Botanik: Fruchtstiel der Clementine - Vergleich Etzold FCA und Etzold Grün *

Begonnen von Fahrenheit, März 31, 2009, 21:48:48 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Guten Abend liebe Färberzunft,

heute möchte ich Schnitte durch den Fruchtstiel der Clementine (Citrus × aurantium) zeigen, die mit Etzold FCA und Etzold Grün von Klaus Herrmann gefärbt sind. Dabei stelle ich immer gleichartige Ausschnitte aus zwei Präparaten gegenüber.

Die Schnitte sind Mikrotomschnitte mit 25 µm Dicke - hier nochmals herzlichen Dank an Rolf-Dieter Müller.

Die mit Etzold Grün (im Folgenden EGR) gefärbten Präparate sind das Ergebnis eines gemeinsamen Vormittags, an dem ich Rolf-Dieter einige Tricks und Kniffe abschauen durfte. Die mit Etzold FCA (im Folgenden FCA) gefärbten Präparate habe ich mit dem verbliebenen Material nachgelegt.  

Hier noch mal die Zusammensetzungen und Farbverteilungen:

FCA:
Fuchsin, Chrysoidin und Astrablau
Blau erscheinen die (dünnen) Wände lebender Zellen: weiches, ggf. teilungsfähiges Gewebe, Schwamm- und Assimilationsparenchym.
Rot werden verholzte Zellwände: tote Zellen (v.a. Stützgewebe, Epidermis und Wasserleitende Gefäße) gefärbt.
Orange ist oft die dünne Cuticula auf der Epidermis erkennbar.

EGR:
Fuchsin, Chrysoidin, Alcianblau und Alciangelb (die beiden Letztgenannten ergeben den grünen Farbton)
Hier ist das Blau der FCA - Färbung durch einen kräftigen Grünton ersetzt.

Die Technik: Leica DM E mit C-Plan Objektiven, Aufnahmen mit Canon A520 über den Hermann'schen Adapter an Leica Periplan. Leider passen in dieser Kombination Austrittspupille des Okulars und Eintrittspupille der Kamera nicht exakt zusammen, daher sind die Bilder etwas flau. Am besten passt es noch bei kleinster Brennweite, daher die Vignettierung.  Kameraadaption - die unendlichen Geschichte ;D

Bild 1a: Querschnitt durch den Stiel im Überblick (FCA, 40x)


Bild 1b: Querschnitt durch den Stiel im Überblick (EGR, 40x) - der Schnitt keilt ein Wenig aus, daher das Farbgefälle.




Bild 2a: Zentrum des Stiels mit umgebenden Holzzellen (FCA, 100x)


Bild 2b: Zentrum des Stiels mit umgebenden Holzzellen (EGR, 100x)




Bild 3a: Ausschnitt von der Epidermis bis zum Mark. Schön zu sehen die Steinzellennester (FCA, 100x)


Bild 3b: Ausschnitt von der Epidermis bis zum Mark. Schön zu sehen die Steinzellennester (EGR, 100x)




Bild 4a: Steinzellennester (FCA, 400x)


Bild 4b: Steinzellennester (EGR, 400x)




Bild 5a: Ein Ausschnitt (mit Kamerazoom) bei 400x mit Tüpfelkanälen in der Aufsicht und Calciumoxalateinlagerungen (Raphiden). FCA.


Bild 5b: Ein Ausschnitt (mit Kamerazoom) bei 400x mit Tüpfelkanälen in der Aufsicht und Calciumoxalateinlagerungen (Raphiden). EGR. Hier zeigt das Etzold Grün nach meinem Empfinden seine Stärke: die feinen Strukturen kommen besser heraus und die Raphiden sind nicht so stark überfärbt.


Kritik und Hinweise sind wie immer willkommen!

Herzlichen Dank!
Jörg



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Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Manfred Rath

Hallo Jörg,
die Technik kann ich leider nicht kommentieren,mir fehlt einfach das Wissen dazu :-[,
doch die Qualität der Bilder ist ein Wahnsinn,absolut sehenswert.
Einen lieben Gruß nach Deutschland
Manfred
Ich lebe in der Region "Steirisches Vulkanland" - bin aber kein Vulkanier sondern waschechter Steirer.

Klaus Herrmann

#2
Hallo Jörg,
gratuliere zu dieser schönen Darstellung eines Vergleichs der beiden "Etzold-Varianten". Eigentlich ist Etzold-Grün zwar verwandt, aber eben doch eine eigenständige Färbung, weil das Grün ja aus 2 Farbstoffen gebildet wird Alciangelb und Alcianblau.

