Botanik: Der Wedel der Zwerg-Dattelpalme - Phoenix roebelenii - neue Bilder *

Begonnen von Fahrenheit, Januar 19, 2016, 21:45:47 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

Januar ist Palmenzeit! Letztes Jahr war die Goldfrucht-Palme (Dypsis lutescens) dran, diesmal hatte ich die Zwerg-Dattelpalme (Phoenix roebelenii) unter dem Messer und in den Farbtöpfen. Die Palme wird oft in den Pflanzenabteilungen großer Märkte und auch im Pflanzenhandel angeboten und steht nun bei uns im Bad, wo sie die Goldfruchtpalme abgelöst hat. Ich durfte einen Wedel abschneiden und die Ergebnisse meiner Arbeit möchte ich im Folgenden vorstellen.

Wie immer zunächst einige Informationen zur Pflanze selbst

Die Zwerg-Dattelpalme (Phoenix roebelenii) aus der Familie der Palmengewächse (Arecaceae) ist eine in Südostasien heimische Palmenart, die wegen ihrer niedrigen Wuchsform bei uns häufig als Zierpflanze Verwendung findet. Die Art wurde 1889 erstmals von dem britischen Botaniker James O'Brien beschrieben. Er benannte sie nach dem Orchideenjäger Carl Roebelen (1855-1927), der die ersten Exemplare der Art in Laos gesammelt hatte.
Phoenix roebelenii kommt im Norden von Laos (Nam Ou-Tal), Vietnam (Nähe von Lai Châu, Lai Châu) und im Süden von China (Xishuangbanna-Region in Yunnan) vor. Dort ist sie häufig an den Ufern des Mekong zu finden. Dabei bevorzugt sie feuchte Standorte und man findet sie auch in Bereichen, die zumindest zeitweise überflutet sind.

Bild 1: Eine mehrstämmige Zwerg-Dattelpalme in einem Vorgarten, Wikipedia, Forest & Kim Starr, CC BY-SA 3.0


Die Zwerg-Dattelpalme ist eine mehrstämmige Palme, die in Kultur jedoch oft einstämmig bleibt. An ihren natürlichen Standorten findet man sie oft in Gruppen aus unterschiedlich alten Pflanzen mit ausgewachsenen Altpflanzen im Zentrum, die von Jungpflanzen umgeben sind, die im äußeren Ring erst einige Blätter gebildet haben. Der aufrechte oder gedrehte Stamm wird 1 bis 2, selten bis 3 m hoch, sein Durchmesser beträgt ohne Blattscheiden bis etwa 10 cm. Er ist mit diamantförmigen Blattbasen besetzt und wird im Alter glatt.

Bild 2: Unsere Pflanze, von der die Proben stammen


Die bogigen Wedel werden 1 bis 1,5, selten 2 m lang. Davon entfallen bis zu 50 cm auf den Pseudostiel. Dort stehen paarig oder einzeln bis zu 12 orange-grüne Akanthophylle (zu Dornen umgewandelte Fiederblättchen) von bis zu 8 cm Länge. Die Blattscheide ist rötlich braun und faserig. Die linealischen, tief grünen und bis 40 cm langen und 1,2 cm breiten Fiederblättchen stehen regelmäßig und gegenständig, zu 25 bis 50 an jeder Seite der Rhachis.

Bild 3: Ausgewachsene männliche Zwerg-Dattelpalme mit Blütenständen, Wikipedia, MCNight, gemeinfrei


Die Art ist wie alle Dattelpalmen zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch). Die hängenden männlichen Blütenstände tragen ein lederiges, zweikielig gespaltenes Vorblatt und sind zwischen 30 bis 60 cm lang. Davon entfallen bis zu 30 cm auf den Blütenstandsstiel, an dem viele zwischen 7 und 20 cm lange Seitenachsen entspringen. Die männlichen Blüten haben einen dreizipfeligen Kelchbecher von 1,2 mm Höhe und gelb-weißer Farbe. Die 7 bis 8 mm langen und 2 bis 2,5 mm breiten Kronblätter sind gelbweiß mit spitzen Enden. In ihnen liegen die Antheren mit einer Länge zwischen 3,5 bis 4 mm.

