Planparallele Glasscheiben im Unendlichstrahlengang?

Begonnen von JB, Juli 16, 2014, 19:59:36 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

JB

Hallo Forum,

Ich bin gerade dabei mir einen Analysator zuzulegen, also einen abbildungsseitigen Polfilter.

Der Filter soll eine gut charakteriserte Polfolie ohne Blauluecke enthalten, in diesem Fall HN38S, und beidseitig entspiegelt sein. Damit ist die Auswahl im Internet schon stark eingeschraenkt. Es bleiben noch zwei Varianten:

1) Plastiklaminat; Dicke 0,28 mm
2) Glaslaminat (B270); Dicke 3 mm 

Die Analysatoren, die derzeit von den Mikroskopherstellern verkauft werden, sind alle sehr duenn (Leica; Zeiss). Das hat sicher seine Gruende. Mich schreckt aber vom Kauf des Plastiklaminats ab, dass ein 0,28 mm duenner Filter kaum zu reinigen ist (kaum dicker als ein Deckglas).

Kann mir jemand sagen oder einschaetzen, wie nachteilig sich ein 3 mm dicker Glasfilter auf das mikroskopische Bild im Unendlichstrahlengang auswirken wuerde?

Beste Gruesse,

Jon

reblaus

Hallo -

ich hatte am Axioskop in einem Auflichtschieber einen 4 mm dicken Strahlenteilerspiegel (aus einem Phomiteiler zurechtgeschnitten) installiert, um eine behelfsmäßige Auflichtfluoreszenz zu kriegen. Die Originalstrahlenteiler sind alle sehr dünn, aber ich konnte optisch nicht der geringsten Unterschied feststellen, auch nicht zu dem später erworbenen Originalteil, das eine relativ komplizierte Reflexkonstruktion ist.

Viele Grüße

Rolf

TPL

Zitat von: JB in Juli 16, 2014, 19:59:36 NACHMITTAGSKann mir jemand sagen oder einschaetzen, wie nachteilig sich ein 3 mm dicker Glasfilter auf das mikroskopische Bild im Unendlichstrahlengang auswirken wuerde?

Hallo Jon,
unendlich oder endlich: planparallele Platten endlicher Dicke bewirken einen Versatz der Strahlen, die nicht parallel zur optischen Achse sind. Man kann deshalb auf dem nicht polarisierenden  Analysatorschieber eine ebenso "dicken" Glasplatte einlegen (am besten als Graufilter) oder aber den Analysator möglichst dünn machen. Ich finde die erste Lösung – schon allein aus dem von Dir genannten Grund – viel sinnvoller, aber das ist mit Sicherheit auch die teure Lösung.

Beste Grüße,
Thomas

JB

Hallo Rolf,

Danke fuer die Einschaetzung!


Hallo Thomas,

Du meinst der duenne Filter ist besser oder der Glasfilter? Der Preisunterschied ist gering und spielt keine Rolle. Den Glasfilter halte ich fuer langlebiger, weil man ihn in der eingebauten Position reinigen koennte. Den Plastikfilter muesste man erst jedes Mal ausbauen, weil er sonst wahrscheinlich beschaedigt wuerde.

Soweit war mein Verstaendnis: eine Planplatte im endlichen Stahlengang, wenn sie schraeg steht (beim Selbstbau wird sie wohl immer schraeg stehen), fuehrt zu Doppelbildern, Strahlenversatz, Astigmatismus und einer Tubuslaengenverkuerzung.

Im unendlichen Strahlengang sind Doppelbilder (Seite 5: http://www.alanwood.net/downloads/olympus-bhm-bh-2-brochure.pdf ), Strahlenversatz und Astigmatismus als Probleme behoben. Die Tubuslaengenverkuerzung ist bedeutungslos.

Bleibt als Problem die Dispersion. Wenn Strahlen schraeg durch die Glasplatte fallen werden sie spektral aufgespalten; je dicker die Platte, desto staerker die Aufspaltung. Da koennte der duenne Filter aus Plastik von Vorteil sein.

Beste Gruesse,

Jon


reblaus

Hallo -

die Minimierung von Dispersionseffekten könnte auch hinter der Reflexkonstruktion im Spiegel des Zeiss-Axio-Auflichtreflektors zu stecken. Bei diesem wird das waagerecht eingestrahlte Licht nicht wie bei den einfachen Reflektoren durch einen teildurchlässigen 45°-Spiegel um 90° nach unten reflektiert, sondern durch einen totalreflektierenden Spiegel hinten außerhalb des Bildstrahlengangs zunächst etwa 60° nach oben, wo sich der halbdurchlässige Spiegel befindet, der aber dann nicht mehr 45° schräg steht, sondern wesentlich flacher, was natürlich die Dispersion entsprechend vermindert.
Allerdings müssten doch die beim Eintritt in das Glas dispergierten Farben, die innerhalb des Glases auseinander laufen, nach Verlassen des Glases zwar getrennt aber doch parallel weiterlaufen, sodass sie von der Tubuslinse wieder zu einem Punkt zusammengefasst werden, ähnlich wie das Geisterbild in dem alanwood-link?
Ist mir momentan zu schwer, vielleicht gibt mir jemand eine einleuchtende Erklärung ob das ein Trugschluss ist.

Viele Grüße

Rolf

JB

Zitat von: reblaus in Juli 17, 2014, 00:51:11 VORMITTAG
Allerdings müssten doch die beim Eintritt in das Glas dispergierten Farben, die innerhalb des Glases auseinander laufen, nach Verlassen des Glases zwar getrennt aber doch parallel weiterlaufen, sodass sie von der Tubuslinse wieder zu einem Punkt zusammengefasst werden, ähnlich wie das Geisterbild in dem alanwood-link?
Ist mir momentan zu schwer, vielleicht gibt mir jemand eine einleuchtende Erklärung ob das ein Trugschluss ist.

Hallo Rolf,

Da hoert auch meine Vorstellungskraft auf. Gibt es hier jemanden, der dazu etwas weiss? Peter vielleicht?   :)

Beste Gruesse,

Jon

martin_hu

Hallo Jon

wenn du im unendlichen Strahlengang eine Planplatte hast die nicht gekippt ist, hat die Dicke keinen wesentlichen Einfluss auf das Bildresultat.
Die optische Qualität der Planplatte aber schon, je weiter entfernt vom Auge umso mehr Einfluss hat die Qualität.
Bei einer gekippten planparallelen Platte muss die Dicke möglichst gering sein, da der Bildversatz farb-abhängeg bei dickeren Platten zu nimmt. :)

Beste Grüsse

Martin



JB


Hallo Martin,

Danke fuer die Antwort!

Zitat von: martin_hu in Juli 17, 2014, 18:51:53 NACHMITTAGS
wenn du im unendlichen Strahlengang eine Planplatte hast die nicht gekippt ist, hat die Dicke keinen wesentlichen Einfluss auf das Bildresultat. Die optische Qualität der Planplatte aber schon, je weiter entfernt vom Auge umso mehr Einfluss hat die Qualität.

Welche Qualitaetsmerkmale muss ich da bedenken? Planaritaet natuerlich; spielt die Glassorte auch eine Rolle?

Zitat
Bei einer gekippten planparallelen Platte muss die Dicke möglichst gering sein, da der Bildversatz farb-abhängeg bei dickeren Platten zu nimmt. :)

Der neueste Polfilter den ich kenne, ein Leica ICT/P Schieber, habt tatsaechlich einen sehr duennen, leicht gekippten Glasfilter (gekippt, um Streulicht abzulenken; das scheint bei Unendlich-Schiebern ueblich zu sein; so auch bei DIC-Prismen).

Beste Gruesse,

Jon

martin_hu

Hallo Jon

das Glas sollte natürlich möglichst viel Licht in allen Wellenlängen, die du benutzen wirst durchlassen, sonst ist das nicht von Bedeutung.
Die optische Qualität ist so eine Sache von der Theorie her müsste die Planplatte Lamda/4 haben.
Viele Fotografische filter werden das aber nicht erfüllen, ein dünner Kunststoff Filter schon gar nicht. Wenn du ein sehr gutes System verwendest würde ich auch gute Filter kaufen, von den bekannten Firmen eben, es können ja auch gebrauchte sein.
Oder du schaffst dir etwas bezahlbares an und testest ob dich das befriedigt.

Beste Grüsse

Martin

TPL

Zitat von: JB in Juli 17, 2014, 00:04:47 VORMITTAGIm unendlichen Strahlengang sind Doppelbilder (Seite 5: http://www.alanwood.net/downloads/olympus-bhm-bh-2-brochure.pdf ), Strahlenversatz und Astigmatismus als Probleme behoben. Die Tubuslaengenverkuerzung ist bedeutungslos.

Hallo Jon,

Du hast recht und ich lag damit voll daneben: das ist ja einer der wesentlichen Vorteile des unendlichen, und deshalb parallelen Strahlenganges ::)!
Ich hätte gedacht, ein aufwändiges Laminat aus zwei planparallelen Glasplatten um eine Polfilter-Folie müsse teuerer sein als eine nicht geschützte Pol-Folie. aber auch das scheint nicht zu stimmen. War wohl ein bisschen zu spät, als ich geantwortet habe...

Beste Grüße
Thomas

reblaus

Hallo Thomas und Jon -

ich dachte nochmals in die Diskussion einsteigen zu müssen, aber dieser Link scheint das (wie mir selbst) auch den meisten anderen klar gemacht zu haben.

Außerdem: Grau, teurer Freund, ist alle Theorie ...
und deshalb habe ich extra nochmals meinen selbst eingebauten, 45° schräg gestellten und 3 mm dicken Strahlenteilerspiegel in den Strahlengang meines Axioskops geschoben und siehe da:
Auch bei Verwendung meines Planapo 40x/0,95 konnte ich keinerlei Bildversatz feststellen, zumindest nicht im Rahmen des mechanischen Spiels meines Reflektorschiebers.

Viele Grüße

Rolf

P.S. Ein wichtiges Verständnisproblem scheint mir die Tatsache, dass sich die Darstellungen der parallelen Strahlengänge auf das Strahlenbündel eines einzelnen Objektpunktes beziehen, aber die parallelen Bündel der einzelnen Punkte auseinanderstreben - sie sollen ja im Unendlichen ein unendlich großes Bild projizieren. Das hat aber Christian Linkenheld sehr gut dargestellt. Deshalb kann der Unendlichbereich auch nicht beliebig lang gemacht werden, weil sonst Vignettierung eintritt.










JB

Vielen Dank an alle, die sich an der Aufklaerung beteiligt haben!


@Martin

Zitat von: martin_hu in Juli 17, 2014, 19:32:26 NACHMITTAGS
Die optische Qualität ist so eine Sache von der Theorie her müsste die Planplatte Lamda/4 haben.
Viele Fotografische filter werden das aber nicht erfüllen, ein dünner Kunststoff Filter schon gar nicht. Wenn du ein sehr gutes System verwendest würde ich auch gute Filter kaufen, von den bekannten Firmen eben, es können ja auch gebrauchte sein.

... an den hohen Anforderungen liegt sicher der hohe Preis, den die Originalfilter erzielen.

Jon