Botanik: Sternhaare der Deutzie (REM) *

Begonnen von Christian3000, Dezember 03, 2016, 20:57:29 NACHMITTAGS

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Christian3000

Liebe Mikroskopiker,

vor einiger Zeit hatte Robert von der MVM (Mikrobiologische Vereinigung München e.V.) bei einem unserer Vereinstreffen einen Vortrag über die Vielfalt der Pflanzenhaare gehalten; mitgebrachte Pflanzenteile wurden im Anschluß lichtmikroskopisch untersucht. Dies führte zu der Idee die schönen Sternhaare der Deutzie im REM zu betrachten. Als Ausgangsmaterial haben wir luftgetrocknete Deutzienblätter verwendet (Art nicht näher bestimmt) und mit Gold besputtert. Natürlich konnten wir durch die geradezu brutale Trocknungsmethode keine gute Strukturerhaltung der Pflanzenteile erwarten, mit Ausnahme der verkieselten und daher unempfindlichen Sternhaare selbst.

Es gibt bereits einen schönen Beitrag über die Sternhaare der Deutzie von Regi hier im Forum:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17587.0

Nun zu den Bildern, von der Übersicht schrittweise tiefer ins Detail vordringend:
- die Vergrößerungsangaben beziehen sich auf eine Bildgröße von 11.5cm x 8.5cm
- es wurde für alle Aufnahmen eine Beschleunigungsspannung von 30kV gewählt

Übersichtsaufnahme, Blattunter- und -oberseite, 26.4x. Man erkennt bereits Unterschiede:
- Oberseite: rechts im Bild, wenige Sternhaare mit meist 4-5 Strahlen, oft auch einen mittleren Strahl auf den Betrachter zu in die 3. Dimension gerichtet
- Unterseite: links im Bild, viel dichter mit Sternhaaren besetzt, meist 9-10 Strahlen, keine in die 3. Dimension aufragender zentraler Strahl


Die schwarzen Stellen im Bild sind Artefakte ungenügender Präparation, vielleicht war dort noch Restfeuchte und die durch den Sputter aufgebrachte Goldschicht hat dort "Löcher". In Folge haben sich an diesen Stellen Aufladungen durch den Elektronenstrahl des REMs gebildet; man erkennt auch die typischen aufladungsbedingten Verzerrungen, horizontale "Wischer", z.B. in der Nähe des einzelnen Sternhaares auf der Unterlage rechts oben im Bild.

Ein näherer Blick auf die Blattunterseite. Man erkennt Spaltöffnungen und die Umrisse der Epidermiszellen. Auch gibt es wieder Aufladungen (dunkle Flecken). 93x.


Schaut man genauer hin, tritt die feinere Struktur der Sternhaare besser hervor (die "Warzen"), aber auch sieht man die völlig verschrumpelten Epidermiszellen, eben verursacht durch die simple Lufttrocknung. 372x.


Nahaufnahme eines Sternhaares, 1310x.


Wenden wir uns nun der Blattoberseite zu; die Sternhaare haben hier ja weniger Strahlen, stehen nicht so dicht, und besitzen oft einen 90 Grad aus der Ebene ragenden Strahl. 287x.


Der senkrecht aufragende Strahl kann aber auch fehlen. 442x.


Im Rahmen des Hantierens mit dem getrockneten, spröden Blatt sind auch etliche Sternhaare abgebrochen. Hier eine Stelle, an der eines fehlt, der sternförmige Abdruck in der Epidermis ist aber noch zu sehen. 710x.


Hier ein passendes Haar mit Blick in die Abbruchstelle, 2100x.


Abgebrochene Sternhaare bilden schon fast einen Sternenhimmel; 39x.


Detailansicht, 274x.


Weitere Detailansicht, 424x.


Zum Abschluß noch eine Kuriosität. Es scheint daß ein Schmetterling die Deutzie gestreift hat und dabei eine seiner Schuppen an einem Sternhaar hängengeblieben ist. 341x.


Detailansicht der "Crashstelle", 1550x.


An dieser Stelle nochmal vielen Dank an Robert für die gute Idee und das mitgebrachte Präparat!

Ich hoffe Euch gefallen die Bilder und regen Euch an das schöne Thema "Pflanzenhaare" gelegentlich aufzugreifen!

Viele Grüße,
Christian
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Fahrenheit

Lieber Christian,

vielen Dank für die REM-Aufnahmen, die immer eine Bereicherung darstellen, da sie Details zeigen, die lichtmikroskopisch meist nur zu erahnen sind.
Das schöne ist, dass insbesondere auch die Epidermis und die Cuticula das Eintrocknen gut überstehen, so dass Deine Bilder auch die Oberflächenstruktur des Cutins schön zeigen.

Ich habe Deinen Beitrag gelistet.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Bob

Hallo Christian,

ein sehr interessantes Thema und wunderschöne Bilder! Ich hätte nicht gedacht, dass sich hier ein so lohnendes Objekt für ein REM bieten würde.

Viele Grüße,

Bob

Klaus Herrmann

Hallo Christian,

wunderschöne Bilder. Mit diesem Beitrag hast du für mich und Tobias ein Rätsel gelöst, das bei mir immer noch der Auflösung harrte: siehe diesen Beitrag:


http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=19585.0
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

rhamvossen

Hallo Christian,

Wahnsinnig schöne aufnamen. Mal sehen ob ich irgendwo eine Deutzia kaufen kann zum untersuchen. Beste Grüsse,

Rolf

the_playstation

Hallo Christian.

Deine REM Aufnahmen sind immer wieder erstklassig. ein Traum zum Anschauen. Die Schmetterlings-Flügelschuppe hat aber einen ganz schönen Crash mitgemacht. Wie sieht es mit dem Einschrumpfen / Trocknen vor / beim Sputtern aus? Ist das nicht problematich bei Blättern, ... ?

Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Tobse

Hallo Christan,

Vielen Dank für den intersannten Beitrag und die Bilder.
Wie Klaus geschrieben hat, weiß ich jetzt was ich damals im Bach gefunden habe.
Das erklärt vermutlich auch warum das Sternchen im X-Pol diese optischen Eigenschaften hatte.

Viele Grüße,
Tobias

Christian3000

Liebe Mikroskopiker,

vielen Dank für die netten Kommentare, es freut mich daß Euch die Bilder gefallen! Daß sich damit auch Euer Rätsel aufgeklärt hat, Klaus und Tobias,  ist ein schöner Nebeneffekt!

Jorrit, Du hast natürlich recht, daß Lufttrocknung zu Schrumpfungen führt, vor allem an der Blattunterseite sieht man ja die vielen Falten der Epidermiszellen. Ich habe bisher noch keine Präparationsmethode für biologische Objekte am laufen, daher die Lufttrocknung. Mein Plan ist eine chemisch relativ wenig bedenkliche Methode der Präparation auszuprobieren, ich denke da an 4% neutral gepuffertes Formalin statt Kakodylatpuffer mit Glutardialdehyd, keine OsO4 Nachbehandlung. Sollte für's REM ausreichen, da die Zellinhalte nicht besonders gut erhalten werden müssen wie für ein TEM nötig. Ich möchte demnächst einen älteren Kritisch-Punkt-Trockner (CPD) ausprobieren, in der Hoffnung daß er die 80 Bar noch aushält. Zum Vergleich versuche ich auch HMDS zur Trocknung, damit muß man aber schon vorsichtig umgehen, erspart aber dafür den CPD Aufwand. Über Ergebnisse werde ich Euch gerne berichten.

Viele Grüße,
Christian




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Fahrenheit

Lieber Chrisrian, lieber Jorrit,

ein kleiner Hinweis: natürlich schrumpfen und schrumpeln die Gewebe durch das Trocknen an der Luft ohne weitere Fixierung. Insbesondere im ersten und zweiten Bild sehen wir aber auch die Struktur des Cutins an der Blattunterseite, das auch frisch ein durchaus typisches Rippelmuster zeigt.
Die dann folgenden Bilder der Blattoberseite zeigen eine glatte Cuticula, da treten die faltigen Muster der vertrockneten Zellen in den Vordergrund.

Herzliche Grüße
Jörg
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Für draussen: Leitz HM