Lanameter - das etwas andere Mikroskop

Begonnen von plaenerdd, Mai 04, 2014, 18:37:37 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

plaenerdd

Hallo,
heute möchte ich Euch ein besonderes Mikroskop vorstellen: ein "Lanameter" (auch "Lanometer") von Carl Zeiss Jena aus den 1960er Jahren. Dies ist ein spezielles Projektions-Mikroskop zur Messung an Textilfasern.  Man könnte denken, es wäre ein Fernseher, aber es ist ein "Nahseher", der mich mit seiner Skala irgendwie auch an einen Radarschirm erinnert, vor dem ich während meiner Armeezeit immer mal sitzen durfte.

Über die Wortherkunft habe ich leider nichts herausfinden können. Vielleicht hat das Lateinische Wort "linum" für "Faser, Leinen" dafür Pate gestanden.

Die optische Ausstattung beschränkt sich - zumindest äußerlich - auf ein normales 20/0,40-Objektiv, wie es auch an den Lg-Mikroskopen der damaligen Zeit zu finden ist. Dazu kommt ein fixer Kondensor, der über eine Aperturblende verfügt und dessen Frontlinse mit einer zusätzlichen Blende versehen ist, die darüber gestülpt wird. Auch das Objektiv verfügt nochmal über eine Hülse, die man - wohl als Blendschutz - bis auf den Objektträger herunterschieben kann. Inwendig wird das Licht der zur damaligen Zeit sehr üblichen 6V/15W-Lampe mit Flachwendel über einen Spiegel zuerst dem Kondensor zugeführt und dann nach dem Objektiv über Prismen und eine Kompensationsoptik und einen weiteren Spiegel auf die Mattscheibe projieziert. Dieser letzte Spiegel kann über eine Stellschraube, die auf der Rückseite des Gerätes hinter einer großen Schraubkappe versteckt ist, in seinem Abstand zur Mattscheibe leicht verändert werden.

Damit wird die Feinjustage vorgenommen, die mit dem 20er Objektiv bei V=500 liegt. Man beachte hier auch den schönen Runzellack des Gerätes!

Die Fokussierung erfolgt über einen Feintrieb, den man aber Dank zweier Knopfdurchmesser schnell oder langsam zwischen den Fingern rollen kann.

Da das Gerät für große Messreihen sehr ähnlicher Proben vorgesehen ist, braucht es auch keinen Grobtrieb. Das Objektiv lässt sich auch nicht einmal einen ganzen Zentimeter heben/senken.

Die Mattscheibe hat eine in x- und y-Richtung gleichermaßen fein geteilte Skala, die sich aber schwer fotografieren lässt:

Bei V=500 ist ein Intervall=0.0002mm - hier mit einem Fledermaushaar.

Beeindruckend ist der aufwendige Kreuztisch "L", der mittels zweier großer Handräder und einer ausgefeilten Ratschentechnik so benutzt werden kann, dass man Doppelmessungen vermeidet, indem man jeweils eine Bewegungsrichtung sperrt.

Die Faserproben werden zur Messung in Immersionsöl eingebettet. Ich habe leider noch keine Betriebsanleitung gefunden. Das Gerät ist in dem jüngeren Katalog "Mikroskope für Wissenschaft und Technik" in der Sammlung von optik-online zu finden. In einem älteren Zeiss-Jena Katalog von 1951 ist auch schon ein Lanameter abgebildet, dass aber noch als inverses Mikroskop gebaut ist.

Hier ist die Mattscheibe drehbar, um die Fasern in Skalenrichtung zu bringen. Bei dem "moderneren" Gerät ist der Kreuztisch um etwa 120 Grad drehbar. Leider fehlt bei meinem Gerät der schachtförmige Lichtschutz,

der auch in hellen Räumen ein gutes Erkennen des Mattscheibenbildes ermöglicht, aber ich habe zum Glück Außenrollos, mit denen ich jeder Zeit alles dunkel machen kann. ;D

Beste Grüße
Gerd

Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Martin L.

Hallo Gerd
vielleicht hat der Name was mit dem Lateinischen/Italienischen LANA = Wolle zu tun?

Herzliche Grüße
Martin
Ich bevorzuge das freundschaftliche "Du".
Vorstellung hier: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4241.0
Arbeitsmikroskope:
       Zeiss Axioskop
       Zeiss Standard Universal DL AL Fluo
       Zeiss Ultraphot II DL AL Fluo
       Zeiss Stereomikroskop

TPL

Zitat von: Martin L. in Mai 04, 2014, 18:47:24 NACHMITTAGS(...) vielleicht hat der Name was mit dem Lateinischen/Italienischen LANA = Wolle zu tun? (...)

Hallo Martin,

genau so ist es. Lanameter wurden vor allem zur Qualitätskontolle von Wolle und deren Gespinsten eingesetzt. Dazu gab es im Westen ein eigenes "Wollforschungsinstitut" (wobei ich mir sicher bin, dass die auch nch andere Untersuchungen gemacht haben ;)). Leitz hatte ein Gerät mit dem gleichen Namen im Programm (Suchworte Leitz, Lanameter).

Reichert und Projektina hatten ähnliche Materialprüfungsgeräte im Angebot, die weniger spezialisiert waren, denen aber die Auswertung an einem Projektionsbildschirm gemeinsam ist.

Herzliche Grüße
Thomas

plaenerdd

Hallo,
danke für die Antworten. Ja, das klickt was: LANOlin - das Wollfett, das hab ich doch seinerzeit immer mit in die Wollwäsche getan, als die Kinder noch wollene Wickelhosen hatten um die Baumwollwindeln. Ist lange her, aber da hätte ich auch selber drauf kommen können.
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph