Wozu gefärbte Schnitte chemisch entwässern vor Eindeckung?

Begonnen von Nora, Dezember 05, 2014, 15:49:53 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Nora

Liebes Forum,

hier auch schon meine erste Frage. Bin wie gesagt Neuling in diesem Bereich mit wenig praktischer Erfahrung und hauptsächlich angelesenem Wissen.
Nun finde ich in nahezu allen (Färbe-)Vorschriften, auch zB dem wunderbaren Leitfaden von Herrn Schulte, daß man die histologischen Schnitte über Alkohol, Xylol (...) wieder entwässern soll bevor man das Eindeckmedium und das Deckglas draufmacht. Da ich gerade mit Xylol nicht mehr herumpanschen möchte als unbedingt nötig (für die Einbettung hab ich mir schon die Isopropmethode rausgesucht, die mich überhaupt in dieses Forum geführt hat), nun meine Frage: Warum?!?? Kann ich den Schnitt nicht einfach nach dem Färben/Differenzieren/Auswaschen an der Luft/ggf im Wärmeschrank trocknen und dann eindeckeln? Was würden sich hierbei für Probleme ergeben? Es muß ja irgendwas sein, sonst würden es nicht alle so machen... Mir ist klar, daß bis auf Eurparal(?) die meisten Eindeckmedien keinerlei Wasser vertragen, aber warum so umständlich? ??? Als Eindeckmedium habe ich von meiner Vorgängerin hier noch Eukitt, falls das was zur Sache tut.
Schon einmal vielen Dank für Erleuchtungen! :D

Nora

the_playstation

Hallo Nora.
Ich habe zwar auch gar keine Ahnung aber meine mögliche, logische Vermutung:
1.) Zellwände, Zellmembranen, ... erhalten.
2.) Die Färbung chemisch stabilisieren um eine nachträgliche Veränderung zu verhindern.

Auf jeden Fall sollte man sich an derartige Anleitungen halten und Ihnen vertrauen. Sie haben ihre Gründe und es steckt viel Erfahrung dahinter. Jetzt überlasse Ich das Thema aber lieber den Profis.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

JB

Hallo Nora,

Die Schnitte muessen langsam und schrittweise entwaessert werden, um Schrumpfungen zu vermeiden. Schnitte die einfach getrocknet wuerden, waeren bis zur Unkenntlichkeit verzogen (je nach untersuchtem Gewebe). Nur mit Ausstrichen (z.B. Blut) kann man das so machen.

Ausserdem ist Wasser als Molekularwasser an das Gewebe verbunden. Es muss erst durch den Alkohol verdraengt werden, sonst verbleibt Wasser auch nach Trocknung an der Luft noch im Schnitt.

Xylol ist eine Chemikalie die man sicher gebrauchen kann, wenn die entsprechenden Sicherheitsmassnahmen eingehalten werden (Belueftung/Feuersicherheit) - da ist irrationale Angst nicht begruendet.

Es gibt aber einige Alternativen. Zum einen kann Xylol 1:1 ersetzt werden (z.B. durch Orangenschalenoel (= Orangenterpene; Rotihistol); auch hier muss Hautkontakt vermieden werden). Zum anderen kann man von Isopropanol direkt (oder ueber Euparal-Essenz) in Euparal eindecken und damit Xylol ganz vermeiden.

Beste Gruesse,

Jon

Fahrenheit

Liebe Nora,

ergänzend zu meinen Vorschreibern möchte ich sagen, dass in erster Linie das Intermedium zum Eindeckmittel passen muss.

Bei Euparal ist das Intermedium Isopropanol, bei Malinol und Eukitt ist es Xylol. Dieses kann wie oben beschrieben durch Rotihistol ersetzt werden.
Es gibt aber auch Eindeckmittel, die Wasser als Intermedium nutzen, z.B.Magnacol.

Aber das wäre ja zu einfach: die Präparationsmethode muss auch zum Objekt und der Färbung passen und das Eindeckmittel bestimmt die Haltbarkeit der Präparate.
Ich selbst arbeite bei pflanzlichen Präparaten in der Regel mit Euparal und Isopropanol. Dies ist für die W3A und W3Asim Färbungen der optimale Weg. Andere Färbungen wie z.B. AcriBEN brauchen Xylol als letzten Spülgang, von da aus kann man dann z.B. gut in Malinol eindecken - Eukitt härtet zwar deutlich schneller aus, zeigt aber auch eine viel größere Schrumpfung: die Chance auf Luftblasen im Präparat steigt rapide an.

Nicht verschweigen möchte ich auch die Safeline - Produktlinie von Hr. Heim - mit dieser habe ich jedoch keinerlei praktische Erfahrungen.