Deine Beobachtung, dass E-Grün oft besser differenziert, als das originale Etzold (-Blau) habe ich auch schon gemacht. Rolf-Dieter Müller war der Erste, der mich darauf aufmerksam gemacht hat. Besonders in Deinem letzten Bild wird das sehr deutlich!

Meine Frage: hast Du das fertige Farbstoffgemisch verwendet, oder die Einzelkomponenten. Ich hatte damals Rolf-Dieter sowohl die Einzellösungen gegeben, als auch die "Eintopf"-Lösung.

Die Herstellung ist zwar kein Hexenwerk, aber bei sorgfältigem Arbeiten bedeutet es doch etwas Aufwand: Ich setze alle Lösungen separat an und mische erst, wenn alles sicher gelöst ist; wenn nicht wird nochmals filtriert. Na und da ist es sinnvoll immer gleich einen größeren Ansatz zu machen.

Noch was: das letzte Bild schreit direkt nach Pol! Die Farben kommen dann noch intensiver zusätzlich zum Aufleuchten der Oxalatkristallbüschel!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Fahrenheit

Guten Abend Klaus, guten Abend Manfred,

herzlichen Dank für Euer Lob!

@Klaus:
Wir haben die fertige Farbmischung verwendet und Rolf-Dieter war so freundlich, mir einige Milliliter für weitere Färbungen zu überlassen.

Ob es sich um das seinerzeit von Dir erstellte Gemisch handelt oder ob Rolf-Dieter es aus Deinen Einzellösungen erstellt hat, kann ich Dir leider nicht sagen. Er wird uns sicher antworten, wenn er hier mitliest.

Das Pol-Bild wird morgen nachgeliefert - jetzt geht es in die Kiste  ;D

Schöne Grüße
Jörg   
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Fahrenheit

#4
Guten Morgen Zusammen,

hier nun die von Klaus erbetenen Polbilder. Leider ein ziemlicher Matsch. Wenn nicht Klaus danach gefragt hätte, ich hätte sie nicht gezeigt.

Alles in Allem bringt Pol bei diesen Präparaten nicht das, was ich erwartet hätte. Auch verwischt der Unterschied zwischen beiden Färbungen, da die Raphiden im fuchsingefärbten Teil liegen.
Ggf. müssten die Schnitte noch dünner sein, da die Zellwände senkrecht zur Bildebene nun auch noch aufleuchten und den Eindruck der Unschärfe verstärken. Zudem noch meine suboptimale Kameraadaption  :(.

Bild 6a: Mark mit Raphiden bei 400x in polarisiertem Licht (FCA; Brennweite der A530 bei 13,8 mm - bei den Bildern 5a und b waren es 16 mm)


Bild 6b: ein ähnlicher Ausschnitt aus dem mit EGR gefärbten Präparat unter gleichen Bedingungen.



Schöne Grüße
Jörg
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volkera

Hallo, Jörg,

absolute Klassebilder, sehr spannend!
Der Aufbau erinnert ja vor allem im Holzbereich an einen Baumstamm.
Ich weiß gar nicht, wie man die Zellen im Zentrum bezeichnen würde.

Auch kann ich die Kanäle ganz außen nicht zuordnen (noch oberhalb der Steinzellen)... sie sehen ja fast aus wie Harzkanäle im Nadelblatt (was hier natürlich auszuschließen ist), um was für Kanäle handelt es sich???

Vielen Dank für diesen wunderbaren Beitrag!!!

Gruß, Volker

Fahrenheit

Hallo Volker,

vielen Dank für die Blumen!

Vom Aufbau her ist es ein kleiner Stamm :). Der Fruchtstiel bei den Zitrusfrüchte ist ja ein verholztes Ästchen.

Bei dem "Mark" bin ich mir auch nicht ganz sicher. Ich vermute allerdings, dass diese Zellen Wasser leiten.
Zum Einen, weil Querbänder von dort an den Rand des Querschnittes führen, zum anderen, weil am Rand die Zellen mit den Raphiden liegen.

Und ja, die Kanäle in der Nähe der Epidermis würde ich auch als Harzkanäle ansprechen.

@All:
Wenn ich hier falsch liege, bitte ich um Korrektur.

Vielen Dank!
Jörg
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Rolf-Dieter Müller

@Jörg,
ein sehr schöner Beitrag, der richtig gut zeigt, das nicht immer Etzold drin ist wo Etzold drauf steht. Gut, das mag ein Scherz sein, aber besser kann man gar nicht aufzeigen, das Etzoldgrün weitaus differenzierter färbt als alle Blau-Varianten.

Bei Etzold FCA fehlt mir trotzdem eine etwas intensivere Rotfärbung. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, entweder wurde unzulässigerweise differenziert bzw. nicht schnell genug entwässert oder das Farbgemisch ist überaltert. Ich habe es nicht selbst angesetzt, sondern vor langer Zeit von einem Laborfachversand bezogen. Ich werde irgendwann in den nächsten Wochen ein neues Gemisch selbst ansetzen und dann bekommst Du von mir ungefragt frische Farblösung.

@Klaus,
wir haben mit dem von Dir hergestellten Farbgemisch Etzoldgrün gefärbt (Eintopf!). Das ist so gut in Handhabung und sicher im Ergebnis, das ich bisher gar nicht versucht habe, aus Deinen Einzelkomponenten eine andere Etzoldgrün-Zusammensetzung zu mischen. Die Einzelkomponeten benötige ich für was anderes. Ich denke auf Grundlage Deiner Ansätze über eine andere interessante Variante nach. Vielleicht schaffe ich es ja bis Darmstadt Dir etwas zu zeigen.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Fahrenheit

Guten Morgen Rolf-Dieter,

Klaus tarnt sich aus Bescheidenheit als Etzold  ;D
Sorry, could'nt resist ...

Danke für Dein Angebot, dass ich gerne annehmen werde. Ich habe noch ein paar von Deinen Schnitten und da kann ich ja mal eine Vergleichsserie mit den gleichen Prozessschritten anlegen. Somit dürfte dann deutlich werden, ob der Fehler im Handling (zu langsam entwässert) liegt oder die Farblösung gelitten hat.

Allerdings habe ich mit meinem bisschen Erfahrung bisher noch keine mit Etzold FCA gefärbeten Präparate gesehen, bei denen die verholzten, abgestorbenen Zellen so schön fuchsin-rot hervorstechen, wie bei der Färbung mit Etzold Grün. Ich habe es bisher als Vorteil dieser Färbung gesehen, dass das Rot besser raus kommt.
Eine Erklärungsmöglichkeit wäre, dass das Astrablau nicht ganz so selektiv färbt und es somit durch Überdeckung von Astrablau und Fuchsin zu dem Pink-Ton kommt.
Oder es liegt an unsere subjektiven Farbwahrnehmung: Rot und Grün bilden ja einen deutlich stärkeren Kontrast als Rot und Blau. 

Schöne Grüße!
Jörg
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Klaus Herrmann

Hallo Jörg,

Beim polarisieren spiele ich immer sehr unwissenschaftlich mit zusätzlich Lambda und noch Lambda/4.tel und das noch verdreht um ein Optimum heraus zu holen. Das würde ich gerne machen, wenn Du mir den Schnitt mal vertrauensvoll überlässt!

Das mitdem intensiveren Rot bei der Grün-Variante habe ich auch schon bemerkt - Dein Erklärungsversuchhört sich nicht schlecht an.

Zitat
Klaus tarnt sich aus Bescheidenheit als Etzold 
Sorry, could'nt resist ...

nein, das ist reine Wahrheitsliebe; denn eigentlich müsste die Färbung KB- Färbung heißen: Karl Brügmann kam auf den Gedanken. Dass ich die Rezeptur basierend auf diesem Grundgedanken jetzt nochmal neu "erfunden" habe war nur eine Fleißarbeit mit zugegeben schönem Ergebnis!  :D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Fahrenheit

Hallo Klaus,

aber gerne, das Präparat geht heute in die Post.

Ich bin gespannt auf Deine Bilder! Mit meiner CD-Hülle als Hilfsobjekt werde ich auch noch mal ein wenig experimentieren.

Schöne Grüße
Jörg
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Detlef Kramer

Lieber Jörg,

wirklich schöne Fotos!

Ganz kurz zu den Interpretationsproblemen:

1. im Zentrum ist das Mark. Es entsteht aus einem Parenchym und hat keine Funktion.

2. Die "Steinzellen" sind Sklerenchymfasern, die ursprünglich das Phloem als geschlossenen Ring umschlossen und geschützt haben; durch die Dilatation (Umfangserweiterung durch sekundäres Dickenwachstum) wird dieser Ring gesprengt und es entstehen solche Inseln. Auf Längsschnitten müsste man erkennen, dass es sich um lange Fasern handelt.

3. Bei den "Harzgängen" müsste es sich um die Gänge handeln, in denen die ätherischen Öle transportiert werden. Das ist aber nur eine Vermutung.

Herzliche Grüße

Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Hallo Detlef,

vielen Dank für Deine Korrekturen und interessanten Informationen zu den Steinzellennestern!

Kannst Du sagen, was es mit den strahlenförmigen Zellketten auf sich hat, die den Holzteil durchziehen? Ich hatte ja vermutet, dass das Mark noch Wasser führt und dann wären es 'Querleitungen' gewesen.

Öl statt Harz - eigentlich klar  ;)

Schöne Grüße
Jörg
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