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Loxophyllum meleagris

Begonnen von Martin Kreutz, September 30, 2014, 21:42:55 NACHMITTAGS

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Martin Kreutz

Liebes Forum,

der Ciliat Loxophyllum meleagris ist ein schwer bewaffneter Räuber, der auch schon öfters hier im Forum gezeigt wurde. Jedoch findet man fast auschließlich Fotos von mehr oder weniger kontrahierten Exemplaren, da es nicht so leicht ist, unbeeinflusste Exemplare ohne Deckglasdruck zu "erlegen". Loxophyllum ist sehr häufig und ein sehr gut untersuchter Ciliat. Er wurde erstmals 1786 von Müller beschrieben. Wegen seiner stattlichen Größe (200 - 700 µm) ist er ein beliebtes Fotomodell. Mein Exemplar misst nur 310 µm und ist schon als etwas mickrig einzustufen. Dafür hat es sich fotogen in einer meiner Mikroaquarien getummelt und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen noch ein paar Aufnahmen zu machen, obwohl ich dieses Objekt schon sehr oft fotografiert habe. Mit meiner Ausrüstung war es gerade möglich, den Ciliat formatfüllend in der Bilddiagonalen mit dem 40 X Objektiv zu erfassen.


VES = ventraler Extriusomensaum
DEW = dorsale Extrusomenwarzen
KKV = Kanal zur kontraktilen Vakuole
KV = kontraktile Vakuole
Ma = Makronukleus



Loxophyllum meleagris ist ein sehr interessant aufgebauter Ciliat, über dessen Aufbau man viel über die Geometrie und Symmetrie von Ciliaten lernen kann. Er erscheint uns blatt- oder sichelförmig. Loxophyllum ist lateral abgeflacht, d.h. die linke und rechte Seite haben sich im laufe der Evolution abgeflacht. Unter dem Deckglas sehen wir ihn daher praktisch nur von der rechten oder von der linken Seite. Die (schmale) Vorder- oder Rückseite (also "Sichelrücken" und "Sichelschneide"), sind praktisch nie zu sehen und nur in fixierten Exemplaren zu untersuchen. Was die linke oder rechte Seite ist, wird über die Lage der Mundöffnung entschieden. Diese liegt "auf der konvexen Sichel(schneide)" und ist nur beim Fressvorgang oder mit Silberimprägnierung zu erkennen. Durch die Lage der Mundöffnung werden die Körperachsen definiert. Der Mund liegt auf der ventralen (Bauch) Seite, die mit einem durchgehenden Extrusomensaum versehen ist. Die Extrusomen werden auch als Trichocysten bezeichnet und dienen dem Beutefang. Auf der dorsalen (Rück) Seite ist Loxophyllum mit einer Kette von Extrusomenwarzen versehen, die ebenfalls bei einer Berührung mit einem Beutetier ausgestoßen werden. Auf der rechten Körperseite, die uns auf dem linken Bild der Tafel und dem unteren großen Bild zugewandt ist, weist Loxophyllum eine durchgeehende Ciliatur auf, mit deren Hilfe er sich gleitend fortbewegt (auf den Bildern sind die Cilien nicht in der Fokusebene). Auf der linken Körperseite dagegen (mittleres und rechtes Bild der Tafel) ist dieser Ciliat nackt. Interessierten Forumsmitgliedern und -lesern empfehle ich, diesen Sachverhalt mal selbst bei einer Begegnung mit Loxophyllum zu überprüfen. Der Makronukleus von Loxophyllum ist perlschnurförmig, was bei großen Ciliaten mit hoher Stoffwechselleistung oft der Fall ist. Interessant ist die kontraktile Vakuole. Sie liegt im hinteren Körperdrittel. Um den ganzen Körper jedoch zu "entwässern", hat sie einen Kanal ausgebildet, der bis zum apikalen vorderen Ende reicht. In dem mittleren Bild der Tafel kann man ihn ganz gut erkennen. Einen Fressvorgang konnte ich selber leider noch nicht beobachten. Vielleicht hat jemand im Forum mehr Glück gehabt und kann uns dazu was zeigen!  

Viel Spass beim anschauen und selber untersuchen!

Martin














Michael Plewka

#1
hallo Martin,

Gratulation zu den exzellenten  Bildern  und der sehr schönen Dokumentation!

Als bekennender Rädertier-,,Liebhaber" archiviere ich natürlich sämtliche Bösewichter, die den armen Rädertierchen was antun (aus schnöden kulinarischen Gründen; zu ,,Forschungszwecken" ist das natürlich was anderes ;-)...)
Hier findet sich ein passendes Beispiel:

http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenProtista/01e-protista/e-Ciliata/e-source/Loxophyllum%20sp.1.html

beste Grüße Michael Plewka

Eckhard

Hallo Martin,

danke für die schöne Dokumentation. Hast Du die Bewaffnung von Loxophyllum schon mal in Aktion gesehen?

Herzliche Grüsse,
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Martin Kreutz

Hallo Eckhard,

nein, ich konnte leider den Beutefang bei Loxophyllum noch nie komplett beobachten. Jedoch habe ich ein Exemplar mal bei erwischt, wie es einen Ciliaten verschlang. Dann bekommt man auch die Mundöffnung mal zu sehen. Das "abschießen" mit den Extrusomen dauert nur Sekunden. Man muss ein Präparat (am besten Mikroaquarium) lange beobachten, um diesen kurzen Augenblick mal zu sehen. Oder man führt ein Fütterungsexperiment mit ausgehungerten Exemplaren durch. Beides habe ich noch nicht gemacht. Insgesamt scheinen da nur wenige Beobachtungen vorzuliegen. Auch in Youtube habe ich ad hoc keine Aufnahmen zum Beutfang von Loxophyllum gefunden.

Bis bald!

Martin

Kambiz

Hallo Martin,
bin nach einigen Wochen wieder mal im Forum und kann mich an interessanten Beiträgen, wie diesem, erfreuen - Danke!
Ich konnte den Fang von Ciliaten einige Male beobachten. In den meisten Fällen konnten die berührten Tierchen noch entfliehen, um anschließend zu verenden, ohne gefressen zu werden.
Ein Versuch die Tierchen zu vermehren, um sie zu beobachten, schlug ebenfalls fehl: Die Ciliaten eines Heuaufgusses verschwanden nach einigen Tagen, das Wallende Blatt hatte vermutlich alle erlegt, ohne sie zu fressen.
Ich sag es nicht gerne (siehe Michaels Kommentar), aber da müßte man wohl doch auf Rädertiere zurückgreifen?
Gruß
Kambiz

ImperatorRex

Hallo,
bezüglich Beutefang bzw. Nahrungsaufnahme von Loxophyllum gibt es ein Video auf You Tube:
https://www.youtube.com/watch?v=kFkAhXt3X7s

viele Grüße
Jochen