Mikro- und Nanoanalytik an Feinstaubpartikeln

Begonnen von wilfried48, Februar 08, 2017, 00:30:21 VORMITTAG

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wilfried48

Hallo,

ich möchte im Rahmen eines Schülerpratikums Partikelanalytik an Feinstaubpartikeln mit Zuordnung zu den Partikelquellen
mit dem Lichtmikroskop betreiben.
Hat jemand hiermit Erfahrung und kann etwas über die Probennahme und Probenpräparation sagen oder entsprechende Literatur nennen.
Im Netz habe ich bisher nur folgenden link gefunden der meinen Vorstellungen entspricht (siehe Lichtmikroskopbild am Ende
der Webseite):
http://www.pr.uni-freiburg.de/pm/surprisingscience/UmweltGesundheit/gesundheitsfeinde-in-der-luft/gesundheitsfeinde-in-der-luft

Mir ist ist klar das man für kleine Partikel auch REM und Röntgenmikroanalytik braucht, auch das wäre durch einen Besuch am Institut unter Anleitung möglich. Aber es sollte möglichst viel selbständig von den Schülern mit dem Lichtmikroskop gemacht werden können. Vor allem die Probennahme und die Präparation.

viele Grüsse
Wilfried
vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
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Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Lupus

#1
Hallo Wilfried,
ich kann nur soviel sagen, dass in den landesweiten Luftmesstationen der Feinstaub aktiv mit definiertem Volumenstrom eingesaugt wird und je nach Analyseverfahren meist durch einen Glasfaserfilter aufgefangen wird. Da gibt es eigene genormte Verfahren dazu, auf der Internetseite z.B des LfU in Bayern oder des LUBW in BW könntest du wahrscheinlich mehr dazu finden. Man kann das Verfahren sicher mit einem gedrosselten Staubsauger oder Fön für die Schüler simulieren.

Falls Du nicht weiter kommst, ich habe einen guten Kontakt zu einem solchen Umweltamt und könnte nachfragen. Die analysierten Partikel liegen übrigens mehr im Mikrometerbereich (z.B. genormte Feinstaubfraktionen PM10 und PM2.5). Bei der Analyse wird es für eine Schule schwierig, vor allem weil teilweise wegen angelagerter organischer Stoffe auf "Staub" eine chemische Analyse notwendig wäre.

Hubert

Bob

Hallo Wilfried,

kämen da nicht mikrochemische Nachweise, wie Reinhard sie betreibt, in Frage?

Viele Grüße,

Bob

Reinhard

#3
Hallo Bob, hallo Hubert, hallo Wilfried,

ich vermute, daß Feinstaub (überwiegend ?) aus organischem Material oder aus Steinstaub, also überwiegend unlöslichen Silikaten besteht.
Das wäre also insgesamt ein (mehr als) schwieriges Geschäft für die (nichtprofessionelle) Mikrochemie.
Nicht umsonst verwende ich für meine mikrochemischen Bemühungen gut lösliche Minerale mit Anionen wie Phosphate, Arsenate (weil's so viele davon gibt), Carbonate und
Vanadate. Aber selbst hierbei vermeide ich die Anwendung von mir gänzlich unbekannten Mineralen. Dazu bräuchte man dann im schlechtesten Fall den kompletten ( und noch auf die seltenen Elemente U, W, V, usw. erweiterten) Trennungsgang.
Im Mikromaßstab ein für mich auch in Zukunft leider unmögliches Ansinnen.

Deshalb denke ich, das würde nur funktionieren, wenn man sich z.B. auf den Nachweis von Blei im Staub ( und hier durchaus wieder mithilfe des Kristallnachweises als "Tripelnitrite") beschränken würde.

viele Grüße
Reinhard
seit wann ist Kunst ein Fehler ?



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www.mikrochemie.net

micromax

#4
Hallo Wilfried,

sehr ausgiebig mit dem Thema beschäftigt hat sich Walter McCrone

https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_McCrone

Ich denke der Particle Atlas von ihm kann immer noch als Standardwerk gelten:

http://mcri.org/v/419/The-Particle-Atlas-Book-Volume-I-Principles-and-Techniques

Auf der homepage findet man auch eine online version.

http://www.mccroneatlas.com/

Gute Anleitungen zur Präparation gibt es hier:

https://books.google.de/books?id=1Ljk1_NQ9fQC&printsec=frontcover&dq=forensic+science+petraco&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjdgrzMmIDSAhWGXBQKHRGKBM0Q6AEIWDAG#v=onepage&q=forensic%20science%20petraco&f=false


Viele Grüße
Thomas

Lupus

Hallo Reinhard,

das Problem ist dass die Feinstaubzusammensetzung sehr stark davon abhängt, wo und wann man die Probe nimmt. Innerstädtisch nahe Straßen sieht das anders aus als auf dem Land. Neben Ruß (Kohlenstoff) und organischen Kohlenwasserstoffen sind viele Mineralien als Oxide enthalten. Es gibt Zeiten mit hohem Saharasandanteil, im Winter Partikel durch Straßensalzaufwirbelung. Nahe Straßen feinster Reifenabrieb, auf dem Land Pollen und Staub aus Landwirtschaft und Tierhaltung. Und natürlich Fasern aller Art. Da gibt es in Verbindung mit den städtischen Feinstaubgrenzwert-Überschreitungen viele Analysen und Veröffentlichungen.

Hubert

wilfried48

Hallo,

vielen Dank für die bisherigen Anregungen

Was man beim LUBW etc. nachlesen kann und wie die bei den derzeitigen Feinstaubmessungen angewendete Probennahme PM10 und PM2.5 und quantitative Auswertung durch Differenzwägung von Faserfiltern funktioniert ist mir schon klar.
Aber das ist ja nur eine Gesamtmengenmessung mit grober Unterscheidung der Grössenfraktion.
Mir geht es in dem Schülerpraktikum eher um die lichtmikroskopische Darstellung der Partikelverteilung und die Zuordnung zu den erzeugenden Quellen, also Dieselruß, Reifenabrieb, Haushaltsheizung (Asche), Pollen, etc.
Ich war  vor ca. 15 Jahren an einem solchen Projekt "Quellen der Partikelemmission" das vom LUBW finanziert wurde beteiligt:
https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahUKEwjn1MjIqYDSAhWkBZoKHWTCBXkQFgghMAA&url=http%3A%2F%2Fwww.fachdokumente.lubw.baden-wuerttemberg.de%2Fservlet%2Fis%2F40076%2FBWE99001SBer.pdf%3Fcommand%3DdownloadContent%26filename%3DBWE99001SBer.pdf%26&usg=AFQjCNETlJEeLf98XsCLbN7h-8XEbLnaPQ
Aber da haben wir mit grossem Geschütz REM, TEM, EDX gearbeitet. Und die Probennahme erfolgte professionell durch den Projektpartner UMEG (Karlsruhe) die auch die Messstationen im Land betreibt.
Die Frage ist nun wieviel davon kann man bei entsprechend angepasster Probenpräparation schon im Lichtmikroskopie (Auflicht- Durchlicht- Phasenkontrast, Polarisation) erkennen und in einem Schülerpratikum mit vereinfachter Probennahme möglichst selbständig erforschen. Die Probennahme braucht natürlich nicht quantitativ zu sein, sondern sollte nur repräsentativ die verschiedenen Partikel erfassen. Wenn man sehen will wie typischer Weise ein Dieselrussaggregat aussieht geht man mit der Probennahme eben in die Nähe eines Dieselauspuffs, bei Partikeln die man Haushaltsheizungen zuordnet geht man zum Vergleich in die nähe eines Kamins etc.
Meine Frage an die "Schwarmintelligenz des Forums" geht daher eher auch in Richtung, wie stelle ich möglichst einfach gute Präparate für das Lichtmikroskop her. Was wähle ich als Probenträger und wie bringe ich ihn in das Probennahmegerät ein um eine gleichmässige Abscheidung zu gewährleisten. Das Probennahmegerät sollte einfach sein und von den Schülern selbst gebaut werden. Der Hinweis auf einen gedrosselten Staubsauger als Ansaugpumpe war schon mal hilfreich.
Wenn nachher solche Bildchen
http://www.pr.uni-freiburg.de/pm/surprisingscience/UmweltGesundheit/gesundheitsfeinde-in-der-luft/dwd-ai-uni-freiburg.png
herauskämen, auf denen man viele Partikel schon mal anhand der Aussehns nach Herkunft unterscheiden kann, wäre das ja schon mal eine gute Basis für ein Schülerpraktikum.
Eine Anfrage beim Deutschen Wetterdienst woher diese LM Aufnahme stammt und wie die Probe genommen und präpariert wurde habe ich parallel laufen.

viele Grüsse
Wilfried

vorzugsweise per Du

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Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

Lupus

Hallo Wilfried,

ich denke Du wirst an der Verwendung der von mir erwähnten Glasfaserfilter oder ähnlichem als Ersatz nicht vorbei kommen. Nachdem die farblich relativ neutral sind lassen sich darauf eingefangene Partikel gut identifizieren bzw. müssen irgendwie unter einem guten Stereomikroskop "abgeklopft" werden damit sie auf einen Objektträger fallen. Normalerweise würde man hintereinander geschaltete spezielle Filter (erst grob, dann feiner) verwenden. Aber vielleicht reicht es für die Schule auch wenn man einen Atemschutz-Feinstaubfilter der Schutzklasse P2 oder P3 zerlegt und das Filtervlies daraus verwendet. Die müssten bis 0.6 Mikrometer filtern.

