Botanik: Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, August 30, 2015, 07:38:43 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

der Papiermaulbeerbaum Broussonetia papyrifera, auch Papiermaulbeere genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Maulbeergewächse,  zu der auch die Gattungen Feigen und Maulbeeren gehören.

Die aus China und Japan stammende Art hat sich weit verbreitet – so etwa auch auf den südlichen pazifischen Inseln. Das natürliche Verbreitungsgebiet erstreckt sich von China über Thailand bis nach Malaysia.
Papiermaulbeerbäume haben die seltene Fähigkeit, die Rinde selbst bei vollständiger zirkulärer Entrindung nachbilden! Normalerweise bringt man einen Baum damit um...

Aus den feinen, seidigen Fasern der inneren Rindenschicht wird in Japan und in China um 105 n. Chr. bereits traditionell Papier hergestellt. Das Papier wurde auch zur Herstellung von Laternen genutzt.
Noch heute werden in Japan und China handgeschöpfte Papiersorten nach alten Verfahren aus den Blattfasern der Papiermaulbeerbaumes hergestellt.

Der Bast der Zweige dient zur Herstellung bestimmter Stoffe (v. a. für Kleidung; Tapa) und von dünnem Papier (Kozo), das zum Reinigen von Linsen verwendet wird (Japan -Papier).

Das japanischen Kodzo- oder Kozopapier ist ein glanzloses, festes Papiere, das beim Umwenden nicht knistert.
Zur Herstellug des taditionellen "deluwang"-Papiers in Java werden die ca.1.5 Meter langen Rindenstücke in schmale 5 – 6 cm breite Streifen geschnitten, auf einen ca. 20 cm dicken Holzbalken gelegt und  mit Holzklüpfeln geklopft bis sie etwa doppelt so breit geworden sind. Dann werden diese Streifen in Wasser abgflößt, ausgewrungen, dann der Länge nach doppelt gefaltet. Dann wird wieder geklopft, so dass  sich gedoppelte Blätter mit 50 cm Breite formen. Diese Doppelblätter werden zunächst wiederum getrocknet, dann eingeweicht, ausgepresst, gefaltet und in einem Bananenblatt aufgerollt. Die zwei Doppelblätter verbinden sich dann miteinander, wenn sie über 5 - 6 Tage erhitzt/ gedämpft werden. Das Papier-Blatt wird schließlich ausgebreitet, auf den glänzend-glatten Scheinstamm einer Bananenstaude aufgezogen, glattgestrichen und darauf getrocknet.

Bei geeigneten Bedingungen wachsen die frostempfindlichen Pflanzen zügig zu einem 10 – 15 Meter hohen Baum mit lockerer, runder Krone heran. Der dunkle Stamm hat eine unregelmäßige Oberfläche. Die Rinde ist grau, die Borke ist längsrissig.
Die männlichen walzenförmigen Blüten erscheinen in langen, gedrehten Kätzchen, die weiblichen dagegen in kürzeren, unauffälligen Köpfen, aus denen sich kugelige fleischige Fruchtverbände (Scheinfrüchte) entwickeln. Die süßen Scheinfrüchte sind essbar.
Zwischen Juni und Juli reifen die fleischigen, zuletzt orange-roten Fruchtverbände, die einen Durchmesser von bis zu 3 cm aufweisen.

Bild 01 Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

Foto: H.-J_Koch

Bild 02 Blätter, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

Foto: Uli Wahl

In Indochina dienen die Blätter als Schweinefutter und in China zur Ernährung der Seidenraupen.
Die Blätter sind in Indochina als Abführmittel für Kinder bekannt, die Frucht als Hustenmittel, Magenmittel und Tonikum. Dagegen dient die Rinde gegen Durchfall und Blutungen und der milchige Gummisaft äußerlich gegen Bienenstiche, Schlangen- und Hundebisse.
Sommergrüne, 7 bis 20 cm lange, herzförmige Blätter. Die Oberseite ist grün. Die Unterseite ist hellgrau und filzig. Die Blätter sind bei Schösslingen bis zu 30 cm lang und oft zwei oder dreifach gelappt, bei ausgewachsenen Bäumen jedoch kleiner und meist ungeteilt.
Wegen seiner hübschen Feigenbaum ähnlichen Blätter wird der Papiermaulbeerbaum auch Feigenmaulbeer genannt!

Systematik:
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Maulbeergewächse (Moraceae)
Gattung: Broussonetia
Art: Papiermaulbeerbaum
Wissenschaftlicher Name: Broussonetia papyrifera
Volkstümliche Bezeichnung: Papiermaulbeere , Feigenmaulbeer oder Japanischer Papierbaum
Englischer Name: Paper mulberry tree

Der Gattungsname ist nach Pierre-Maria-August Broussonet (1761-1807), einem französischen Arzt und Naturforscher benannt.
Pierre-Maria-August Broussonet führte übrigens das Linnésche System in Frankreich ein.
Das Linnésche System ist ein botanisches Ordnungsprinzip (Einordnung der Pflanzen nach geschlechtlichen und praktischen Merkmalen).
,,papyrifera" lat. = Papier liefernd (eigentlich Papyrusstaude bzw. Papier tragend).

Teil 1  Spross, Querschnitt, 25 µm


Bild 03 Übersicht, Negativ, ungefärbter Schnitt, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 04 Vergrößerung, ungefärbter Schnitt, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 05 Abschlussgewebe,  ungefärbter Schnitt, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf :

1. Schnitte  liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung  5 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.    15 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
7. Nachfärbung Astrablaulösung  1 Minuten, 30 Sekunden.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis  3 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in Entellan

Ergebnis :
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000

Bild 06 Übersicht, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

Der Durchmesser dieses Sprosses beträgt 5 mm.

