Mikro-Werkzeuge aus Glas oder andenern Materialien bauen ? Microforge

Begonnen von mikromeister, Dezember 27, 2016, 21:48:33 NACHMITTAGS

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mikromeister

Hallo und nachträglich schöne Weihnachten.

Ich benutze kleinste Werkzeuge aus Carbonfasern, Schellack oder Silikon um unter dem Mikroskop Strukturen im 10µ Bereich händisch zu manipulieren.
Silikon ist z.B. sehr geeignet um Partikel aufzunehmen.
Derzeit klebe ich diese Spitzen an das Ende einer Spritzennadel an.

Im Gebrauchtmarkt bietet jemand eine sogenannte Micro-Forge an, die anscheinend dazu dient Glasspitzen für die Mikrobiologie zu formen.
Das hört sich interessant an.
Narishinge hat ganz unten auf dieser Website sogar Videos http://products.narishige-group.com/group1/MF-900/pipette/english.html?group=group1&product=MF-900&category=injection&language=english

Hat jemand persönliche Erfahrung mit diesem Verfahren?
Wie schwierig ist das in der Anwendung?
Ist es geeignet um z.B. eine abgewinkelte Spitze von 2mm Länge und  10µ Spitzendicke zu erzeugen die ich als "Stocher" verwenden könnte.
Ist Glas in diesen Dimensionen elastisch oder starr und spröde?

Diese Mikrowerkzeuge funktionieren bei mir nur, wenn sie so weich sind, dass sie bei Berührung des Werkstückes mindestens 50µ wegfedern ohne zu brechen.
Andernsfalls ist die Gefahr einer Werkstückbeschädigung zu groß.

Kann da jemand was dazu sagen?
Vielen Dank und freundliche Grüße

Markus


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jochen53

Hallo,
wenn Du einen Bunsenbrenner oder Gaslötbrenner zur Verfügung hast, brauchst Du nur noch ein paar Glasstäbe mit 3 - 4 mm Durchmesser aus normalem Glas (Duranglas läßt sich nur mit einer Gebläselampe gut verarbeiten). Du erhitzt den Glasstab unter Drehen an einer Stelle und wenn Du merkst, daß das Glas richtig weich ist, ziehst Du den Glasstab schnell auseinander. Dabei erhältst Du einen mehr oder weniger dünnen Glasfaden. Du mußt ausprobieren, wie weit Du erhitzen mußt und wie schnell Du ziehen mußt. Diese Fäden sind  ziemlich biegsam. Du kannst sie ganz leicht an der gewünschten Stelle brechen. Diese Fäden können extrem dünn gezogen werden. Wenn Du damit unter dem Mikroskop manipulieren möchtest, würde ich mal einen Glasbläser oder Glaskünstler fragen, ob es solche Glasstäbe aus normalem Glas auch in blau oder schwarz gibt. Du kannst die Stäbe natürlich auch biegen oder die Enden rundschmelzen zum Rühren. Zum Abschneiden mit einer Dreikantfeile nur eicht einritzen (nicht um den ganzen Umfang, nur an einer Stelle) und unter Zug (wichtig!) nur leicht abwinkeln, dann bricht der Stab. Übrigens: Heißes Glas bleibt ziemlich lange heiß, wenn  man es zu früh anfaßt, verbrennt man sich höllisch die Finger.
Viel Spaß, vielleicht kannst Du da was brauchbares draus machen.
Gruß Jochen (kein Glasbläser, nur Chemiker).

reblaus

Hallo -

vor allem hat heißes Glas noch den psychologischen Effekt, dass es harmlos kalt aussieht, wenn es da auf dem Labortisch liegt ...

Gruß

Rolf

olaf.med

Hallo Mikromeister,

mit der Problematik kleiner Werkzeuge und Probenhalter hatte ich fast täglich zu tun, daher hatte ich dafür eine (für mich) sehr befriedigende Technik entwickelt. Ich habe mir aus den im Labor vorrätigen Glasstäben mit ca. 4-6 mm Durchmesser Fäden mit 0,5 bis 1 mm Durchmesser gezogen und die in ca. 10 - 15 cm lange Stücke gebrochen, die ich in einem Reagenzglas direkt am Arbeitsplatz aufbewahrt habe. Bei Bedarf habe ich diese vorgezogenen Fäden auf die gewünschte Dicke ausgezogen. Weil sie schon so dünn sind braucht man dann dafür nur noch einen Spiritusbrenner oder eine Kerzenflamme. Den dünnen Faden habe ich von unten der kältesten Partie der Kerzenflamme genähert und nach Erweichen des Glases einfach gezogen. Nach kurzer Übung erhält man dünnste Fäden, die man dann an der Stelle abbricht, die der gewünschten Stärke entspricht. Vorteilhaft ist bei diesem Verfahren auch, dass man einen dickeren und daher stabilen "Stiel" mit einem kurzen, sehr dünnen Ende erhält.

Zum Aufkleben hat sich farbloser Nagellack sehr bewährt. Dieser ist, im Gegensatz zu Silikon, sehr leicht mit Aceton löslich, wenn man die Probe wieder ablösen möchte. Dazu habe ich einen nicht zu kleinen Tropfen Nagellack direkt neben die Probe auf den Objektträger aufgebracht, habe den Glasfaden kurz hineingesteckt und dann sofort die Probe aufgenommen. Da Nagellack schnell oberflächig erhärtet und sich dabei eine Haut bildet, habe ich die fertig aufmontierte Probe noch für ca. 1 Minute in die Lösungsmittelwolke direkt oberhalb des Nagellacktropfens gehalten, bis sich ein schöner Meniuskus zwischen Nagellack und Probe gebildet hat. Dann sitzt sie wirklich verläßlich fest.

Viel Erfolg,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Reinhard

Hallo zusammen,

die microforge ist, wie der Name sagt, eine Mikroschmiede zur Herstellung feinster Glasinstrumente wie Pipetten mit definierten Spitzen
aber auch eben gebogene und gewinkelte Stäbe und Pipetten.
Die angebotene forge hat mich auch interessiert; ich denke aber, daß man ohne genaue Anleitung (die es nach Rückfrage nicht mehr gibt)
unendlich viel Zeit braucht, um das "Ding" zu beherrschen, oder aber es steht nach einigen frustranen Versuchen nur "rum".
Eine vage Vorstellung der Möglichkeiten einer forge bekommt man nach einem Blick in das Buch von El-Badry : "mikromanipulators..."

viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

mikromeister

Hallo und einen Guten Rutsch an diesem letzten Abend des Jahres, den ich leider krank zu Hause verbringe, während meine Familie die Sektflaschen vernichtet.

Vielen Dank für die Tipps.
Mit dem freihändigen Ausziehen von Glasspitzen habe ich experimentiert und es ist auch nicht schwer 10 µ Fasern zu erzeugen.
Sie sind aber sehr lang und schlank.
Das Problem ist, dass die abgewinkelt sein sollten, an der Spitze rundgeschmolzen und  und vor allem nur ca. 3mm lang sein dürfen.
Ich muss ja zwischen Objektiv und Objekt reinkommen und will ca. und 60 Grad oder steiler arbeiten.
Wenn ich da ein Stückchen mit 3mm abbreche und auf einen Halter klebe geht das, es fehlt aber der schöne schnelle Übergang ins Dicke, der auch das Finden bei 400x sehr erleichtert.

Auch aus Sauberkeitsgründen hätte ich gerne ein schnell herzustellendes Werkzeug in einem Stück.
Mit Schellack geht es mechanisch recht gut, aber der ist nicht sterilisierbar.
Vielen Dank und freundliche Grüße

Markus


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