Einschlussmedium Polyvinylalkohol + Glyzerin

Begonnen von Michael, Dezember 01, 2016, 15:32:39 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Michael

Hallo in die Runde,

kürzlich bin ich auf folgende PDF gestoßen:  FOUR WATER-SOLUBLE MOUNTING MEDIA FOR MICROSLIDES
Darin wird die Verwendung von Polyvinylalkohol (PVOH) mit Glyzerin (1:1) als Einschlussmedium hoch gelobt und als neutrales Einschlussmedium für Färbungen empfohlen. Deshalb wollte ich das mal ausprobieren.
Zur Herstellung des Mediums wird die Verwendung eines PVOH-haltigen, kommerziellen Klebstoffs empfohlen. Die angegebenen Markennamen sind bei uns aber nicht erhältlich. Eine Nachfrage bei "UHU" ergab, dass sie keinen Kleber auf PVOH-Basis führen.
Deshalb einige Fragen:

  • Hat jemand Erfahrung mit diesem Einschlussmedium?
  • Kennt jemand ein Bezugsquelle (bzw. Markenname) für einen PVOH-haltigen Klebstoff?
  • Kennt jemand eine Bezugsquelle für Kleinmengen von PVOH oder hat selber ein paar Gramm (2-3g) abzugeben, so dass ich mir selbst eine Lösung herstellen könnte?

Viele Grüße

Michael
Gerne per Du

JB

Hallo Michael,

Es gibt eine Anzahl Anbieter auf Ebay: "polyvinyl alcohol" "weltweit"

Es wird viel als Einschlussmittel fuer die Fluoreszenzmikroskopie benutzt; der Brechungsindex ist sehr gut fuer Gewebe geeignet und es denaturiert nicht stark (ausser durch Wasserentzug).

Das Glycerol dient zur Einstellung von Brechungsindex und als Weichmacher (verhindert die Kristallisation des Polyvinylalkohol). Die Praeparate halten, solange das Glycerol haelt; mit einem Deckglasrlack laesst sich die Alterung herauszoegern. Ewig haelt es aber nicht.

Beste Gruesse, Jon

Dünnschliffbohrer

Fiebig-Lehrmittel in Berlin hatten (und haben noch?) es in ihrem Angebot. Ein kleines Fläschen hält ewig, habe deshalb dort schon lange keins mehr gekauft.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

liftboy

Hallo Michael,

da ich als Tümpler fast nur aus dem wässrigen Medium komme, aber auch gerne Dauer-Vergleichspräparate haben möchte, bin ich auf Magnacol gestoßen. Das ist ein Einbettungsmittel für wasserhaltige Objekte auf der Basis von Polyvinylalkohol. Musste jedoch feststellen,
dass es stark schrumpft (man muss also nachtropfen) und dass sich in der noch nicht ausgehärteten Masse kristalline Artefakte bilden.
Wenn man sie kennt ist das kein Problem; zumindest für mich :-) Der Voprgang tritt meist auf, wenn die Flasche mit dem Einschlußmittel im Licht gestanden hat. Durch Eberhard Raap bin ich auf ein eigentlich uraltes Mittel gekommen: Hoyer´sches Gemisch (Polyvinylalkohol, Gummi arabicum, Chloralhydrat und Glycerin) Muss man zwar auch etwas nachtropfen, aber nur bei dickeren Objekten. Zur Zeit alle Präparate tiptop.
Zur Eigenfluoreszenz kann ich leider nichts sagen; muß man ausprobieren.

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Michael

Hallo Jon, Dünnschliffbohrer und Wolfgang,

vielen Dank für die prompten Antworten.
Bei Ebay hatte ich nur deutschlandweit gesucht - an eine weltweite Suche hatte ich gar nicht gedacht. Vielen Dank für den Hinweis.
Ein freundlicher Kollege aus dem Forum hat aber inzwischen angeboten, mir ein paar Gramm zu schicken. Dies freut mich umso mehr, als man so den ökologischen Wahnsinn vermeiden kann, eine für mich viel zu große Menge um die halbe Welt zu versenden. Danke an dieser Stelle.
Eine Suche im Online-Shop von Fiebig-Lehrmittel ergab keinen Treffer. Online ist es also von dort wohl nicht zu beziehen.

Hoyer'sches Gemisch und Polyvinyllactophenol habe ich mir auch angesehen, die sind aber wegen des pH-Wertes für Färbungen wohl nur bedingt geeignet. Die direkte PVOH/Glycerol-Mischung sollte aber pH-neutral sein und so auch Färbungen halten - Mal sehen ob das klappt.
Wasserlösliche Einschlussmittel sind von der Haltbarkeit immer problematisch und müssen wohl gegebenenfalls ab und zu erneuert werden.

Ein schönes Rest-Wochenende

Michael
Gerne per Du

Klaus Henkel

Es ist (hier im Forum) meist die Rede von Polyvinylalkohol (+ Glyzerin).
Ich kenne aus eigener Erfahrung nur Polyvinyl-Lactophenol.
Das PL bleicht Pollen zB aus. Es zieht auch kräftig ein, so daß man nachfüllen muß.
Außerdem trocknet es schlecht und wird niemals vollständig hart. An besten Präparate auf der Zentralheizung trocknen.
Mir schien der einzige Vorteil zu sein, daß dieses Mittel etwas wasserverträglich war, so daß man es auch bei nicht ganz trockenen Objekten
anwenden kann.
Ich mochte es nicht, sondern habe meine Pollen in Glyzeringelatine nach Prof. Kisser (nicht Kaiser) eingeschlossen.

KH

Dünnschliffbohrer

Zu den Erfahrungen mit Polyvinyllactophenol kann ich folgendes beisteuern:

- Es trocknet in Abhängigkeit von der Schichtdicke in der Tat manchmal sehr langsam, was bei Totalpräparaten von Arthropoden problematisch sein kann. Man könnte versuchen, ihm in einem Exsikator das Wasser schneller zu entziehen (wenn man die Möglichkeit hat, mit einer Wasserstrahlpumpe einen Unterdruck zu erzeugen, dann könnte man vieleicht sogar Luftblasen im gleichen Arbeitsgang entfernen). Hab´ ich aber nicht, also lege ich die Präparate staubgeschützt einige Wochen waagerecht zum Trocknen aus.

- Dünne Präparate trocknen vergleichweise schnell, und dann stört auch eine eventuell noch vorhandene "Restviskosität" nicht.

- Chlorophyll hält sich im Originalfarbton jahrelang. Ich habe ein Präparat mit Euglena & Co, welches nach 7-8 Jahren noch grün war. Inzwischen ist das Cholorophyll aber dann doch braun geworden - die Präparate sind aber nicht umrandet.

- Eine aufhellende Wirkung ist mir in stärkerem Maße noch nicht aufgefallen, habe sie aber für Arthropoden (besonders dunkel gefärbte) immer insgeheim erhofft. Es enthält ja Milchsäure ("...lacto..."), die sonst gerne zum Aufhellen verwendet wird.

- Selbst Bärtierchen erhalten sich darin gut. Bei Suctorien erhält sich der Zellkörper, die "Tentakel" kann ich im Dauerpräprat aber nicht mehr wieder finden, auch nicht im Phasenkontrast. Vieleicht wurden sie von den Viehchern beim Erstkontakt gleich eingezogen.

- Man sollte natürlich nie auf die Idee kommen, darin kalkige Präparate, z.B Foraminiferen, einbetten zu wollen.

- Für Pflanzenschnitte ist es auch sehr gut, aber Färbungen sollen sich angeblich nur sehr schlecht darin halten. Ich färbe aber sowieso nur selten oder nie, mag auch die grellen Bonbonfarben ohnehin nicht. Meiner Meinung nach solten sich Färbungen bei Pflanzenschnitten auf den Nachweis bestimmter Wandbestandteile beschränken (z.B. Ligninreaktion), sofern es die Fragestellung überhaupt erfordert.

- Das Zeug wurde uns damals an der Uni von den Botanikern sehr empfohlen, und weil es in der Anwendung so einfach ist, ziehe ich es der Glycerigelatine vor. Bei Fiebig habe ich es auch noch nie im Katalog gesehen, aber im Ladengeschäft hatten sie dann doch immer noch ein Fläschchen da (hab zusätzlich zu meinem éigenen Fläschen schon zwei verschenkt). Ein Anruf dort könnte erfolgversprechend sein.

- Ich meine wie Klaus (Henkel) das reine Polyvinyllactophenol, die Mischung mit Glycerin kenne ich nicht.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]