Kristalldrusen in Netrium digitus

Begonnen von Martin Kreutz, Juli 23, 2014, 22:59:52 NACHMITTAGS

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Martin Kreutz

Liebes Forum,

schneller geht es nicht. Vom Mikroskop direkt ins Forum. Ich sitze hier gerade an frischen Simmelriedproben und habe in einer davon (ausgepresstes Sphagnum) Massenweise Netrium digitus gefunden. Das ist eigentlich nichts besonderes, jedoch fielen mir bei ca. 5-10 % der Exemplare dunkle Einschlüsse auf. Ich habe vor wenigen Minuten diese Fotos gemacht und gleich mal hochgeladen:



Ich weiß nicht, ob dieses Phänomen schon Mal im Forum diskutiert wurde. Leider funktioniert die Suchfunktion nicht mehr.

Die bräunlichen Einschlüsse sind doppeltbrechend, wie man an folgendem Vergleich DIK/POl erkennt:



Ich habe dann alles noch mit Ölimmersion im HF untersucht. Bei doppeltbrechenden Körpern kann das DIK die Farbe schon mal falsch wiedergeben. Das folgende Exemplar war mittelstark mit den Drusen durchsetzt. Diese schienen sich zwischen dem gelappten Chloroplasten in der zentralen Zellachse anzusammeln:



Die Farbe der Kristalldrusen möchte ich mit orangebraun beschreibenen. Sie haben einen Durchmesser von ca. 5-7 µm. Hier noch ein stärker durchsetztes Exemplar, ebenfalls im Hellfeld mit Überbelichtung, um die Drusen besser zu durchleuchten:



Weiß jemand, worum es sich handelt oder hat es selbst schon Mal gesehen? Momentan kann ich mir dieses Kristalldrusen nur als Stoffwechselprodukte erklären, die dort abgelagert werden. Was mich jedoch irritiert, dass nur 10% oder weniger der Netrium Zellen dieses Phänomen zeigen.

Allen einen schönen Abend!

Martin

olaf.med

Lieber Martin,

eine sehr interessante Erscheinung, für die ich keine Erklärung habe; da müssen die Bio-Mineralogen ran!

Ein kleine sprachliche Korrektur sei mir aber verziehen. Unter einer Druse versteht man einen Hohlraum (meist rundlich-blasenartig), der von außen nach innen mit Kristallen zuwächst. Hier ist der Vorgang aber sicher anders. Diese Kristalle wachsen von einem Kristallisationszentrum ausgehend von innen nach außen. Interpretationsfrei kann man alle Kristallverwachsungen als "Aggregate" bezeichnen. Ist das  Wachstum radialstrahlig, wobei kugelige Aggregate entstehen, sagt man "Sphärolithe".

Herzliche Grüße,

Olaf

Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Heiko

Lieber Olaf,

Biologie ist (eben) nur eine Lehre und keine Wissenschaft – sagte mein alter Lehrer einmal.  ;D

Entsprechend kulant werden manche Begriffe gehandhabt ...  ;)


Lieber Martin,

zumindest Carbonat ließe sich (weil unwahrscheinlich) durch die Säureprobe leicht ausschließen.


Viele Grüße,
Heiko

Eckhard

Hallo Martin,

Bisher habe ich so etwas nur als Stoffwechselprodukte eines Pilzes gesehen. Vielleicht packst Du einen Objektträger in eine feuchte Kammer, so dass Du den weiteren Verlauf beobachten kannst. Für mich sieht das eindeutig nach einem Parasiten aus.

Herzliche Grüsse,
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

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Martin Kreutz

Hallo zusammen!

@Heiko: Ich habe den Versuch mit der Essigsäure gemacht und einige Viecher mit Kristallen unter dem Deckglas platzen lassen. Da tut sich nichts!

@Eckhard: Ich habe in der Probe alle Stadien mit "Kristallbeladung", bis hin zu undurchsichtig schwarz. Selbst in stark gequetschten Zustand mit Ölimmersion ist da kein weiterer Fremdkörper in der Zelle zu finden. Ich wüsste nicht, wo sich ein parasitischer Pilz verstecken soll. Ich frage mich jedoch, ob diese Kristalle dadurch zustande kommen, weil die Zellen einen pH-Gradienten wiederstehen müssen und dass in dem Zuge bestimmte Anionen oder Kationen in der Zelle angereichert werden, die schließlich die Löslichkeitsgrenze überschreiten und ausfallen. Natürlich auch nur wilde Theorie. Mal sehen, ob noch weitere Ideen kommen.

Bis bald!

Martin

Heiko

Hallo Martin,

Du bist mit dem Mikroben-Zirkus ja nun schon zu neuen phantastischen Abenteuern aufgebrochen – bei Netrium gibt es keine Novelle?
Die Zellen platzen in Essigsäure? In hypertonischer Außenlösung hätte ich an Schrumpfen gedacht ...

Viele Grüße,
Heiko

Martin Kreutz

Hallo Heiko,

eventuell ein Missverständnis! Ich wollte mit meinem Beitrag am 24.7. sagen, dass ich einen Tropfen Netrium Suspension mit einem Tropfen Essigsäure gemischt habe. Dann habe ich das Deckglas so gepresst, dass die Zellen platzten. Nur so kommen die Kristalle mit der Essigsäure in Kontakt. Aber, wie gesagt, da tat sich nichts. Von alleine platzen die Netrium Zellen nicht und schrumpfen auch nicht. Das geht meines Wissens auch nicht ohne weiteres, wegen der starren Zellwand.

Schönen Abend!

Martin