Frage an die „Bastler“

Begonnen von Carlos, Juni 20, 2016, 09:42:18 VORMITTAG

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Carlos

Hallo zusammen,
Hier im Forum wird oft über ,,Basteleien" am Mikroskop berichtet. Als Werkstoff wird dazu oft Alu genutzt, in das auch Gewinde geschnitten werden.
Bei meiner ,,Tandem-Optik" an einer Okularkamera aus Mik-Okular und Plössl-Objektiv habe auch ich an einigen Teilen Gewinde in Alu schneiden lassen, mit denen die Teile reversibel und justierbar zusammengefügt werden sollten. Reversibel deshalb, weil ich in meiner ,,Adaption" mit unterschiedlichen Okularkameras, Plössl-Objektiven und Mik-Okularen arbeite.
Veränderungen an den Okularkameras, die haben bereits ein Normgewinde im Alu-Gehäuse, und den Mik-Okularen, die werden ohne jede konstruktive Änderung wie üblich in den Tubus gesteckt, sind dabei nicht nötig.
Lediglich in das Pössl , und in die Befestigungsteile an Tubusrohr müssen Gewinde in Alu eingeschnitten werden.
Hier kommt nun mein Problem:
Beim einmaligen Zusammenbau und den dabei nötigen, über Gewinde einzustellenden Abstände zwischen Chip der Kamera und Plössl-Objektiv sowie Plössl-Objektiv und Austrittslinse Mik-Okular gibt es kaum Probleme mit den Gewinden.
Wiederholt man das aber, wie geplant, mehrfach (Wechsel von Kamera, Plössl, Mik-Okular) kommt es sehr schnell zum ,,Fressen" bei den Alu-Gewinden, und ein präziser Zusammenbau ist praktisch nicht mehr möglich.
Hat jemand Erfahrung oder eine Idee wie man das verhindern kann? 
In der Hoffnung auf gute Ratschläge,
mit freundlichem Gruß Carlos

the_playstation

Hallo Carlos.

Aluminium ist nicht gleich Aluminium. Es gibt hier z.B. wiederstandsfähigere Legierungen, die nicht so weich sind. Vorteil bei Alu ist halt, daß es sich leicht und schnell bearbeiten läßt. Bei Gewinden sollte man daher eine höhere Wandstärke einkalkulieren, damit mehr "Futter" für das Gewinde übrigbleibt. Alternativ ein Stahlgewinde einkleben, / einpassen, ...

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

liftboy

Hallo Carlos,

wie jeder "Metaller" weiß, ist eine Verbindung von gleichen Metallen immer problematisch.
Für die Gewinde würde ich einen leichten Film von Graphit- oder Molybdändisulfidfett empfehlen.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

smashIt

alternativ beide gleitpartner eloxieren oder bei einem auf messing umsteigen
MfG,
Chris

Bildung ist das was uns vom Tier unterscheidet.

Funtech.org

Johann_M

Eloxieren trägt auf, daher müssen die Gewinde vorher deutlich Spiel haben sonst passen sie eventuell nicht mehr zusammen.
Leichtes Fetten ist wirklich das einfachste.

Viele Grüße,
Johann

Carlos

Hallo Jorrit, hallo Wolfgang,
Danke für eure schnelle Antwort. Zur Ergänzung: Hauptproblem sind selbst geschnittene und oberflächlich nicht behandelte Gewinde. Das Plössl hat einen Grundkörper aus Alu. Auf einer Seite hat es werksmäßig ein (von mir genutztes) Feingewinde, das oberflächlich schwarz ist. Gleiches gilt für das Innengewinde des Kamera-Boddys und die (mitgelieferten) Adapterringe (alles oberflächlich schwarze Gewinde). Erst mit den selbst geschnittenen Gewinden gibt es Probleme. (Ich habe es mit Teflonband versucht, aber das reicht nicht für mehrfaches Auf- und Einschrauben.)
Hallo Jorrit,
Kannst Du das mit dem ,,Gewinde einkleben" genauer erklären? Gibt es das als Norm-Feingewinde aus Plastik? Ideal wäre Nylon. Ich meine, so etwas schon mal vor Jahren gehört zu haben.
Hallo Wolfgang,
An Graphit- oder MoS-Fett habe ich auch schon gedacht, habe es aber noch nicht probiert. (Meine Sorge, zu nah an den Linsen, fall es nicht klappt, schwer zu entfernen.)
Gruß Carlos

the_playstation

Hallo Carlos.

Die von Dir geschnittenen Gewinde:
Sind das Feingewinde oder normale?
Ich wüürde auch zu Messing tendieren. Allerdings ist es die Frage, ob man derartige Gewindeeinbauten fest und vom Platz her befestigen kann. Eventuell wären ein paar Bilder förderlich. Sonst muß man im Trüben rumstochern.

Wenn es ein fester Abstand ist, könnte auch ein Ring als Stop bei der Justage helfen. Je nach Belastung vieleicht auch eine Feder statt Schraube. Aber ohne Bilder, ... ist das nur Spekulation. Die (richtigenn) Ideen kommen mit Sicherheit nach einer Bildvorstellung des Problems.

Teflonpaste oder Molybdänpaste könnte helfen.

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Wutsdorff Peter

Beim Schreiben aus  Versehen die Lösch- oder Entertaste gedrückt: dann war alles weg.
Also nochmal:
Unsere Studenten lernen schon im 2. Semester, daß Gewinde nicht zentrieren.
Diese Thema habe ich schon einmal im Forum angesprochen.
Die Obj. mit RMS-Gew. haben keinen Zentrieransatz.
Wichtig bei den hier erwähnten Komponenten ist die senkrechte Lage der Anlageflächen zur opt. Achse.
Sonst sind die Komponenten windschief.
Oder kann das alle toleriert werden?

Gruß vom Inschenör   Peter

olaf.med

Lieber Peter,

das Zentrieren ist hier aber garnicht das Problem, sondern es geht um's Fressen, und das ist bei weichen Aluminium-Sorten immer ein großes Manko. Jorrit schreibt zwar, dass Gewindeschneiden in Aluminium einfach sei, aber das stimmt wirklich nur unter optimalen Bedingungen, wie passender Schnittgeschwindigkeit und ausreichender Kühlung um Aufbauschneiden zu vermeiden, beides ist für den hier angesprochenen Anwenderkreis fast nie realisierbar!!! Daher würde ich immer Messing bevorzugen oder auf besondere Aluminium-Legierungen, wie z.B. Konstruktal, zurückgreifen. Das minimiert auch das Risiko des Fressens.

Gruß, Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Carlos

Hallo zusammen,
Das Hauptproblem besteht beim Kameragehäuse und dem Plössl. Die sind nun mal aus Alu. Die schwarzen, bereits vorhandenen Gewinde sind auch nutzbar, z. B. mit der mitgelieferten Touptek Optik oder (bei der ,,Conrad-Kamera") mitgelieferten ,,Adaptern". Auch die bestehen aus Alu.
Wenn sie aber mit einem frisch geschnittenen, sonst nicht behandelten Gewinde verbunden werden sollen, gibt es Probleme, insbesondere beim ,,ins Alu-Fleisch des Plössl" geschnittenen Gewinde und dem vorhandenem Gewinde im Kameragehäuse.
Für alle anderen Teile kann man natürlich auch anderes Material verwenden.
Hallo Jorrit,
Bilder für das Prinzip der Anbindung (erklärt auf der HP von Peter Höbel) der Kamera findet man in folgendem Faden:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=21327.15
Dort hat Peter H. auch ein Bild vom Plössl (original und mit eingeschnittenem Gewinde) eingestellt.
Hallo Peter aus Lorsch,
Chip der Kamera, Plössl und Okular sind, wie ich gesehen habe, hinreichend genau zur ,,Optischen Achse" mit Schraubgewinden zentriert. Justiert werden müssen allerdings die Abstände zwischen: Chip und Plösselaustrittslinse und
Okularaustrittslinse und Plössleintrittslinse.
Gruß Carlos

