Stereomikroskop MBS-10 vs. Leitz 1930er Jahre

Begonnen von Lupus, Juni 19, 2014, 18:58:23 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Lupus

Hallo,

der Vergleich der Abbildungsqualität zweier primitiver KOSMOS-Mikroskope in einem früheren Tread hat mich motiviert, einmal die Qualität eines Lomo MBS-10 Stereomikroskopes in einem Vergleich unter die Lupe zu nehmen. Mir ist schon früher aufgefallen, dass dieses Mikroskop deutlich flauere Bilder als ein altes Leitz aus den 1930er-Jahren https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=18032.msg138026#msg138026 liefert. Daher habe ich versucht, den Unterschied fotografisch darzustellen. Das soll natürlich kein direkter Vergleich dieser Mikroskope sein, es wäre Äpfel mit Birnen vergleichen, dazu ist allein die Stativkonstuktion und das Handling zu unterschiedlich. Und bei der optischen Konstruktion und Fertigung gibt es natürlich auch große Unterschiede: Greenough vs. Fernrohr-Typ, Vorkriegsmodell vs. "moderne" Konstruktion.
Optische Daten des MBS-10 wurden hier https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=19599.0 diskutiert, ein Unterschied besteht bei der n.A.: ich habe das 4x, 8x und 12x Leitz-Objektiv grob ausgemessen und komme auf eine etwas höhere n.A. von etwa 0.11-0.12 für alle Objektive (was natürlich auch eine etwas geringere Schärfentiefe bedeutet).
Testaufnahmen habe ich mit allen verfügbaren Objektiv-Okularkombinationen gemacht und wegen der niedrigen Austrittspupille der alten Leitz-Okulare wieder eine einfache Kompaktkamera zur Adaption verwendet (Originalbildauflösung 3456x3456 Pixel). Objekt: Farnstamm Querschnitt.
Der sichtbare Unterschied ist bei allen Kombinationen ähnlich, daher hier nur ein Vergleichsbeispiel (aus dem kameraformatfüllenden Okularbild relativ stark herausvergrößert):



Links MBS-10 7x Obj., 8x Ok., rechts Leitz 8x Obj., 8x Ok.. Bilder mit Weißabgleich korrigiert. Seltsamerweise zeigt das MBS-10 einen deutlichen Farbsaum an ausgeprägten, breiten Hell-Dunkelübergängen, speziell mit dem Okular 8x/23.

Hubert

Oecoprotonucli

#1
Hallo Hubert,

wieso fotografierst Du Pflanzenschnittpräparate mit Stereomikroskopen? Ist da etwas durcheinandergeraten? Auch die Größe ist irritierend - aber Du schriebst ja "stark herausvergrößert".

Ist die Beleuchtung bei beiden Aufnahmen vergleichbar?

Ansonsten dankt Dir ein Leitz-Besitzer für das "gute Gefühl"...  ;)

Besten Gruß

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

Lupus

Hallo Sebastian,

Zitatwieso fotografierst Du Pflanzenschnittpräparate mit Stereomikroskopen?
warum nicht? Sollte ja nur ein 2D-Testobjekt zur Beurteilung der Schärfe sein. Das Präparat enthält immerhin in allen Vergrößerungsstufen Details und Helligkeitsabstufungen, die z.B. eine Messskala nicht besitzt.

ZitatAuch die Größe ist irritierend - aber Du schriebst ja "starkt herausvergrößert".
Die Originalauflösung war 3456 Pixel für fast den ganzen Okularbilddurchmesser (Kreis etwas angeschnitten). Ich habe das gesamte Bild für die Veröffentlichung in photobucket verkleinert, und konnte daher zur Demonstration der Abbildungsqualität natürlich nur eine starke Ausschnittsvergrößerung wählen.

ZitatIst die Beleuchtung bei beiden Aufnahmen vergleichbar?
Die Beleuchtung ist nicht identisch, aber etwa gleiche Farbtemperatur (Halogen bei MBS-10 und warmweiße LED bei Leitz). Jeweils diffuse Beleuchtung über homogene weiße Fläche von unten.

Seltsam ist wie erwähnt der gelbliche Farbsaum an breiten dunklen Bereichen beim MBS-10 (auch an anderen hier nicht abgebildeten Stellen), während die verbleibenden Linien blaustichig sind. So als gäbe es eine starke chromatische Aberration nur für den langwelligen Teilbereich des Spektrums, der ja beim Weissabgleich trotzdem berücksichtig wird aber visuell an dünnen Bilddetails nicht auffällt. Die von mir hier nicht verwendete Originalbeleuchtung hat einen Grünfilter, vielleicht ist das der Grund für dessen Einsatz und man verdeckt dadurch einen Mangel an der Optik.

