Wie Proben aus dem Roten Meer fixiren?

Begonnen von Astroarno, Oktober 31, 2014, 12:26:48 NACHMITTAGS

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Astroarno

Hallo zusammen,

ich werde im Dezember einen Tauchurlaub in Ägypten machen. Ich bin Einsteiger in die Mikrokopie und habe kein besonderes Ziel. Wenn ich aber schon einmal da bin, möchte ich auch ein paar Proben vom Plankton mitnehmen, um sie zuhause genau unter meinem Mikroskop ansehen zu können. Zur Vorauswahl werde ich ein RWO Kleinmikroskop Typ B in Reisegepäck einpacken.

Wie kann ich die Proben (Sediment, Algen, Plankton, Kieselalgen) aus dem Roten Meer am besten fixieren? Sollte ich Formaldehyd oder Alkohol nehmen? Könnte es beim Zoll Probleme geben?
Ich dachte, ich nehme 5-10 Kunststofffläschchen mit je 50ml mit.

Hat jemand Erfahrungen oder Tips für mich.

Gruß Arno

plaenerdd

#1
Hallo Arno,
ich würde so viel wie möglich das lebende Plankton mikroskopieren, das bewegt sich wenigstens noch. Jede Fixierung verändert das Material.
Zur Fixierung von Meerwasserproben steht hier was (Formol!). Bei der Wahl der Fixiermethode ist vor allem wichtig, was man danach mit dem Material tun will und welche Teile einen besonders interessieren. Wenn man sich "nur" für Diatomeen interessiert und die feinen Schalen sowieso ihres organischen Inhaltes beraubt, bevor man sie einbettet, ist die Fixiermethode fast egal. Da tuts auch 30%iger Alkohol, zur Not Rasierwasser. Da geht es nur darum, dass da nix gammelt. Will ich aber feine Zellstrukturen von Wimperntierchen möglichst unverändert betrachten, bekommt die Fixierung einen ganz anderen Stellenwert.

Zu Zollproblemen kann ich nichts sagen, aber Dein Reisemikroskop ist sicher ein ROW kein RWO. Der Typ "C", der auch heute noch von ASKANIA in Rathenow gebaut wird (ca. 130,-€) und deren gebrauchte Ahnen aus der DDR-Zeit (ca. 25,-€ bei e-bay) wäre aus meiner Sicht ein wenig besser geeignet, zumindest gestaltet sich der Vergößerungswechsel etwas komfortabler. Aber das Thema Reismikroskop ist ja ein ganz eigenes...

Noch ein Tip zu den Probegefäßen: Ich neme gerne die Einmalpipetten aus PET. Deren Spitzen kann man einfach zuschweißen, in dem man sie mit dem Feuerzeug erwärmt und dann zusammendrückt. Die Probenmenge ist natürlich sehr klein, aber für Plankton - so es denn mit Planktonnetz oder Sieb gewonnen bzw. angereichert wurde, ist das i.d.R. mehr als ausreichend und sehr gut zu transportieren.

Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

cuwohler

Hallo Arno,

PM habe ich nicht gefunden, daher über diesen Weg.
Kannst Du mir vielleicht etwas Sand mitbringen?
Einmal von der Küste und einmal vom Meeresgrund (möglichst tief)?
Ich würde den Sand dann auch gerne bei Dir abholen, dann können wir uns auch noch austauschen  :) .

Viele Grüße
Cai-Uso

ruhop

Hallo, Arno.

