Bestimmung antiker Leitz Kondensor

Begonnen von Lupus, Februar 11, 2017, 21:08:08 NACHMITTAGS

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Dypsis

#15
Hallo Hubert,

vielen Dank für die Bilder. Sehr interessant.
Der Hals und Tubus sind mit Sicherheit von einem A-Stativ (eher nach 1910). Das gab es auch mit englischem Fuß. Mit Deiner Altersschätzung liegst Du ganz gut. Ich würde sie nur eher 1910 oder später ansetzen. Der Hals des A-Stativs war 1905 noch gestreckter bzw. schlanker


Stativ A mit normalem Fuß


Stativ A mit englischem Fuß


Stativ A mit englischem Fuß


(Größenvergleich zu einem zeitgleichen Stativ D)


Der Fuß bei Deinem kommt mir recht merkwürdig vor. Oder zumindest seeeehr Vorserienmäßig. Der Kreuztisch ist einfach nur an eine serienmäßig Ringhalterung für den runden Tisch (das sieht bei Timos Tisch doch deutlich anders aus) gebastelt. Auch die Gravur ist merkwürdig. Erstens stimmt die Schrifttype so gar nicht mit der "leitzschen" überein und dass Leitz mit "Leitz London" graviert hätte habe ich bisher auch noch nirgends gesehen. Es wurde eigentlich immer mit Leitz Wetzlar und dann einer Filialbezeichnung oder einer Landesniederlassung signiert.

Nach dem Kondensor such ich mal in meinen Katalogen, doch habe ich nicht viel Hoffnung. Könntest Du vielleicht noch den Durchmesser angeben?

Beste Grüße
Thomas


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Dypsis

Hubert,

ich denke Du hast da einen aus der Fassung geratenen Leitz-Dunkelfeldkondensor.
Vielleicht ist die Fassung an Deinem Stativ auch etwas "überarbeitet"?







Grüße
Thomas
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Lupus

Hallo Thomas,

ZitatDer Fuß bei Deinem kommt mir recht merkwürdig vor.
ich hatte ja schon den Begriff "Designstudie" verwendet um anzudeuten dass das Stativ meiner Meinung nach experimentell war. Und ich habe ein Bild (das ich momentan nicht mehr finde) des späteren Serienstatives angeblich aus dem Jahr 1912 - wie das Stativ DE - gesehen, das dann von der Form der drei Beine fast identisch wie das Stativ DE aussah. Da stand übrigens auch E.Leitz London drauf.
ZitatDer Kreuztisch ist einfach nur an eine serienmäßig Ringhalterung für den runden Tisch (das sieht bei Timos Tisch doch deutlich anders aus) gebastelt.
Der Tisch ist drehbar und mechanisch solide mit dem typischen englischen Kreuztisch verbunden, jeweils mit Nonius. Ich kann mir vorstellen dass man das Mikroskop nach speziellen Anforderungen in England für eine Kleinserie zusammen gebaut hat, vielleicht war der Kreuztisch aus englischer Fertigung weil man selbst so etwas in Deutschland nicht hatte.

Zitatich denke Du hast da einen aus der Fassung geratenen Leitz-Dunkelfeldkondensor.
Vielleicht ist die Fassung an Deinem Stativ auch etwas "überarbeitet"?
Warum aus der Fassung geraten? Das Stativ hat wie man auf den ersten beiden Bildern sehen kann einen zentrierbaren und höhenverstellbaren Kondensorhalter mit 39 mm Innendurchmesser, in dem die zugehörigen Kondensoren von unten wie auf den Fotos (Hellfeld) oder oben (Dunkelfeld und der fragliche Kondensor) eingeschoben werden. Das obere einschraubbare Teil sieht wie Dein Kondensor aus, aber ich vermisse bei meinem die innen vorhandene äußere Spiegelfläche, die jeder Kardioidkondensor hat und die auch mein anderer alter Leitz Immersions-Dunkelfeldkondensor erkennbar hat.

Hubert

Dypsis

Hallo Hubert,

ich bin mir ziemlich sicher, dass das mit diesem Fuß niemals in Serie gegangen ist. Wie der englische Fuß des A-Stativs in der Serie ausgesehen hat, siehst Du ja auf dem Bild von mir.

Das Oberteil eines Stativs an einen fremden Fuß zu adaptieren ist mechanisch ja keine große Herausforderung. Was spricht gegen die Möglichkeit, dass das jemand gemacht hat?

Und der Tisch bzw. seine Halterung extrem vorserienmäßig aussieht, dabei würde ich bleiben. Er mag solide angebracht sein, nur dass die Halterung für einen Runden Tisch ist, sieht man doch mehr als eindeutig. Der Kreuztisch ist einfach nur aufgeschraubt. (vielleicht aus dem Grund den Du nennst)

Der Kondensor hat einen Durchmesser von 39 mm? Hätte ich nach dem Foto echt nicht gedacht. Ich meinte er wäre meinem vom Durchmesser her (aus der Fassung genommen) recht ähnlich.
So kann man sich täuschen.

Grüße
Thomas
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Lupus

Hallo Thomas,

Zitatich bin mir ziemlich sicher, dass das mit diesem Fuß niemals in Serie gegangen ist.
mit diesem Fuß sicher nicht, aber mit einem leicht modifizierten Fuß der hinten (wo das hintere Bein montiert ist) einen halbkreisförmigen Bogen macht wie das Stativ DE von Dr. Mappes. Und dieser Fuß ist ja eindeutig von Leitz speziell für den englischen Markt gemacht. Wenn ich das Foto wieder finde zeige ich es.
ZitatUnd der Tisch bzw. seine Halterung extrem vorserienmäßig aussieht, dabei würde ich bleiben.
Wenn ich mir das Stativ DE ansehe kann man auch fragen, warum man nicht einen originalen Leitz-Kreuztisch verwendet hat. Übrigens ist das keine Halterung für einen runden Tisch, sondern ein funktionsfähiger runder Drehtisch mit Winkelskala, auf den der Kreuztisch aufgesetzt wurde. Wie sah denn zu dieser Zeit ein solcher kombinierter Leitz-Tisch aus?

Das mit dem Kondensordurchmesser war vielleicht ein Missverständnis, 39 mm ist der untere (rötlichbraun oxidierte) Durchmesser, mit dem er in die Fassung geschoben wird.

Hubert



Dypsis

Hallo Hubert,

das was Du da hast ist ein A-Stativ. Kein D. Sieht man an den Dimensionen und
nur die A-Stative (vielleicht auch B, das weiß ich nicht genau) gab es mit dem weiten Tubus für die Mikrofotografie.

Die A-Stative in der Zeit hatten alle einen runden Tisch. Entweder wurde ein Präparateführer angesetzt oder man hatte einen Runden Tisch mit integriertem Kreuztisch.
(Fotos morgen). Die kleineren Stativ gab es auch mit rechteckigem Tisch, doch hier gab es nur die ansetzbaren Präparateführer.

Grüße
Thomas
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Lupus

Hallo Thomas,

ich glaube Du hast mich falsch verstanden:
Wenn ich vom DE Stativ gesprochen haben, habe ich immer das kleinere englische Stativ von Dr. Mappes gemeint, nicht mein großes! Und mir ist auch klar, dass der klassische englische Fuß von Leitz aussieht wie bei Deinem Mikroskop oder meinem abgebildeten Ia Stativ. Das ändert aber nichts daran, dass Leitz offensichtlich auch für eine kurze Zeit (nach dem Beitrag von Dr. Mappes von 1912-Kriegsanfang) das typische englische Dreibein gebaut hat, aber eben wohl mit wenig Erfolg.

Hubert

ortholux

Kollegen,

das Mikroskop ist 20 Jahre zu alt für mein Wissen. Somit möchte ich gerne ein paar Fragen fragend aber auch hinterfragend stellen.

Zunächst hat Thomas recht. Es wurde der Kreuztisch, der auf dem Prospekt von Timo zu sehen ist, (nicht der von Timos Mikroskop, welcher 2 Stellschrauben hat) auf einen Drehtisch geschraubt.

Hubert, Du brauchst nur die Zentrierschrauben soweit zu lösen, daß sich der Tisch nach vorn gegen die (verchromte) Gegenfeder drücken lässt. Dann springt er aus der Halterung. Ein Blick von unten auf die eigentliche Tischplatte offenbart evtl., die "Schrauberei" - wer auch immer sie durchgeführt hat.

Nun meine Fragen:
- Gab es Leitz'sche Messingmikroskope aus dieser Zeit ohne schwarz lackierten Fuß und Hals?
- Ist das Messing des Fußes wirklich grüner als das Messing des restlichen Geräts?
- Wo stand die Seriennummer der großen Stative? (Huberts hat offensichtlich keine)
- Timos und Thomas' Geräte haben mehr Chromteile als Huberts. Gehört das so?

Aber um nochmal zur Ausgangsfrage zurückzukommen.
Es ist sehr sicher ein Dunkelfeldkondensor (bin derzeit auf Reisen und kann erst Freitag nachsehen). Die Dimensionen sind doch mit Thomas' Kondensor identisch. Nur eben mit anderer Fassung.




Die 1.2er Dunkelfeldkondensoren waren immer nur recht kleine "Schraubkapseln", welche auf irgendeine Halterung geschraubt wurden.





Gute Nacht
Wolfgang

Dypsis

Hallo Wolfgang,

ein paar Fragen kann man beantworten:

Zitat von: ortholux in Februar 15, 2017, 23:38:56 NACHMITTAGS

Nun meine Fragen:
- Gab es Leitz'sche Messingmikroskope aus dieser Zeit ohne schwarz lackierten Fuß und Hals?

ja und nein. Die mit Buchstaben bezeichneten, also die etwas moderneren gab es nur mit schwarzem Fuß und Hals
Die die weiterhin mit der römischen Ziffer bezeichnet waren, also die "klassische" Form mit horizontalem Feintriebrad, waren offensichtlch ziemlich bunt lieferbar. Schwarze Füße und Messinghals, beides schwarz und (in der Zeit wohl seltener) alles in Messing

Zitat von: ortholux in Februar 15, 2017, 23:38:56 NACHMITTAGS- Ist das Messing des Fußes wirklich grüner als das Messing des restlichen Geräts?

Das schien mir auch so, muss aber nichts heißen. Huberts Stativ war wohl nie lackiert oder wurde entlackt (was ich ehrlich gesagt für wahrscheinlicher halte). Dass für den Fuß eine etwas andere Legierung verwendet wurde kann schon sein, das fällt häufiger auf wenn man entlackte Stative sieht.

Zitat von: ortholux in Februar 15, 2017, 23:38:56 NACHMITTAGS- Wo stand die Seriennummer der großen Stative? (Huberts hat offensichtlich keine)

Mal hier mal da. Mal am Nacken, mal am Tubus mal auf dem Fuß. Am Fuß auf einem der beiden Hufeisenschenkel oder bei den kleinen englischen Füßen auch hinten am "Hinterbein"

Zitat von: ortholux in Februar 15, 2017, 23:38:56 NACHMITTAGS- Timos und Thomas' Geräte haben mehr Chromteile als Huberts. Gehört das so?

s. o.


So, jetzt geh ich auch ins Bett.

Gute Nacht alle miteinander
Thomas
Ich bevorzuge das forumsübliche Du!

Lupus

Hallo,

dass der Kreuztisch auf einen runden Drehtisch aufgeschraubt ist, ist eigentlich unstrittig. Das normalerweise kleine Loch der dünnen Tischplatte ist bei diesem Drehtisch bis zu dem zentralen Innengewinde der Drehführung aufgebohrt damit auch dicke Kondensoren weit genug bis zum Kreuztisch hochgefahren werden können (der zugehörige Trocken-Dunkelfeldkondensor hat immerhin einen Lichtaustrittsdurchmesser von 32 mm). Der Tisch hat außen eine umlaufende Skala, die Kreuztischskala ist darauf angepasst. Wäre interessant ob die Drehtischskala Original Leitz ist.



Über den Hintergrund der Lackierung kann man streiten. Das Mikroskop ist meiner Meinung nach einfachheitshalber klar lackiert da es offensichtlich kein Serienmodell ist. Lacke gab es damals in zahlreichen Tönungen, das abgebildete Stativ Ia z.B. hat einen ausgeprägten "Honig"goldton. Der Lack ist ziemlich alt und hat charakteristische Oxidations- und Gebrauchsspuren. Ich kann mir nur schwer vorstellen, warum man damals einen schwarzen Lack hätte entfernen sollen.

