zu modern aus, um in die Jahre 1875 bis ca. 1900 verortet zu werden??  ??? Eigentlich würde ich vorschlagen, dass man sich mal die Zeiss-Mikroskopkataloge No. 24 bis ca. 29 genauer anschaut, was dort zu Reisemikroskopen steht. Was aber wiederum garnicht passt, für mein ungeführes Halbwissen jedenfalls, ist wieder die Konstruktion des Spiegels. Wenn das also wirklich ein Zeiss-Stativ sein sollte (Zweifel habe ich - vielleicht ist die Signatur nachträglich angefertigt worden), warum verzichtet man dann bei der Spiegelkonstruktion genau auf die Konstruktionsmerkmale, auf man in bei Zeiss Jena so stolz war? Nur ein einfaches Hoch- und Runterklappen des Spiegels. Die Halterung für den Mikroskoptubus wiederum erinnert mich wieder eher an DDR-Kleinmikroskope.

Noch einmal ein völlig neuer Gedanke: Vielleicht eine spezielle, materialsparende Kriegskonstruktion aus den Jahren 1914-1918, bei der einige ältere Materialbestände zum Einsatz gekommen sind? Oder es handelt sich um eine "Polit-Büro-Variante" aus Jena Ost, wo man ein Konkurrenzmodell zum ROW Kleinmikroskop gebaut hat.  ???

Ächz: Das Mirkoskop schafft mich. Da fühle ich mich als Laie gleich noch laienhafter...

Klaus Herrmann

Hallo Lothar,

na du gibst dir aber Mühe!

Also das Stativ ist aus Grauguß und es ist an einem Stück auch der Tisch. Spiegel ist eingeklebt. Der "Klemmer" für den Schiebetubus ist aus Messing. Darauf die Gravur die natürlich auch ein Scherzbold später draufgeschrieben haben könnte!

Das zweilinsige Okular hier nochmal auseinander geschraubt. Ich denke auch, dass es so ein Kindermikroskop ist für "junge Forscher" und ich würde es auch in die 20er 30er Jahre einordnen - also vor dem WW II.

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Lothar Lammfromm

Völllig ausschließen, dass es sich hier um ein echtes Zeiss-Kleinmikroskop handelt, würde ich allerdings nicht (auch wenn mir die gefräste Signatur geradezu äuffällig unverschmutzt und "neu" vorkommt). Gerade ist mir nämlich etwas über den Weg gelaufen - von Peter V gibt es zwei Bilder von einem gerade beim Stativ sehr ähnlichen Kleinmikroskop von Winkel-Zeiss Göttingen, das (möglicherweise als Nachfolger) in anderer Hinsicht gewisse Ähnlichkeiten aufweist:




Jedenfalls spräche das für die These der 20er Jahre.