Zum Plankton kann ich Dir einiges sagen. Du kannst davon ausgehen, daß die Individuendichte von Planktonalgen, Copepoden u. ä. bei weitem nicht so groß ist, wie man es aus dem Süßwasserbereich vielleicht gewohnt ist. Nicht umsonst wird in der marinen Planktologie meist mit großen Planktonnetzen gearbeitet, die man teilweise hinter dem Schiff her schleppt. Zudem mußt Du damit rechnen, daß die Gegenden, in denen getaucht wird, ziemlich planktonarm sind. Sonst wäre das Wasser zu trübe für das Tauchen. Falls Du dennoch versuchen möchtest, Plankton zu fangen, besorge Dir in der Apotheke ein Zylo-Sieb. Klein und praktisch. Man kann jede Menge Wasser schöpfen und hindurchgiessen. Ergibt eine ordentliche Konzentration. Koservierung mit Formol 4% in Seewasser. Da man durch Sedimentation die Proben zusätzlich konzentrieren kann, reichen Probengefäße von 20 ml vollkommem. Sie nehmen weniger Platz weg.

Eine weitere Möglichkeit zur Probengewinnung ist der Aufwuchs auf Steinen, Holz o. ä.. Aber Finger weg vom Riff! Sonst bekommst Du Ärger. Auch im Sediment kann man interessante Dinge finden, meist die Überreste abgestorbener Lebewesen. Die Gewinnung von Angehörigen der Sandlückenfauna ist ein spezielles Kapitel und nicht ganz einfach. Wenn Du am Spülsaum ein Loch in den Sand gräbst, wartest bis einiges Wasser hineingelaufen ist, dann kannst Du darin vielleicht einiges finden.

Schönen Gruß aus dem Hintertaunus

Holger (der mit 2. Namen auch Arno heißt)

Astroarno

#4
Hallo zusammen,
Danke für eure hilfreichen Tips.

@Gerd:
du hast natürlich Recht, es ist ein ROW. Ich habe es letzte Woche in der eBucht für 2,50€+Porto in "fabrikneuem" und sehr gutem Zustand ergattert und bin dadurch erst auf die Idee gekommen, in Ägypten zu mikroskopieren. Bei der Fixierung kommt es mir in erster Linie auf "nicht gammeln" an.

@Cai-Uso
nun, ich würde dir gerne ein paar Sandproben mitbringen, aber das darf ich auf keinen Fall machen. Egal ob Steine, Sand, Muschel oder sonstiges aus dem Roten Meer, ich könnte damit beim ausreisen Probleme bekommen. Außerdem, wie Holger schon geschrieben hat: "Finger weg vom Riff"! Oder so wie mein Grundsatz beim Tauchen ist: "Tauche wie dein Schatten, hinterlasse keine Spuren." Umweltgerechtes und umweltverträgliches Tauchen gehört bei mir Grundsatz. Selbst ein bisschen aufgewirbeltes Sediment durch einen unvorsichtigen Flossenschlag sollte nicht vorkommen. Beim Tauchen im Roten Meer habe ich wirklich noch nie etwas angefasst oder absichtlich berührt.
Was möchtest du denn mit dem Sand anfangen? Sammeln oder mikroskopieren?
Bei meinen bisherigen Tauch- und Badegebieten in Ägypten war Sand eher selten anzutreffen. Im Sinai ist die Küste sehr steil und felsig. Sandbedeckter Grund unter Wasser ist hier und da zu finden, aber oft ist "nur" Korallenriff und Fels dort. Ich weiß nicht, wie es weiter im Süden ist, wo ich im Dezember sein werde (ca.200km südlich von Hurghada).

@Holger
Dein Hinweis mit der geringen Planktondichte ist schon interessant. Ich werde mir das von dir genannte Sieb zulegen und eventuell lohnenswertes Material mit Formol fixieren. Mal sehen, was ich dort überhaupt vorfinde.

Gruß Arno







cuwohler

Hallo Arno,

kein Problem, verstehe ich voll und ganz.

Viele Grüße
Cai-Uso

plaenerdd

#6
Hallo Holger,
wenn ich "Zylo-Sieb" im Web suche bekomme ich zig Resultate, wo ich eines Kaufen kann, aber kein Beschreibung, was das ist. Ich habe gefunden, dass man damit Harnsediment und -gries auffangen kann. Kannst Du mir sagen, welche Maschenweite das Sieb hat?

Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Rene

Hi Gerd,

If you filter enough, pore size will ultimately reach zero   ;)

By the way, my preferred preservative in these cases would be lugol's. Glutaraldehyde would be even better, but customs isn't fond of people with weird interests and toxic compounds in their luggage.

Best wishes, René

ruhop

Hallo, Gerd.

Das Zylosieb ist für Harnsedimente. Zur Maschenweite kann ich nichts sagen.

Als ich vor Jahren wieder anfing, mich um Plankton zu kümmern, hatte ich kein Netz. Ein Schützenbruder (Apotheker) brachte mir daraufhin ein Zylosieb mit. Klein, platzsparend und recht effektiv im Einsatz, allerdings für quantitative Untersuchungen nicht geeignet. Ich habe mit diesem Ding den Weg zurück in die Planktologie gefunden. Inzwischen bin ich bestens ausgerüstet (ebay sei Dank) mit Netzen, professionellem Wasserschöpfer, Zentrifuge, Zählkammern verschiedener Konstruktion (auch Dank René), Mikroskopen usw. Das Zylosieb ist aber immer noch in Gebrauch, für kleinste Wasseransammlungen. Nach Gebrauch gut gespült, leistet es immer noch gute Dienste. Im übrigen hat René recht: bei längerem kontinuierlichem Gebrauch geht die Maschenweite gegen 0µ.

Schönen Gruß aus dem Hintertaunus

Holger

Michael L.

Hallo Arno,

Ist ganz einfach Formol zum Fundortwasser zugeben bis eine 3-5% Lsg. erreicht ist. Wenn Du willst sende ich Dir eine Kopie von Göke: Methoden zur Präparation von Meeresplankton.

Gruß Michael

knipser009

hallo Arno

beim Einchecken am Flughafen könnte es mit Formaldehyd ein Problem geben. Ich habe zu fixieren immer CHINOSOL- Tabletten aus der Apotheke in der Originalverpackung dabei. Über den Beipackzettel läßt sich schnell der Verwendungszweck belegen.
Viele Grüße aus dem SaarPfalzKreis

Wolfgang
gerne per "Du"

Astroarno

Hallo zusammen,

ich werde es mit Formol versuchen. Da ich ja nur insgesamt 300 ml Probe nehmen möchte (10 Fläschchen a 30ml) benötige ich nur geringste Mengen an Formaldehyd. Ich werde die 20ml Formol in Kulturbeutel im Koffer verpacken. Sollte doch durchgehen....


Das Zylosieb habe ich mir beschafft. Macht einen praktischen Eindruck und sollte für meine Zwecke völlig reichen.

Gruß Arno

plaenerdd

Hallo Arno,
pass auf, dass Du das nicht mit deinem Rasierwasser verwechselst! ;D
Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
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Inverses: Willovert mit Ph

Astroarno

Zitat von: plaenerdd in November 05, 2014, 20:48:32 NACHMITTAGS
pass auf, dass Du das nicht mit deinem Rasierwasser verwechselst! ;D

Hallo Gerd,
das würde hoffentlich spätestens meine Frau am Gerüche bemerken ;D ;)

CaDi

#14
Hallo,

vielleicht eignet sich noch eine ph- Pufferung? Wenn die Proben längere Zeit aufbewart werden
sollen, könnte der pH- Wert das morphologische Ergebnis beeinflussen.
Im Idealfall Na- Cacodylatpuffer, der erlaubt im Gegensatz zu anderen Puffern eher noch Salze
und andere gelöste Stoffe (Wasser am Fundort), ist aber auch giftig...
Dem fertigen Formalin ist häufig Methanol zugesetzt, vielleicht reicht das um zumindest
die Fixierung zu stabilisieren. Du kannst den pH- Wert ja später messen, wenn der sehr hoch oder niedrig
ist, könnte das eine schlechte Fixierung erklären.

Viele Grüße,
Carsten