Korngrößenauswertung durch Bildrichtreihen

Begonnen von B4sti, Januar 18, 2017, 10:59:49 VORMITTAG

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B4sti

Hallo Mikro-Forum-Team,
ich bin Student in der Werkstofftechnik und stehe im Moment vor der Aufgabe an Mikrogefügeaufnahme eine Korngrößenbestimmung nach ASTM E 112 - Auswertung durch Vergleich mit genormten Bildreihentafeln, durchzuführen. In deutschen Norm ISO 643:2013-05 wird das selbe Verfahren beschrieben.

Die Auswertung ist an sich sehr einfach und lässt sich wie folgt zusammenfassen:
1.   es wird eine Vergrößerung von 100 für das Beobachtungsfeld vorausgesetzt (Umrechnung/korrektur bei bekannter abw. Vergrößerung möglich)
2.   das Beobachtungsfeld wird auf einen Durchmesser D begrenzt
3.   das untersuchte Beobachtungsfeld wird mit einer genormten Bildtafel verglichen
4.   es kann dann die genormte Bildreihentafel mit der Korngröße die am besten mit der Korngröße des Beobachtungsfeldes der Probe übereinstimmt ausgewählt werden

***D entspricht dem Durchmesser des Kreises, der auf der Mattscheibe des Mikroskops oder der Mikrogefügeaufnahme das Beobachtungsfeld der Proben-Referenzfläche begrenzt. D von 79,8mm (5000mm²)*** Auszug aus der Norm ISO 643
Für mich stellt sich hier die Frage wie ich den Kreisausschnitt von 79,8mm auf meinen Bildausschnitt im Mikroskop bekomme.
Unser Labormikroskop nimmt ursprünglich im Vollformat (24x36 mm) Bilder auf. Im Laufe der Zeit wurde in eine Kamera investiert, diese soll nun den Formatfaktor von 2:3 besitzen. Die Software ist zum vermessen ausgelegt und kalibriert mit einem Micrograph 1mm in 1/100 Teilung. Über die Software kann man sich die Bildinformationen ausgeben lassen:
-   Kamera Auflösung: 2080x1544x24 (24 Bit Farbtiefe wahrscheinlich)
-   bei 100-facher Vergrößerung:   Breite 718,5µm      Höhe 533,3µm
-   bei 50-facher Vergrößerung:   Breite 1436µm       Höhe 1066 µm

Laut Laboringenieur, würde sich die Vergrößerung durch den Einbau einer Kamera verändern. Zusätzlich nannte er eine Möglichkeit den Bildausschnitt zu vergrößern durch Einbau eines Rohres (schätzungsweise 150-200 mm Länge) zwischen Kamera und Einbauschacht der Kamera im Mikroskops. Nach meiner Recherchearbeit stellte ich fest, dass sich durch den Umbau (Kamerabetrieb) die Vergrößerung nicht verändern soll.

Die bisherige Lösung war einen Kreis von 0,789 ~ 0,8 mm bei 100-facher Vergrößerung in der Aufnahme der Mikrogefügeaufnahme zu machen. Dieses im Anschluss so auszudrucken, dass der Kreis auf dem Papier 80 mm entspricht. Optimal wäre es natürlich mit einer digitalen Version am Rechner zu Arbeiten und die Bildvergrößerung dort zu machen. Besserer Kontrast der Korngrenzen.
Für mich ergeben sich einerseits Fragen zum Thema: Vergrößerung durch Einbau einer Kamera zum anderen der richtigen Aufnahme der Mikrogefügeaufnahmen mit Beobachtungsfeld.

1.   Ändert sich durch das Zwischenrohr die Vergrößerung nicht?
2.   Wie berechne ich die korrekte Vergrößerung, wenn diese sich doch verändert?
-   Brennweite vergrößern um Rohrlänge?
-   V = ( t * Bw ) / ( fOb * fOk)        mit V = Vergrößerung des Mikroskops, t = Tubuslänge, Bw = Bezugssehweite (25 cm), fOb = bildseitige Brennweite des Objektivs, fOk = bildseitige Brennweite des Okulars
3.   Entspricht der Kreis D bei 100-facher Vergrößerung unter dem Mikroskop 0,798 mm. Faktor 100 aufgrund der Vergrößerung 100, wenn mein Lösungsversuch korrekt ist?
4.   Da unter 100-facher Vergrößerung der Bildausschnitt zu klein ist (kurze Kante ca. 0,5 mm) könnte ich Abweichend von der Norm auch einen Kreisausschnitt von 0,5 mm in die Mikrogefügeaufnahme legen und auf 50 mm vergrößern? (Vergrößerung ohne Zwischenrohr)

Leider klappt das Bilder anhängen nicht.

Ich bedanke mich für sachlich, konstruktive Kritik und natürlich die erhoffte Hilfestellung auf meine Problemstellung.

mfg B4sti

Lupus

Hallo,

der Text ist lang, aber schwer zu verstehen.  ???
Heißt das, dass die Kamera momentan so angepasst ist, dass sie bei 100-facher Vergrößerung des Mikroskopes nur ein Objektfeld von 718,5 µm x 533,3 µm abbildet, was folglich zu klein ist weil der notwendige Kreisausschnitt einen Durchmesser von 789 µm haben soll? Und jetzt soll soll die Kamera so adaptiert werden, dass der Kreis (mindestens) vollständig auf den Sensor passt?

Da fehlen die wichtigsten Informationen: Wie ist die Kamera optisch an das Mikroskop angepasst, wird z.B. ohne Okular direkt mit dem Mikroskopobjektiv auf einen Sensor abgebildet oder mit Okular plus Zusatzoptik? Außerdem: wenn die angegebene 100-fache Vergrößerung die Mikroskopvergrößerung das Produkt von Objektiv- und Okularvergrößerung ist, dann stimmt die ganze Überlegung nicht. Es geht doch sicher nicht darum, dass das Mikroskop eine 100-fache Vergrößerung hat, sondern dass das zu vermessende Objekt 100-fach zu einem realen Bild vergrößert wird, um dieses mit den Bildtafeln zu vergleichen?  ???

Hubert


Alfred Schaller

Hallo cand. ing. anonymus-b-4-sti,
meine Meinung nach dem ersten Lesen: "Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht" Aber zur Sache und vorab eine Frage: Die mir bekannten Metallmikroskope zeigen bei Vergrößerung 100:1 einen Bildausschnitt, der größer ist als 1mm Durchmesser. Es ist wirklich so, dass in dem Mikroskop bei dieser Vergrößerung nicht die gesamten 1000µm der Skala des Objektmikrometers (von Dir vornehm als Micrograph bezeichnet) zu sehen sind?
Viele Grüße
Alfred Schaller
- gern per Du  / Vorstellung -

Horst Wörmann

#3
Hallo B4sti,
wie Lupus habe auch ich nicht ganz verstanden.

Nach ASTM E 112 vergleicht man ein Foto des Präparats bei 100x Vergrößerung mit einem Bild der genormten Bildtafel. Dann fotografiert man einfach ein Objektmikrometer und druckt ein Bild aus, beim dem 1 mm des Mikrometers 100 mm lang ist. Das wäre demnach exakt 100x und ist mit einem Bildbearbeitungsprogramm machbar. Der so eingestellte Vergrößerungsfaktor ist dann für jedes Bild anzuwenden.

Die ganze Rechnerei mit Brennweite und Tubuslänge nützt nichts und führt in die Irre. Man muß mit einem Objektmikrometer kalibrieren, so steht es auch in ASTM E 112 Abschnitt 8 Calibration (jedenfalls in meiner Ausgabe 2004 - evtl. gibt es eine neue, an die digitale Fotografie angepaßte. Die E883(2002) hilft da auch nicht weiter.

Viele Grüße
Horst

B4sti

Hallo, mein Benutzername ist so einfallsreich, weil basti schon vergeben ist ;)

-   Leider kann ich keine weiteren Angaben über die Kamera außer dem Hersteller ,,Olympus Soft Imaging Solutions" und Mikroskop Hersteller Zeiss machen.
-   Das Objektfeld beträgt tatsächlich 718,5 µm x 533,3 µm und wurde so kalibriert. 
-   Der Micrograph ist ein kleines ,,Lineal" vermutlich kalibriertes Messwerkzeug. Ich nenne es nur so, dass stimmt.
-   Mit Okular meinte ich eine Linse vor der Kamera, das war also wirklich der falsche Fachbegriff. Ich weiß nicht mal ob dort eine Linse verbaut ist.
-   Heute habe ich mich erneut mit dem Laboringenieur über das Thema unterhalten und erfahren, dass sich die Vergrößerung durch eine Linse im Tubus (Zusatzrohr) ergibt.

Das Problem des zu kleinen Bildausschnittes hat Hubert richtig verstanden. Ich habe es nun so gelöst, dass ich nur den ,,zu kleinen" Bildausschnitt auswerte. Hierzu habe ich mit Photoshop das originale Bild so verkleinert, dass im Ausdruck der Messbalken von 200 µm auf dem Papier 20mm groß ist.

Letztlich habe ich das gesamte Bild ohne Kreisausschnitt für die Auswertung verwendet, um die Vergleichsfläche (Norm verlangt 5000mm²) annähernd erfüllen zu können. Mir bleibt auch nichts anderes übrig, als mit den Bildern zu arbeiten die ich schon gespeichert habe.

Ich glaube mein Problem liegt darin nicht exakt zu wissen mit welcher Vergrößerung die Kamera das Bild des Objektivs darstellt. Dies ist Vermutlich abhängig von Auflösung. Wie viel mm stellt ein Pixel dar? Durch die Kalibrierung wird dies erfasst. Und als Ergebnis zeigt die Kamera die oben genannten 718,5 x 533,3 µm bei 2080x1544 Pixeln an.

Ich vermute mein Knoten im Knopf entsteht durch zu viel Unwissenheit in Sachen Digitaltechnik. Durch reine Optik lässt sich die Vergrößerung nicht erklären.

Danke für die guten Tipps.

Lupus

Hallo,

das dürfte kein digitaltechnisches sondern ein optisches Problem sein.  ;)
Die Kamera ist vermutlich ein 1/2" oder 1/2.7" Sensor, also typisch 5.5 - 6.5 mm für die 2080 Pixel. Müsste im Datenblatt stehen. Das heißt aber dass die Gesamtvergrößerung des Mikroskopobjektives + zusätzliche "Tubuslinse" etwa im Bereich 8-9 fach liegt. Was steht denn alles auf dem Mikroskopobjektiv, die erste Zahl gibt normalerweise die Vergrößerung an?

Hubert

B4sti


Klaus Herrmann

ZitatHallo, mein Benutzername ist so einfallsreich, weil basti schon vergeben ist

Hallo,

nehmen wir mal vereinfachend an, dass du Bastian heißt, dann kannst doch mit Basti oder wenn dir das lieber ist Bastian unterschreiben, den Nicknamen kannst du ja beibehalten zur Unterscheidung von basti den es schon gibt

Herzlich Kla4  ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Alfred Schaller

#8
Hallo B4sti,
- es ist üblich, dass jeder sich hier im Forum vorstellt.
- als Werkstofftechniker und Hochschullehrer kann ich mir einige kritische Bemerkungen nicht verkneifen: Wenn man die Bearbeitung eines Themas übertragen bekommt, dann sollte man sich zuerst mit der Fachterminologie vertraut machen: Es heißt nun einmal Objektmikrometer und nicht Micrograph (der Laboringenieur sollte das wissen oder oder bist Du gerade im Auslandssemester?). Es handelt sich auch nicht um einen Messbalken (der mißt doch nichts), sondern um einen Massstabsbalken. Doch genug gemeckert.

Zum Thema: Offensichtlich gibt es mehrere Aufgaben:
1. Auswertung vorliegender Bilder 718 x 533 µm an Hand von Richtreihen zur Korngrößenbestimmung:
Die Bilder entsprechen nicht der Normvorgabe, lassen sich m.E. trotzdem gut auswerten. Dazu Bilder mit Bildbreite 7,18 cm ausdrucken - Richtreihe danebenlegen (gleicher Massstab!) - vergleichen. Auch wenn das Bild kleiner ist als das Richtreihenbild ist ein Vergleich bei kleiner Korngröße gut möglich. Den Fehler kann man abschätzen.
Zum Ausdrucken braucht man die Bilder nicht mit Fotoshop bearbeiten. Einfach eine Wordseite auf 7,18 cm Seitenbreite einstellen - Bild einkopieren - wird von Word auf die Seitenbreite skaliert - kontrollieren, ab der Massstabsbalken 2 cm lang ist - fertig.

2. Kontrolle der Kameraanpassung: Die Kamera erfaßt ein Rechteck 718 x 533 µm bei 100facher Vergrößerung. Nach Pythagoras entspricht das einem Kreis mit Durchmesser 894 µm. Nun Objektmikrometer durchs Okular betrachten - sichtbares Bildfeld = Kreisdurchmesser bestimmen. Wenn dieser deutlich größer als 894 µm ist, kann ein besserer Kamera-Adapter ein größeres Bildfeld erfassen. Neuer Adapter oder andere Kamera sinnvoll.

3. Vorhandene Bilder - Korngrößenbestimmung nach Kreisverfahren mit vorhandenem Kreisausschnitt möglich, wenn %-Anteil des Kreises und des Umfangs in der Erfassung berücksichtigt werden. (Nachträglicher Zusatz:) Fehlerbetrachtung anschließen.

4. Moderne metallographische Software zur Korngrößenbestimmung arbeitet mit dem Linienschnittverfahren. Die meisten der mir bekannten Werkstoffprüflabore der Hochschulen haben so etwas. Erfordert allerdings perfekt präparierte Schliffbilder. 

Mit metallographischen Grüßen
Alfred Schaller
- gern per Du  / Vorstellung -

Lupus

Hallo,

wenn Du den Bildkreis von 0,8 mm ganz erfassen willst dann wäre natürlich die einfachste Möglichkeit, das Objektiv mit der nächstkleineren Vergrößerung zu verwenden statt an der Kameraadaption zu basteln. Hängt halt von der Ausstattung des Mikroskopes ab.

Hubert

B4sti

Zitat von: Alfred Schaller in Januar 19, 2017, 10:30:30 VORMITTAG
1. ...Dazu Bilder mit Bildbreite 7,18 cm ausdrucken - Richtreihe danebenlegen (gleicher Massstab!) - vergleichen. ...
...Zum Ausdrucken braucht man die Bilder nicht mit Fotoshop bearbeiten...
2. ...Kontrolle der Kameraanpassung: Die Kamera erfaßt ein Rechteck 718 x 533 µm bei 100facher Vergrößerung. ...

3. Vorhandene Bilder - Korngrößenbestimmung nach Kreisverfahren mit vorhandenem Kreisausschnitt möglich, wenn %-Anteil des Kreises und des Umfangs in der Erfassung berücksichtigt werden. (Nachträglicher Zusatz:) Fehlerbetrachtung anschließen.

4. ...Erfordert allerdings perfekt präparierte Schliffbilder. 

Mit metallographischen Grüßen
Alfred Schaller


zu 1. Beschriebenes Verfahren habe ich durchgeführt, jedoch mit Photoshop. Lag vlt an meiner Formulierung, aber ich habe natürlich keine tiefer gehende Bildbearbeitung gemacht, nur einfache Skalierung.

zu 2. Wieso kann ich den bei der Kamera voraussetzten, dass es sich um eine 100-fache Vergrößerung handelt? Könnte es nicht sein das nur eine 90-fache Vergrößerung vorliegt. und ich im Anschluss die Aufnahme nur Nachvergrößer. Meine Hypotherese ist nur weil der dargestellte Bildbereich auf die genannten µm kalibriert ist muss nicht die Vergrößerung von 100 stimmen.

zu 3. Bevor ich meinen Richtreihenvergleich angefangen habe, führte ich die Auswertung nach Linienschnittverfahren manuell auf Papier durch. Hierzu habe ich mich nicht ganz so streng an die Norm gehalten (Linienlänge) und 5 Linien auf einem großen Ausdruck meiner Aufnahme ausgewertet. Dieses an 4 Aufnahme mit guter Übereinstimmung zur Bildrichttafel, wie sich später herausstellte.

zu 4. Die Auswertung mit Software erfordert wie schon gesagt spitzenmäßige Probenpräparation, daher wurde sich dagegen entschieden. Hätte natürlich auch klappen können.

Die Aufnahmen in 50-facher Vergrößerung auszuwerten ist keine Alternative, da ich keine weiteren machen kann/darf.

B4sti

Ich glaube ich habe einfach das Grundsätzliche außer acht gelassen.

Die Definition von Vergrößerung (Wiki) Verhältnis zwischen der scheinbaren Größe und der wahren Größe eines Objekts.

Wenn ich meine Aufnahme mit einer nicht ganz 100-fachen Vergrößerung mache, diese aber kalibriert ist und einen Maßbezugsbalken enthält. Anschließend die Aufnahme für den Ausdruck entsprechend vergrößre oder verkleinre. So ermittle ich die Vergrößerung durch das Verhältnis des Maßbezugsbalkens wie er als scheinbare Größe auf dem Papier (z.B. 20mm) zu der wahren Größe des Maßbezugsbalkens (200µm) liegt.
Ich könnte auch das Bild mit 50-facher Vergrößerung so skalieren, dass der Maßbezugsbalken das doppelte also 40mm lang ist und dann den entsprechenden Kreis von 78,9mm auswerten. Dann hätte ich wieder eine 100-fache Vergrößerung oder?