Hubert

Oecoprotonucli

Hallo Hubert,

zu den möglichen Ursachen kann ich auch nicht mehr mutmaßen als Du. Vielleicht auch kein Problem der Optik sondern der Mechanik (Abstände, Bildebenen), von der man ja liest, dass sie bei Lomo manchmal nicht optimal sei?

Dein Vergleich mit dem Präparat ist schon interessant und wahrscheinlich auch "gültig". Dennoch ein wenig zweckentfremdet, da man ja eine solche Aufnahme eigentlich an einem normalen Durchlichtmikroskop mit geköhlertem Kondensor etc. machen würde.

Die Aufnahme eines typischen Stereo-Mikroskop-Objektes (im Auf- oder Schräglicht) würde den Vergleich noch abrunden...

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

Lupus

Hallo Sebastian,

mir ging es zunächst nur um die Abbildungsqualität der Optik (Auflösung, Kontrast), also in einer Bildebene, nicht um die Abbildung von 3D-Objekten, die ja die eigentliche Domäne von Stereomikroskopen ist. Das fehlende typische Köhlern eines Durchlichtpräparates spielt hier doch keine Rolle, schließlich muss das Mikroskop wie bei jedem Auflichtobjekt mit einem "ungeköhlerten" Lichteinfall zurecht kommen. Dem "Köhlern" wird sowieso eine zu große Bedeutung zugeschrieben, bei geringer Vergrößerung spielt es m.E. keine Rolle. Und welches alternative ebene Objekt außer vielleicht einer Messskala könnte man besser verwenden?

ZitatDie Aufnahme eines typischen Stereo-Mikroskop-Objektes (im Auf- oder Schräglicht) würde den Vergleich noch abrunden...
Einen Vergleich mit einem echten 3D-Objekt hatte ich ursprünglich auch vor, da wird es wegen der unterschiedlichen Schärfentiefe und dem etwas verschiedenen Winkel der beiden optischen Achsen aber kompliziert in der Bewertung. Zumal durch die deutlich geringere Bildauflösung und geringerem Kontast beim MBS-10 eine scheinbar höhere Tiefenschärfe vorgegaukelt wird. Mal sehen, vielleicht finde ich ein repräsentatives Objekt.

Hubert

Frank D.

Hallo Hubert,

Du beschreibst einen Vergleich, der den großen Nachteil des Abbe-Typs hervorhebt, vergisst aber, die Vor - und Nachteile der beiden, absolut verschiedenen Typen zu erwähnen.
Stark abgewandelt: Du wunderst Dich, dass ein Unimog langsamer ist als ein wesentlich älterer PKW. Wiki hat unter dem Stichwort "Stereomikroskop" einiges dazu zu bieten.
Das der fotografische Farbfehler, der seine Ursache in der prismatischen Wirkung des Objektiv-Randbereichs sucht, visuell nicht mehr, oder in Abhängigkeit der Objektivgüte wesentlich geringer ausfällt, sollte auch klar sein.

Ich habe mich bisher bewusst gegen den Greenough-Typ entschieden, ich benötige eher den MBS Unimog-Typ. Mit diesem sind übrigens in den Trommelstellungen 1 - 4 auch gute Fotos machbar.

Herzliche Grüße
Frank


Oecoprotonucli

Zitat von: Lupus in Juni 19, 2014, 18:58:23 NACHMITTAGS
Und bei der optischen Konstruktion und Fertigung gibt es natürlich auch große Unterschiede: Greenough vs. Fernrohr-Typ

Ah, also scheint hier laut Frank eine wesentliche Ursache zu liegen...(?)

Und das 3D-Präparat (auch wenn nur monokular und damit in 2D fotografiert) wäre wohl schon noch wichtig. Ein kleines Insekt oder Blüte vielleicht? Für die großen Vergrößerungen Mikroorganismen an Tümpler-Detritus? Das wären natürlich schwerlich "Standard-Präparate".

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

Peter V.

Hallo,

leider bin ich ja funktioneller "Monokulist", kann als nicht stereoskopisch sehen. Insofern sind Stemis für mich nur "Lupen", weil ich eben nur mit einem Auge hindurchschaue.
Vor einigen Jahren fiel mir auf, dass das hochgelobte "Technival II" von Zeiss Jena für mein Empfinden unangenehme Farbsäume aufweist. Und ich fragte mich: Wieso nur sind die Besitzer mit dem Technival derart zufrieden? Ich habe dann erfahren, dass "normale" Seher, die - bestimmungsgemäß - mit beiden Augen durch solche Stereomikroskope schauen, die Farbsäume nicht mehr sehen, weil sie sich gegenseitig aufheben.
So wird auch beim MBS-10 sein, das ja vom gleichen Bautyp ist.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Oecoprotonucli

Zitat von: Peter V. in Juni 20, 2014, 13:41:29 NACHMITTAGS
Vor einigen Jahren fiel mir auf, dass das hochgelobte "Technival II" von Zeiss Jena für mein Empfinden unangenehme Farbsäume aufweist. Und ich fragte mich: Wieso nur sind die Besitzer mit dem Technival derart zufrieden? Ich habe dann erfahren, dass "normale" Seher, die - bestimmungsgemäß - mit beiden Augen durch solche Stereomikroskope schauen, die Farbsäume nicht mehr sehen, weil sie sich gegenseitig aufheben.
So wird auch beim MBS-10 sein, das ja vom gleichen Bautyp ist.

Schnelles googeln und oberflächliches Anschauen ergab bei mir gerade den Glückstreffer http://www.mikroskop-online.de/Mikroskop%20BDA/30-722-1.G%20%20TECHNIVAL%202%20%28T%29.pdf auf PDF-Seite 40 (von 60), wo beschrieben ist, dass man für Stereoaufnahmen beim zweiten Foto den Fotoaufsatz um 180° drehen muss. Wenn Du Recht hättest, müsste man auf den beiden Teilaufnahmen ja quasi entgegengesetzte Farbsäume sehen?

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

Lupus

Hallo Frank,

Zitatvergisst aber, die Vor - und Nachteile der beiden, absolut verschiedenen Typen zu erwähnen.
Stark abgewandelt: Du wunderst Dich, dass ein Unimog langsamer ist als ein wesentlich älterer PKW.
eigentlich hatte ich mich in der Einleitung relativ klar geäußert, dass ich gerade keinen allgemeinen Vergleich der beiden unterschiedlichen Mikroskoptypen vorhatte ("Äpfel und Birnen"). Aber es ist ja nicht so, dass alle Grenough-Typen besser sind als die Abbe-Typen. Es ging schlicht um den deutlich erkennbaren qualitativen Unterschied von Auflösung und Kontrast dieser beiden konkreten Mikroskope. Und mit einem Zeiss-Abbe-Typ kann man doch kein so flaues Bild verknüpfen?

Der Farbsaum war mir in dieser ausgeprägten Form in der Praxis nicht bekannt, da ich mit dem Stereomikroskop nur visuell beobachte. Man lernt immer wieder dazu.

Hubert

the_playstation

Hallo.
Ich besitze ja auch 2x MBS 10. Ich hatte ja schon über Farbsäume geklagt (Thread mit SMD Bauteilen einer CF Speicherkarte).
Mittlerweile habe Ich das Problem im Griff (Verschieben der Objektivlinse).
Mit den Augen betrachtet, scheint das Gehirn die Fehler wegzurechnen.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Oecoprotonucli

Hallo,

die leichten Farbsäume scheinen mir aber bei Huberts Foto-Vergleich noch ein eher geringes Problem zu sein. Dass das Bild insgesamt viel flauer ist, fällt stärker ins Gewicht. (imho = entkürzt und übersetzt: Meiner bescheidenen Meinung nach).

Besten Gruß

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

reblaus

Hallo Jorrit -

auch ich bin funktionell monokular und sehe die Farbsäume beim Teleskop-Typ. Und es ist richtig, dass sie vom Hirn "weggerechnet" werden, weil es sich um Komplementärfarben handelt.

Leider ist das beim Fotografieren nicht der Fall, deshalb sind auch Makroskope nur einäugig.
Bei Stereoaufnahmen sollte sich der Farbfehler aber ebenfalls weitgehend aufheben - egal ob man die Kamera beim Wechseln um 180° dreht oder nicht - schließlich muss man dann anschließend eines der Bilder wieder drehen.

Gruß

Rolf

Lupus

Hallo Sebastian,

Zitatdie leichten Farbsäume scheinen mir aber bei Huberts Foto-Vergleich noch ein eher geringes Problem zu sein. Dass das Bild insgesamt viel flauer ist, fällt stärker ins Gewicht.
sic!

Endlich jemand, der mich versteht!  :)
Die Farbsäume waren eigentlich nur ein Randthema. Das Fernrohrtyp-Stereomikroskop hat hier offensichtlich eine starke Lobby  ;D

Hubert

liftboy

Hallo Hubert,

na ja, was heisst starke Lobby?
Das Ding ist halt robust, leicht zu zerlegen und zu reparieren, und hat einen riesigen Arbeitsabstand.
Es ist nicht als Fotomikroskop konzipiert; das merkt man schon, wenn man eine Microcam in den Fototubus steckt, und hofft, dann das gleiche zu sehen, wie durch das Bino. Wenn man sich den mechanisch/optischen Aufbau ansieht, geht das einfach nicht; das Problem haben auch andere Stemis.
So etwas macht man dann wie Heike :-)

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr