Botanik: Dornige Hauhechel (Ononis spinosa) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, August 10, 2014, 13:42:25 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

die ausdauernde, krautige Pflanze wächst zerstreut auf trockenen, sonnigen Hängen, Weiden, Triften, Rainen, an Waldrändern sowie am Rand von Wegen und Feldern, vorwiegend auf Kalkböden vom Tiefland bis ins Vorgebirge.
Meine Probe stammt aus dem Kräutergarten vom Kloster Andechs in Bayern.
Bild 01 Kloster Andechs


Die Dornige Hauhechel ist ein 10 bis 80 cm hoher, winterkahler Halbstrauch (Chamaephyt) mit kräftigen, bis 50 cm langen Pfahlwurzeln und liegenden bis aufsteigenden, am Grund holzigen, dornigen Stängeln. Diese sind ab der Mitte meist deutlich zweireihig, selten auch einreihig oder ganz oben allseitig, behaart und von roter Farbe. Die gezähnten Blätter sind dreizählig gefiedert, an der Spitze der Zweige auch einfach. Das mittlere Teilblatt ist mindestens doppelt, oft drei- bis viermal, so lang wie breit. Die ebenfalls gezähnten Nebenblätter sind kürzer als der Blattstiel. Die Sprossdornen stehen oft paarweise. Die Blüten stehen einzeln in den Blattachseln, ihre Kronblätter sind rosa gefärbt.

Bild 02 Illustration, Ononis spinosa

Original book source: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany. Dieses Bild ist gemeinfrei.

Die Pflanzen blühen von April bis September mit ein bis drei Schmetterlingsblüten, die an Kurztrieben sitzen, welche in den Blattachseln an Stängel- und Zweigenden entspringen. Hierdurch entstehen mäßig dichte Blütentrauben. Die einzelnen Blüten sind zwischen 1 und 2,2 cm lang und von rosaroter oder hellvioletter Farbe. Die Fahne der Blüten ist an der Außenseite leicht drüsig behaart und streifig dunkel geadert. Der Kelch ist lang und ebenfalls teilweise drüsig behaart.

Bild 03 Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Nach der Blüte bilden sich aufgeblasene Hülsen, die etwa 1 cm lang und 0,5 cm breit sind, auch diese sind drüsig behaart.
Die Dornige Hauhechel wird gelegentlich mit der Kriechenden Hauhechel (Ononis repens) und der Acker-Hauhechel (Ononis arvensis) zur Artengruppe Ononis spinosa agg. zusammengefasst. Die Zuordnung einzelner Exemplare zu den einzelnen Arten ist zuweilen fast unmöglich, da es Übergangsformen zwischen ihnen gibt.

Bild 04 Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Die Dornige Hauhechel kommt fast in ganz Europa bis etwa 1500 m Höhe vor, fehlt aber im Tiefland und in den höheren Mittelgebirgen. Ihre dornigen Büschel verdrängen wertvolle Futterpflanzen und können beim Weidevieh Fußgeschwüre verursachen.
Dornige Hauhechel ist ein kleiner Strauch aus der Familie der Hülsenfrüchte und ein gefürchtetes Unkraut mit ca. 75 Arten. Doch die Dornen pieksen schmerzhaft, wenn man ihnen zu nahe kommt. Im Volk hieß die Pflanze früher ,,Weiberkrieg", da sich die Röcke in den Dornen verfingen und die Frauen mit den Pflanzen auf Kriegsfuß standen.
Ononis kommt von  griech. onos = Esel und bezieht sich auf den unangenehmen Geruch der Blätter; oder gar dem intensiven Bockgeruch von Bocks-Hauhechel (Ononis arvensis).
Die Wurzel der Hauhechel wird zur Blutreinigung bei Frühjahrs- und Schlankheitskuren verwendet. Auch gegen Blasenentzündung und Nierensteine wird sie häufig eingesetzt. Besonders geeignet ist eine kurze Teekur zur Durchspülung bei entzündlichen Harnwegen. Hauhechelwurzel ist in zahlreichen Blasen- und Nierentees enthalten.

Bild 05 Tafel


Die Wurzeln haben je nach Boden stark schwankende Mengen an Inhaltsstoffen, teilweise bleibt sogar die erwünschte Wirkung aus, wenn die Wurzel keine Saponine enthält. Saponine sind Pflanzeninhaltsstoffe, die wie Seifen mit Wasser gelöst einen haltbaren Schaum ergeben.
Saponine sind in höheren Pflanzen weit verbreitet, besonders in nährstoffreichem Gewebe, wie Wurzeln, Knollen, Blättern, Blüten und Samen. Man findet Saponine in Gemüsepflanzen, wie Sojabohnen, Erbsen, Spinat, Tomaten, Kartoffeln (Solanin) und Knoblauch, und sie sind darüber hinaus wirksame Bestandteile von Kräutern, Tee oder Ginseng.
Solanin, genauer α-Solanin, ist eine schwach giftige chemische Verbindung, die vor allem in Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln und Tomaten enthalten ist.
Inhaltsstoffe der Wurzel (Radix ononidis) 0,02 % Ätherische Öle, Anethol, Carvon, fettes Öl, Flavonglykoside, Flavonoide, Formononetin, Genistein, Gerbstoffe, Glykoside, Gummi, Harz, Isoflavonide, Menthol, Onocerin, Ononin, Orocol, Phytosterin, Saponine, Sitosterin, Trifolirhizin, Triterpene, Zitronensäure.

