Botanik: Fingerstrauch Dasiphora fruticosa *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, November 23, 2013, 09:08:49 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

das Verbreitungsgebiet des Fingerstrauchs erstreckt sich von den Pyrenäen über Frankreich bis Großbritannien, Irland und Südschweden, nach Osten reicht es bis Russland und Bulgarien. Diese Art ist an Felshängen, in lichten Wäldern und an Flussufern in Höhenlagen von 0 bis 2000 Meter zu finden. Im Norden des Verbreitungsgebietes werden auch nasse und zeitweise überschwemmte Standorte besiedelt.

Bild 01 Fingerstrauch (Dasiphora fruticosa) in Russland

Berezovsky, Khanty-Mansiyskiy Avtonomnyy Okrug, Russland

Der Fingerstrauch, auch bekannt als Fünffingerstrauch, hat seinen Namen dank der gefingerten, meist 5 zähligen Blätter. Es kommen allerdings auch 3-7 zählige Blätter vor.

Bild 02 Pflanzen - Probe im AFE III Gemisch


Der Fingerstrauch hat eine aufrechte Wuchsform und variiert von 20 - 150 cm. Außer seiner Blüte bildet der Fingerstrauch kleine Nüsse. Diese sind sehr hart und fallen bei Reife ab. Der Fingerstrauch ist ein Flachwurzler, welcher viele kleine Feinwurzeln bildet. Die Hauptwurzeln des Finderstrauchs gehen sehr tief in die Erde hinein.

Bild 03 Tafel

Die Bezeichnung Fingerkraut ist hier sicher falsch. Der Revierförster Herr Dietmar Mann ist aber für jeden Tipp dankbar.

Meine Probe stammt aus dem Arboretum Bad Grund; Harz (Niedersachsen)
http://www.bad-grund-harz.de/exotenwald.html

Die Laubblätter sind kurz gestielt und derb. Die Fiederblättchen sind sitzend, länglich-lanzettlich, am Grund keilförmig verschmälert, an der Spitze stumpf und ganzrandig. Die Oberseite ist dunkelgrün, die Unterseite ist etwas heller und reichlich behaart.
Die Blüten befinden sich einzeln oder zu wenigen endständig an den beblätterten Zweigen. Der Blütenstiel ist behaart. Die Kelchblätter sind ungefähr 8 Millimeter lang, breit-eiförmig und haben einen zusätzlichen, schmal-lanzettlichen Außenkelch. Die Kronblätter sind bis zu 12 Millimeter lang, rundlich, breiter als lang und am Grund plötzlich zusammengezogen. Die Oberseite ist goldgelb, die Unterseite mattgelb gefärbt. Es sind ungefähr 25 Staubblätter vorhanden. Der Blütenboden ist kegelförmig ausgebildet. Die zahlreichen Nüsschen sind meistens behaart.
Die Blütezeit des Fingerstrauches ist lang. Sie beginnt im Mai und endet im Oktober. Die Blüten sind schalenförmig und jede Blüte besitzt fünf Kronblätter. Die ganze Blüte erreicht einen Durchmesser von 2-3 cm.

Systematik:
 
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Rosoideae
Gattung: Dasiphora
Art: Fingerstrauch
Wissenschaftlicher Name: Dasiphora fruticosa
Volkstümliche Bezeichnung: Goldteppich, Goldfinger
Englischer Name: Shrubby Cinquefoil
Französischer Name: Potentille buissonante
Italienischer Name: Potentilla cespugliosa

Bild 04 Illustration

Dasiphora fruticosa (L.) Rydb.
Walter Hood Fitch - Illustrations of the British Flora (1924) - Permission granted to use under GFDL by Kurt Stueber. Source: www.biolib.de

Der Fingerstrauch (Dasiphora fruticosa, Synonym: Potentilla fruticosa) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Dasiphora.
Der Name Potentilla ist im Englischen schon seit 1548, im Französischen als ,,potentille" seit dem Anfang des 17.Jahrhunderts nachgewiesen. Wohl von lat. ,,potentia" = abgeleitet im Sinne von kleiner Pflanze mit großer Heilkraft. Lat. ,,fruticosus" = buschig, strauchig. Zur Gattung Potentilla zählen rund 400, meist krautige Arten.

Spross, Querschnitt 35 µm

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf :

1. Schnitte  liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  6 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.    12 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  5 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in Entellan

Ergebnis :

Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000, die Übersichtsaufnahmen wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 05 Übersicht, einjähriger Spross, Dasiphora fruticosa

Die Rinde vom Fingerstrauch ist braunrot und blättert in langen Fetzen ab, deshalb bleibt beim Querschnitt auch nur ein kleiner Teil am Spross haften.

Bild 06 Übersicht, einjähriger Spross, Dasiphora fruticosa, Negativaufnahme


Bild 07 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Dasiphora fruticosa

PE = Periderm, PH = Phloem, R = Rindenparenchym Periderm, XY = Xylem, SK = Sklerenchym, EP = Epidermis, St = Strahl, K = Kambium, T = Trachee, MP = Markparenchym

Bild 08 Vergrößerung, Dasiphora fruticosa

Spross mit abgeblätterter Rinde

Bild 09  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme,

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10
   

Quellen und weiterführende Informationen:

Spacer Wikipedia; Freie Enzyklopädie.
Taschenbuch der Gehölze, ISBN: 978-3-494-01448-7
Lexikon der Baum- und Straucharten, ISBN: 978-3-86820-123-9


Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

hajowemo

Lieber Hans-Jürgen,
herzlichen Dank für diese, für deine Verhältnisse, kleine Dokumentation.
Wie immer sehr lehrreich und informativ.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

koestlfr

Hallo Hans-Jürgen!

Interessante Doku - wie immer - der Schnitt ist aber ein kleines Scheisserchen! :-))

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

wie immer zeigst Du uns schöne Aufnahmen von gelungenen Präparaten!

Wer den Fünffingerstrauch kennt, kann sich sicher auch an die in Fetzen hängende Rinde erinnern, die auftritt, sobald das sekundäre Dickenwachstum einsetzt.
Vielleicht kannst Du uns noch eine Aufnahme vom Periderm in höherer Vergrößerung zeigen, die die Ablösung erkennen lässt.

herzliche Grüße
Jörg
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Jan Kros

Lieber Hans-Juergen,
ich schliesse mich vorigen Schreibern an
Danke fuers zeigen
herzlichen Gruessen
Jan

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

danke für das Interesse und Eure Rückmeldung.
Ursprünglich wollte ich die Bilder vom Spross des Fingerstrauches hier im Forum nicht zeigen. Die abgeblätterte Rinde  stört schon, aber warum nicht auch mal ein Foto, dass nicht ein perfekt erhaltenes Periderm zeigt.

@ Jörg,

ich denke diese Auflicht – Fluoreszenzaufnahme zeigt die Ablösung der Rinde etwas deutlicher.


Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

erst einmal Danke für das weitere Bild, aber ich glaube, wir haben uns ein wenig mißverstanden.  :)

Es mag sein, dass die Aufnahmen bei der relativ geringen Vergrößerung die Details nicht zeigen, aber ich denke, es handelt sich nicht um einen Präparationsfehler sondern um die typische Ablösung des primären Abschlußgewebes mit dem beginnenenden Wachstum des Periderms als sekundäres Abschlußgewebe.
Zumindest hängt bei den Fünffingersträuchern auf den Straßenbegleitgrün-Pflanzinseln bei uns um die Ecke die Rinde auch in Fetzen und der Schnitt solches Materials ist zumindest recht schwer.

Konkret würde ich den unten gekennzeichneten Ausschnitt gerne einmal in höherer Vergrößerung sehen:



Herzliche Grüße
Jörg

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Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

gerne zeige ich noch ein Bild in höherer Vergrößerung vom Spross des Fingerstrauches  Dasiphora fruticosa.


Gruß

Hans-Jürgen
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Detlef Kramer

Lieber Hans-Jürgen,

eine sehr informative und gleichzeitig schöne Abhandlung! Ich denke, Jörg hat vollkommen recht, dass das Abblättern der Rinde nicht in Deiner Verantwortung liegt, sondern der normale Gang der Dinge ist. Und das wird deutlich, wenn Du eine kleine Fehlinterpretation korrigierst, was in Deinem nachgeschobenen Foto überdeutlich wird: was Du mit "R" beschriftet hast, ist in Wirklichkeit wohl das Periderm. Sogar die Dreischichtigkeit ist m. M. gut erkennbar, wobei die silbrigen Zellen das Phellogen darstellen. Und damit ist vollkommen klar, dass alles außerhalb überflüssig wird und abgestoßen wird. Das Periderm kann an allen möglichen Orten gebildet werden, je nach Pflanzenart. Und auch mehrfach, immer wieder in tieferen Schichten. Zwischen Phloem und Rinde ist also absolut nicht ungewöhnlich!

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für das neue Bild! Ich möchte mich Detlefs Interpretation anschließen. Darauf hin deutet auch, dass die Zellen außerhalb des Periderms alle rot angefärbt sind. Dies ist bei abgestorbenem Rindenparenchym nach meinem bisschen Erfahrung die Regel und z.B. auch beim Rhododendron zu sehen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Rawfoto

Guten Abend Hans-Jürgen

Auch ich freue mich über den Beitrag, ist toll geworden ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Hans-Jürgen Koch

@ Lieber Detlef, lieber Jörg,

danke für Eure Ausführungen. Dass das Periderm mehrfach gebildet werden kann, war mir nicht bekannt.

@ Gerhard,

danke für Dein Lob.

Gruß an alle Pflanzenfreunde

Hans-Jürgen
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