Bild 07  Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

XY = Xylem, PE = Periderm, RP = Rindenparenchym, PH = Phloem, ST = Strahl, XY = Xylem, T = Trachee, MP = Markparenchym

Bild 08  Kambiumbildung, Vergrößerung, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

ST = Strahl, K = Kambium, XY = Xylem, T = Trachee, PH = Phloem

Bild 09 Vergrößerung,  Oxalatkristall, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 10 Xylem, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 11 Periderm, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 12 Dunkelfeld, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 13 Dunkelfeld, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 14  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 15 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bild 16 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10

Bei den hellgrünen Zellen in der Bildmitte könnte es sich um lebendes Festigungsgewebe –Kollenchym – Zellen handeln, denn Sklerenchym – Zellen  leuchten in der Fluoreszenz gelb.


Teil 2  Blattstiel, Querschnitt, 25 µm


Bild 17 Übersicht, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

Drei Hauptleitbündel mit Nebenleitbündeln

Bild 18 Übersicht, Dunkelfeld, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 19 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

RP = Rindenparenchym, PX = Protoxylem, PH = Phloem, T = Trachee,  XY = Xylem

Bild 20 Trichome, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Vom Blattstiel habe ich keine Fluoreszenzaufnahmen gemacht. Es gibt einfach zu wenig fluoreszierende Zellen.

Teil 3  Spross, Längsschnitt, 25 µm

Bild 21 Spross Unterseite angeschnitten und mit Uhu Sekundenkleber auf einen Holzklotz geklebt.


Ich verwende gerne eine Sprossgabelung, dadurch ist die Auflagefläche stabiler.

Bild 22Übersicht, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 23 Vergrößerung, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 24 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

PE = Periderm, RP = Rindenparenchym, XY = Xylem, MP = Markparenchym, PH = Phloem

Bild 25 Markparenchym (blaue Färbung), Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 26 Vergrößerung, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 27 Vergrößerung, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)


Bild 28 Komplett ausdifferenziertes Periderm,  Auflicht – Fluoreszenzaufnahme, Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera)

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 520, Erregerfilter BP 436/10


Quellenangaben und verwendete Literatur :

Wikipedia; Freie Enzyklopädie
Helmut Genaust ,, Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen" ISBN: 978-3-86820-149-9
P.Schütt, H.J. Schuck, B. Stimm  ,,Lexikon der Baum- und Straucharten, ISBN: 978-3-86620-123-9
Peter A. Schmidt ,,Taschenlexikon der Gehölze", ISBN: 978-3-494-01448-7
,,The Woodbook", ISBN: 978-3-8365-5
Spohn ,,Kosmos- Baumführer Europa", ISBN: 978-3-440-11741-5
,,Botanica" Das Abc der Pflanzen, ISBN: 3-8290-0868-6

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Schrodt

Guten Morgen Hans-Jürgen,

es ist immer wieder ein richtiger Genuss, deine Beiträge zu lesen und die sehr guten Schnitte und Färbungen zu betrachten.
Wenn man das sieht, graust einem bei den Plescher Fluoreszenz-Präparaten von BW-Optik !

Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer

Hans-Jürgen Koch

Guten Abend Jürgen,

danke für Dein großes Lob.
Die aus Lebendmaterial hergestellten Handschnitte  von Herrn Plescher habe ich im Original noch nicht gesehen.
Die speziell entwickelte Plescher-Färbung würde mich interessieren. Die Färberezeptur konnte ich im Internet nicht finden.
Im Spross vom Papiermaulbeerbaum konnte ich keine Sklerenchym – Zellen finden.
Siehe: Bild 16 Auflicht – Fluoreszenzaufnahme.
Handelt es sich tatsächlich um lebendes Festigungsgewebe – Kollenchym – Zellen ?
Kann mir da jemand dazu etwas sagen ?

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Schrodt

Guten Abend Hans-Jürgen,

über die Plescher Fluoreszenz-Präparate von BW-Optik habe ich in 2 Beiträgen berichtet. Link 1 und 2:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=23835.0

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=23846.msg177140#msg177140

Über die Herstellung und die Färbung hat ein Wiener Kollege  im 3. Link berichtet:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=23846.msg177147#msg177147

Noch einen schönen Abend und viele Grüße

Jürgen aus Hemer

Jan Kros

Lieber Hans-Juergen,
das war wieder ein Genuss zum lesen
ich habe alles ausgedruckt
ich mache zur Zeit auch laengsschnitten, aber das richtig zu beschreiben ist schwierig
aber man lernt jeden Tag etwas dabei.
herzlichen Gruessen
Jan

d65

Sehr schöne Bilder!

Um mögliche Verwirrung zu vermeiden wäre es vielleicht hilfreich bei Angaben wie "Querschnitt, 25 µm" zu ergänzen, dass die 25 µm die Schnittdicke sind, und nicht der Durchmesser des Stils/Sprosses.
Gruß
Steffen

JoachimHLD

Lieber Hans-Jürgen,

eine hervorragende Dokumentation , wie immer von Dir.

Herzliche Grüsse
Joachim

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

danke für Euer Feedback.

Lieber Jan,
leider werden hier im Forum kaum Längsschnitte gezeigt.
Es ist nicht schwer diese Schnitte zu erstellen, es würde mich freuen, wenn wir bald mehr Längsschnitte sehen.

@ Steffen,
Deine Anregung zur Schnittdicke ist sicher berechtigt.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Fahrenheit

#8
Lieber Hans-Jürgen,

schön, dass Du mit Deinen Beiträgen die Fahne der Botanik hoch hältst! ich komme momentan nicht dazu und freue mich immer über Deine Threads.

Natürlich ist auch der Maulbeerbaum nun gelistet.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM