Botanik: Ganz schön hart - Caragana arborescens *

Begonnen von Fahrenheit, Dezember 25, 2013, 22:03:51 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

dem - bisher - milden Winter sei Dank: es gibt doch noch einiges zu schnippeln. In einem Topf auf der Terrasse steht ein Trauer-Goldregen (Laburnum x watereri "Pendula"), der uns seit einigen Jahren mit schönen Blüten erfreut. Um ihn soll es heute aber nicht gehen, sondern um die Pflanze, die im als Unterlage dient. Die führt nämlich seit geraumer Zeit ein Eigenleben und schickt eigene Sprosse ins Rennen.

Bild 1: Der Trauer-Goldregen und die sprossende Unterlage

Vorne links steht noch der Stumpf des Sprosses, der für die Probe her halten musste.

Die Bestimmung war gar nicht so einfach, aber ich denke, dass es sich um einen Gemeinen Erbsenstrauch (Caragana arborescens) handelt. Ausschlaggebend waren die beiden Dornen am Knospenansatz und die grüne, von beige braunen Riefen überzogene Rinde.

Bild 2: Das Probenstück: Spross des Gemeinen Erbsenstrauchs


Der Gemeine Erbsenstrauch (Caragana arborescens), auch einfach Erbsenstrauch oder nach Seiner Heimat Sibirischer Erbsenstrauch genannt, ist eine Art der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) in der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae).
Beheimatet ist der Gemeine Erbsenstrauch im nordöstlichen Asien von der Mandschurei bis nach Sibirien. Er kommt gut mit kalten Wintern und heißen, trockenen Sommern zurecht. In Europa und Nordamerika wurde er als Zierpflanze eingeführt.

Es handelt sich um einen sommergrüner, stark verzweigter und aufrechter Strauch, der eine Höhe von vier bis sechs Metern erreichen kann. Junge Triebe des Strauchs sind anfangs noch fein behaart und später kahl. Die Rinde ist von frisch grüner, später olivgrüner bis braun grauer Farbe. Unterhalb der Blatt- und Astansätze stehen zwei charakteristische Dornen.

Bild 3: Astgabel mit Knospen


Bild 4: Knospe mit Dornen


Die paarig gefiederten Blätter stehen wechselständig, ihre einzelnen Blättchen sind 1 bis 2,5 Zentimeter lang, netznervig und haben eine gelbgrüner Farbe. Besonders an den Blatträndern sind sie manchmal leicht behaart. Die hellgelben, zwittrigen Blüten der einhäusigen Pflanze erscheinen von Mai bis Juli und sind bis zu 2,5 Zentimeter lang. Aus ihnen entwickeln sich bis zu 5 Zentimeter lange, schmale Hülsen von rötlich-brauner Farbe.

Bild 5: Laub und Blüte

Aufnahme von von Andrew Butko aus wikipedia.de unter GFDL

Bild 6: Unreife Früchte und Laub

Aufnahme von "Anna" aus wikipedia.de unter GFDL

Die Samen wurden in der Vergangenheit als Geflügelfutter und in Notzeiten als menschliche Nahrung verwendet. Allerdings kommt es beim Verzehr - vor Allem bei Kindern - immer wieder zu Magen-Darm-Beschwerden. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, zumal die nahe Verwandtschaft oft stark giftig ist, was insbesondere für alle Pflanzenteile des Goldregens gilt.


Bevor wir zu den Schnittbilder kommen, wie immer kurz zur Präparation:

Ein frisches Sprossstück wurde auf dem Zylindermikrotom freistehend mit DurAedge Einmalklingen im SHK-Klingenhalter quer geschnitten. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm.

Vor der Färbung habe ich von einem der frischen Schnitte einige Aufnahmen gemacht.

Gefärbt habe ich hier nach ca. 30-minütiger Schnittfixierung in AFE nach W3Asim II von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden. Nach der Färbung habe ich vor dem Entwässern durch häufiges Spülen mit jeweils frischem Aqua dest. sanft differenziert.
Eine ausführliche Beschreibung der Färbung findet sich hier.

Das Holz des Gemeinen Erbsenstrauchs ist sehr hart, was besonders an den Übergängen zu den weicheren Geweben außerhalb des Cambium-Rings zu Brüchen und Rissen geführt hat.
Eventuell erzielt man mit stückfixierten Proben bessere Ergebnisse, daher liegen nun einige Sprossstücke in AFG.


Und noch ein wenig zur Technik:

Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit dem NPlan 40x sowie dem 10x und 20x PlanApo. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.


So, nun aber zu den Schnitten!

Zunächst eine Makroaufnahme von einem der Präparate zur Übersicht. Um den schwierigen Schnitt zu dokumentieren, hier kein "perfektes" Exemplar, sondern eines mit den oben beschriebenen Rissen und Brüchen.

