Botanik: Griffel der Lilie *

[Bernhard Lebeda]

Liebes Forum

ich präsentiere heute mal einen Querschnitt durch den Griffel einer Lilie. Für mich insofern ein Ereignis, als es sich um meinen ersten halbwegs brauchbaren Paraffinschnitt handelt.

Schnitt ist kurz unter der Narbe angesetzt. Das Prozedere ist den Kennern ja bekannt, ich wiederhole hier das Protokoll mal für eventuelle Nachahmer:



Der gesamte Stempel wurde einige Tage in FAE fixiert und dann ausgewaschen. Dann ansteigende Alkoholreihe (50%, 70%, 90%, 100%, letztere 2x wechseln), Intermedium Butanol (einige Stunden), überführen in Paraplast plus (zwei mal 2h, dann 24h bei jeweils 60° im Paraffinschrank), in Blöcke gegossen und auf Buchenholzstücke aufgeklebt, geschnitten am Grundschlittenmikrotom 1300 (Leitz) bei etwa 30µ mit Einmalklinge, Schnitte auf OT (entfettet mit Spiritus und mit Gycerineiweiß bestrichen), in Tropfen Aqua dest. bei 45° auf der Wärmeplatte entrollt und gestreckt, trocknen lassen, bei ~55-60° auf der Wärmeplatte mit Parafex S entparaffiniert (ging schnell, sauber und geruchsfrei!!), dann absteigende Alkoholreihe für Färbung in wässrigem Wacker simultan, das ganze zurück bis 100% Isoprop und eindeckeln in künstlichem Kanadabalsam.

Es gab einige Luftblasen, die sich zum Glück nach einer Woche trocknen auf der Wärmeplatte bei ~38° in Luft auflösten.

Hier die Ergebnisse:


Der Schnitt hat einen Durchmesser von ~3-4mm. Die Übersicht wurde gemacht mit Objektiv Leitz 4/0.10 Plan und aus zehn Bildern ein Stitch mit Photomerge (PS Elements 10) angefertigt. Die Detailbilder sind  solche Einzelbilder, die letzten wurden mit Obj.Leitz Plan 10/0.25 gemacht. Alle Bilder wurden bereinigt und optimiert mit GIMP 2.8. Kamera Nikon Coolpix 990.

















Es deutet sich sehr schön der dreilappige Fruchtknoten an. Schön zu sehen auch die Narbenhaare und die spezielle Zellschicht im Inneren des Griffels, mit denen bei der Befruchtung das Pollenschlauchwachstum reguliert wird. Interessant fand ich bei der Recherche den Umstand, daß hierbei die Pflanze zwischen eigenem und fremden Pollen (der eigenen Art!) unterscheiden muss, sofern es sich nicht um einen Selbstbestäuber handelt. Die genauen physiologischen Vorgänge scheinen noch nicht ganz geklärt zu sein (so zumindest lese ich bei Eschrich: Funktionelle Pflanzenanatomie)


viele Mikrogrüße

Bernhard

[rekuwi]

Lieber Bernhard,

ich bin erschüttert über unsere Pflanzenschnibbler! Noch kein Echo auf diese tolle Arbeit von Dir. Dabei ist so ein Griffel doch so ein schwieriges Objekt! Wenn ich mit die feinen Ausbuchtungen rundum betrachte kann ich nur sagen: danke für diese Präsentation.
Die Pflanzenkenner sollten jetzt mal aus ihren Schlupflöchern kommen.

Herzliche Grüße
Regi

[JoachimHLD]

Lieber Bernhard,

schöner Schnitt. Wenn Du noch fixiertes Material hast kannst Du ja mal PEG als Vergleich versuchen.

Viele Grüsse
Joachim

[Fahrenheit]

Lieber Bernhard,

meinen Glückwunsch zu Deinem ersten gelungenen Paraffinschnitt! Die Aufnahmen sind sehr schön.
Was mich nur etwas wundert: Du hast nach W3Asim gefärbt, aber der ganze Schnitt ist gelb. Zumindest die Tracheiden sollten rötlich sein und ich vermisse die Grün- oder Blautöne der Parenchyme.
Hast Du eine Idee, was da passiert sein könnte?

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Ich hab' mal ein Botanik vor Deine Überschrift gesetzt.

[Bernhard Lebeda]

Lieber Jörg

naja..so ganz reingelb ist er ja auch nicht.  

Aber Du hast natürlich recht, die Färbung ist nicht so der Burner. Ich hab wohl zum Schluß schlampig gearbeitet. Bedenke daß sich die ganze Wachsprozedur über Tage hinzieht und ich eigentlich nicht daran geglaubt habe, daß aus dem kümmerlichen Fetzen da auf dem Objektträger nach all den Manipulationen ein halbwegs ansehnliches Präparat wird. So habe ich die Färbung sowohl zu schnell durchgeführt, als auch nicht erhitzt (wie Rolf-Dieter das immer macht) und dann ist beim entwässern ruckizucki die Farbe wieder rausgezogen.  

Ich sach mal: nach dem zehnten erfolgreichen Paraffinschnitt, schmeiße ich solche Färbungen weg. Und der Block mit dem Stempel ist noch hoch, da geht noch was.

