Frage zur Paraffinschnitttrocknung

Begonnen von Nora, November 25, 2016, 11:50:58 VORMITTAG

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Nora

Hallo zusammen,

nur eine kurze Nachfrage, es wird wohl richtig sein wenns im Romeis steht, aber irgendwie bin ich grad ganz ungläubig..
Und zwar bin ich grad drübergestolpert, daß man Paraffinschnitte nach dem Aufziehn auf den Objektträger eigentlich bei 60° im Wärmeschrank trocknet?! Macht ihr das auch so? Da schmilzt doch das Paraffin, soll das so? Man muß die Schnitte dann flach trocknen nehm ich an, und nicht zB senkrecht in einem Präparatekästchen, sonst schwimmen sie runter?
Ich lege meine Objektträger nach dem Auffischen immer auf eine Wärmeplatte (42°), und wenn ich fertig bin mit Schneiden und die Träger so an sich trocken, sammel ich sie in den Kasten und laß sie über nacht/wochenende/nochlänger bei Raumtemperatur trocknen, da ich es normal nicht eilig habe. Aber zukünftig manchmal ja dann vielleicht doch, und 20min bei 60grad geht dann halt doch flotter als bis zum nächsten Tag zu warten, aber irgendwie trau ich mich nicht weil ich denke da gehn die Schnitte doch bestimmt kaputt bzw verziehn sich wenn das Paraffin flüssig wird.
Also bitte gerne Erfahrungsberichte! Mit Dank und Grüßen,

Nora

Jürgen H.

Liebe Nora,

Die generelle Empfehlung bei histologischen Schnitten lautet, die Schnitte nicht nur vollständig trocknen zu lassen, sondern sie auch nach dem vollständigen Trocknen zu erhitzen. Damit wird vermieden, dass sich einzelnen Strukturen vom Objektträger abheben. Denn erst nach dem Erhitzen liegen die Schnitte wirklich plan. Soweit die Schnitte mit Eiweissglycerin aufgeklebt werden müssen, bewirkt das Erhitzen weiter die Coagulation des Eiweiß und damit die feste Verbindung mit dem OT.

Es gibt allerdings unterschiedliche Auffassungen darüber, wie weit erhitzt werden sollte. Romeis empfiehlt 60 Grad. Eine andere Anweisung lautet: Nur bis zu der Temperatur, bei der der Paraffinschnitt gerade glasig wird, damit feinste Strukturen des Schnitts nicht durch das Verflüssigen des Paraffins zerstört werden. Die Temperatur hängt dann vom Schmelzpunkt des verwendeten Paraffins ab.

Schöne Grüße

Jürgen



Ronald Schulte

Nora,

Ich fische die Schnitte im warmen Wasser auf und das hat immer 42 Grad. Nachgemessen liegt es auch so um die 42 Grad. Wenn es wärmer wie ungefähr 45 Grad wird fangen die Schnitte langsam an um großer zu werden bis die dann ganz auseinander treiben. Ich trockne die OT dann auch auf eine Wärmeplatte die zwischen 42 und 45 Grad schwankt. Wärmer gehe ich nie mehr weil mir dann die Schnitte auseinander schwimmen. Also 60 Gad ist, bei mir jedenfalls, ausgeschlossen.

Gruße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Nora

Hallo und Danke sehr euch beiden,

das hilft mir durchaus weiter! Wenn ich recht verstehe dient das Erhitzen dazu, dem Abschwimmen der Schnitte vorzubeugen? Heißt, dann könnt ich sowieso so weiter machen wie bisher (und Ronald scheint es ja auch sehr ähnlich zu machen), da mir bislang genau einmal was weggeschwommen ist, und das war ein Schnitt, der so zusammengestaucht war (Block zu warm beim schneiden), daß er tonnenweise Luftblasen zwischen Paraffin und Glas hatte. Vielleicht hätte hier ein höheres Erhitzen auf dem Träger allerdings noch geholfen? Ich werds ggf mal testen. Ich hab hier Paraplast mit einem Schmelzpunkt von 56°, mein Streckbad hat 45°, keine Ahnung mehr wie ich auf den Wert gekommen bin, aber ich finde das funktioniert gut, konnte bislang auch kein übermäßiges Vergrößern oder gar auseinanderschwimmen der Schnitte beobachten. Aber daß auch andere Leute denken, daß durch das Verflüssigen irgendwas zerstört werden könnte, bestätigt ja immerhin schonmal meine Überlegungen. Vielleicht probier ichs mal wenn ichs mal eilig haben sollte mit dem Glasigwerden, die 60° sind mir dann doch zu heikel.
In diesem Sinne nochmal Danke für die aufschlußreichen Antworten und viele Grüße!

Nora

Jürgen H.

Liebe Nora,

nur um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich müssen die Paraffinschnitte erst einmal gestreckt werden. Ronald machts im Wasserbad und fischt die Schnitte mit dem OT aus dem Bad.  Ich verteile wenig! Wasser direkt auf dem OT, und ordne die Schnitte auf dem OT an, weil ich keine großen Schnitte habe. Bei mir liegen bis zu drei Schnittbändern auf einem OT. Das geht mit Fischen schlecht. Das Prinzip ist aber immer gleich: Die Schnitte müssen sich auf einer Wasseroberfläche entstauchen bzw. strecken. Ich bleibe unter 40 Grad ,was mit dem Spezialfall der Insektenhistologie zu tun hat. Die Insekten haben keine völlig zusammenhängenden Gewebe, so dass die Schnitte sehr vorsichtig gestreckt werden müssen. Zum Strecken auf dem Wasser darf jedenfalls nie eine höhere Temperatur verwendet werden, als zum Strecken des Paraffinschnitts erforderlich ist, sonst fließt alles durcheinander.

Andrerseits müssen die Schnitte aber völlig plan auf dem OT  liegen, sonst schwimmen sie bei den folgenden Alkoholbädern ab. Aus diesem Grunde empfehlen viele Autoren, die Schnitte nach dem Trocknen noch weiter zu erwärmen. Und in der Tat: Bei mir würden die Schnitte wegschwimmen, wenn ich diese Behandlung unterlassen würde.  Bei gut zusammenhängenden Geweben ist das Risiko des teilweisen Abschwimmens gering.

Luftblasen unter den Schnitten dürften eigentlich nicht sein. Bitte verwende abgekochtes Wasser zum Strecken, dann bilden sich weniger schnell Luftbläschen.  Und wenn Du die Schnitte nicht aus dem Wasserbad fischst, sondern wie ich auf den benetzten OT legst, musst Du den Schnitt  auf den OT gleiten lassen.

Viel Erfolg

Jürgen