Wenn Du uns schreibst, was Du wie färben möchtest, können wir hier auf jeden Fall konkreter unterstützen.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Nora

Hallo zusammen,
und herzlichen Dank schonmal für die schnellen Antworten!!! Und sorry für die verspätete Rückmeldung, zum ungestörten Schreiben komm ich leider recht wenig momentan.

Das mit dem Schrumpfen und dem Molekularwasser ist natürlich ein Punkt den ich noch völlig übersehn hatte (wobei das Gewebe ja auch und besonders mit Alkohol schrumpft), klingt auf jeden Fall plausibel. Ich werde mich mit der Frage weiterbeschäftigen, wenn ich mal zum Eindecken komme  ;D, aktuell steht erst einmal das Einbetten in Kunststoff an und ein weiteres Problem das denk ich einen eigenen Faden kriegt  8)

Wenn es denn dann mal soweit ist: Es werden va Schwämme und Korallen sein (welche davon überhaupt Paraffingeeignet sind ist noch die nächste Frage), und Färbungen stünden HE bzw Fuchsin/Toluidin O an, je nachdem was schöner wird.

Wenn jemand was konkreteres zur Produktlinie von Hr. Heim weiß, immer her damit! Ich hab die letzten Tage damit verbracht, alles was das Forum bisher dazu schrieb zu sichten, aber so wahnsinnig viel kam dabei nicht rum. Google verriet mir, daß es Includal CB mittlerweile von Serva gibt und dort mit Ethylacetat verdünnt wird, irgendjemand Erfahrung DAmit?
Und, kann mir jemand vielleicht noch was zu Roti-Mount Aqua sagen??? Ich weiß daß die meisten vermutlich keinen Zugang zu diesen "exklusiven" Firmen haben, aber vielleicht der ein oder andere ja doch?
Die Präparate sollen möglichst lang möglichst schön bleiben, da einige für eine Lehrsammlung dienen sollen, die sich Studenten noch in 100Jahren ansehn dürfen  ;D. Wir haben hier zB Gesteinsdünnschliffe vom Anfang des 20.Jhds, die durch Verdunklung und Auskristallisation/zerbröseln des Kanadabalsams leider kaum noch zu gebrauchen sind, das soll natürlich MEINEN Superschnitten nicht passieren  8) ;D
In diesem Sinne, erstmal Dank und Grüße!

Nora

Bernhard Kaiser

Hallo Nora,

ZitatDa ich gerade mit Xylol nicht mehr herumpanschen möchte als unbedingt nötig

zu Ihren Bedenken möchte ich Ihnen sagen:
alle Chemikalien, die Sie für die Mikroskopie benötigen sind bei vorsichtiger Handhabung nicht so gefährlich. Es handelt sich ja immer um kleine Mengen. Panschen werden Sie nie.
Vermeiden Sie auf jeden Fall Hautkontakt und die Dämpfe einzuatmen. Beim Umgang mit Säuren und Laugen sollten Sie unbedingt eine Schutzbrille tragen.

Übertriebene Angst ist unnötig. Vorsicht immer angebracht.

Freundliche Grüße
Bernhard Kaiser

Multikopter

Das Thema ist zwar uralt, aber ich habe eine Frage:

Gibt es wirklich Molukularwasser? Oder geht es um Wasser in den Zellen?

liftboy

Hallo optiker,

auch wenn Wiki nichts dazu weiss!
Es gibt Molekularwasser! Es heißt nur anders :-)
https://de.wikipedia.org/wiki/Kristallwasser

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

treinisch

Hallo,

also meiner bescheidenen Meinung nach ist der Begriff extrem selten und wenn er gebraucht wird bezeichnet er eigentlich Wasser, das tatsächlich reaktiv abgespalten werden kann oder muss und zwar nur dann, wenn die Abspaltung reversibel ist. H2CO3 gibt zum Beispiel sehr bereitwillig ein Molekül Molekularwasser ab und wird zu CO2.

Das Wasser in Zuckern z.B. C6(H2O)6 würde man in der Verwendung die ich kenne also nicht als Molekularwasser bezeichnen.

In diesem Fall ist damit loser gebundenes Wasser gemeint. Sehr viele organische Materialien binden gewisse Mengen Wasser, das bei normalem trocknen an der Luft nicht verschwinden würde. Die Gelphasen von Proteinen oder Lipiden wären da ein Beispiel.

vlg
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Multikopter

Danke euch beiden, dann habe ich doch noch nicht alles aus der Schule vergessen :)

Auf den Begriff "Kristallwasser" bin ich aber nicht mehr gekommen...

Gruß,

Dieter