Bild 4: Männliche Blüten, Wikipedia, MCNight, gemeinfrei


Die weiblichen Blütenstände sind bis 35 cm lang und stehen aufrecht. Sie werden erst zur Fruchtreife bogig. Das Vorblatt ist lederig, zweikielig und bis 35 cm lang und 5 cm breit. Es spaltet sich zwischen den Kielen und entlässt so den Blütenstand ins Freie. Der Blütenstandsstiel ist grün und bis 30 x 3 cm groß. Die Seitenachsen haben eine knollige Basis, sind orange-grün und manchmal einfach verzweigt. Die weiblichen Blüten sind hellgrün und stehen in den distalen drei Vierteln der Seitenachsen in der Achseln von bis zu 5 mm langen papierenen Tragblättern (Brakteen). Der Kelch ist ein dreizipfeliger Becher und 2 bis 2,5 mm hoch. Die Kronblätter sind 3,5 x 4 mm groß und haben spitze Enden. Pro Blüte reift immer nur ein Fruchtblatt zur Frucht aus.

Bild 5: Ausgewachsene weibliche Zwerg-Dattelpalme mit Fruchtständen, Arizona State University, gemeinfrei


Die 13 bis 18 x 6 bis 7 mm große Frucht ist verkehrt eiförmig, die Blütenhülle bleibt erhalten. Im Zuge der Reifung wechselt ihre Farbe von dunkelgrün zu purpur-braun. Sie enthält einen schmalen, länglichen Samen. Dieser hat bei einem kreisrunden Querschnitt abgerundete Enden.

Bild 6: Fruchstände mit reifen Früchten, Arizona State University, gemeinfrei



Nun noch kurz ein Wenig zur Präparation und Technik:


Präparation:

Geschnitten habe ich die frischen, unfixierten Pflanzenteile freistehend (Rhachis) bzw. in Möhreneinbettung (Fiederblättchen & Fiederdorn) auf dem Zylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke der hier gezeigten Querschnitte liegt bei ca. 50 µm.  

Nach dem Schnitt habe ich für ca. 40 Minuten in AFE fixiert und dann in Ethanol 70% gespült und stufenweise in Aqua dest. überführt.  
Zwischenzeitlich habe ich einige Aufnahmen vom Frischmaterial gemacht.

Bei Fiederdorn und Rachis habe ich dann noch einmal mit Klorix in Aqua dest. (1:4) für 2 bis 3 Minuten gebleicht und anschließend sehr gut mit Aqua dest. gespült.

Gefärbt habe ich mit W3Asim II nach einem Rezept von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden. Eine ausführliche Beschreibung der Färbung findet sich hier.

Anschließend war in allen Fällen eine Differenzierung mit verdünntem Isopropanol notwendig, da alle Schnitte anfänglich sehr kräftig mit Acridinrot überfärbt waren.

Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.


Technik:

Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit den 5x und 40x NPlanen sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran. Objektfreie Bereiche sind händisch geputzt.

Ihr kennt das: wegen der Länge muss ich unterbrechen ...
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Fahrenheit

#1
... und weiter geht's!  :)

Nun aber zu den Schnitten!

Der Palmwedel besteht aus dem Wedelgrund, den ich hier nicht präpariert habe, der Mittelachse (Rhachis), an der sich im unteren Bereich die Fiederdornen (umgebildeten Fiederblättchen, Akanthophylle) befinden, die für die Dattelpalmen (Gattung Phoenix) typisch sind. Weiter oben folgen dann die Fiederblättchen selbst. Rhachis, Fiederdorn und Fiederblättchen schauen wir uns nun im mikroskopischen Präparat an.

Beginnen wir mit der Rhachis!

Bild 7: Die Makroaufnahme vom Querschnitt durch die Rhachis gibt uns einen Überblick

Der Durchmesser liegt bei gut 4 mm.

Bild 8: Etwas näher heran, Vergrößerung 50x, Stapel aus 24 Bildern

Schon hier sehen wir den typischen Sprossquerschnitt einer einkeimblättrigen Pflanze: die Leitbündel liegen verteilt im gesamten Sprossquerschnitt. Auffällig sind die stark vergrößerten Sklerenchymkappen an den äußeren Leitbündeln sowie die sklerenchymatischen Faserstränge direkt unter Epidermis und Hyphodermis.

Bild 9a-d: Querschnitt durch die Rhachis, Bilder 9a & b ungefärbtes Frischpräparat, Bilder 9b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus je 36 bzw. 15 Bildern




Wir erkennen eine mit einer feinen Cuticula überzogene Epidermis, unter der eine ein- manchmal zweireihige Hypodermis liegt. Nachfolgend ein schmales Assimilationsparenchym, das für den grünen Anblick der Rhachis sorgt und in diesem eingebettet sklerenchymatische Faserstränge (sklFS), die den Wedel stabilisieren. Im Markparenchym liegen, wie zu erwarten, die geschlossen kollateralen Leitbündel, die keine direkte Ausrichtung zur Unterseite der Rhachis haben, obwohl bei vielen das Phloem mehr oder weniger in diese Richtung zeigt. Auch hier wieder die äußeren Leitbündel mit stark erweiterten Sklerenchymkappen, die allgemein einen geschlossenen Ring um das Bündel bilden.
Auffällig ist die orange statt rote Färbung der sklerenchymatischen Zellen. Hierbei handelt es sich entweder um ein durch Überdifferenzierung entstandenes Präparationsartefakt oder die entsprechenden Zellenwände sind nicht im Sinne einer Steinzelle durch und durch sklerifiziert sondern enthalten lediglich Lignineinlagerungen, was zu einer höheren Flexibilität des Wedels führen würde.
Informationen zu den Abkürzungen in den Bildern 9b und 9d sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.
Für mich immer spannend zu beobachten: einige Details lassen sich am frischen Schnitt deutlicher erkennen, andere wiederum werden erst mit der Färbung deutlich.

Bilder 10a-d: Weitere Eindrücke vom Gewebe der Rhachis, Bilder 10a & b ungefärbtes Frischpräparat, Bilder 10b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 47 bzw. 22 Bildern




Hier möchte ich insbesondere auf das massive Trichom (ca. 290 * 57 µm) in den gefärbten Bildern hinweisen, aber auch das Stoma links daneben ist gut getroffen.

Bevor wir die Rhachis verlassen, noch ein Blick auf die Leitbündel!

Bild 11: Drei auf einen Streich! Vergrößerung 200x, Stapel aus 18 Bildern


Bilder 12a-d: Ein Leitbündel und eine Leitbündelgabelung in der "Nahaufnahme", Bilder 12b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 11 bzw. 12 Bildern  




Wir sehen klassische geschlossen kollaterale Leitbündel ohne Cambium aus der Mitte der Rhachis. Auffällig sind neben dem geschlossenen Sklerenchymring umd die Bündel die zwei bis drei sehr großen Tracheen im Xylem. Das Leitbündel in den ersten beiden Bildern hat einen maximalen Durchmesser von etwa 278 µm, die größete Trachee misst um die 77 µm.

Und noch ein Cut ...
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Fahrenheit

#2
... auf zum Endspurt!  :)

So, nun sind die Fiederblättchen an der Reihe!

Hier gibt es auch eine kleine Besonderheit zu entdecken. Einige erinnern sich vielleicht noch an den Beitrag zur Goldfruchtpalme. Damals dachte ich bei den dunklen Flecken auf dem Wedelstiel zunächst an einen Pilzbefall, in der Diskussion zeigte sich aber, dass es sich um lappige Trichome handelt, die an den jungen Wedeln auftreten und mit dem Alter abfallen. Die Trichome verhindern ein Verkleben der jungen Wedel und Fiederblättchen untereinander und ermöglichen so ein sauberes Auffalten.
Bei der Zwerrg-Dattelpalme findet sich ein ähnlicher Mechanismus, nur dass die hier auch vielzelligen Trichome hier nicht lappig geformt sondern eher kompakt sind.

Bild 12: Ausschnitt von einem jungen, noch nicht ausgefalteten Wedel im Makro

Alle sichtbaren Teile des Wedels sind von beigen, klumpigen Haaren bedeckt, die ein wenig an einen Befall von Spinnmilben oder Wollläusen erinnern.

Bild 13: Der Wedel öffnet sich ...


Bild 14: Auch am komplett geöffneten Wedel zeigen die Fiederblättchen die angesprochene Behaarung, die wir schon am Querschnitt der Rhachis gefunden haben (Bild 10c & d)

Im Bild wird deutlich, dass die Trichome nur an der Unterseite der Fiederblättchen sitzen, wo sie die Photosynthese nicht negativ beeinflussen.

Mal sehen, was wir von den Trichomen in den Querschnitten wieder finden. Wir fangen mit dem Rand des Blättchens an und arbeiten uns zur Mittelrippe vor.

Bilder 15a-d: Blattrand im Querschnitt, Bilder 15a & b vom frischen, ungefärbten Schnitt, Bilder 15b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 25 bzw. 22 Bildern




Neben einem Trichom ganz außen an der Unterseite der Spitze finden wir einen bifazialen Aufbau mit einem Palisadenparenchym an der Oberseite, das unter einer Epidermis mit Cuticula, gefolgt von einer Hypodermis liegt. Darunter liegt ein Schwammparenchym mit recht kleinen Interzellularen und eingelagert finden wir die Leitbündel in unterschiedlichen Größen. Auch das Fiederblättchen wird am Rand von sklerenchymatischen Faserbündeln verstärkt und es gibt Stomata sowohl auf der Blattunter- als auch auf der Oberseite, wo sie aber seltener sind.
Die Fiederblättchen haben einen Durchmesser von ca 216 µm und sind somit recht filigran. Die größeren Leitbündel darin erreichen um die 125 µm und sind auch von einer Leitbündelscheide umgeben. Da die Zellen der Hypodermis keine besonders ausgeprägten Zellwände zeigen, vermute ich, dass sie dazu dient, durch Streuung das einfallende Licht besser auf die Zellen des darunter liegenden Palisadenparenchyms zu verteilen.

Bild 16a-h: Gruppen bulliformer Zellen auf der Blattober- und Unterseite. Jeweils Frischmaterial und gefärbtes Präparat mit und ohne Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapelgröße zwischen 13 und 18 Bildern








Die bulliformen Zellen bilden ein Gelenk, das das Fiederblättchen bei Wassermangel quasi zusammen klappt. Dies geschieht einfach durch den bei Trockenheit oder zu hoher Verdunstung bei starker Sonneneinstrahlung auftretenden Wasserverlust in den Zellen: diese schrumpfen und das Fiederblättchen klappt ein. Der Vorgang ist reversibel: ist genügend Wasser vorhanden, dehnen sich die Zellen wieder aus und das Fiederblättchen öffnet sich wieder. In den ersten vier Bildern finden wir auch wieder ein Trichom genau an der "Knickstelle".

Bild 17a-d: Die Mittelrippe, Bilder 17a 6 b vom frischen Schnitt und Bilder 17b & d mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus je 20 bzw. 21 Bildern




Auch hier haben wir wieder einen großen Verband bulliformer Zellen an der Oberseite des Fiederblättchens. Üblicherweise finden wir in der Mittelrippe eines Blattes ein großes Leitbündel, das ist hier nicht der Fall, dafür finden sich an der Unterseite viele sklerenchymatische Faserstränge.

Bild 18a,b: Ein großes Leitbündel im Querschnitt des Fiederblättchens, Bild 18b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 17 Bildern


Wie nicht anders zu erwarten, auch hier ein geschlossen kollaterales Leitbündel und rechts daneben ein oben liegendes Stoma. An der Blattunterseite wieder ein Trichom.

Bild 19a,b: Stomata, Bild 19b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 10 Bildern


Die Stomata liegen direkt nebeneinander, das heißt, zwischen den Nebenzellen gibt es keine Epidermiszellen mehr. Dies ist vergleichsweise selten, da die Bildungsmechanismen der Stomata dies bei den meisten Pflanzenarten nicht zulassen.

Fast am Ende angekommen, bleibt noch der Fiederdorn.

Bild 20: Wedelansätze mit Fiederdornen

Im Bild sehen wir die Rhachis kurz vor dem Wedelansatz mit den Fiederdornen, die wie oben beschrieben, einzeln oder paarweise stehen. Diese finden wir auch bei anderen Arten der Gattung Phoenix und sie dienen dazu, das empfindliche Palmherz vor Fraßschäden zu schützen, die ggf. zum Absterben der ganzen Palme bzw. hier des betroffenen Sprosses führen würden. Anders als die meisten anderen Pflanzen besitzen die Palmen nämlich nur ein Wachstumsgewebe (Meristem), das in der Lage ist, neue Wedel zu bilden. Wird dieses zerstört, wächst die Pflanze nicht mehr weiter und stirbt nach dem Verlust des letzten verbliebenen Wedels ab.

Bild 21: Makroaufnahme eines Fiederdorns


Bilder 22a,b: Querschnitt eines Fiederdorns in der Übersicht, Bild 22a ungefärbtes Frischpräparat. Vergrößerung 50x, Stapel aus 27 bzw. 18 Bildern


Mit den Bildern des Fiederblättchens im Hinterkopf lassen Struktur und Form erahnen, dass es sich beim Fiederdorn um ein umgebildetes Fiederblättchen handelt. Dies gilt insbesondere für die Gruppe erhaltener bulliformer Zellen rechts in der Kerbe, die beim Fiederdorn keinerlei Funktion mehr haben.

Bild 23a-d: Buliforme Zellen beim Fiederdorn, Bilder 23a & b vom Frischmaterial, Bilder 23b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus je 31 bzw. 18 Bildern




Neben den bulliformen Zellen in der Bildmitte zeigen sich viele Leitbündel mit verstärktem Sklerenchymring, wie wir sie vom Fiederblättchen kennen. Dazwischen und besonders am Rand liegen aber auch große und stark verholzte sklerenchymatische Faserstränge dicht an dicht, die den Dorn versteifen und ihm die nötige Stabilität verleihen.

Bild 24a-d: Besonders große Sklerenchyme auf der Unterseite des Dorns, Bilder 24a & b vom Frischmaterial, Bilder 24b & d mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 25 bzw. 15 Bildern




Die sklerenchymatischen Faserstränge erreichen hier Größen von bis zu 180 * 130 mm.

Bild 25a-b: Leitbündel aus dem Fiederdorn, Bild 25b mit Beschriftung, Vergrößerung 200x, Stapel aus je 17 Bildern


Die Leitbündel sind wie im Fiederblättchen von einer Leitbündelscheide umgeben, unter der zunächst das massive Sklerenchym folgt. Die Größe des größeren Komplexes liegt bei ca. 372 * 192 µm.


Eine kleine kuriose Randnotiz zum Schluss: oben schrieb ich über das Palmherz als einziges Meristem der Palme, was auch Verzweigungen eines Sprosses ausschließt, da dort nur Wedel gebildet werden.
In den Gartenanlagen unseres Hotels auf Fuerteventura (und nur da!) gab es jedoch Palmen verschiedener Arten mit echten Sprossverzweigungen zu sehen. Hier ein paar Aufnahmen:

Bilder 26a-d: Palmen mit echten Verzweigungen





Vielen Dank fürs Lesen und wie immer gilt: Anregung und Kritik sind willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Klaus Herrmann

Lieber Jörg,

was sag ich da: ganz einfach: eine Wucht! Was noch fehlt eine Fluoreszenzaufnahme von Präparat 22a. Bitte geh zu Horst er kann es!

OT. Immer schön zu lesen:
ZitatDie Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert.
:)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Fahrenheit

#4
Lieber Klaus,

danke für Dein Lob! Und was würde ich ohne Deine Kamera-Adaption machen!  :D

Leider kann ich Dir den Wunsch nach einer Fluoreszenz-Aufnahme vom frischen Schnitt des Fiederdorns nicht so einfach erfüllen, der Schnitt ist nach dem Foto im AFE bei den Anderen gelandet und liegt nun gefärbt unter Glas.
Wir sehen uns aber am kommenden Donnerstag und ich werde ihn fragen, ob er Lust auf eine kleine Session hat - einen Fiederdorn werde ich mir ohne größeren Protest meiner besseren Hälfte noch nehmen können.  ;)

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

hajowemo

Lieber Jörg,
eine tolle Sache ist dir da gelungen. Ich bin begeistert und habe deinen Beitrag mit Interesse gelesen.
Die Färbungen waren besonders schön.
Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

KlausB

Zeiss Phomi III im Einsatz
Zeiss OPMI als Stereo

Web-Seite:
https://www.freizeit2012undmehr.com/

vbandke

#7
Guten Tag, Jörg,

Sehr schöne Färbungen und Bilder sind Dir da gelungen.  Die tiefen Sitten satten (ich liebe die iPad Autokorrektur!) Rottöne in den letzten Bildern - faszinierend!


Mit besten Grüßen


Volker
P.S. Alle meine Bilder dürfen/sollen kommentiert, verrissen, gelobt, und zur Veranschaulichung in diesem Forum auch bearbeitet werden.

reblaus

Lieber Jörg -

gottseidank lässt Du bei dieser neuerlichen Wahnsinnsdokumentation noch einen kleinen Wunsch offen - sonst wäre die Perfektion einfach unerträglich  ;D
Ich schließe mich also dem Wunsch von Klaus an und warte gespannt.

Viele Grüße

Rolf

Klaus Herrmann

Lieber Jörg,


ZitatLeider kann ich Dir den Wunsch nach einer Fluoreszenz-Aufnahme vom frischen Schnitt des Fiederdorns nicht so einfach erfüllen, der Schnitt ist nach dem Foto im AFE bei den Anderen gelandet und liegt nun gefärbt unter Glas.

das sind doch ideale Voraussetzungen. Ich mache die Auflichtfluoreszenz-Aufnahmen von eingedeckten Präparaten immer mit DG-korrigierten Durchlichtobjektiven. Horst ist quasi moralisch verpflichtet dir meinen Wunsch zu erfüllen! ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Horst Wörmann

Lieber Klaus,

"Horst ist quasi moralisch verpflichtet dir meinen Wunsch zu erfüllen!"
So sehe ich das auch, dafür mache ich auch gerne eine Pause von der Banknotenforschung.
Habe ich richtig verstanden "gefärbt unter Glas"? Ich dachte Autofluoreszenz vom Frischpräparat?
Wäre doch viel interessanter.
Das wird morgen bei der MKB-Tagung diskutiert.

Viele Grüße
Horst

Klaus Herrmann

Lieber Horst,

wir sollten heiraten, so viel Harmonie... ;)

ZitatHabe ich richtig verstanden "gefärbt unter Glas"? Ich dachte Autofluoreszenz vom Frischpräparat?

Du hast richtig verstanden, aber auch Fluo vom Frischpräparat könnte spannend werden!

Bin gespannt! Aber nicht nur diskutieren - auch tun!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Rawfoto

Hallo Joerg

Ein spitzen Beitrag der noch spannender zu werden scheint. Bin gespannt was da noch kommt ...

Liebe Gruesse

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Fahrenheit

#13
Liebe Freunde,

herzlichen Dank für euer Lob, das mich wie immer sehr freut!

An all die Erwartungsvollen: zum morgigen MKB-Abend wird Thilo Bauer zum Fluoreszenzfarbstoff Acridinorange berichten und wir werden anschließend auch einen praktischen Teil haben. Dort werden Horst und ich uns das Ganze mal ansehen, ich bringe ein Präparat mit zum Treffen.
Vielleicht gibt es dann ja sogar schon ein Bild - ich möchte ja nicht, dass Horst in den Verdacht kommt, unmoralisch zu sein ... .  ;)

Allen herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Wenn jemand eine Idee zu den verzweigten Palmen (Bilder 26a-d) hat, würde ich mich besonders über einen Kommentar freuen. Ich habe schon mal vermutet, dass man hier vielleicht Hormone eingesetzt hat, um ein schnelles und gutes Anwachsen der Pflanzen zu sichern ...
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

ich freue mich immer, wenn ich einen interessanten Beitrag von Dir lese. Auch dieses Mal habe ich etwas gelernt.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"