Botanik: Schneeige Berberitze (Berberis candidula) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Februar 22, 2014, 14:28:30 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

die Berberitze ist ein immergrüner, dorniger ca. 2 Meter hoher, reich und dicht verzweigter Strauch.
Zur  Gattung  Berberis zählen rund 500 Arten. Innerhalb der Familie gibt es 14 Gattungen. Verbreitet ist die Berberitze in Mittel- und Ostasien, vor allem in China, sowie in den Anden Südamerikas; wenige Arten im nördlichen und tropischen Afrika (Hochgebirge). Fossil seit dem Oligozän nachgewiesen. Der Beginn des Oligozäns liegt bei etwa 33,9 Millionen Jahren, das Ende wird auf vor etwa 23,03 Millionen Jahren datiert.
Der lat. Name ,,candidulus" bedeutet hübsch weiß.

Bild 01  Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

Die Blattoberseite ist glänzend dunkelgrün;  unterseits ist das Blatt fast schneeweiß.  Dieses erklärt auch den deutschen Namen ,,Schneeige Berberitze".
Quelle:   OGG-Bilder , Autor:  Alfred Osterloh  

Systematik:
 
Ordnung: Hahnenfußartige (Ranunculales)
Familie: Berberitzengewächse (Berberidaceae)
Gattung: Berberitzen (Berberis)
Art: Schneeige Berberitze
Wissenschaftlicher Name: Berberis candidula
Volkstümliche Bezeichnung: Immergrüne Kissen-Berberitze, Weißliche Berberitze

Bild 02 Tafel im Arboretum Bad Grund im Harz


Der Strauch stammt aus West-China und wurde 1895 von Père Farges eingeführt.
Père Paul Guillaume Farges (1844 - 1912) war in französischer  Missionar und Naturforscher.

Bild 03  Illustration, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany
Permission granted to use under GFDL by Kurt Stueber
Quelle: www.biolib.de

Die Blätter der Berberis candidula  sind flach, 1,5 bis 3 cm lang, die Ränder nach unten umgebogen. Die hellgelben,  einzeln gestielten Blüten sind 5 bis 10 cm lang. Die Blütezeit ist im Mai.
Da sich auf den Blättern häufig rostfarbene Flecken finden, die zu dem gefährlichen Schwarzrost (Puccina graminis) in naher Beziehung  stehen, sollte man den Strauch in der Nähe von Getreidefeldern nicht dulden. Im Dritten Reich bekämpfte man aus diesem Grund die Berberitze.
Der Getreideschwarzrost ist heterözisch, das heißt er führt einen Wirtswechsel zwischen dem Getreide und Berberitzengewächsen als Sekundärwirt durch.
Die Rostpilze verursachen jedes Jahr weltweit einen Ernteschaden von mehreren Milliarden Euro.
Aus dem sehr harten, fein faserigem Holz, sowie aus Rinde und Wurzen wird ein gelber Farbstoff  ,,Berberin" gewonnen, der zum Gelbfärben von Wolle und Leder verwendet wurde.
Der Strauch enthält  Alkaloide und ist giftig.

-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf :

1. Schnitte  liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  6 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.    12 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in Entellan


Ergebnis :

Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000, die Übersichtsaufnahmen wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.


Teil 1: Spross, Querschnitt 30 µm

Bild 04 Übersicht, Spross, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 05 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

CU = Cuticula,  EP = Epidermis,  SK = Sklerenchym ,  PE = Periderm,  RP = Rindenparenchym,   PH = Phloem,  HB = Hartbast,   St = Strahl,  XY = Xylem

Bei vielen holzigen Pflanzen wechseln sich im sekundären Phloem (Bast) Weichbast und Hartbast innerhalb einer Vegetationsperiode ab. Hier ist der Hartbast etwas dürftig ausgefallen.
Bei der Berberitze entsteht das Phellogen dicht am Leitbündelgewebe oder direkt im Phloem.
Das Sklerenchym ist totes Gewebe, das durch seine extrem dicken Zellwände zur Stabilität der Pflanze beiträgt (Festigungsgewebe).