Bild 7: Makroaufnahme eines Schnittes, der Durchmesser des Sprosses beträgt etwa 6 mm


Im mikroskopischen Bild zeigt sich der Aufbau des Sprosses.

Bild 8a/b: Die äußeren Gewebe mit Xylem, Cambium, Phloem, Rindenparenchym und Periderm; Bild 8b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus je 17 Bildern.


Auffällig sind die Sklerenchym-Inseln im Rindenparenchym und zwischen dem Phloem. Auch altes, zusammengeschobenes Phloem (aPl) ist erkennbar.
Wer die Beschriftung nachlesen möchte, findet auf der MKB Webseite eine Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen zum Herunterladen. Diese gilt natürlich auch für die noch folgenden Bilder.

Bild 9a/b: Die inneren Gewebelagen mit Mark, primärem Xylem, Xylem und den Jahresringgrenzen; Bild 9b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus je 30 Bildern.


Man erkennt zwei Arten von Xylemparenchym, die sich durch einen unterschiedlichen Grad der Verholzung unterscheiden. Das rot gefärbte Gewebe ist dabei stärker verholzt wie das orange-gelbe.

Bild 10a/c: Das Cambium und die angrenzenden Gewebe, Bild 10a ungefärbt, Bild 10c mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 20 bzw. 17 Bildern.



Hier wird noch einmal deutlich, dass die aktiven Elemente des Phloems (Siebröhren und Geleitzellen) in recht geringer Anzahl im umgebenden Phloemparenchym eingebettet sind. Immer wieder unterbrochen von Sklerenchym-Inseln. Im Xylem-Teil zeigen sich wieder die rot gefärbten Bänder stärker verholzten Xylemparenchyms, die sich deutlich von der Umgebung absetzen.

Bild 11a/c: Das Periderm und das darunter liegenden Rindenparenchym; Bild 11a ungefärbt, Bild 11c mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 25 bzw. 22 Bildern.



An Bild 11a zeigt sich schön, woher die intensiv-grüne Farbe der Sprosse kommt: in den Zellen des Rindenparenchyms sind reichlich Chloroplasten eingelagert. Die Zellen des Periderms sind alle sehr schlank und besonders das Phellem besteht aus vielen einzelnen Lagen - vorsichtig gezählt 10 bis 12). Das Periderm ist insgesamt rund 80 µm dick, dabei entfallen rund 60 µm auf das Phellem.

Bild 12a/b: Noch etwas näher heran ans Periderm; Bild 12a ungefärbt. Vergrößerung 400x, Stapel aus 14 bzw. 20 Bildern.


Die Chloroplasten in 12a sowie das dünnzellige Periderm sind wieder gut zu erkennen.

Was hat es nun aber mit den hellbraunen Leisten auf sich, die außen am Spross entlang laufen? Für die feinen Strukturen an der Sprossaußenseite bieten die aufgebogenen Phellem-Stücke aus den Bildern 11 und 12 eine gute Erklärung und weiter? Das Mikroskop hilft auch hier:

Bild 13a/b: Sklerenchym-Riefe im Querschnitt, Bild 13b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus je 38 Bildern.


Dem Alter des Sprosses und der Form des Querschnitts nach würde ich vermuten, dass es sich hier um die Sklerenchymkappen der primären Leitbündel handelt. Einen Beweis muss ich freilich schuldig bleiben.

Vielen Dank fürs Lesen! Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

hajowemo

Lieber Jörg,
du kennst wohl keinen Feierabend. Selbst am Weihnachtstag einen tollen Beitrag posten
verdient allen Respekt.
Wie immer Lehrreich und hervorragend gemacht.
Frohe Weihnacht und liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

koestlfr

Hallo Jörg!

Hochinteressant, tolle Dokumentation!

Guten Rutsch ins neue Jahr und liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Jan Kros

Hallo Joerg,
ich schliessse mich vorigen Schreibern an
herzlichen Gruss
Jan

Fahrenheit

Liebe Freunde,

vielen Dank für euer Lob! Schön, dass euch der Beitrag zur Straucherbse gefällt.

Heute morgen war es trocken und ich habe die fehlende Aufnahme gemacht - im Ausgangsbeitrag gibt es nun auch ein Bild vom Topf mit der Probepflanze und dem aufgepfropften Goldregen.

Allen herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

von einer Straucherbse hatte ich noch nichts gehört oder gelesen; ein interessanter Beitrag.
Deine Bilder von den ungefärbten Schnitten gefallen mir besonders gut.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Dein Lob, das mich wie immer sehr freut.
Mir ging es mit der Straucherbse genau so. Man kennt sie nicht und doch treibt sie sich auf der eigenen Terrasse rum.  ;D

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM