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Backpulver

Begonnen von Heiko, März 22, 2017, 21:41:05 NACHMITTAGS

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Heiko

Hallo,

fluffige Lebensmittel verdanken ihre Genese oftmals dem ordinären Backpulver. So trivial die Wirkung auch sein mag, steckt doch etwas subtilere Chemie dahinter.
Funktionsgewährende Bestandteile sind jedenfalls Natriumhydrogencarbonat und Dinatriumdihydrogendiphosphat.
Das Dinatriumdihydrogendiphosphat fungiert als mildes Säuerungsmittel, das dem Hydrogencarbonat die ,,Kohlensäure" austreibt.
Nach der Reaktion sollte, da das Dihydrogendiphosphat mit Wasser zum Dihydrogenphosphat reagiert, also ...
... ja was eigentlich vorliegen?



Da die Kristalle nicht mehr carbonatisch reagieren, bestehen theoretisch drei Optionen:
1. (Tri)natriumphosphat-Dodecahydrat,
2. Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat,
3. (Di)natriumhydrogenphosphat-Dodecahydrat.

Nach GROTH bildet Nr. 1 trigonal einachsige Kristalle.
Nr.2 kristallisiert rhombisch mit 2V = 83°. Das würde soweit erst einmal passen.



Allerdings hat die Lösung dieser Kristalle sauer zu reagieren – ich messe einen deutlich basischen pH-Wert.

Bleibt Nr. 3, zu der ich keine Angabe zum Kristallsystem auftreiben kann.

Viele Grüße,
Heiko

olaf.med

Lieber Heiko,

wenn das Achsenbild von dem gezeigten Kristall stammt, ist rhombische Symmetrie sehr wahrscheinlich, allerdings kann der Achsenwinkel keinesfalls 83° betragen. Normale Mikroskop-Optik vorausgesetzt, sollte der Achsenwinkel Deines Interferenzbilds unter 50° sein.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Klaus Herrmann

(Di)natriumhydrogenphosphat-Dodecahydrat.
krisallisiert monoklin lieber Heiko. Schöne Achsenbilder
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Heiko

Liebe Ratgeber,

danke für die Hinweise, die nun das (Di)natriumhydrogenphosphat-Dodecahydrat sehr favorisieren: monoklin zweiachsig, alkalische Reaktion, passende Gesamtstöchiometrie.

Aus der Mutterlauge wachsen schnell ansehnliche Klunker, deren Flächenprofil mit dem 3,2er abbildbar ist:





Achsenbilder liefern – jetzt fehlen mir natürlich die Vokabeln – die in ,,Kopflage" kristallisierten Nadeln:



Viele Grüße,
Heiko

olaf.med

Lieber Heiko,

jetzt werde ich unverschämt und fordernd: kannst Du bitte ein solches "Kopfbild" einer Nadel mit der genau eingezeichneten Lage der Achsenebene zeigen. Es könnte ein Lehrbuchbeispiel für die Bestimmung der (monoklinen) Symmetrie aus der Kombination von Optik und Morphologie sein.

Herzliche Grüße,

Olaf
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Heiko

#5
Lieber Olaf,

Du glaubst nicht, wie mich das ,,Zeuch" heute geärgert hat – machte partout keine ,,Kopfstände" mehr – und das, nachdem ein Schmelzversuch die Kronjuwelen ruiniert hatte ...

Als Notbehelf mag deshalb dieses rüftige (mundartlich fränkisch) Altpräparat dienen. Ich ahne, was Du mit ,,Lehrbuchbeispiel für die Bestimmung der (monoklinen) Symmetrie aus der Kombination von Optik und Morphologie" meinst – hoffe aber dennoch auf die Erläuterung aus Deiner Feder.

Viele Grüße,
Heiko





olaf.med

Lieber Heiko,

nun habe ich ja ein ganz schlechtes Gewissen, dass ich Dir Deine Freizeit ruiniere - und das noch zusätzlich, da das Ergebnis nicht das erhoffte ist: hier sind die Kristallkanten parallel zu der Auslöschungsstellung (oberes Bild, Normalstellung des Achsenbilds und E-W-Orientierung der beiden prominenten Kristallflächen). Wir nennen dies "gerade Auslöschung" und das ist eigentlich typisch für rhombische Kristalle, kommt jedoch auch in einigen Orientierungen monokliner Kristalle vor. Wir sind also leiderr nicht schlauer als zuvor....

Wäre die Auslöschung schief, hätten wir rhombische Symmetrie ausschließen können.

Trotzdem schöne Fingerübung und interessante Fragestellung.

