Haltbarkeit von Dauerpräparaten mit Entellan - Präparate defekt nach 30 Jahren

Begonnen von Michael L., August 17, 2015, 15:40:53 NACHMITTAGS

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Michael L.

Liebe Mikroskopgemeinde.

Gestern habe ich seit sehr langer Zeit einen meiner Kästen mit Mikropräparaten durchsehen und musste feststellen, das die mit Entellan von Merck hergestellen nach nunmehr 30 Jahren alle beschädigt sind. Das Harz hat zahlreiche Risse bekommen, die Präparate sind nun unbrauchbar. Alle mit anderen Einschlussmitteln hergestellten Präparate sind in Ordnung. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Jetzt ist Entelan ja ein Schnelleinschlussmittel müsste aber doch eine gewisse Haltbarkeit aufweisen oder? Die Risse sind aber sicherlich nicht in den ersten Jahren aufgetreten, kann man da noch etwas retten? Das ist schon enttäuschend wenn man bedenkt, das über 100 Jahre alte Präparate oft noch einwandfrei sind. Bin auf Kommentare gespannt.

Mit freundlichen Grüßen

Michael

Klaus Herrmann

Hallo Michael,

die "Lobeshymnen" auf Entellan gabs hier schon mal. Ich habe erst letzte Woche einen ganzen Schwung Präparate rausgeworfen. Entweger total rissig oder gleich ganz abgefallen. Die ersten fingen schon nach ca. 5 Jahren an.
Schnell eingeschlossen - schnell entsorgt! ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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l'œil armé

#2
Hallo Michael,

Deine Enttäuschung kann ich zwar verstehen, aber wie Du völlig richtig feststellst, sollte eine gewisse Haltbarkeit gewährleistet sein. Eine "gewisse", aber eben auch nicht mehr und Du bist nicht der Einzige dem das passiert ist. Das Mittel erfüllt in z.B. in der Pathologie perfekt seine Aufgabe, nämlich in kurzer Zeit bearbeitbare Präparate zu ermöglichen.  

Ich habe da selbst auch schon ziemlich dumm aus der Wäsche geschaut, angesicht einiger -zig beschädigter Präparate nach nur 2-3 Jahren. Zunächst einmal: das Eindeckmittel ist schon seit etlichen, bestimmt über 20 Jahren nicht mehr im Handel und seit Langem durch Entellan "neu" ersetzt, welches diese Eigenschaft nicht mehr so stark zeigt. Wenn  Du langfristig Präparate erhalten möchtest, kann ich Dir aus eigener Erfahrung "Malinol" empfehlen. Ich kaufte vor Zeiten einen Vorrat bei CHROMA und habe nahezu 30 Jahre alte Präparate, die absolut makellos sind. Allerdings ist dies eben kein Schnelleindeckmittel, sondern braucht einige Tage bis Wochen zum fest werden.

Zu Deinen Präparaten: ich habe seinerzeit halbwegs erfolgreich folgendermaßen gearbeitet, indem ich die beschädigten Objektträger in einer Färbeküvette in Xylol eingestellt habe und darin solange belassen, bis sich die Deckkgläser von selbst von Präparat gelöst haben und heruntergerutscht sind (keine mechanische Belastung der Schnitte!!). Dann die Präparate in eine weitere Küvette mit Xylol gestellt, damit peu à peu das restliche Entellan in Lösung geht, danach entnommen und in Malinol erneut eingedeckelt. Hat zwar nicht bei allen Objektträgern 100%ig geklappt, weil das aufreißende Entellan manchmal auch die Schnitte beschädigt hatte, aber doch bei einer so großen Zahl, dass sich die Mühe letztlich gelohnt hat.

Freundliche Grüße

Wolfgang
"Du" fänd' ich absolut in Ordnung

das schönste: Zeiss Lumipan
das liebste: Leitz Ortholux/Panphot
das beste: Zeiss Axiomat

Ich bin übrigens keineswegs mit meinem Umfang an Intelligenz zufrieden; ich bin lediglich froh, mit meiner Dummheit so weit gekommen zu sein.

Klaus Henkel

Guten Tag Michael L.!

Na denn will ich mal beginnen mit einem Kommentar zu Ihrer eingefetteten Vermutung.