Hubert

Bob

Hallo Wilfried,

die Partikel könntest Du sicherlich auch mit einem Klebeband oder einem klebrig beschichteten Objektträger einfangen. Anders als bei einem Filter hast Du sie dann schön ausgebreitet in einer Ebene, und auch im Durchlicht untersuchbar. Eventuell könnt Ihr die Partikel auf dem Objektträger so fixieren, dass Ihr sie anfärben könnt.

Wenn es sich zeigt, dass die Partikelvielfalt in normaler Umgebungsluft für Eure Methoden zu groß ist, könnt Ihr Eure Luft auch selbst anmischen, indem Ihr gefilterte Luft gezielt mit ein paar reinen Feinstäuben anreichert, deren Quelle Ihr kontrollieren könnt. Das könnten z.B. kleine Pulvermengen sein, die über einen Ventilator in die Luft eingemischt werden. Dann könnte die eine Schülergruppe der anderen die Luft verschmutzen, und diese müsste dann herausfinden, welche Partikel aus einer kleinen Auswahl beteiligt sind.

Viele Grüße,

Bob


Viele Grüße,

Bob

Klaus Herrmann

Lieber Wilfried, tolle Sache!

Ich kann aus eigener Erfahrung die "Tesafilm-Methode" nicht empfehlen; also einen Klebeabklatsch mit Tesa zu machen und das dann auf einen OT draufkleben. Da hat man dann Schlieren und jede Menge Luftblasen der Kleberschicht im Bild, sieht bescheiden aus!

Filter direkt untersuchen unter gutem Stemi und Filter ausklopfen geht ganz gut.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Lupus

Hallo,

Zitatdie Partikel könntest Du sicherlich auch mit einem Klebeband oder einem klebrig beschichteten Objektträger einfangen
das wird allein deswegen schwierig weil da kein ausreichender Volumenstrom gefiltert wird. In einem m3 Luft sind nur etwa 20 µg Feinstaub, da braucht man mit einem einfachen Staubsauger immerhin etwa eine Minute um dieses Volumen durch den Filter zu bekommen. Auf der Oberfläche eines Klebebandes scheidet sich dagegen keine relevante Menge ab weil aus strömungstechnischen Gründen praktisch kein Luftaustausch darauf erfolgt, und wenn sammeln sich dort eher unrepräsentativ schwere Teilchen, die zufällig auf das Klebeband fallen.

Hubert

Bob

Hallo Hubert,

der Einwand ist natürlich berechtigt. Könnte man da mit einer Art Zentrifuge nachhelfen? Für Wilfrieds Experiment kommt es ja vermutlich nicht auf maximale wissenschaftliche Exaktheit an, sondern auf ein begreifbares Prinzip, dessen Leistungsfähigkeit ja dann auch hinterfragt werden kann.
Ich denke einfach, dass man die Partikel in einem Filter nur noch schlecht zu fassen bekommt, und sich die Methode eher für eine Auswertung mit einem aufwendigen Automaten eignet.

Viele Grüße,

Bob

Lupus

Hallo Bob,

man könnte eventuell die Luft verflüssigen und dann in die Zentrifuge geben.  ;D

Du sagst ja selbst, es kommt nicht auf wissenschaftliche Exaktheit an, wenn der Filter voll ist wird man schon einen relevanten Teil herausklopfen können. Vielleicht kann man mit geringen Mengen eines flüchtigen Lösungsmittels, das dann direkt auf dem Objektträger verdunstet, etwas nachhelfen.

Es gibt spezielle Geräte, mit denen man den Feinstaub direkt in verschiedenen Fraktionen sammeln kann (sog. Impaktoren, funktionieren etwas wie ein filterloser Staubsauger durch Ablagerung in strömungsfreien Zonen, aber im kleinen Maßstab), aber die kann man für das Schulpraktikum kaum besorgen.  ;)

Hubert

Cluster001

Heute hatte ich von Mikrometeoriten gelesen, welche ein norwegischer Forscher aus dem Staub auf Dächern extrahiert hat.

Frei zugänglicher Artikel (Englisch) zu dem Thema.

Vielleicht findet sich darin ja etwas, was hier hilft.

Grüße

Roland

Leica DM 750

Bob

Staubabscheider arbeiten teilweise auch mit elektrostatischen Feldern. Das wäre vermutlich einfacher als Versuchsaufbau umzusetzen als eine Fliehkraftabscheidung.
Lackiereien nutzen das Prinzip um den Lacknebel gezielt auf das zu lackierende Objekt zu lenken.

Viele Grüße,

Bob