Joachim: leider hab ich keinen fixierten Stempel mehr, aber das war ja nicht die letzte Lilie auf dem Planeten    Parallel hatte ich den Stängel in PEG eingeblockt. Alles geht schneller und einfacher--nur wenn es ans schneiden geht fängt die Flucherei an: wird der Pinsel beim abnehmen der Schnitte auch nur ansatzweise nass, kleistern einem die Folgeschnitte das Messer voll. Gelingt dann ein trockener Schnitt, zerfällt die Chose dann beim auflösen des PEG im Wasser. Deshalb war ich ja so neugierig auf die Bodo`sche Klebebandtechnik.

Ich bleib janz discht dran!!

Viele entparaffinierte Mikrogrüße

Bernhard

[JoachimHLD]

Lieber Bernhard,

Du hast am Beginn Deine Arbeitsschritte beschrieben, u.a :"absteigende Alkoholreihe für Färbung in wässrigem Wacker simultan, das ganze zurück bis 100% Isopropanol"
Hast Du stufenweise Entwässert bis zum 100% Isopropanol? Wenn ja sind dabei die Farben ausgezogen.
Rolf-Dieter schreibt in der Anleitung nach dem Färben, Wässern:
In 100% Isopropylalokohol
sorgfältig entwässern,
2x wechseln
1.Stufe = 30 Sekunden,
2.Stufe = 3 Minuten,
3.Stufe = 5 Minuten

Herzliche Grüsse
Joachim

[Bernhard Lebeda]

Lieber Bernhard,

Du hast am Beginn Deine Arbeitsschritte beschrieben, u.a :"absteigende Alkoholreihe für Färbung in wässrigem Wacker simultan, das ganze zurück bis 100% Isopropanol"
Hast Du stufenweise Entwässert bis zum 100% Isopropanol? Wenn ja sind dabei die Farben ausgezogen.
Rolf-Dieter schreibt in der Anleitung nach dem Färben, Wässern:
In 100% Isopropylalokohol
sorgfältig entwässern,
2x wechseln
1.Stufe = 30 Sekunden,
2.Stufe = 3 Minuten,
3.Stufe = 5 Minuten

Herzliche Grüsse
Joachim

aaahh sooo!!

Ich hab mich schon gewundert: so schnell kann man beim 70% Alool gar nicht gucken wie die Farben verschwinden!

Besten Dank für den Hinweis!!


LG Bernhard

[Fahrenheit]

Lieber Bernhard, lieber Joachim,

ja, das ist es! Ich hatte den Satz "... und das ganze zurück in Isopropanol" anders gedeutet: in einem Schritt zurück, wie es bei einem "normalen" W3Asim I oder II Ansatz sein muss.
Dazu das Wasser des letzten Spülganges sorgfältig absaugen, dann ausreichend Iso drauf, sofort wieder runter und noch mal nachlegen. Etwas einwirken lassen und dann noch mal frisch für einige Minuten.
Es gibt zwei Abwandlungen: wer um seine Färbung fürchtet, kann drei mal in schnellem Wechsel Iso drauf geben, dann mit frischer Pipette zwei mal 3 Minuten. Anders herum: wenn ein wenig Differenzierung nicht schaden kann, nicht ganz so sorgfältig absaugen, etwas weniger Iso drauf. Schauen, was passiert (ggf. Lupe) und absaugen, wenn die Färbung stimmt. Dann weiter wie oben.

Noch ein Wort zum "Normalen": Rolf-Dieter hat zur Zeit einen Ansatz mit einer versehentlich deutlich zu hoch dosierten Menge Acridinrot im Einsatz. Hier muss differenziert werden und da passt Dein Ansatz, Bernhard, ganz gut. Zumindest hat Rolf-Dieter mit dem stufenweisen Entwässern bei dieser speziellen Farbmischung gute Erfahrungen gemacht.

Herzliche Grüße
Jörg

[Klaus Herrmann]

Hallo Bernhard,

auf den kleinen Verfahrensfehler hat man dich ja schon gelupft.

Aber du hast doch Fluoreszenz. müsste in Blauanregung schön werden, weil das Acriflavin ja offensichtlich noch reichlich vorhanden ist!

[Bernhard Lebeda]

Aber du hast doch Fluoreszenz. müsste in Blauanregung schön werden, weil das Acriflavin ja offensichtlich noch reichlich vorhanden ist!

Hallo Klaus

Du hast natürlich wie (fast) immer völlig recht!!  Wie konnte ich die Wunderwaffe gegen missglückte Färbungen vergessen  

Also wem es jetzt nicht gefällt, dem kann ich auch nicht helfen  

Zum Einsatz kamen Objektiv Leitz 1.6/0.05 PL  sowie 10/0.25 Plan, Anregung bei 470nm, Coolpix 990, GIMP 2.8











Viele blauangeregte Mikrogrüße

Bernhard

[Klaus Herrmann]

Lieber Bernhard,

Du hast natürlich wie (fast) immer völlig recht

da kann ich nicht widersprechen!

Ansonsten 1000% schöner! Haste gekonnt!

[Lothar Lammfromm]

Unglaublich schön! Das könnte man sich glatt an die Wand hängen!