Nordsee-Watt-Schlick-Diatomeen

Begonnen von Carlos, Oktober 27, 2016, 18:51:16 NACHMITTAGS

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Carlos

Hallo zusammen,
Als ,,Tümpler" im Binnenland habe ich ,,Süßwasser-Diatomeen" unterschiedlichster Art aus Wasserproben um den Faktor 100 bis 1000 (zentrifugal) angereichert und vom ,,Schmutz" befreit.  
Mich interessierte nun, ob auch ,,Salzwasser-Diatomeen" entsprechend angereichert und gereinigt werden können. Besonders interessant erschien mir die Gewinnung von Salzwasser-Diatomeen aus ,,Watt-Schlick", da dieser nach der Literatur besonders reich an Diatomeen und eine Vielfalt an unterschiedlichen Salzwasser-Diatomeen enthalten soll.  
Allerdings treten bei Watt-Schlick zusätzliche Probleme auf:
Anders als bei Diatomeen in Wasserproben, enthält ,,Watt-Schlick" (neben wenigen groben Teilen, wie Sand und grobes, organisches Material, die durch Aufschwemmen des Schlicks und Sedimentieren/ Sieben leicht entfernbar sind,) organische und vor allem anorganische Feinpartikel (Ton-Mineralien?). Auch die Lagerung und der Transport von Watt-Schlick ist nicht unproblematisch: Der Seewasser-feuchte Schlick kann leicht ,,Faulen", Trocknen, ohne in Fäulnis über zu gehen, auch nicht unproblematisch. Deshalb habe ich vorgeschlagen, der Probe ,,eine gute hand-voll" Kochsalz zugegeben. Im Schlamm entsteht so schnell eine gesättigte Kochsalzlösung, die den Schlick (weitgehend) ,,konserviert".
Von einem freundlichen Forumsmitglied habe ich auf meine ,,Suchanfrage" hier im Forum letzte Woche ca. 250 ml so behandelten, feuchten ,,Wattschlick", gezogen beim Nordsee-Bad ,,Duhnen", erhalten.  Hier nun meine ersten Erfahrungen bei der Aufbereitung des Watt-Schlicks:
Durch Zusatz der entsprechenden Menge an Wasser zum Schlick-Salzgemisch kann bei dessen Aufarbeitung (schrittweise oder in einem Schritt) wieder der Salzgehalt von Meerwasser (ca. 3%gew) eingestellt oder das Salz durch mehrfaches Auswaschen mit Dest.-Wasser vollständig vor der Aufbereitung der Probe entfernt werden.
Die Effizienz der Aufbereitung (bzw. Verhalten der Feinpartikel und der Diatomeen im Sediment und im Überstand) kontrolliert man am besten mit dem Mikroskop. Einen Tropfen/Probe auf einen Objektträger geben, mit Deckglas abdecken und bei geringer Vergrößerung (3,5-fach oder 10-fach Objektiv im Dunkelfeld, 10X Okular) nach Diatomeen suchen. Deshalb habe ich bisher weniger als 10% des erhaltenen Watt-Schlicks ,,verbraten".
Schon jetzt zeichnen sich für mich sehr interessante Ergebnisse ab:
1.   Die ,,Konservierung" des feuchten Schlicks mit Kochsalz (gesättigte Lösung) hat sich m. E. gut bewährt. Selbst bei Raumtemperatur blieb die Probe 14 Tagen unverändert. Die für einen Gärprozess typischen Merkmale (Gasbildung, Geruch) habe ich nicht festgestellt. (Zur Sicherheit lagere ich den Schlick jetzt im Kühlschrank bei ca. 5°C).
2.   Wie erwartet, enthält der Schlick sehr viele, in Form und Größe unterschiedliche Diatomeen. Aus einer Probe von ca. 1 g feuchtem Schlick konnten nach Aufschlämmen in 10 ml Wasser (zweimal mit 5 ml und kurzer Absetzzeit von ca. 5 sec, zur Abtrennung von Sand) In einem Tropfen des Überstands ca. 10 bis 20 unterschiedliche, größere Diatomeen (trotz vieler Feinpartikel) unter dem Mikroskop erkannt werden. (Sehr kleine Diatomeen sind schwer erkennbar, man findet sie in den Feinpartikeln erst mit höherer Vergrößerung (25-fach bzw. 40-fach Objektiv).
3.   Erstaunlicherweise sind bei praktisch allen Diatomeen die ,,Innereien", konserviert durch die gesättigte Salzlösung, noch vorhanden. (Ich hätte erwartet, dass im Schlick hauptsächlich eine Anreicherung von ,,Halb-Schalen" toter Diatomeen vorliegt.)

Derzeit versuche ich, die Diatomeen von den Feinpartikeln zu trennen. Dies scheint nicht ganz einfach, da die Feinpartikel eine gewisse Affinität zu den ,,Innereien" der Diatomeen zu haben scheinen.
Dennoch einige Bilder typischer Diatomeen des Watt-Schlicks, 40-fach Objektiv, 5 MP-Okularkamera mit 10x Periplan- + 15 mm Plöss-Okular als Objektiv, leicht schiefes DL.