Systematik:

Ordnung: Schmetterlingsblütenartige (Fabales)
Familie: Hülsenfrüchtler (Fabaceae)
Unterfamilie: Schmetterlingsblütler (Faboideae)
Gattung: Hauhecheln (Ononis)
Art: Dornige Hauhechel
Wissenschaftlicher Name: Ononis spinosa
Volkstümliche Bezeichnung:
Aglakraut, Aglarkraut, Dornige Hauhechel, Eindorn, Einhagel, Eselskraut, Frauenkriegswurzel, Frauenstreit, Gundeldorn, Hachelkraut, Harnkrautwurzel, Hasenblume, Hasenöhrle, Haudornwurzel, Hechelkrautwurzel, Heckelkraut, Heuhechel, Höhldorn, Hofdorn, Hohachel, Huldorn, Katzenspeer, Lahmdorn, List, Listendorn, Ochsenbrech, Ochsenbruch, Ochsenkraut, Pflugsterz, Questenkraut, Questenkrautwurzel, Schafhechle, Schmalhef, Stachelkraut, Stachelkrautwurzel, Stallchrut, Stallkrautwurzel, Triefkraut, Weiberklatsch, Weiberkrieg, Weiberzorn, Weichsen, Wetzsteinkraut, Witschge, Witwerdörn, Wiwkrut.
Es gibt noch mehr volkstümliche Bezeichnungen für die Dornige Heuhechel. Ich habe hier nur 46 Namen genannt.
Englischer Name: Rest-Harrow


Einjähriger Spross, Querschnitt, 35 µm

-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf :

1. Schnitte  liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  5 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.    12 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in Entellan

Bild 06  Übersicht, ungefärbter Schnitt, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 07  Übersicht, Dunkelfeld, ungefärbter Schnitt, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 08 Vergrößerung aus der Übersicht, ungefärbter Schnitt, Phloem, Sklerenchym, Rindenparenchym (von links nach rechts), Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 09 Vergrößerung, ungefärbter Schnitt, Xylem, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 10  Übersicht, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 11 Übersicht, Dunkelfeld, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 12 Übersicht, Negativ,  Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 13 Vergrößerung aus der Übersicht, Trichome, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 14 Vergrößerung , mit Beschreibung, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)

T = Trachee, XY = Xylem, PH = Phloem, K = Kambium, SK = Sklerenchym – Inseln, RP = Rindenparenchym

Bild 15 Vergrößerung aus der Übersicht, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 16 Vergrößerung aus der Übersicht, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 17 Vergrößerung aus der Übersicht, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 18 Vergrößerung aus der Übersicht, Dunkelfeld,  Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 19 Verletzung des Rindenparenchyms, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Die genaue Bezeichnung für "mehrschichtige Kambiumzellen" lautet: Phellogen oder Korkkambium.

Ist die Wunde groß, so bildet sich Kork und neues Kambium in dem Kallus  jedes Wundrandes und der vollständige Schluss erfolgt erst nach wiederholtem Aufreißen der einander entgegenwachsenden Kalluswülste.
Kallus ist ein nicht normal differenziertes Wundgewebe.

Bild 20 ungefärbter, älterer Spross, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)

MP = Markparemchym, SK = Sklerenchym – Inseln, PH = Phloem, XY = Xylem, PE = Periderm, RP = Rindenparenchym

Bild 21 Vergrößerung, Periderm, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 22 Vergrößerung, Dunkelfeld, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)


Bild 23 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 24 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Dornige Hauhechel (Ononis spinosa)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Quellenangaben :

Wikipedia; Freie Enzyklopädie.
Jean-Denis Godet ,,Bäume und Sträucher", 1996. Arboris-Verlag, Hinterkappelen, Bern
P. Schütt ,,Lexikon der Baum- und Straucharten, ISBN: 978-3-86820-123-9
Kosmos Baumführer Europa, ISBN: 978-3-440-11741-5
Schmidt Peter. A. /Hecker Ulrich ,,Taschenbuch der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
Aas Gregor/ Riedmiller Andreas ,, Bäume" ISBN 3-7742-4058-2
Sphohn  ,, Kosmos-Baumführer Europa" ISBN 978-3-440-11741-5
Katherina Esau ,,Pflanzenanatomie"  1969

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

hajowemo

Lieber Hans-Jürgen,
wieder einmal eine hervorragende Arbeit von dir.
Die Dunkelfeldaufnahmen sind dir besonders gelungen.
Herzlichen Dank für deine Mühe.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Detlef Kramer

#2
Lieber Hans-Jürgen,

schöne, gründliche Arbeit! Das "?" in Abb. 19 kannst Du wegnehmen. Präziser wäre es, dieses Kambium als Phellogen zu bezeichnen oder eben Korkkambium.

Dazu schlage ich einmal ein einfaches Experiment vor: man nehme eine Kartoffel und schneide sie durch. Man lege sie dann in den Kühlschrank (oder Gartenerde, so man hat). Nach einigen Tgen bildet sich auf den Schnittflächen eine dünne, bräunliche Haut, die nichts anderes, als ein Periderm darstellt.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

JoachimHLD

Lieber Hans-Jürgen,
wieder eine sehr schöne Dokumentation!
Die Dunkelfeld- und Fluoreszenzaufnahmen gefallen mir.
Welche Belichtungseinstellungen erreichst Du bei der Blauanregung (Belichtungszeit bei ISO x)?
Herzliche Grüsse
Joachim

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde danke für Euer Lob.

@ Detlef,

bei den mehrzelligen Kambiumzellen war ich mir nicht sicher, deshalb das Fragezeichen.
Danke für Deine Bestätigung und Ergänzung.

@ Joachim,

hier die Antwort auf Deine Frage zur Belichtungseinstellung bei der Blauanregung.
Belichtungszeit: 8 ;  F – - ; ISO 200

Mit Freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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