Variabler Phasen-Dunkelfeld-Kontrast für Arme?

Begonnen von Carsten Wieczorrek, Januar 14, 2015, 22:18:28 NACHMITTAGS

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Carsten Wieczorrek

Spielereien mit dem Phasenkontrast

Hallo,
ich weiss nicht, ob dieses Thema schon mal behandelt wurde. Gefunden habe ich nichts. Ich weiss auch nicht, ob meine Gedankengänge hier richtig sind. Freue mich über Eure Meinungen. Zu den Bildern: alle Aufnahmen mit dem CZJ Planachromaten 20/0,4 Phv.
Alle Bilder wurden in der HELLIGKEIT angepasst, so dass sie in etwa den gleichen Helligkeitseindruck vermitteln. Der KONTRAST wurde in keinem Fall geändert.

Da ich mir ja ein neues 40er Planachromat besorgen muss, habe ich mich schlau gemacht, was Ph und Phv bedeutet. Variabler Phasenkontrast kling ja irgendwie gut. Ich war dann doch etwas enttäuscht, das damit nur "strenger Phasenkontrast" gemeint ist, auf den man mittels Apperturblende "umschalten" kann. Für die Mitleser, die sich nicht so gut auskennen: CZJ Objektive "Ph" sind klassische Phasenkontrast-Objektive mit einem Phasenring. Mit "Phv" markierte Objektive sind für den variablen Phasenkontrast und haben zwei Phasenringe.

Nun gut, was kann man denn mit zwei Phasenringen machen, wenn man nicht die Apperturblende zu 80% schließen möchte und wofür ist das, außer für extreme Kontraststeigerung? Beim Grübeln darüber habe ich einen Artikel über "Variabler Phasen-Dunkelfeld-Kontrast" gefunden. Eine Jugend-Forscht Arbeit. Nachzulesen hier:

http://www.dgzfp.de/Portals/24/IZ/PDF/Jugend%20forscht/RW%20Rheinland-Pfalz%20-%20Bitburg%202012.pdf

Im Grunde ein Interferenzverfahren, bei dem ein Phasenkontrast-Bild mit einem Dunkelfeld-Bild zur Interferenz gebracht wird. Dazu werden im Kondensor zwei Ringblenden und im Objektiv zwei Phasenringe benötigt. Und die Apperturblende muss voll geöffnet sein (was hier im Forum ja wohl vielen entgegen kommt).

Nun habe ich ja nicht nur zwei Phasenringe im Objektiv, sondern am Amplival ja auch zwei Ringblenden im Kondensor. Natürlich nicht in den in der Arbeit geforderten Größen/Abständen. Aber...

Zeiss Jena hat ja diesen wunderschönen - ich nehme jetzt mal bewußt das Ami-Wort - Zoom-Kondensor unter das Amplival gebaut. Was passiert denn, wenn ich am 0,4er Obbjektiv die Kondensor-Appertur auf so etwa 0,6-0,65 einstelle? Man findet in der Tat eine Stellung, in der die INNERE Ringblende des Kondensors passend auf den ÄUßEREN Phasenring abgebildet wird. Nicht nur das (das mag jetzt Zufall sein), bei genau dieser Stellung wird die ÄUßERE Ringblende des Kondensors gerade außerhalb der Objektiv-Hinterlinse abgebildet (vielleicht muß man die Apperturblende zu 1-2% zuziehen). Damit sollte die Blenden/Ring-Anordnung eigentlich so sein, wie in der oben genannten Arbeit gefordert.

Ob es stimmt? Keine Ahnung. Ich bin gerade krank, da hat man für so etwas Zeit...

Folgende Bilder habe ich gemacht, das Objekt ist die allgemein für unsichtbare Fälle genommene Epithelzelle.

Bild 1: ohne Phasenschieber, Apperturblende zu 90% offen, ohne Grünfilter
Bild 2: mit Phasenschieber, Apperturblende zu 90% offen, ohne Grünfilter
Bild 3: mit Phasenschieber, Apperturblende bis zum zweiten Phasenring geschlossen, ohne Grünfilter
Bild 4: mit Phasenschieber, Apperturblende bis zum ersten Phasenring geschlossen, "strenger Phasenkontrast", ohne Grünfilter
Bild 5: mit Phasenschieber, Apperturblende zu 99% offen, erste Ringblende im zweiten Phasenring abgebildet, ohne Grünfilter
Bild 6: mit Phasenschieber, Apperturblende zu 90% offen, mit Grünfilter
Bild 7: mit Phasenschieber, Apperturblende bis zum zweiten Phasenring geschlossen, mit Grünfilter
Bild 8: mit Phasenschieber, Apperturblende bis zum ersten Phasenring geschlossen, "strenger Phasenkontrast", mit Grünfilter
Bild 9: mit Phasenschieber, Apperturblende zu 99% offen, erste Ringblende im zweiten Phasenring abgebildet, mit Grünfilter