Gruß Carlos



Bob

Hallo Carlos,

Zitat Carlos: (Zur Sicherheit lagere ich den Schlick jetzt im Kühlschrank bei ca. 5°C).
Ein mit Sicherheit nicht immer ungefährliches Verfahren - und meine Frau ist noch tolerant! ;D

Bitte berichte, wie Du weiterkommst mit der Bearbeitung. Plaenerdd-Gerd hatte für das Sedimentieren mal Kunststoff-Sektgläser empfohlen. Möglicherweise kannst Du feststellen, dass ein Teil der Verunreinigungen deutlich schneller oder langsamer absinkt, als die Diatomeen. Bei ebay bekommt man auch feine Edelstahl-Gitter, mit denen man Partikel loswerden kann, die kleiner sind als die Diatomeen:
http://www.ebay.de/itm/Edelstahlsieb-Edelstahlgewebe-200mm-x100mm-25-34-42-50-62-Mesh-250-bis-500-/171869110078?var=&hash=item2804327f3e
Die eignen sich auch gut zur Herstellung von Plankton-Sieben.
Bevor man etwas wegkippt, sollte man immer mal einen Blick darauf werfen.

Viele Grüße,

Bob

knipser009

hallo Carlos

interessante Schlickprobe hast Du da bekommen. Bin schon auf die weitere Aufbereitung und weitere Ergebnisse gespannt

@ Bob

danke für den Link  -  solche feinmaschigen Siebe suche ich schon lange.
Viele Grüße aus dem SaarPfalzKreis

Wolfgang
gerne per "Du"

Carlos

Hallo zusammen,
hallo Bob/Wolfgang,
ZitatMöglicherweise kannst Du feststellen, dass ein Teil der Verunreinigungen deutlich schneller oder langsamer absinkt, als die Diatomeen. Bei ebay bekommt man auch feine Edelstahl-Gitter, mit denen man Partikel loswerden kann, die kleiner sind als die Diatomeen.
Ganz so einfach ist das im Falle von ,,Wattschlick" leider nicht. Die Feinpartikel haften sehr intensiv an den Diatomeen, wenn diese noch ,,Innereien" enthalten und somit noch als ,,Doppelschalen" vorliegen. Meine Intension ist es, sie in diesem Zustand zu isolieren, genauer von den Feinpartikeln zu trennen. (Für einzelne, unter dem Mikroskop identifizierte Diatomeen, selbst für ,,Mikro-Diatomeen, ist mir das zwar aufwendig, durch mehrere Reinigungsschritte auf dem Objektträger gelungen, aber das ist keine befriedigende Lösung.)
Große Diatomeen, selbst mit ,,Innereien", lassen sich sicher mit feinen Sieben von der Hauptmenge der Feinpartikel abtrennen und anschließend weiter reinigen.  Diesen Weg habe ich bisher nicht beschritten, weil mich mehr das Gesamtspektrum der Diatomeen im Wattschlick interessiert.
Entscheidend ist, dass bei allen Trennungen über ,,fraktionierte Sedimentation" oder ,,Sieben" nur die großen Diatomeen gewonnen werden können. Wie ich gesehen habe, enthält Wattschlick aber auch sehr viele, unterschiedliche ,,Mikro-Diatomeen" (z.B. 4. Bild meines Beitrags), die ich zunächst kaum wahrgenommen habe, da sie offensichtlich in die Feinpartikel-Agglomerate eingelagert sind. (Nach meinen Beobachtungen ist deren Anzahl viel höher als die der ohnehin stark vorhandenen ,,großen Diatomeen".) Nach der ,,Sedimentationsmethode" oder durch ,,Sieben" werden diese, zumindest zunächst, verloren, da sie mit dem Feinpartikeln als ,,Agglomerat" sedimentieren oder von der Maschengröße selbst feiner Siebe nicht abgetrennt werden können.
Ich arbeite daran.
Gruß Carlos

Raymond

Hallo Carlos,

Hier gibt es viel Gutes zur Reinigung von Watt Diatomeen:

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=3562.0

Viele Grüße,

Raymond

Carlos

Hallo zusammen,
Meine Bemühungen, die Agglomerate von ,,Mikro"-Diatomeen mit vermutlich feinen Tonmineralien  zu knacken, zeigen ,,erste Früchte". Aus einer Probe von ca. 0,5 g feuchtem (gesättigte Salzlösung) Watt-Schlick konnte ich nach mehrfachem Auswaschen des Salzes (mit ca. 10 ml dest. Wasser aufschwemmen, Feststoffe abzentrifugieren (2 min bei >= 3000 g), klaren Überstand verwerfen und Vorgang noch 2x wiederholen) jetzt auch die sehr kleinen Diatomeen ohne anhaftendes Feinmaterial gewinnen. Dazu habe ich lediglich den zentrifugal  gewonnenen Niederschlag mit einigen mg reine Zitronensäure versetzt und beides wiederum in 10 ml dest. Wasser aufgeschwemmt und langsam sedimentieren lassen (über Nacht). In der Sediment-Oberschicht waren dann viele Klein-Diatomeen mit ,,Innereien".
Daneben waren  viele, kleine Bruchstücke von Diatomeen-Schalen unterschiedlichster Art vorhanden. Offensichtlich werden diese sehr schnell in der oberen Watt-Schlick-Schicht von grobem Sediment zermahlen.
Hierzu  einige Bilder. Die Diatomeen sind ca. 20 mm groß.  M.E. ist deutlich erkennbar, dass in allen der sechs erkennbaren Diatomeen die ,,Innereien" noch vorhanden sind. Die ,,Konservierung" mit Kochsalz ,,funktioniert" also.     
 
25-fach Objektiv

40-fach Objektiv

63-fach Objektiv

An der Aufbereitung des Watt-Schlicks arbeite ich natürlich weiter.
Gruß Carlos