Ich habe den Link zu einem baugleichen (Klein-)Serienstativ gefunden, da ist lediglich der Fuß wie schon von mir erwähnt geändert und die Höhenstellschraube für den Kondensor nur einseitig. Die Fußform ist fast identisch mit dem englischen Modell DE wenn man von der Größe absieht, auch anscheinend Baujahr 1912. Und hier ist die Beschriftung wieder E.Leitz London. Kräftig aufpoliert und alles in Schwarz-Gold sieht sogar der Kreuztisch nicht mehr aufgesetzt aus.  ;)
http://www.antiquemicroscopesandslides.com/leitz-antique-microscope-english-foot

Die Frage zum Dunkelfeldkondensor hat sich erledigt, nachdem ich eine kleine eher provisorisch angebrachte Linse, die mir nicht aufgefallen ist, vor der winzigen Eintrittskalotte entfernt habe. Da hat anscheinend jemand an eine spezielle Beleuchtung angepasst. Jetzt lässt sich der Lichtkegel einfach auf einer immergierten Mattscheibe darstellen. Schade, doch kein spezieller Kondensor.

Hubert


ortholux

Deins, lieber Hubert, ist ja schon impossant.
Aber das teilweise schwarze von "Deinem" Händler ist unglaublich.

Vielleicht sollte ich doch in Messing...?
Wolfgang

Lupus

Hallo Wolfgang,
den Messing-Bereich von Leitz hat ja Thomas schon ziemlich abgegrast. Bleiben noch die Jahrgänge 1925-1934. Da ist aber meist nur ein bescheidener Messinganteil zu bewundern.   ;D

Hubert

ortholux

Zitat von: Lupus in Februar 16, 2017, 21:01:56 NACHMITTAGS
Bleiben noch die Jahrgänge 1925-1934. Da ist aber meist nur ein bescheidener Messinganteil zu bewundern.

Eigentlich war 1930 und mit Seriennummer 300 000 Schluss mit Messing. In den Katalogen sieht man bis zur Mitte der 30er Jahre noch Messingstative. Das ist aber den Druckstöcken geschuldet. Mir kam bisher kein Stativ unter, das eine Seriennummer deutlich über 300 000 hat.

Ich konnte es nie direkt vergleichen. Aber die letzte Gernartion mit Messing-Anteilen ist augenscheinlich identisch mit den ab 1930 hergestellten Stativen in schwarz/chrom. Somt bleib ich mal bei meinen "Leisten".

'nacht
Wolfgang


Dypsis

Hallo Hubert,

ich muss zugeben, dass ich doch ein gutes Stück zurückrudern muss. Das lackierte Stativ sieht wirklich beeindruckend aus. Und es belegt überzeugend, dass Deines nicht selbstgebastelt ist.  Ich war mir ziemlich sicher, dass es sich bei Deinem Stativ um einen Wolpertinger handelt, von einem ambitionierten englischem Mechanikus ins Leben gerufen.
Doch ob es sich wirklich um eine Leitzgeburt handelt? Auffällig ist, dass es einen eigenen Serienummernstart geben soll. Das hat Leitz eigentlich nie gemacht (wobei man schon fragen muss, was hat Leitz nicht gemacht?). Aber gut, wenn es Leitz London war und nicht Leitz Wetzlar, dann ist wohl alles möglich.

Auf jeden Fall nochmal Glückwunsch zu Deinem Stativ!! Und danke für´s Zeigen!

Grüße
Thomas
Ich bevorzuge das forumsübliche Du!

Lupus

Hallo Thomas,
danke für Deine Glückwünsche. Eigentlich wäre es noch interessant da weiter nachzuforschen. Es wäre ja denkbar dass damals der Ruf Deutschlands im Sinken war und nur eine britische Firmenvertretung Importe versprach, und auch eine entsprechende Inschrift London vorteilhaft war. Kennst Du einen Ansprechpartner bei Leitz, der da aus Archiven Bescheid wissen könnte?

Hubert