Drehtisch selbst reparieren?

Begonnen von Dünnschliffbohrer, Dezember 11, 2014, 19:19:08 NACHMITTAGS

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Dünnschliffbohrer

Liebe Forumsteilnehmer,

ich muss bei einem Mikroskop den Drehtisch zur Neufettung demontieren. Die Frage ist nun, wie die Erfahrungen diesbezüglich sind: Es selbst versuchen oder von einem Fachbetrieb machen zu lassen?

Meine Sorge ist folgende: Die Drehachse muss ja hinterher wieder sehr genau zentrisch zu der optischen Achse der Tubusoptik vor-zentriert werden. Schließlich soll ja die Objektivzentrierung der einzelnen Objektive am Revolver nicht "überstrapaziert" werden, d.h. bei allen Objektiven sollte nachher wieder eine vollständige Zentrierung durch möglichst wenig verändern an den Zentrierschrauben möglich sein. Üblicherweise sind die Drehtische daher vom Werk vorzentriert, und meine Sorge ist dass durch das Abschrauben des über 4 Schrauben am Tischträger befestigten Tisches die Vorzentrierung verloren gehen könnte. In wieweit da mit speziellen Passungen gearbeitet wird, ist mir nicht bekannt.

Hat jemand diesbezügliche Erfahrungen?

Einen schönen Abend noch, Dünnschliffbohrer
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Dünnschliffbohrer

Zitatdas Du bessere Antworten bekommst, wenn Du dazu schreibst für welches Mikroskop Du die Infos brauchst.

Hallo Safari,
das wird wahrscheinlich nicht viel helfen, das Modell scheint sehr selten zu sein und ein sehr großer Zufall, wenn es hier im Forum jemand hätte (und dann auch noch selbst repariert hätte (Wild M21). Aber das Problem ist wohl bei allen Polmi´s ähnlich, denke ich, und wahrscheinlich auch überall ähnlich gelöst worden.  - Dsb.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

JB

Hallo DSB,

Ich stimme Wolfgang zu; das Model zu wissen ist entscheidend. Die Drehtische, die hier im Forum am weitesten verbreitet sind, jene von Zeiss (und Lomo) sind eben nichtvorzentriert, sondern muessen vom Nutzer selbst zentriert werden (dauert etwa 5 min und ist recht einfach).

Beste Gruesse,

Jon

Dünnschliffbohrer

ZitatIch stimme Wolfgang zu; das Model zu wissen ist entscheidend. Die Drehtische, die hier im Forum am weitesten verbreitet sind, jene von Zeiss (und Lomo) sind eben nichtvorzentriert, sondern muessen vom Nutzer selbst zentriert werden (dauert etwa 5 min und ist recht einfach).

Hallo Jon,

meinst du Drehtische, wie sie als Zubehör für biologische Mikroskope verwendet werden? Das kann gut sein, das die nicht vorzentriert sind - sind ja schließlich zum Wechseln durch den Benutzer vorgesehen. Das M21 ist aber ein richtiges Polmi, da sind die Tische m.W. vorzentriert, zumindest bei den besseren Firmen. Die Frage ist, wie genau sich der ursprungliche Zentrierungs-Zustand nur durch 4 Befesigungsschrauben wieder reproduzieren lässt?

Viele Grüße, Dsb.
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JB

Hallo,

So hab' ich das auch nachgelesen: "The M21 Polarising Microscope is delivered with either an Rp or a Qp stage. The stages are mounled securely on the stand in the factory and are precisely centred around the optical axis of the microscope." http://earth2geologists.net/Microscopes/documents/Wild_M21_Polarising_Microscope_Instructions.pdf

Der Tisch ist also wirklich vorzentriert und kann nicht einfach abgenommen werden. Genau deshalb war es ja wichtig das Modell zu kennen.

Beste Gruesse,

Jon

Jürgen Boschert

Hallo zusammen,

Zitat... Die Drehtische, die hier im Forum am weitesten verbreitet sind, jene von Zeiss (und Lomo) sind eben nichtvorzentriert, ...

Für Zeiss (West und Jena nach der Wende) trifft das aber definitiv nicht zu: Die Pol-Drehtische (den großen mit Rasten und Drehtrieb wie auch den kleinen, einfacheren) gab es nur fest-zentriert ab Werk, eine Zentrierstück für die Bedienung durch den Benutzer war nicht vorgesehen.

Gruß !

JB
Beste Grüße !

JB

JB

#6
Zitat von: Jürgen Boschert in Dezember 11, 2014, 20:34:12 NACHMITTAGS
Für Zeiss (West und Jena nach der Wende) trifft das aber definitiv nicht zu.

Hallo;

Genau mein Punkt. Von "Pol" war im ersten Beitrag keine Rede. Obwohl ich es jetzt im nachhinein durchaus zwischen den Zeilen durchaus lesen kann ... haette ich mal geschwiegen  ;D

Jon

Werner

...warum nicht selbst vorzentrieren?? - im Werk wird auch nur mit Wasser gekocht.
z.B. eine Plexischeibe mit eingeritztem Fadenkreuz anbringen und genau mittig befestigen. Das Fadenkreuz mit einem (nicht notwendigerweise zentriertem, aber das erleichtert es) Objekjtiv betrachten, zweite Lage nach Drehung von genau 180° ermitteln, der Drehpunkt ist genau in der Mitte zwischen den beiden Lagen. Dasselbe in der 90° verdrehten Stellung.

Was aber sein könnte, daß die Kugeln speziell ausgemessen sind, also keine defekte oder fehlende ersetzen, lieber weglassen.
Bei Theodoliten (und bei Kreiseln) sind die Lagerkugeln auf einen 0,1 µm (!) = 100 nm genauen Durchmesser selektiert.
(Das geht mit dem Zeiss-Optimeter gerade noch).

Gruß   -   Werner

Dünnschliffbohrer

Vielen Dank an alle die versucht haben, mir weiter zu helfen!


Trotzdem, leider helfen mir die Antworten allesamt noch nicht so richtig weiter.
Hat denn hier wirklich noch keiner ein Polarisationsmikroskop auseinander genommen, und gab es hinterher nach dem Zusammenbau Probleme mit der Zentrierung?
Bei der Genauigkeit der Kugeln, wie Sie Werner beschreibt, kann ich mir nicht vorstellen, dass der Tisch alleine durch 4 normale Befestigungsschrauben wieder in die ursprüngliche Position kommt, sofern nach dem Zusammenbau die Drehachse - bezogen auf den Tisch selber  (d.h. nicht auf die optische Achse des Mikroskopes bezogen) noch genau erhalten bleibt. Und wenn da dann fertige Passungen (wie auch immer die aussehen? Hat jemand von so etwas ein Bild?) von der ursprünglichen Vorzentrierung vorhanden sein sollten, dann würden die ja auch nicht mehr stimmen. Könnte man die Passungen dann überhaupt neu anpassen/einstellen/justieren?
Die Genauigkeitsanforderungen bei der Zentrierung eines Pol-Drehtisches für ein 100er Objektiv entsprechen bestimmt denen von Theodoliten und Kreiselkompassen, würde ich mal vermuten.
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[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Werner

Ist warscheinlich alles halb so wild.

Bei meinem Poladun und Meopta-Pol sind die Lager nur Gleitlager. Und Gleitlager sind selbstzentrierend. Wenn Kugeln da sein sollten, dann nur dür die Axialkraftaufnahme (der Tisch dreht dann leichter). Bei meinen sind keine Kugeln drin. Das Gegenlager ist angeschraubt ohne irgendwelche Paßstifte.
Die Ablesegenauigkeit des Winkels liegt bei 1/10 °, ist also im Vergleich zu Theodoliten mit 1/3600 ° sehr grob. Außerdem ist es mit dem Auge sehr schwer zu entscheiden, wann totale Auslöschung stattfindet. Ich traue mich das nicht besser als 0,5 ° anzugeben, jedenfalls nicht mit Polfolien statt Prismen.
Ich weiß auch nicht, was das mit der Vorzentrierung im Werk soll, vielleicht eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme...

Nimm das Teil auseinander, reinige und fette es. Wenn es nicht klappt, kannst Du es immer noch einschicken.

Gruß   -   Werner

Frank D.

Hallo DSB,

den kurzen Schraubendreher für das vorsichtige, wechselseitige Festziehen der 4 Schrauben einmal vorrausgesetzt, sollte es mit etwas Geduld so einigermaßen funktionieren:

- Zentrierplatte oder markierten Objektträger in den Objektführer einspannen (auf korrekten Sitz achten)
- Fadenkreuz oder Markierung bei hoher Vergrößerung in die Gesichtsfeldmitte bringen
- Kreuztischkoordinaten notieren
- Kontur der Basis des Objektführers (Ort der Verbindung zum Drehtisch) auf dem Drehtisch genau nachzeichnen (evtl. vorher Tesafilm aufkleben und darauf mit wasserfestem Filzstift zeichnen)
- dreifacher Test: Ab- und Anbau des Objektführers mit Koordinatenver- und Neueinstellung. Wenn die Tests mit zentraler Markierung erfolgreich sind, Tisch vom Träger entfernen (dabei auf Unterfütterung wie Alustreifen achten)

- Tisch warten (dabei die Konturnachzeichnung nicht verwischen) und alles wie geprobt zusammenbauen.

