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Haarige Sache

Begonnen von Martin Kreutz, Dezember 14, 2015, 22:12:19 NACHMITTAGS

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Martin Kreutz

Liebes Forum,

den interessanten Beitrag von Eckhard zu Bewohnern der Kahmhaut im REM (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=24668.0) möchte ich zum Anlass nehmen, diesen lichtmikroskopisch zu ergänzen und zu erweitern. Den von Eckhard ,,erlegten" hypotrichen Ciliaten im ersten Bild seines Beitrages konnte ich gleich als Aspidisca identifizieren, an Hand seiner auffälligen Merkmale. Die Identifizierung gelingt sehr leicht über die typische 4 + 3 Anordnung der Ventralcirren (s. unten). Im Folgenden habe ich mir Eckhard's Bild geliehen und im direkten Vergleich zu meinen lichtmikroskopischen Aufnahmen gestellt. Auf der REM Aufnahme erkennt man auch sehr schön die Aussparung für die Mundöffnung im starren Panzer des Ciliaten, in dem man die Cilienbündel der adoralen Membranellenzone erkennt. Diese ist auch lichtmikroskopisch gut zu erkennen:


VC= Ventralcirren
TC = Transversalcirren
AZM = adorale Membranellenzone

Hier noch ein paar Aufnahmen von Aspidisca cicada aus der gleichen Probe:



Aspidisca ist wie eine Schildkröte geformt mit gewölbten Rückenpanzer. Diese kann glatt, gerippt oder mit einem Dorn versehen sein. Da man dies in der REM Aufnahme nicht sieht, kann man die Art nicht bestimmen. Beim LM hatte ich es etwas einfacher, in dem ich einfach durch den Ciliaten fokussierte. Ich erkannte das gerippte Rückenschild. Es muss also Aspidisca cicada sein. Aspidisca cicada findet man sehr häufig und ist leicht zu fotografieren, da er oft mit der Ventralseite auf dem Deckglas rumläuft (also Mundöffnung zur Optik gerichtet). Zudem ist es einer der wenigen hypotrichen Ciliaten, welche man durch seine starre Körperform und den wenigen, übersichtlich angeordneten (Ventral)Cirren gut bestimmen kann. Dies ist bei den Hypotrichen die Ausnahme, weshalb ich mich mit dieser großen Gruppe der Ciliaten auch noch nicht so intensiv beschäftigt habe. Eine Zuordnung ohne Silberimprägnierung ist praktisch nicht möglich. Lichtmikroskopisch stellen die meisten Arten eine im wahrsten Sinne des Wortes haarige Angelegenheit dar. Das Gewirr von Cirren ist schwer zu durchblicken, selbst auf ,,eingefrorenen", geblitzen Aufnahmen.  Ich möchte hier zwei Beispiele zeigen. Den ersten halte ich für Uroleptus (musculus), was aber schon sehr weit rausgelehnt ist. Die folgenden Aufnahmen zeigen immer die Ventralseite, also die ,,Lauffläche":


LMR = linke Marginalreihe
RMR = rechte Marginalreihe
VC = Ventralcirren
UM = undulierende Membran
AZM = adorale Membranellenzone
FC = Frontalcirren


TC = Transversalcirren
AZM = adorale Membranellenzone
Ma = Makronukleus
Mi = Mikronukleus

Mit etwas Wohlwollen kann man die Anordnung der rechten und linken Marginalcirren (RMR, LMR), der Ventralcirren (VC) und der wichtigen Transversalcirren (TC) erkennen. Insbesondere die Anwesenheit der Transversalcirren lassen auf Uroleptus schließen. Dazu passt auch die geschwungene Mundöffnung, welche nach rechts zieht. Auf der rechten Seite der Mundöffnung kann man gut die undulierenden Membran (UM) sehen. Die Makronuklei (Ma) besitzen je einem angelagerten Mikronukleus (Mi).

Ein anderer, sehr häufiger hypotricher Ciliat, gehört wahrscheinlich ebenfalls zu Gattung Uroleptus. Ich glaube, dass es sich hier um Urolepus piscis handeln könnte, aber das ist in diesem Fall wirklich mehr geraten, weil man die Anwesenheit und Anordnung der Transversalcirren auf den Fotos unten wirklich nur vermuten kann. Die Mundöffnung ist bei dieser Art nicht geschwungen, sondern gerade und keilförmig. Außerdem soll Uroleptus piscis abgespreizte Caudalcilien (CC) besitzen, die man gut erkennen kann (ein Indiz, aber kein Beweis):


AZM = adorale Membranellenzone
RMR = rechte Marginalreihe
LMR = linke Marginalreihe
TC = Transversalcirren
CC = Caudalcirren
FC = Frontalcirren
Mi = Mikronukleus
UM = undulierende Membran
LB = lateral Borsten

Die Untersuchung und Bestimmung der hypotrichen Ciliaten ist also eine defizile Sache. Das komplexe System der Cirren dieser Ciliatengruppe mit ihren unterschiedlichen Aufgaben (tasten, strudeln, laufen, schwimmen) zeigt aber auch ihren hohen Entwicklungsgrad. Interessante Viecher, sage ich nur!

Allen einen schönen Abend!

Martin




Bernd Kaufmann

Hallo Martin,

wieder einmal in jeder Hinsicht ein Hochgenuss!
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

Ole Riemann

Hallo Martin,

wunderschön abgebildet und kommentiert - besten Dank! Ich habe mich bisher an der näheren taxonomischen Eingrenzung bei diesen Ciliaten gar nicht versucht (habe auch keine adäquate Literatur). Aspidisca und Uroleptus sind mir aber sicherlich auch schon begegnet.

Interessant finde ich insbesondere die Struktur der Cirren - weißt Du von ultrastrukturellen Befunden, die klären, wie die einzelnen Cilien des Büschels mechanisch gekoppelt sind? Ich kenne Cirren auch von marinen Gastrotrichen aus der Gruppe der Xenotrichuliden (und auch z.B. aus dem Räderorgan brachionider Rotatorien). In diesen Fällen ist meines Wissens bekannt, dass die einzelnen Cilien über feine Brücken physisch gekoppelt sind. Offenbar ist das Bauprinzip der Cirren mehrfach entstanden.

Viele Grüße

Ole

Bernhard Lebeda

Hallo Martin

kultig wie immer!!

Witzigerweise habe ich gestern abend auch etliche Ciliaten, die ich für Uroleptus piscis gehalten habe, beobachtet. (Mache gerade meine ersten DIK Erfahrungen ;))

Meine waren allerdings deutlich größer, eher in Richtung 300µm.

Viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Martin Kreutz

Hallo zusammen!

@ Ole: Bezüglich der mechanischen Kopplung der Cilien zu Cirren bin ich leider überfragt, da ich auch nicht in der Materie drin bin. Ich kann nur aus "Protistology" von Hausmann, Hülsmann und Radek zitieren: "in some special cases, groups of cilia are positioned very close to each other (cirri) but without any obvious sign of fusion". Mehr kann ich dazu auch nicht sagen. Ob die Cirren bei den Gastrotrichen mit denen der Hypotrichen identisch sind (was den inneren Aufbau angeht), kann ich ebenfalls nicht beurteilen. 

@ Bernhard: Da hast Du absolut recht! Uroleptus piscis soll ca. 300 µm lang sein. Und da siehst Du, wie haarig das wird. Eine sinnvolle Alternative zu Uroleptus piscis wäre Holosticha kessleri gewesen. Diese Art wird nur ca. 120 µm lang, hat auch Transversalcirren und würde von der Größe besser passen. Diese Art hat jedoch keine Caudalcilien, die auf den Fotos jedoch deutlich zu sehen sind. Und schon wird es dünn bei den Alternativen! Ich habe ja gesagt, mehr geraten als bestimmt!

Schönen Abend!

Martin   

Bernhard Lebeda

#5
Liebe Cirren Fans

gestattet mir auch noch ein paar ergänzende Zitate:

Rudolf Röttger schreibt in "Wörterbuch der Protozoologie" Shaker Verlag:

" Cirrus: eine Polykinetide, ein pfriemförmiges Organell der somatischen Bewimperung hypotricher Ciliaten. Es besteht aus zahlreichen "verklebten" Wimpern. Ihre eng beieinander stehenden Basalkörper (Kinetosomem) sind durch Fasern verbunden, wie auch benachbarte Cirrusbasen miteinander verbunden sind."


Der Verbund scheint also "eine Etage tiefer" subpelliculär vorhanden zu sein. Ein rein strömungsbedingtes Zusammenlegen der Cilien, wie in der Thiloschen Pinseltheorie, würde für mein Verständnis die erstaunlichen Laufleistungen dieser Organe kaum erklären. Wir haben das ansatzweise schon mal versucht zu diskutieren:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4908.0


Zu Cilien in Membranellenverbünden scheint es laut Hausmann/Radek in http://www.schweizerbart.de/publications/detail/isbn/9783510652877?l=DE

eine Ausnahme zu geben:

" The only exception reported so far is found in Glaucoma ferox, in which the tips of the membranellar cilia are morphologically connected by specially constructed junctions"


Soweit mein Senf dazu.

Viele Mikrogrüße

Bernhard
Ich bevorzuge das "DU"

Vorstellung

Eckhard

#6
Hallo in die Runde,

erstmal vielen Dank an Martin, den gezeigten Ciliaten so schön in einen hochinteressanten Beitrag "eingearbeitet" zu haben.

Wie die Cirren zusammenhalten, ist meiner Kenntnis nach unbekannt. Strukturelle Verbindungen gibt es nicht - im TEM-Schnitt sehen Cirren nur wie regelmässig angeordnete Cilien ohne extrazellulare, strukturelle Verbindung aus. Auch die "Vermutung" von Röttger finde ich in der mir zugänglichen Literatur nirgends - ganz im Gegenteil, zu Details der Cirren lese ich vornehmes "Schweigen" :D

Es ist eben alles immer etwas komplizierter. Die bisher verfügbaren REM-Bilder von Cilaten zeigen i.d.R. keine Details der Cirren. Das hat mit der schwierigen Präparation von Ciliaten sowie mit der notwendigen Auflösung der Elektronenmikroskope, um diese Details darstellen zu können, zu tun. Man vergleiche dazu die REM Aufnahmen von A. cicada bei Foissner (Taxonomische und ökologische Revision der Ciliaten des Saprobiensystems. Band I: Cyrtophorida, Oligotrichida, Hypotrichia, Colpodea; Seiten 375 u. 376).

Hier sind noch ein paar Bilder für alle Cilienfreunde:







Die Thilosche Pinseltheorie (großartige Wortschöpfung, lieber Bernhard) ist nicht so ganz abwegig. Der metachrone Cilienschlag bei Paramecien wird durch hydrodynamische Effekte erzeugt, nicht durch eine zentrale Steuerung. Auch müssen wir uns von der Idee befreien, die Cirren hätten irgendeine Adhäsionswirkung, um das an der Decke Laufen zu ermöglichen. Reynolds Zahl! Die Cirren haben keine Gewichtskräfte des "laufenden" Ciliaten zu tragen! Das sind alles hydrodynamische Effekte, in der die Gravitation eine so kleine Rolle spielt, dass man sie getrost aus jeder Überlegung/Rechnung verbannen kann!

Euch allen einen schönen 4ten Advent,
Eckhard
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Michael Plewka

hallo zusammen,


@ Martin:
auch von mir noch ein herzliches Dankeschön für diesen hervorragenden Beitrag. Die textliche Gegenüberstellung von Eckhards fantastischen REM-Aufnahmen mit deinen LM-Aufnahmen ist ein tolles Beispiel für die symbiotische Wirkung dieses Forums.

@ Eckhard:
vielen Dank, dass du weitere Fotos der Cilien eingestellt hat. Was deine Argumentation zur Adhäsion angeht, so ist diese jedoch leider für mich nicht nachvollziehbar.
Ein Vielzahl von Anwendungsfällen für Inverse Mikroskope resultiert doch genau aus der Tatsache, dass Organismen der Schwerkraft folgend auf den Boden des Objektträgers/ der Petrischale sinken. Warum sollte das bei Euplotes (stellvertretend hier  genannt für alle ,,laufenden" Ciliaten /Aspidisca) anders sein? Die Reynoldszahl ist selbstverständlich für die Untersuchung eines hydrodynamischen Systems unerlässlich, aber im Fall von Euplotes liegt ja ein solches System gar nicht vor. Der Ciliat verharrt ja durchaus sekundenlang unter dem Deckglas ohne herunter zu fallen. Man hat es also mit einem statischen System zu tun, bei dem sich die Schwerkraft und einen andere Kraft (Adhäsion?) kompensieren.  Insofern erscheint mir auch der Vergleich mit einem Ciliaten wie Paramecium deshalb ungerechtfertigt (Evolutionsbiologisch betrachtet liegen zwischen Paramecium und Euplotes mit Sicherheit Hunderte von Millionen Jahre).

Aus diesen Gründen ist für mich die ,,Pinseltheorie" ebenfalls ziemlich abwegig: Ursache für den Zusammenhalt von Pinselhaaren ist eine Bewegung derselben relativ zum  umgebenden Medium. Hört die Bewegung auf, ,,schweben" die Haare in dem Medium. Dieses kann aber bei den Cirren von Euplotes nicht beobachtet werden. Zwar ist wahrscheinlich jedem Mikroskopiker, der schon mal Euplotes gesehen hat, aufgefallen, dass u.U. die Cirren von den Spitzen her in Cilien auffasern. Noch nie habe ich jedoch beobachtet, dass die Cirren bis zur Basis in Cilien auffasern (Ich meine mich zu erinnern, dass Martin Kreutz dieses Phänomen mal mit zunehmend anoxischen Bedingungen des Mediums in Zusammenhang gebracht hat). In der Regel bleiben die Cilien aber zu Cirren gebündelt.

Schaut man sich REM-Bilder der Ciliatur von beispielsweise hymenostomaten Ciliaten (z.B. Paramecium) an, so sieht man ein Gewusel von in alle Richtungen orientierten Cilien.
Allein der Umstand, dass -wie aus Eckhards Bildern ja hervorgeht-  die Cirren  die Präparation überstanden haben, d.h. die Cilien immer noch parallel zu einander orientiert sind, ist für mich genügend Grund zu der Annahme, dass es statische Kräfte sind, welche die Cilien zusammenhalten. Dazu bedarf es nicht notwendigerweise (R)EM-mikroskopisch sichbarer Strukturen. Hierfür könnten beispielsweise polare Gruppen  innerhalb der die Cilien nach außen abgrenzenden Memran verantwortlich sein.                                                                                                                                 

beste Grüße
Michael Plewka

Eckhard

Moin Michael,

ich erreche bei Aspidisca bei 28µm Länge und 1µm/s Geschwindigkeit eine Reynolds Zahl von 2.8 * 10-5. Mit einer Reynoldszahl von 10-5 fällt der Ciliat, auch wenn er ein paar Minuten bewegungslos ist, nicht herunter.

Wenn das anders wäre, könntest Du den Ciliaten gar nicht sehen  ;D Der Ciliat lag auf einem Deckglas und das Deckglas steht bei der Präparation senkrecht in einem Ständer und zwar über 6 Stunden! Dabei wird der Ständer etwa 15 mal von einer Lösung in die nächste bewegt. Wie Du sehen kannst, ist Aspidisca nicht heruntergefallen ;)

Ich wollte mit dem Hinweiss, die Thilosche Pinseltheorie sei nicht so abwegig, darauf hinweisen, dass hier sehr wohl hydrodynamische Effekte eine Rolle spielen können. Ob nun der Pinsel ein geeignetes Beispiel ist, weiß ich nicht, finde aber den Vergleich recht plastisch.

ZitatSchaut man sich REM-Bilder der Ciliatur von beispielsweise hymenostomaten Ciliaten (z.B. Paramecium) an, so sieht man ein Gewusel von in alle Richtungen orientierten Cilien.
Dann ist die Präparation mißlungen. Bei richtiger Präparation "friert" die Bewegung sofort ein und es ist das metachrone Wellenmuster zu sehen.

ZitatAllein der Umstand, dass -wie aus Eckhards Bildern ja hervorgeht-  die Cirren  die Präparation überstanden haben, d.h. die Cilien immer noch parallel zu einander orientiert sind, ist für mich genügend Grund zu der Annahme, dass es statische Kräfte sind, welche die Cilien zusammenhalten.
Es gilt dasselbe wie oben. Auch hierfür ist das sofortige Ende jeder Bewegung verantwortlich.

Das Van-der-Waals-Kräfte der Klebstoff sind, erscheint mir aufgrund der geringen Kontaktfläche eher unwahrscheinlich. Hydrodynamische Effekte, ob nun analog des Thiloschen Pinsels oder nicht, sind eher wahrscheinlich und eben auch bei Ciliaten weit verbreitet.

Herzliche Grüsse
Eckhard
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Monsti

Hallo Martin, hallo Eckhard,

dieser Beitrag ist ein Hammer - habt vielen Dank dafür!

Herzliche Grüße
Angie

Monsti

Nachtrag: Kann es denn nicht sein, dass die Kinetosomen der Verkittung der Cilien dienen? Auf einzelen Fotos meine ich so etwas zu erkennen. Ich hoffe, meine Idee ist nicht zu blöd ...

Michael Plewka

hallo Eckhard,

nun sitze ich hier vor meinem Glas alkoholfreien Weizenbiers und frage mich, wieso die Hefezellen im Bodensatz sich nicht an die Reynoldszahl gehalten haben. Ich könnte mich aber ebensogut fragen, wieso alle möglichen Mikroorganismen, beispielsweise kleine Algenzellen oder auch unbeschalte Amöben, einfach so auf dem Objektträger umherkullern, wenn ich mit Filtrierpapier eine Wasserbewegung erzeuge. Da möchte ich eine Amöbenschale in Seitenansicht fotografieren, aber rummms... fällt sie wieder auf die Ventralseite. (In den 80er gab es mal in Abwandlung eines anderen Spruchs: "Schwerkraft- nein danke!") Alles Phänomene, die laut deiner Argumentation nicht möglich sein sollten. So gaaanz bin ich da noch nicht überzeugt.