Herzliche Grüße,

Olaf
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Heiko

Lieber Olaf,

ich bin mir des Wertes Deiner ,,Forscheraufträge" durchaus bewusst und möchte sie keinesfalls missen.
Der gestrige ,,Ärger" gründete auf dem Wunsch einer besseren Abbildungsqualität. Nachdem heute wiederum etliche Tropfen der Mutterlauge auf dem OT ohne die begehrte ,,Kopfschnitt-Lage" kristallisierten ...
... gehe ich jetzt noch einem letzten Verdacht nach.

Zwar sind am Boden des Mutterlaugen-Glases die gesuchten Morphen vorhanden, für ,,schöne" Interferenzbilder aber wohl schon zu dick.

Immerhin habe ich dabei heute gelernt, wie überflüssig doch die Bertrand-Linse ist, hat man nur an geeigneter Stelle eine Luftblase in der Eindeckung:



Viele Grüße – und danke für die Erläuterungen zur geraden und schiefen Auslöschung,
Heiko

Klaus Herrmann

Lieber Heiko,

Zitatich bin mir des Wertes Deiner ,,Forscheraufträge" durchaus bewusst und möchte sie keinesfalls missen.

Einen besseren Mentor findest du sicher nicht - auch keinen strengeren! ;)

Spannend und schön, was du uns da bietest! Solltest du das Phosphat in Gramm-Mengen benötigen: es ist in meiner großen Liste vorhanden!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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olaf.med

#9
Lieber Heiko,

sehr schöne Beobachtung! Es handelt sich um das von Schröder van der Kolk empfohlene Verfahren zur Beobachtung von Interferenzbildern sehr kleiner Kristalle - ich selbst habe es noch nie praktiziert. Hier die Beschreibung aus Rosenbusch-Wülfing, Mikroskopische Physiographie, 1924:



Herzliche Grüße,

Olaf
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Heiko

Lieber Olaf,

danke Dir für die Zuordnung des beobachteten Phänomens.

Saubere ,,Kopflagen" auf dem OT erhalte ich momentan aus dieser ,,Stammlösung" nicht – warum auch immer. Weder der Kühlschrank noch ein erster Versuch zur Herabsetzung der Verdunstungsgeschwindigkeit brachten da Abhilfe. Ich bin schon so verzweifelt, dass ich über ein neu zu opferndes Backpulver-Tütchen nachdenke ...

Viele Grüße,
Heiko

Klaus Herrmann

#11
Zitatdass ich über ein neu zu opferndes Backpulver-Tütchen nachdenke ...

alternativ wäre eine Spende - gegen Spendenbescheinigung - aus dem Süden der Republik um psychische Schäden bei einem liebenswert eifrigen Kollegen zu verhindern.

Auf dem Gefäß steht p.a Merck. Hoffentlich ist das sauber genug. 8)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Heiko

Lieber Klaus,

gib zu, auch Du würdest fuchsteufelswild, wäre ein Befund nicht reproduzierbar.

Nun ist er es:





Tatsächlich aber erst mit einem neuen Tütchen – identische Ingredienzien, anderer Abfüller. Dies wiederum stimmt mich derart bedenklich, dass ich endlich auch über die Verwendung der Reinsubstanz nachdenke.
Bevor ich auf Dein dankenswerter Weise wiederholtes geäußertes Angebot eingehen möchte, lasse mich erst in meinem Fundus kramen – bin halt geizig – der Überblick ist längst verloren gegangen ...

Viele Grüße,
Heiko   

Klaus Herrmann

Lieber Heiko,

Zitatbin halt geizig
Das weiß ich wohl. Ich habe gehört, wie du beim Kauf des schönen Mikroskops zäh um einen Preisnachlass gerungen hast ;D ;) ;D

Mit diesem Hintergrund habe ich dir doch freiwillig eine Reinstprobe als S P E N D E angedient. Ich habe hier einen einen Freundeskreis Heiko der Erste gegründet, der als einziges Ziel hat dich und deine schönen Arbeiten zu unterstützen. Man kann Mitglied werden durch Überweisung von 100.- € auf das Konto microhai Passwort LetToRt Auf der Oahu-Bank Honolulu
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Heiko

Lieber Klaus,

ich merke schon, Du nutzt meine ,,Notlage" aus.
Fast fürchte ich mich vor dem Kristallisationsgebaren des reinen (Di)natriumhydrogenphosphat-Dodecahydrats und der möglichen Ausschließlichkeit monokliner Nadeln.
Du darfst mir das Zeuch nur schicken, wenn Du im Misserfolgsfall gelobst, einen Aufsatz über ,,Die Wirkung kolloidal gelöster Amylose auf die Tracht sekundärer Alkaliphosphate" zu verfassen.

Ist das ein Angebot?

Viele Grüße,
Heiko