Frohes Grübeln,
Carsten










Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

JB

#1
Hallo Carsten,

Einen schoenen Kondensor haben Sie da - allein fuer den Pankratischen Kondensor lohnt es sich schon so ein Amplival zu haben  ;D

Vielleicht koennte man auch sagen: Der pankratische Kondensor ist der Heine fuer Arme. Mit einer (?selbstgebastelten) Ringblende kann man Phasenkontrast mit den normalen Zernicke-Typ Phasenkontrastmikroskopen erziehlen (mit den Leitz Pv wohl nicht; deren Phasenring ist sehr schmal) - dazu aber auch ringfoermige Beleuchtung (COL), Grenzdunkelfeld und Dunkelfeld! Schade, dass er nicht achromatisch war.

Zitat
Im Grunde ein Interferenzverfahren, bei dem ein Phasenkontrast-Bild mit einem Dunkelfeld-Bild zur Interferenz gebracht wird.

Ich kenne mich auch nicht so gut aus. Aber das Dunkelfeldbild entsteht durch am Objekt gebeugtes und gestreutes Licht. Zumindest der gestreute Anteil ist nicht mehr koherent mit dem Phasenkontrastbild und interferiert deshalb auch nicht mehr mit ihm. Daher wuerde ich vermuten, dass sich zwei Bilder ueberlagern, das Phasenkontrastbild und das Dunkelfeldbild - entsprechend sehen die Photos auch etwas flau aus.

Zitat
CZJ Objektive "Ph" sind klassische Phasenkontrast-Objektive mit einem Phasenring. Mit "Phv" markierte Objektive sind für den variablen Phasenkontrast und haben zwei Phasenringe.

Nun gut, was kann man denn mit zwei Phasenringen machen, wenn man nicht die Apperturblende zu 80% schließen möchte und wofür ist das, außer für extreme Kontraststeigerung?

Das mit der Groesse des Phasenrings ist so eine Sache - sowohl die Breite des Rings als auch der Durchmesser haben (recht gut charakterisierte) Auswirkungen auf das sich ergebene Bild.

- grosser Durchmesser ermoeglicht eine etwas hoehere Aufloesung, resultiert aber auch in mehr Artefakten; deshalb ist er besonders fuer sehr kleine und duenne Objekte gedacht (ist sag mal Bakterien); das erfordert beim vom Benutzer hoechste Sorgfalt bei der Herstellung des Praeparats (die Objekte in der Jugend-forscht Arbeit sind auch alle sehr flach und exzellent praepariert)

- kleiner Durchmesser ist besser fuer groessere Objekte geeignet; ist auch etwas nachsichtiger bei schlechter Herstellung des Praeparats (dicke Schichten etc.) und kommt damit dem Normalnutzer entgegen (Inversmikroskope fuer die Zellkultur!)

Aus diesem Grunde sind die Hersteller schliesslich bei mittelgrossen Durchmessern angekommen - sie scheinen in der Praxis am nuetzlichsten. Auch bei Zeiss Jena ist man ganz kurz "vor Schluss" wieder vom Phv abgekommen und wieder zu einfachen Phasenringen zurueck gekehrt.

Ich zitiere mal aus der Beschreibung der CF250 Objetive (Seiten 16f) http://interphako.at/PDF/zeiss_Objektive_gesch.pdf:

"- variabler Phasenkontrast (Gravur: phv)
Diese Phasenkontrastobjektive bzw. –modulatoren sind als Doppelringsystem unterschiedlicher Breite ausgefuehrt. Der Sinn des variablen Phasenkontrasts besteht darin, den Haloeffekt (helle Lichthoefe um dunkle Objektdetails) zu veraendern und eventuelle verdeckte Strukturen sichtbar zu machen. Zum anderen erfolgt eine Anpassung an die Objektgroesse – fuer kleine Objekte werden beide Phasenringe benutzt, fuer groessere Objekte wird durch Zuziehen der Aperturblende nur ein Ring wirksam.
Das zweite Ringsystem fuehrt aber auch zu einer Stoerung der Abbildungsqualitaet, die sich bei den jetztigen hochkorrigierten Objektiven stoerend bemerkbar machen – in Form von Doppelsaeumen oder Pseudostrukturen an bestimmten Objekten.
[...]
- Phasenkontrast mit einem Ring (Ph)
Aus den oben genannten Gruenden erfolgt der Uebergang zu Phasenkontrast mit einem Ring. Dabei liegen die Ringblendendurchmesser und –breite zwischen den Werten bei variablem Phasenkontrast. Es kommt zur Verbesserung von Kontrast und Kantenschaerfe. Diese Phasenkontrastvariante ist besonders zur Untersuchung kleiner Objekte mit geringem Gangunterschied geeignet."

Beste Gruesse,

Jon

Piper

#2
Hallo Carsten,

gerne antworte ich auf Deine Fragen.

Zunächst zum CZJ-Phasenkontrast mit zwei Phasenringen im Objektiv. Die zugehörige Phasenkontrast-Einrichtung bestand kondensorseitig aus einer Lichtmaske mit zwei konzentrischen Lichtdurchlässen, welche so einzustellen waren, dass sie mit den beiden Phasenringen im Objektiv kongruent waren. Nun hatte man Standard-Phasenkontrast, allerdings mit zwei konzentrischen Beleuchtungskegeln, wenn beide Lichtdurchlässe mit Beleuchtungslicht beschickt wurden. In der Praxis entspricht der so erhältliche Phasenkontrast weitgehend dem gewohnten Bild. Wenn man nun die Aperturblende soweit schließt, dass der äußere Lichtring im Kondensor vollständig abgedeckt wird, resultiert der sog. ,,strenge" Phasenkontrast, der durch einen höheren Kontrast gekennzeichnet ist. Dieser kommt dadurch zustande, dass der innere Phasenring deutlich schmäler als der äußere ist.

Wenn man einen Pankratischen Zoom-Kondensor hat, kann man bei BW-Optik einen sog. ,,Kontrastverstärker" oder ,,Kontrastjustierer" kaufen, für etwa EUR 75,--. Dieser besteht aus einer Glasscheibe mit zwei konzentrischen Lichtringen, die über eine Magnetfassung unten am Kondensor befestigt und von Hand justiert werden kann. Jetzt kann man die Projektionsgröße beider Ringe über die Zoom-Funktion des Kondensors genauso anpassen, wie schon beschrieben (Veränderung der Kondensorapertur). Alternativ kann man sich natürlich auch einen dünnen  Lichtring selbst basteln und diesen anpassen. Man kann auch einen solchen Einzelring mit dem äußeren oder inneren Phasenring des Objektivs durch Variierung der Kondnsorapertur justieren und so beide Phasenkontrastvarianten realisieren. Auch hier ergibt sich bei nur einem Lichtring ein etwa vergleichbarer Kontrastunterschied, je nachdem, ob der breitere äußere oder der schmälere innere Phasenring angesteuert wird.

Wie schon von anderer Seite erwähnt, kann man mit dem Pankratischen Kondensor nahezu JEDES Phasenkontrastobjektiv ansteuern, sofern man einen Lichtring unten am Kondensor fixiert, durch horizontale Verschiebung justiert und dessen Projektionsgröße über die "Zoom-Funktion" an den jeweiligen Phasenring anpasst. Selbstredend müssen die Objektive zum optischen Gesamtdesign des Amplival passen, damit die Qualität zufriedenstellend ist.

Jetzt zum Variablen Phasen-Dunkelfeld-Kontrast (VPDK). Hier hast Du die Ausgangslage richtig beschrieben: Ein äußerer Lichtring im Kondensor projiziert sich außerhalb des Objektivquerschnitts und erzeugt ein konventionelles Dunkelfeldbild, ein zweiter innerer Lichtring muss mit dem Phasenring des Objektivs deckungsgleich. d.h. kongruent sein. Man benötigt für VPHK aber KEIN Objektiv mit zwei Phasenringen!!! Es kann JEDES normale Phankontrastobjektiv verwendet weden, so lange es dunkelfeldtauglich ist. Trotzdem hat man jetzt noch keinen sichtbaren Effekt, weil das Phasenkontrastbild um ein vielfaches heller als das Dunkelfeldbild ist, folglich das Dunkelfeldbild im Gesamtbild ,,untergeht". Daher zeigen Deine Bildbeispiele auch sämtlich keinen Dunkelfeldanteil. Sie entsprechen letztlich reinen Phasenkontrastbildern unterschiedlicher Güte.

Für VPDK muss im Kondensor die Lichtdurchtrittsfläche des inneren Lichtringes soweit verkleinert oder mittels lichtdämpfender Filter in ihrer Transmission verringert werden, dass eine massive Abdunkelung des Phasenkontrastbildes resultiert, die Helligkeit des Phasenkontrstbildes somit der Helligkeit des Dunkelfeldbildes angepasst wird. Erst unter dieser Voraussetzung wird das zusätzlich erzeugte Dunkelfeldbild sichtbar. Das Phasenkontrastbild kann soweit abgedunkelt werden, dass eine überwiegende Dunkelfeldbeleuchtung entsteht, wenn die Aperturblende voll geöffnet ist. Wenn man dann diese Blende in kleinen Schritten schließt, wird der Dunkelfeld-Lichtring zunehmend verschmälert und das Dunkelfeldbild tritt im Gesamtbild zurück. Sobald der äußere Dunkelfeldring komplett abgedeckt ist, verbleibt ein alleiniges reines Phasenkontrastbild.

Um VHDK zu erzeugen, musst Du also den inneren Lichtring verschmälern oder besser, da Apertur-neutral, mit ringförmigen Graufilterfolien unterlegen, bis das Helligkeitsverhältnis stimmt.

Hier kannst Du ein Video sehen, welches die erreichbaren Effekte demonstriert. Besonders gegen Ende des Videos werden mehrere stufenlose Übergänge von Phasenkontrast zu Dunkelfeld gezeigt:

http://www.4shared.com/video/cN4Rqoln/konzentrischer_VPDK_Kartoffel.html

Weitere Infos gibt es auf der Homepage:

www.timm-piper.de

Viel Erfolg beim Experimentieren und gute Besserung

Jörg

Carsten Wieczorrek

Hallo,
danke schon mal für die Antworten.

@Jörg
Diese Antwort war doch mal sehr informativ und hilfreich. Ein besonderes Dankeschön.
Denn auch wenn ich mal Kristallstruktur-Bestimmungsspezialist war, ging auch das dank kleiner Wellenlänge ohne jedes Mikroskop. Mein erstes "richtiges" Mikroskop ist das, was jetzt hier auf meinem Arbeitstisch steht.

ZitatMan benötigt für VPHK aber KEIN Objektiv mit zwei Phasenringen!!!
Nein natürlich nicht, das hatte ich falsch geschrieben. Mein Fehler. Auch bei meiner "falschen" Anordnung bleibt der zweite Ring ja unbenutzt übrig.

ZitatTrotzdem hat man jetzt noch keinen sichtbaren Effekt, weil das Phasenkontrastbild um ein vielfaches heller als das Dunkelfeldbild ist, folglich das Dunkelfeldbild im Gesamtbild ,,untergeht".

Dem kann ja abgeholfen werden. Morgen muss ich wieder ins Büro, da kann ich ja heute noch basteln. Mit der Gürtel-Lochzange schnell mal ein passendes Stück Pol-Folie ausgestanzt und zentrisch unter dem Phasenschieber des Kondensors befestigt. Jetzt kann ich mit dem Polarisator des Lampengehäuses die Lichtmenge, die durch den inneren Phasenring läuft, stufenlos einstellen ohne das Licht, das anderweitig durch das Objektiv geht zu beinflussen, oder? Durchs Hilfsmikroskop geblickt, äußerer Ring immer hell, innerer Ring von hell zu dunkel und zurück.

Damit kann ich dann folgende Bilder machen (alle ohne Grünfilter, Änderungen nur durch drehen des Polfilters, allerding schwankt die Belichtungszeit der Olympus zwischen 30tel und 4tel Sekunde).




Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

Piper

Hallo,

das "oder" mit Fragezeichen steht richtig. Genau so kann man es machen. Polfilter innen, ungefilterter Lichtdurchlass außen. Bei den meisten Objekten sollte nicht störend sein, wenn das Phasenkontrast-Beleuchtungslicht polarisiert und das Dunkelfeldlicht unpolarisiert ist. Ansonsten könnte man mit Graufilern, statt Polfiltern "basteln". Oder auch beide Lichtdurchlässe mit Polfiltern unterlegen, die um 90 Grad in ihrer Orientierung differieren. Wenn man dann einen drehbaren Polflter auf den Mikroskopfuß legt, welcher das dort austretende Beleuchtungslicht "regelt", ergibt sich ja eine gegenläufige Veränderung der Lichtintensitäten in beiden Lichtdurchlässen der Kondensorlichtmaske und es wären folglich sämtliche beleuchtenden Strahlen polarisiert.

Dass man die Helligkeit des Dunkelfeldbildes natürlich auch mit der Aperturblende regeln kann, wurde ja schon gesagt.

Schöne Grüße

Jörg