Wutsdorff Peter

Jetzt noch  etwas Senf vom Inschenör:
Olaf: daß die Zentrierung nicht wichtig ist, beweist, daß die RMS-Obj.-Gew. und die Muttergew. im Revolver keine Zentrierung haben.
Wer auf die Zentrierung  Wert legte, weiß ich nicht.
jetzt zum "Fressen": das ist verm. nur eine Sammelbegriff für dieTatsache, daß eine Verschraubung sich nicht oder nur schwer lösen läßt.
Betrachtet man ein in weiches Alu geschnittenes Gewinde (Männchen), stellt man, wie hier schon erwähnt, Ausrisse fest.
Nach dem Schneiden gehe man mit einer feinen Messerfeile an die Flanken. Das gelingt i.A. nicht vollständig, da man nicht bis in den Gewindegrund kommt. Gefaltetes feines Sandpapier hilft hier weiter. Bei Innengew. ist das alles schon schwieriger. Innendrehmeißel von Hand (!!!) benutzen.
Der Außendurchmesser sollte bei den bei uns infrage kommenden Gewinden ca. 0,1 - 0,05 mm geringer als erforderlich gedreht werden.
Denn beim Gewindeschneiden erfolgt auch eine plast. Verformung, die den entstehenden Außendurchm. vergrößert.
Beispiel z. B.: Ein 5 mm Gew.-Zapfen wird auf 5 +- 0,02 mm gedreht. dann wird das Gew. mit Schneideisen geschnitten. Dann stellt man einen größeren Gew.-Außendurchm fest.
Die industrielle gefertigten Teile werden auf einem Drehautomaten (Fa. Tornos, CH) unter Verwendung von viel Schneidöl gefertigt. Das dauert max. 1-2 Min.
Hinzu kommt verm. auch ein "Quellen" des Materials mit der Zeit, das ist aber nur eine Vermutung.
Beim Gew.-Schneiden sollte auch etwas tiefer geschnitten werden. Zum Glück sind unsere Gew. nicht stark belastet.
Meine Erfahrung zeigt, daß fest sitzende Verschraubungen verharzte Fette zeigen, leider wird immer noch das ach so geliebte WD40 verwendet:
     Vorhandene Gew. mit entspr.Reinigungsmittel behandeln.
Das Gew. wird dann mit einem Gemisch aus nicht verharzendem Öl (Waffenöl) und Graphit mit einem Pfeifenreiniger  bestrichen.
Die Fa. Osim bei eBay bietet auch fertige Gemische an.
Beim Zusammenschrauben die Teile nun nicht mit zwei Rohrzangen festknallen!!
Mich würde die Meinung von den Kollegen interessieren
Gruß Peter



liftboy

Hallo erstmal,

bei den "schwarzen" Aluteilen handelt es sich um harteloxierte Oberflächen; kann man mit den Selbstbauteilen auch machen lassen.
Die von mir "gebastelten" Sublimationsöfchen sind auch aus Alu und besitzen zur Höheneinstellung ein Feingewinde. Ich habe aber alle, die so einen Ofen bekommen haben, darauf hingewiesen, das Oberteil nicht bündig auf das Unterteil zu drehen! Das geht dann selbst mit Rohrzange kaum noch lose.
Man kann aber in diesem Fall (keine Optik) auch Kupferpaste verwenden, da der Ofen ja doch recht warm wird.
Hat man früher für Zündkerzen genommen, die Älteren werden sich noch erinnern :-)

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

olaf.med

Lieber Peter,

natürlich bin ich kein Fachmann, aber ich habe dieses Handwerk von sehr versierten Feinmechanikern erlernt. Da wurde mir vermittelt, dass man niemals Alu auf Alu verschraubt, weil das wohl immer frißt, wegen der geringen Härte, der immer vorhandenen Rauhigkeiten und, bei festem Verschrauben, sogar der "Kaltverschweißung". Da hilft auch Schleifen und Schmieren nur bedingt. Bei eloxierten Oberflächen sieht es anders aus.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Alfred Schaller

Zitat von: olaf.med in Juni 21, 2016, 17:35:05 NACHMITTAGSBei eloxierten Oberflächen sieht es anders aus.
... deshalb werden Aluminiumteile für die Mikroskopie oft schwarzeloxiert. Außerdem reflektiert eine matt-schwarze Oberfläche im Strahlengang kaum Licht.
Viele Grüße
Alfred
- gern per Du  / Vorstellung -

Werner

...Alu auf Alu verschrauben geht schon - aber Alu ist nicht gleich Alu - es gibt eine Menge Legierungen.

Das "übliche" Alu von Profilen ist AlMg3, es ist ziemlich weich, langspanend und für Gewinde ungeeignet.
Höherlegiertes Alu oder Aluguß sind geeignet, weil sie eine höhere Festigkeit haben, die Gewinde werden besser, weil das Material härter ist. Da frißt auch nichts. Constructal ist am besten.

Zum Schmieren Spiritus oder Rapsöl. Rindertalg vom Metzger stinkt mir zu unangenehm, geht aber auch.
Den normalen Gewindedrehstahl nehme ich nur zum Vordrehen, weil immer ein Grat aufsteht. Zur Endbearbeitung verwende ich einen genau ausgerichteten Strehler (hat genau die Gewindeform). Bei kleinen Durchmessern kann man einen geradgenuteten Gewindebohrer ohne Anschnitt als Drehstahl mißbrauchen (auf passende Gewindesteigung achten).

Unbekanntes Alu vorher testen. Entweder eine Kugeldruckprobe oder eine mittlere Feile. Wenn das Alu schmiert oder der Kugeleindruck zu groß wird, ist das Alu für Gewinde ungeeignet. Auch beim Loch-Bohren mit einem Standardbohrer kann man sofort ungeeignetes Material erkennen.

Gruß   -   Werner