Zitat von: Michael L. in August 17, 2015, 15:40:53 NACHMITTAGS
Gestern habe ich seit sehr langer Zeit einen meiner Kästen mit Mikropräparaten durchsehen und musste feststellen, das die mit Entellan von Merck hergestellen nach nunmehr 30 Jahren alle beschädigt sind. Das Harz hat zahlreiche Risse bekommen, die Präparate sind nun unbrauchbar. Alle mit anderen Einschlussmitteln hergestellten Präparate sind in Ordnung. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Das ist schon enttäuschend wenn man bedenkt, das über 100 Jahre alte Präparate oft noch einwandfrei sind. Bin auf Kommentare gespannt.Jetzt ist Entelan ja ein Schnelleinschlussmittel müsste aber doch eine gewisse Haltbarkeit aufweisen oder? Die Risse sind aber sicherlich nicht in den ersten Jahren aufgetreten, kann man da noch etwas retten?
Michael

Nein, müssen sie nicht. Denn Schnelleinschlußmittel sind für eilige Präparate konzipiert, hauptsächlich in der klinischen Medizin und in der Pathologie, in der Diagnose und gezielte Therapie oft vom Zeitverlauf abhängen. Der erfahrene Mikroskopiker aus dem Hobbybereich meidet solche Mittel, die auch noch andere Nachteile haben. Merke: Die Schnelligkeit ist nur zu oft ein Kompromiß.

Solche med. Präparate müssen ja nicht zwanzig Jahre aufgehoben werden.

Ja: Da kann man noch etwas retten.

Lesen Sie hier die Geschichte und Rettung eines Präparats: http://www.klaus-henkel.de/liane.html.
Zum Thema Entellan und andere Einschlußmittel lesen Sie: http://www.klaus-henkel.de/balsame.html

Viel Erfolg!
KH

Michael L.

An Alle Ganz herzlichen Dank für die kompetenten Antworten. Ich habe diverse Einschlussmittel und werde jetzt wohl standardmäßig auf Malinol bleiben und mein selbstgemachtes Dammar für Arthropoden verwenden. Aus Schaden wird man klug, jetzt verstehe ich auch den Unterschied zwischen Entelan und Entelan Neu😀 Nochmals vielen Dank in die Runde.

Viele Grüße

Michael

JB

Hallo Michael,

Warum nicht das Dammar fuer alle Praeparate? Ich finde das ist universal einsetzbar.

Beste Gruesse, Jon

Michael L.

Hallo Jon,

Ja das ist eine gute Frage, ist es denn auch für botanisches Material brauchbar?

Gruß

Michael

JB

Hallo Michael,

Ich habe keine Erfahrungen mit botanische Praeparaten. Da Malinol und Dammar sich sehr aehnlich sind (Baumharz in Xylol) ergeben sich aber aus der Nutzung von Malinol keine grossen Vorteile.

Beste Gruesse, Jon

Gert Flemming

#8
Hallo Michael und andere Interessenten,

dass es das ideale Einschlussmittel für jeden Fall nicht gibt, ist ja schon oft und in vielen Quellen gesagt worden. Und wie Klaus Henkel schreibt, gilt auch: "Die Schnelligkeit ist nur zu oft ein Kompromiß."

Ich habe mit "Neutralbalsam"  sehr gute Langzeiterfahrungen gemacht (auch wenn dieses Mittel wohl weniger bekannt ist, obwohl im "Planzenanatomischen Praktikum" von Braune et al. erwähnt, und es gegen normalen Kanadabalsam im Allgemeinen durchaus berechtigte Vorbehalte gibt). Ich habe diesen von der Firma Hollborn, Leipzig hergestellten neutralisierten Kanadabalsam 1962 für 6,95 DDR-Mark/100ml gekauft und verwende ihn seitdem für fast alle meine Präparate. Sie sind (auch alle Präparate von damals, 53 Jahre alt) bis heute tatellos erhalten. Farben einwandfrei, keinerlei Kristallbildungen oder Risse, Medium nicht verfärbt.

Vor einigen Jahren habe ich mir auch Euparal besorgt. Es ist zwar sehr schön, dass man damit einige Behandlungsstufen einsparen kann, aber ohne Wärmeschrank (nur bei Zimmertemperatur) dauert das Festwerden des Deckglases Wochen (wichtig z. B. wenn man unter die Immersion gehen will). Die Schmiere wird nach meinen Erfahrungen immer zäher, aber das Deckglas wird nicht fest.

Bei meinem Neutralbalsam dauert es zwar auch Monate, bis er in der Präparatemitte fest wird, aber durch die Verdunstung des Xylols am Deckglasrand wird das Deckglas sehr schnell so festgelegt, dass ich schon nach ein, spätesten zwei Tagen unter die Immersion gehen und anschließend das Öl vorsichtig abwischen kann, ohne dass das Deckglas verschoben wird.

Die von Euparal bekannte Erscheinung, dass die Farben mit der Zeit immer kräftiger und klarer werden, tritt auch bei Neutralbalsam auf.

Die Firma Hollborn in Leipzig gib es seit einiger Zeit wieder. Vielleicht auch Neutralbalsam in der von mir benutzten Qualität ...
Aber ich komme mit dem Rest meiner ehemals 100ml noch Jahrzehnte hin.

Gert Flemming