Amphipleura pellucida zwischen gekreuzten Polfiltern

Begonnen von Ole Riemann, Juni 13, 2015, 18:34:59 NACHMITTAGS

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Ole Riemann

Hallo,

eine Frage an die Experten der mikroskopischen Technik: Ich habe mich heute mit einem alten Amphipleura-Präparat beschäftigt, das ich als Testpräparat schon lange nutze (Diatomeen-Streupräparat, vorrangig A. pellucida, daneben zahlreiche andere pennate Diatomeen, aus einem Graben, eingebettet in Naphrax, nD=1,7). Beobachtet habe ich mit immergiertem Kondensor NA 1,4 an meinem Zeiss Axioplan mit dem Objektiv Plan-Neofluar 100/1,3 PH3, zur Kontraststeigerung mit dem eingebauten, zuschaltbaren Grünfilter.

Im Hellfeld bei maximaler Beleuchtungsapertur war nach exakter Einstellung der Beleuchtung die feine transapikale Streifung der Schalen bei einigen Exemplaren gerade wahrnehmbar, bei anderen nicht zu erkennen. Leichtes Schräglicht mittels Pappblende verbesserte die Sichtbarkeit der Streifen deutlich. Also alles wie erwartet, keine Überraschung.

Erstaunt war ich dann jedoch, als ich nur so zum Test sowohl den Polarisator als auch den Analysator - in Kreuzstellung, also maximaler Auslöschung - einschaltete und die Beleuchtungsintensität deutlich steigerte: nun war die feine Streifung kontrastreich sichtbar und überzeugend aufgelöst. An den Schalenpolen war ansatzweise sogar das feine Punktmuster der Streifung zu erkennen (bei einer Objektivapertur von 1,3 und weißer Halogenbeleuchtung + Grünfilterung). Die beigefügte Abbildung (leichte Tonwertkorrektur, in Graustufen gewandelt) gibt ungefähr den visuellen Eindruck wieder.

Woran liegt es, dass das Einschalten von Polarisator und Analysator so eine deutliche Kontraststeigerung bewirkt? Warum sehe ich im HF überhaupt irgend etwas, wenn doch die Polfilter gekreuzt sind? Sie scheinen mir nicht schadhaft - das Bild im DIC ist hervorragend.

Vielen Dank und schöne Grüße

Ole


JB

Zitat von: Ole Riemann in Juni 13, 2015, 18:34:59 NACHMITTAGSWarum sehe ich im HF überhaupt irgend etwas, wenn doch die Polfilter gekreuzt sind?

Hallo Ole,

Das Licht wird an den stark gekruemmten Linsenoberflaechen depolarisiert; der Effekt ist bei (auch einwandfreien) Objektiven mit hoher N.A. am staerksten.

Inoue (1952): Studies on depolarization of light at microscope lens surfaces: I. The origin of stray light by rotation at the lens surfaces. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0014482752900438

Dadurch ist das Bild beim 100er immer aufgehellt, unabhaengig vom Objekt. Das kann man nur mit einer im Objektiv eingebauten Irisblende vermindern.

Zitat von: Ole Riemann in Juni 13, 2015, 18:34:59 NACHMITTAGSWoran liegt es, dass das Einschalten von Polarisator und Analysator so eine deutliche Kontraststeigerung bewirkt?

Das ist ein Mischung von verschiedenen Effekten. Die Kontraststeigerung bei gekreuzten Polfiltern wurde hier (in Verbindung mit ringfoermger Beleuchtung) auch beobachtet: http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/indexmag.html?http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artapr09/rvw-contrast.html

Bei gekreuzten Polfilern werden die zentralen Strahlen (geringe NA) zugunsten der Randstrahlen (hohe NA) abgeschwaecht (Polkreuz: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2224132/pdf/831.pdf ), aehnlich wie bei der ringfoermigen Beleuchtung, das hilft schon einmal.

Bei weissem Licht bewirken die Polfilter ausserdem, dass mehr blaues Licht durchkommt und das erhoeht die Aufloesung (sollte mit Ihrem Gruenfilter aber nicht der Fall sein).

War der von Ihnen beobachtete Effekt abhaengig von der Ausrichtung der Diatomeen?

Beste Gruesse, Jon


Tausendblatt

#2
Hallo Ole,

ein schönes Ergebniss schon mal.
Mit einem strengen Blaufilter solltest Du noch etwas mehr Poren sehen.
Ich hatte da auch mal mit ein paar Beleuchtungsvarianten gespielt - Pol mit ringförmiger Beleuchtung war am Besten
(http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=15408).

Was mich interessieren würde: Wie sieht das Bild mit DIK aus?

Beste Grüße

Jens

Ole Riemann

Hallo Jon und Jens,

vielen Dank für Eure Einschätzungen und Literaturverweise.

@ Jon: die Diatomeen im Präparat liegen unterschiedlich orientiert. Eine deutliche Kontraststeigerung war an allen Schalen zu erkennen - ich habe aber (noch) nicht an einer einzelnen Schale mittels Drehen des Tisches ausprobiert, ob nicht doch eine Richtungsabhängigkeit vorliegt. Da alle Schalen kontrastreich dargestellt werden, erwarte ich aber, dass die Richtungsabhängigkeit des Effektes gering ist.

@ Jens: im DIK habe ich die Diatomeen noch nicht untersucht. Dazu muss ich erst einmal testen, ob ich den Kondensor mit der Apertur 0,9 durch Austausch der Frontlinse auf N.A. 1,4 bringen kann. Ich habe aber die gleichen Untersuchungen auch am Standard WL mit Endlichoptik und dem Planapo 63/1,4 im DIK gemacht. Auch da war eine deutliche Steigerung gegenüber dem Hellfeld zu beobachten. Ich ergänze noch ein Foto.

Viele Grße

Ole

Ole Riemann

#4
Hallo Jon und Jens,

angeregt durch Eure Vorschläge habe ich noch ein wenig getüftelt und mit einer improvisierten Zentralblende im Kondensor ein halbwegs brauchbares ringförmiges Schräglicht hinbekommen (COI). Bei (annähernd) gekreuzten Polfiltern ergab sich folgendes Bild (Objektiv Plan-Neofluar, 100/1,3 PH3 - Kondensor N.A. 1,4, immergiert, Grünfilter zur Kontraststeigerung):



Nun sind die Porenreihen an einzelnen Stellen schon recht gut erkennbar. Mehr geht mit einem Objektiv der N.A. 1,3, zumal mit Phako-Ring, wohl wirklich nicht. Eine weitere Optimierung setzt ein Immersionsobjektiv mit der N.A. 1,4, präzisere Zentralblenden mit idealem Durchmesser sowie eine kürzere Beleuchtungswellenlänge voraus.

Beste Grüße

Ole

rhamvossen

Hallo Ole,

Hast du vielleicht noch ein Kardioid Dunkelfeldkondensor? Damit kan man mit ein 100x Objektiv ein sehr gutes ringförmiges Schräglicht bekommen. Beste Grüsse,

Rolf