Viel Erfolg
Frank

TPL

Zitat von: Dünnschliffbohrer in Dezember 14, 2014, 20:09:01 NACHMITTAGS(...) Trotzdem, leider helfen mir die Antworten allesamt noch nicht so richtig weiter.
Hat denn hier wirklich noch keiner ein Polarisationsmikroskop auseinander genommen, und gab es hinterher nach dem Zusammenbau Probleme mit der Zentrierung? (...)

...doch, aber wenn das eigentliche Problem nicht im Betreff steht, stößt man auf solch ein Thema ja nur per Zufall ::).

Hallo Db.

abweichend von Franks Beschreibung würde ich den Objektführer abmontieren und während des Zentriervorganges nicht nutzen.

– Vor der Zentrierung den Tisch wieder so fest anschrauben, dass er schwache Belastungen aushält, aber noch gleichmäßig seitlich beweglich ist,
– monokularen Tubus und Pol-Okular mit Fadenkreuz montieren,
nicht-zentrierbare (aber hoffentlich ausreichend gut zentrierte) Objektive im nicht-zentrierbaren Revolver montieren,
– Referenz-Objekt (fast egal, was, Hauptsache es sind kleine Strukturen drauf) mit Tischklammern möglichst sicher auf dem POL-Drehtisch befestigen,
– wie beim Objektiv-Zentrieren verfahren; also:
– mit dem schwächsten Objektiv beginnen,
– kleine Struktur im Referenz-Objekt unter's Fadenkreuz bringen,
– POL-Drehtisch 180° drehen und "Auswandern" der kleinen Struktur verfolgen,
– POL-Drehtisch so verschieben, dass die "ausgewanderte" Strecke (im richtigen Winkel) halbiert wird,
– Vorgang wiederholen, bis die kleine Struktur nicht mehr "auswandert",
– das Ganze mit einem oder mehreren starken Objektiven wiederholen,
– Tischschrauben sanft festziehen und danach erneut Zentrierung prüfen – fertig.

Viel Erfolg, Thomas  

olaf.med

... nur so zur Ergänzung:

je nach Bauart ist das eigentliche Problem die Justierung des Tisches mit seiner Fläche senkrecht zum Strahlengang. Das kann man nur mit Autokollimation machen und dann wird's tricky. Für Durchlichtuntersuchungen ist es wahrscheinlich nicht so problematisch, aber im Auflicht sind Fehljustierungen dieser Art tödlich.

Viel Erfolg,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Dünnschliffbohrer

Hallo an alle, die geantwortet oder nur mitgelesen haben!

Insbesondere Olaf´s Hinweis stimmt mich gegen einen Selbst(reparatur)versuch doch bedenklich. Wenn es also nicht zu teuer sein sollte, wird das Mik wohl Anfang nächsten Jahres zur Kur nach Rathenow fahren. Zum selber probieren habe ich hier noch einige andere Sachen, z.B. bei einem Ehrinhaus-Kompensator, der lange herumlag. war ich kürzlich erfolgreich (aber bisher noch nicht neu geeicht).

Frohe Weihnachten

- dsb
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Frank D.

#14
Hallo DSB,

mir sind die Art der Befestigungen von Tischträger-an-Mikroskop und Tisch-an-Tischträger, sowie der innere Aufbau des WILD-Drehtisches zwar nicht bekannt, aber selbst bei dem großen Zeiss-Drehtisch war die senkrechte Montage zur opt. Achse praktisch vorgegeben.
Ich habe schon bei mehreren Tischen das Reibrad für die Tischdrehung erneuert und gleichzeitig die Lager neu geschmiert; in allen Fällen war die Position der Tischoberfläche, durch die inneren und äußeren Lagerkugeln sowie durch die glatte, ebene Oberfläche der Trägerauflage, bestimmt.
Wenn das an Deinem WILD - übrigens ein sehr schönes Instrument - gegeben ist, sollte allein die genaue horizontale Ausrichtung von Tisch-an-Tischträger ausreichen.
Ich möchte Dich aber keineswegs von einer fachkundigen Überarbeitung abhalten und wünsche Dir, neben einer kostenkünstigen Wartung, ...

ein schönes Weihnachtsfest

Frank