Bild 06  Vergrößerung aus der Übersicht , Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 07  Vergrößerung aus der Übersicht , Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 08  Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

RP = Rindenparenchym, PH = Phloem, K = Kambium, XY = Xylem

Bild 09  Vergrößerung aus der Übersicht , Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 10  Vergrößerung aus der Übersicht , Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 11  Vergrößerung aus der Übersicht , Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 12  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 13  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Teil 2: Blatt, Querschnitt 30 µm


Bild 14 Übersicht, Blatt, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 15 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

CU = Cuticula, EP = Epidermis, SPA = Schwammparenchym, SK = Sklerenchym, PH = Phloem, XY = Xylem

Bei geschlossen kollateralen Leitbündeln (kommt bei einkeimblättrigen = monokotylen oder (anderen) krautigen Pflanzen vor) fehlt das Kambium und die Leitbündel sind von einer geschlossenen, sklerenchymatischen Leitbündelscheide umgeben.
Leitbündel sind für den Ferntransport von Wasser, gelösten Stoffen und organischen Substanzen im Spross, von höheren Pflanzen (Gefäßpflanzen) verantwortlich.

Teil 3: Blattdorn, Querschnitt 30 µm

Die hellbraunen Blattdornen der Berberis vulgaris sind dreiteilig und 1,5 bis 2 cm lang. Diese Dornen sind aus umgewandelten Blättern entstanden, in deren Achsen die blättertragenden Kurztriebe stehen.
Dornen sind stets von Leitbündeln durchzogen. Dies unterscheidet sie von den ähnlichen Stacheln, die jedoch als Emergenz nur von Epidermis und Rindengewebe gebildet werden.
Dieser  Link zur Nadel-Rose  Rosa acicularis  zeigt deutlich den Unterschied Dornen – Stacheln:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10381.msg74470;topicseen#msg74470

Bild 16 Übersicht, Blattdorn,  Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 17 Vergrößerung, großes zentrales Leitbündel, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)


Bild 18 Vergrößerung, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)  


Bild 19 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 20 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Schneeige Berberitze (Berberis candidula)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Fazit:

Einen Dorn zu Schneiden hatte ich mir leichter vorgestellt. Das Gewebe ist extrem hart, viele Schnitte sind von der Klinge einfach weggesprungen und irgendwo auf dem Fußboden gelandet.
Ein paar Schnitte konnte ich retten.
In der Fachliteratur ist von behaarten Zweigen die Rede. Diese Haare habe ich nicht gesehen.

Quellen und weiterführende Informationen:

Wikipedia; Freie Enzyklopädie.
Kosmos Baumführer Europa, ISBN: 978-3-440-11741-5
Taschenbuch der Gehölze, ISBN: 978-3-494-01448-7
Lexikon der Baum- und Straucharten, ISBN: 978-3-86820-123-9
Esau, Katherine ,, Pflanzenanatomie" 1969
Raven, Evert, Eichhorn ,,Biologie der Pflanzen", ISBN978-3-11-018531-7


Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen


Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

da ist Dir wieder eine sehr schöne Dokumentation gelungen!

Sogar einen der Dornen hast Du geschnitten. Schön sind die Leitbündel in den Dornen zu sehen, ein Hinweis darauf, dass es sich um - hier umgewandelte Blätter - handelt.
Aber auch der mit einem Sklerenchym verstärkte Blattrand ist interessant.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

danke für Dein Interesse und das Lob.

Gruß

Hans-Jürgen
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Jan Kros

lieber Hans-Juergen,
ich schliesse mich Joerg an
Herzlichen Gruss
Jan

hajowemo

Lieber Hans-Jürgen,
dir ist wieder mal eine gute Dokumentation gelungen.
Herzlichen Dank für die Arbeit.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Rawfoto

Hallo Hans-Juergen

Spannender Beitrag, hast Du auch einmal einen frischen Schnitt mit der UV-Led betrachtes?

Liebe Gruesse aus Wien

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

danke Jan, Jochen, Gerhard für Euer nettes Feedback.

@ Gerhard,

frischen Schnitt mit der UV-Led habe ich leider noch nie betrachtet. Danke für den Hinweis, bin auf das Bild gespannt.

Gruß

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Klaus Herrmann

Hallo Hans-Jürgen,

schöne Serie hast du hier wiedererarbeitet!

Das Berberin, das man hier ja erwarten darf, sollte mit Blauanregung schön gelb fluoreszieren. Bin gespannt auf das Ergebnis.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Hans-Jürgen Koch

Hallo Klaus,

auch Dir möchte ich danke sagen.
Das Bild stelle ich später ein.
Ich warte auf mein neues Mikroskop. Zeiss hat doch lange Lieferzeiten.

Gruß
Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Klaus Herrmann

Lieber Hans-Jürgen,

das hatte ich vergessen: es sollte Frischmaterial sein, ich fürchte, bei fixiertem Material wird das Berberin extrahiert.
Kommt aber auf einen Versuch an!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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