Tubuslinse näher betrachtet

Begonnen von peter-h, Juni 19, 2014, 17:30:14 NACHMITTAGS

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peter-h

Liebe Unendlichnutzer und die es werden wollen.

Durch einen Zufall sah ich die Konstruktionsdaten einer Nikon Tubuslinse f= 200mm. Da die verwendeten Glassorten in meinem Optikprogramm hinterlegt waren, plagte mich die Neugier  ;D wie gut ist denn ein solcher 4-Linser ?


Durch den geschickten Einsatz ausgefallener Gläser konnte eine apochromatische Korrektion erreicht werden. Die Bildfehler sind sowohl im Spotdiagramm, wie auch aus der Fehlerbetrachtung 3. Ordnung nach Seidel perfekt. Was will man mehr?
Aber man darf nicht allein die Spotdiagramme nach streng geometrischer Optik betrachten, denn auch die Beugung ist zu berücksichtigen. Und siehe da, das Airyscheibchen ist über 10-mal größer als das Spotdiagramm.

Reine Theorie ? NEIN !


Ein kleiner Versuch (hier mit Olympus UMA Tubus f=180mm) zeigt deutlich, dass die Unschärfe nur durch die Beugung bestimmt wird. Der Bildausschnitt ist eine extreme Vergrößerung aus der Zwischenbildebene. Kamera DMK72.

Für alle Mikroskopiker, welche an Bastelarbeiten Interesse haben kommt die Frage: Geht es auch einfacher?
Da Linsenschleifen nicht die Haupttätigkeit eines Mikroskopikers ist muß also nach einer brauchbaren, fertigen Lösung gesucht werden. Bei Edmund Optics kann man eine große Auswahl an noch bezahlbaren Achromaten bekommen. Warum also nicht einen Versuch starten?



Vergleicht man jetzt die Spotdiagramme dieses Achromaten mit den Ergebnissen vom Nikon 4-Linser, so muß man rein theoretisch Abstriche machen, jedoch sind auch hier wieder die Spotdiagramme weit unter der Beugungsgrenze !

Woher rührt diese "Unempfindlichkeit" der Tubuslinse?


Da die Austrittspupille des Mikroskopobjektivs die Eintrittspupille der Tubuslinse darstellt und üblich < 5mm im Durchmesser ist, die Brennweite mit 200mm recht groß, errechnet sich ein sehr großes Airyscheibchen.
d = 2,439 * lambda * f / D (d=Durchm. d. Airydisc , lambda=550*10-9 , f=Brennw. Tubuslinse , D=Durchm. Blende)
d ~ 54 µm

Wer also eine Umrüstung von Endlich- auf Unendlichoptik plant hat durchaus gute Chancen mit einem kleinen Achromat eine gute bis sehr gute Einrichtung zu bekommen.

Warum nicht ein Fotoobjektiv als Tubuslinse? Vorweg, ja es geht auch, aber !
Beim Fotoobjektiv liegt die Blende im Objektiv, bei einer Tubuslinse liegt die Blende weit vor der Linse !!!
Da aber der Einfluß der Blendenlage auf die Bildfehler Koma, Astigmatismus und Bildwölbung eine entscheidente Rolle spielt, kann es durchaus sein, dass die Bildfehler zum Bildrand so stark ansteigen, dass die Fehler die Beugungsunschärfe übersteigen.

Vielleicht konnte ich mit dieser Betrachtung einen kleinen Beitrag zur Tubuslinse erbringen.

Viele Grüße und einen schönen (Teil)feiertag
Peter

TPL

Danke, Peter, so ging es mir auch!

Es ist schon toll, was Du mit Deinem "optisch-messtechnischen Kampfstand" für uns erschließt... ;)

Herzlichen Gruß
Thomas

JB

Hallo Peter,

Diese aktuelle Diskussion, komplett mit US Patent 7 889 432, duerfte Sie auch interessieren. http://www.photomacrography.net/forum/viewtopic.php?t=23898&postdays=0&postorder=asc&start=0

Die dort vorgestellte Ersatz-Tubuslinse Raynox DCR-150 sollte ob des guenstigen Preises von 50 Euro auch interessant sein.

Jon

smashIt

Zitat von: peter-h in Juni 19, 2014, 17:30:14 NACHMITTAGS
Da die Austrittspupille des Mikroskopobjektivs die Eintrittspupille der Tubuslinse darstellt und üblich < 5mm im Durchmesser ist

wie liegen eigentlich die austrittspupille des objektivs und die eintrittspupille der tubuslinse zueinander?

ich bin immer davon ausgegangen das die austrittspupille des objektives dort liegt wo man über dem revolver die filterschieber einsetzen kann (ist allerdings eine reine vermutung meinerseits)
MfG,
Chris

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