ZitatDas Van-der-Waals-Kräfte der Klebstoff sind.....
Ich habe von  möglichen polaren Gruppen (z.B. H-Brücken) gesprochen, die sich demzufolge in den Außenseiten der Zellmembran befinden müssten. Möglich sind auch kovalente Bindungen. van der Waals-Kräfte können dort nicht wirksam sein bzw. sind zu vernachlässigen.

Dass es  wenig zielführend ist, die Ciliaten im Zusammmenhang mit dem Problem der Anheftung von Euplotes über einen Kamm zu scheren, habe ich über den Hinweis über die geringe biologische Verwandtschaft zwischen Euplotes und Paramecium (die in etwa so groß ist wie zwischen Mensch und einer Kartoffel)
versucht anzudeuten. Wie hydrodynamische Effekte bei einem stillstehenden Euplotes für den  Zusammenhalt der Cilien zu Cirren  verantwortlich sein sollen, erschließt sich mir ebenfalls nicht.

beste Grüße
Michael Plewka

Eckhard

#12
Hallo Michael,

laß mich bitte vorausschicken, ich habe vollstes Verständnis für Deine Skepsis.  

ZitatIch könnte mich aber ebensogut fragen, wieso alle möglichen Mikroorganismen, beispielsweise kleine Algenzellen oder auch unbeschalte Amöben, einfach so auf dem Objektträger umherkullern, wenn ich mit Filtrierpapier eine Wasserbewegung erzeuge.
Du könntest nicht nur, Du solltest auch! Da ich diese Frage nur mit Hilfe von etwas Mathematik beantworten kann, habe ich den Text mit einem Formeleditor geschrieben und setze ihn als Bild ein.



Du siehst also, welchen großen Einfluss die Strömung bzw. die Geschwindigkeit des Objektes auf die Reynoldszahl hat. Da ich annehme, dass Dein Weizenbier auch ohne Alkohol Kohlensäure enthält, sind sicherlich Strömungen vorhanden, die grösser als 0,5mm/s sind. Und so machen die Hefezellen genau das, was sie sollen: sie landen auf dem Boden. Das gilt natürlich für Effekte in der Petrischale genau so.

ZitatIch habe von  möglichen polaren Gruppen (z.B. H-Brücken) gesprochen, die sich demzufolge in den Außenseiten der Zellmembran befinden müssten. Möglich sind auch kovalente Bindungen.
Zu den Gründen für den Zusammenhalt der Cilien in Cirren will ich nicht weiter spekulieren. Ich habe gesagt, meiner Kenntnis nach ist nicht bekannt, wie dieser Zusammenhalt erfolgt und daß ich die von Thilo ins Spiel gebrachten hydrodynamischen Effekte für nicht vollkommen abwegig halte. Und ich habe auch nicht Paramecium und Euplotes über einen Kamm geschoren, sondern darauf hingewiesen, dass hydrodynamische Effekte bei Cilaten eben nicht unbekannt sind - siehe metachroner Cilienschlag. Nicht mehr und nicht weniger.

Herzliche Grüße
Eckhard
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Ole Riemann

Hallo Martin und alle weiteren Cirren-Freunde,

ich hatte noch gar keine Zeit, die Beiträge im einzelnen nachzuvollziehen. Da ich aber die Sache mit der mechanischen Kopplung ins Spiel gebracht habe, möchte ich noch erwähnen, was die Cirren bei xenotrichuliden Gastrotrichen zusammenhält: Bei Gastrotrichen sind sämtliche Cilien und auch die Cirren, so vorhanden, von der äußeren Schicht der Körpercuticula umhüllt. Dies ist eine Besonderheit, die meines Wissens im Tierreich einzigartig ist. Man erkennt dies gut in TEM-Schnitten im Bereich der ventralen Bewimperung. Eine Literaturangabe liefere ich nach. Natürlich gilt dies nicht für Ciliaten, deren Körpergrenze strukturell ja vollkommen anders ist als die mit Cuticula überzogene Epidermis der (vielzelligen) Gastrotrichen.

Rädertiere habe ich selbst einmal für TEM-Untersuchungen präpariert. Ich schaue noch einmal in alten Bildern, ob ich Aufnahmen mit der behaupteten "Kopplung" der Cilien finde.

Beste Grüße

Ole

Michael Plewka

#14
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