Diatomeen zentrifugieren: max g?

Begonnen von A_Wedemeyer, März 30, 2015, 11:33:54 VORMITTAG

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A_Wedemeyer

Hallo,

ich denke, der Betreff sagt es schon: kann mir jemand sagen, mit wieviel g man Diatommen maximal zentrifugieren darf, ohne dass mit Schäden zu rechnen ist?

Viele Mikrogrüße

Axel

Klaus Henkel

Zitat von: A_Wedemeyer in März 30, 2015, 11:33:54 VORMITTAG
Hallo,

ich denke, der Betreff sagt es schon: kann mir jemand sagen, mit wieviel g man Diatommen maximal zentrifugieren darf, ohne dass mit Schäden zu rechnen ist?
Viele Mikrogrüße

Axel

Langsam und vorsichtig. Am besten mit einer Handzentrifuge und nach Gefühl. Wenn man dann das Ergebnis unterm Mikroskop sieht, weiß man obs richtig war.

Gruß
KH

ruhop

Hallo, Axel.

Der Rat von KH ist logisch. Noch besser, aber zeitaufwendiger, ist, es mit Sedimentation zu versuchen. Ein bischen Spülmittel kann das sogar beschleunigen.

Schönen Gruß aus dem Hintertaunus

Holger

anne

Hallo,

am besten garnicht zentrifugieren, gut Ding will Weile haben.

lg

anne

plaenerdd

#4
Hallo,
ich habe bisher auch immer sedimentiert und zwar in Wegwerf-Sekt-"gläsern". Da sammeln die Diatomeen sich schön in der Tülle. Das dauert aber dann auch 3..4 Tage, wenn man z.B. mit Auqua dest. spühlen muss, da nach jedem Spühlen wieder ein Tag Sedimentation angesagt ist. Andererseits ist das Sedimentieren eine sehr gute Methode, ungewollte Fremdkörper (Sandkörnchen, Ton) ab zu trennen. Je nach dem, ob sie schneller oder langsamer sedimentieren als die Diatomeen muss man im "richtigen Moment" abgießen und entweder das Abgegossene oder das Sedimentierte behalten. Ich gieße meißt nach ca. 10 sek. das erste mal um. Im ersten Glas bleibt der gröbere Sand. Ton braucht bis zu 48 Stunden, um sich ab zu setzten. Die Diatomeen sind  - je nach Größe und Schwebfähigkeit - so um die 3-8 Stunden unterwegs. Gutes Abdecken der Gläser ist wichtig, da man sonst garantiert Staubeintrag findet. Hatte in meiner Anfangszeit sogar mal eine Hausstaubmilbe zwischen den Diatomeen...

Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

traisen

Am besten sediementieren,nichts verwerfen, das kann man wiederholen,nur es dauert - GEDULD-  Gruss Hermann

Carlos

#6
Hallo Axel, hallo Interessierte am Zentrifugeneinsatz in der ,,Tümpler"-Mikoskopie,
Die Frage äußert die Befürchtung, eine zu hohe g-Zahl beim Zentrifugieren könne das Schalengerüst von Diatomeen zerstören oder die lebenden Diatomeen sonst wie schädigen. Auch die bisherigen Beiträge widersprechen dem nicht. Einige zeigen Wege auf, wie man das  Zentrifugieren umgehen kann, lassen jedoch offen, ob Zentifugieren bei hohen g-Zahlen Diatomeen schädigen kann. Deshalb mein Beitrag:
In üblichen Zentifugen mit Rotordrehzahlen bis ca. 10.000U/min sind durch die hohe g-Zahl keinerlei Schäden zu erwarten. Auch die zur vollständigen Sedimentation benötigte, von der g-Zahl abhängige Zentrifugationszeit führt bei Diatomeen (und anderen Mikroorganismen) zu keinerlei Schäden.
Denkbar ist eine Schädigung von Mikroorganismen durch Themperaturerhöhung während des Zentrifugierens.  Oft ist selbst bei kleineren Laborzentrifugen aus Sicherheitsgründen der Rotorraum während des Zentrifugierens abgeschlossen.  Bei längerem Zentrifugieren in hochen Drehzahlen kann es hier durch Reibung zwischen Rotor und der ihn umgebende Luft zur Erwärmung der ,,Schleuderproben" kommen, die empfindliches  Schleudergut schädigen könnte. Dies trifft aber auf die von der Drehzahl abhängige,  benötigte Zeit zur vollständigen Sedimentation von Diatomeen nicht zu. In der von mir eingesetzten ,,Haereus-Christ Labofuge" benötige ich hierzu bei max. Drehzahl  wenige Minuten. Ein signifikanter Temperaturanstieg in der Probe findet dabei nicht statt.
In der aufgeschwemmten Probe des so gewonnenen Zentrifugats kann man im Mikroskop sehen, das Diatomeen und andere Mikroorganismen sich munter bewegen und offensichtlich die Prozedur ,,unbeschadet" überstanden haben. Nach meinen Beobachtungen entspricht das so gewonnene Mikroorganismenkonzentrat deutlich besser dem Zustand in der gezogenen Probe als ein über mehr als 24 h gewonnenes Sedimentationskonzentrat, da noch keine Verschiebung der relativen Organismendichte eingetreten ist.
Durch Zentrifugieren lassen sich auch sehr schnell Fraktionen des gewonnenen Mikroorganismenkonzentrats nach Unterschieden in der Sedimentationsgeschwindigkeit gewinnen. Auf diese Weise lassen sich bei geeigneter Durchführung Konzentrate einzelner Organismen nach Größe und Art gewinnen. Dies ist aber ein von der Ausgangsfrage abweichendes Thema.
Mit freundlichen Grüßen Carlos
kleiner Nachtrag: Zur vollständigen Sedimentation von (sedimentierbaren) Mikroorganismen in Wasserproben arbeite ich mit ca. 5.000g und maximal 15 min Schleuderzeit. Diese Prozedur, sowohl die Sedimentierung als auch die Kompacktierung des Sediments, überleben Diatomeen und andere Mikroorganismen unbeschadet. 

ruhop

Hallo, Gerd.

Noch besser als mit Sektgläsern funktioniert das Fraktionieren wenn Du einen Schütteltrichter benutzt (gibts für relativ wenig € bei Ebay).

Schönen Gruß aus dem Hintertaunus

Holger

JB

Hallo,

Dieser Artikel koennte von Interesse sein:

Blanco et al. (2008) A test on different aspects of diatom processing techniques. J Appl Phycol 20: 445-450
http://www.academia.edu/849918/A_test_on_different_aspects_of_diatom_processing_techniques

Demnach hat Zentrifgation (2500 rpm) keinen signifikanten Einfluss auf die Zahl der zerbrochenen Schalen, aber andere Nachteile fuer die Praeparation (weniger saubere Schalen).

Jon

Carlos

Hallo Jon,
Die von Dir angegebenen Literatur bestätigt, das Zentrifugieren nicht zum Zerbrechen von Diatomeen-Schalen führt. Die von Dir angegebene rpm-Zahl bezieht sich, soweit ich es verstanden habe, auf die in der Untersuchung verwendete Zentrifuge. In dem Artikel geht es mehr um die Reinigung von Diatomeenschalen als um die Gewinnung von Diatomeenkonzentraten. Der Artikel könnte jedoch Einige dazu bringen, das erwähnte Verfahren zur Reinigung nachzustellen. 
Deshalb möchte ich nachdrücklich eine WARNUNG an alle aussprechen:
In der Untersuchung wird zur Reinigung 30%iges Wasserstoffperoxyd eingesetzt, und das noch in der Hitze (ca. 90°C). Zugänglich für ,,Normal-Personen" ist maximal 3%iges Wasserstoff-Peroxyd und selbst der Umgang mit diesem ist nicht unproblematisch. 30%iges Wassserstoff-Peroxyd ist nicht nur im Sinne des Gesetzes ein Gefahrstoff wie viele andere, in der Hand des Laien kann es zu schweren Unfällen und Verletzungen führen.
Wer versucht im Chemikalienhandel 30%iges Wasserstoffperoxyd zu erwerben, sollte sich   im Übrigen nicht wundern, wenn er Besuch von ,,Schlapphüten" kriegt, und das aus gutem Grund.
Für die Reinigung von Diatomeen gibt es sicher bessere Methoden.
Gruß Carlos


Carlos

Hallo zusammen,
Habe meinen Beitrag vom 2. 4. um folgendes ergänzt:
kleiner Nachtrag: Zur vollständigen Sedimentation von (sedimentierbaren) Mikroorganismen in Wasserproben arbeite ich mit ca. 5.000g und maximal 15 min Schleuderzeit. Diese Prozedur, sowohl die Sedimentierung als auch die Kompacktierung des Sediments, überleben Diatomeen und andere Mikroorganismen unbeschadet.

plaenerdd

Hallo Carlos,
30%iges Wasserstoffperoxyd gibt es in jeder Apotheke frei zu kaufen, setzt allerdings eine Eintragung mit Angaben zur geplanten Verwendung im Giftbuch voraus. Natürlich sollte man unbedingt Gummihandschuhe und eine Schutzbrille tragen. Die anderen Methoden zur Diatomeenreinigung sind zum Größten Teil wesentlich gefährlicher und nur unter einem Laborabzug durchführbar.

Die Schlapphüte können sich gerne meine Diatomeenpräparate anschauen ;D

Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Johannes Kropiunig

Hallo Carlos,

interpretiere ich den Punkt als Tausendertrennzeichen richtig? Ist das nicht gar ein wenig viel? Das fünftausendfache Eigengewicht sollen die wirklich unbeschadet überstehen können? Und da ist nicht einmal berücksichtigt wenn andere Diatomeen über ihr liegen. Ist es aber nun doch eine Komma, verstehe ich die 3 Nullen hintenan nicht, vorallem da du ein ca. davor gesetzt hast schon gar nicht. Also habe ich mir das mal angesehen und komme bei etwa 4700U/min und einen Radius von 20cm tatsächlich auf 5000g. Wenn diese filigranen Strukturen dass tatsächlich ganze 15 Minuten lang unbeschadet überstehen, ist mein Bewunderung für diese Kunstwerke der Natur gerade nochmal gehörig angewachsen.

Viele Grüße,
Johannes
Biologische Mikroskop: Zeiss Standard 16
Stereomikroskop: Lomo MBS 10
Kameras:  EOS 1100D, EOS 1000D, EOS 1000Da, und EOS 350Da Peltier gekühlt

Sag es mir - und ich werde es vergessen. Zeige es mir - und ich werde mich daran erinnern. Beteilige mich - und ich werde es verstehen.
Laotse

Carlos

Hallo Johannes,
Ja, so ist es.
Mein mit gefüllten Zentrifugiergläsern bestückter Zentrifugenrotor hat einen Radius von ca. 20 cm. Die Zentrifuge ist mit einer maximalen Drehzahl von knapp 5000 Upmin angegeben. Das ergibt eine g-Zahl von ca. 5.000 (Fünftausend!).
Die im Betrieb am Rotor gefüllten, ausschwingenden Zentifugengläser haben diese maximale g-Zahl nur am Boden der Gläser. Hier wird das im Schwerefeld sedimentierende Material abgeschieden und unter 5.000 g kompaktiert. Die maximale Belastung tritt also in dieser Zone auf. (Die g-Zahl nimmt bis zum Boden des Zentrifugenglases zu.) Schädigungen müssten also, wenn überhaupt, am Boden des Zentrifugierglases entstehen.
Bei genauerer überlegung ist es aber nicht überraschend, das keine Schädigungen durch erhöhte g-Zahlen auftreten. Sowohl bei der Sedimentation im Schwerefeld der Erde (g) als auch im Schwerefeld von Zentrifugen (hier 5.000 g) wird die Sedimentationsgeschwindikeit bestimmt durch den Dichteunterschied des Sedimentmaterials und des Umgebungsmediums Wasser auf der einen Seite und dem induziertem Strömungswiderstands des Mediums Wasser bei der Sedimentation auf der anderen Seite.
Da Wasser und Mikoorganismen in weiten Grenzen nahezu imkompressibel (besser gleichartig kompressibel) sind bleibt der Dichteunterschied konstant. Je größer der Dichteunterschied und je höher die g-Zahl um so höher ist die  Sedimentationsgeschwindigkeit. Deshalb kann man mit Zentrifugen die Sedimentationszeit gewaltig verkürzen.
Bei der Sedimentation "merken" die Mikroorganismen allerdings von dem durch die erhöhte g-Zahl bewirkten Druckerhöhung nichts,  sie sinken nur scheller ab. Am Boden des Zentrifugenglases drücken die oben liegenden Mikroorganismen mit einer Kraft von Dichteunterschied Mikroorganismus zu Wasser mit 5000 x g auf die untere Schicht pro Flächeneinheit. Dies sind jedoch angesicht der geringen Größe der Mikroorganismen recht kleine Kräfte.
Der Druck am Boden des Zentrifugenglases ist jedoch mit 50 bar an der Grenze der Stabilität des Schleuderglases. (10 m Wassersäule bei Erdbeschleunigung g gleich 1bar, entsprechend 10 cm (Wassersäule im Schleuderglas) gleich 0,01 bar, bei 5000 g gleich 50 Bar!) 
Mit freundlichem Gruß Carlos     

Carsten Wieczorrek

Hallo,
ich koche meine bescheidende Funde in
a) 36% HCL,
b) 96% H2SO4
C) 60 % HNO3

Wird sauber.
Schlapphüte???

Aber ich kann ja auch Naphrax in Toluol einfach so bestellen.
Man muss die Welt nicht verstehen, oder?
Oder anders herum: würde ich das verstehen, wäre ich VIEEEL reicher....

Carsten
Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako