Polfilter, linear oder zirkular

Begonnen von Udo Hammermeister, April 14, 2017, 12:23:16 NACHMITTAGS

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Udo Hammermeister

Hallo,

Es wird oft gesagt, dass man für die Polarisations-Mikroskopie ausschließlich lineare Polfilter benutzen darf. Nun habe ich die Erfahrung gemacht, und auch durch theoretische Überlegungen gestützt, dass es auch mit zirkularen Polfiltern geht. Für die Fotografie werden heute überwiegend zirkulare Polfilter angeboten. Zunächst muss man wissen, wie ein zirkularer Polfilter aufgebaut ist. Nämlich ein linearer Polfilter gefolgt von einer ?/4 Beschichtung in richtiger Drehausrichtung (nähere Einzelheiten und Erklärungen siehe Wikipedia oder Physikbuch). Dreht man den zirkularen Polfilter um, sodass die ?/4 Beschichtung vorne ist, wirkt er wie ein normaler linearer Polarisator. Also Polarisator mit ?/4-Schicht unten und Analysator mit ?/4-Schicht oben. Unten ein Bild, was ich mit genau dieser Anordnung aufgenommen habe. Für den Analysator würde ich sogar gerade einen zirkularen Polfilter empfehlen, da nachfolgende Komponenten wie Okulare, Tubus mit seinen vielen Prismen, und vor allem die Kamera nicht mehr durch linear polarisiertes Licht irritiert werden.

Eine andere Frage, die oft disskutiert wird, ist, ob man auch fotografische Filter nehmen kann, oder ob es unbedingt Spezialfilter von Zeiss, Olympus usw. sein müssen. Ich habe festgestellt, das heutige fotografische Polfilter doch eine ziemlich gute Qualität haben hinsichtlich des dunklen Hintergrunds in gekreuzter Stellung. Ich habe mal probiert, die Rest-Transmission von gekreuzten Polfiltern irgendwie größenordnungsmäßig zu bestimmen. Ich habe 3 Aufnahmen mit einer Kamera gemacht mit immer gleichen Einstellungen, Abstand und vor allem Belichtungszeit. Hinter den Filtern sitzt eine matte 52W-Halogenlampe. Als Referenz habe ich auch Neutral-Graufilter fotografiert (ich kann mit meiner Kamera keine photometrischen Messungen machen, die 5 Größenordnungen auseinander liegen, bei aller Liebe;-). Einen mit der Bezeichnung NG10 1mm und einen NG3 2mm. Wenn die irgendwo im Netz aufgesuchten Transmissionswerte richtig waren, müssten beide Filter zusammen eine Rest-Transmission von 4*E-5 (0,004%) haben. Nach Auswerten der Fotos komme ich bei den gekreuzten heutigen Polfiltern auf ca. 5*E-5 Restlicht.

Früher war das anders. Ich habe einen der beiden Polfilter mal durch einen älteren ersetzt (siehe 3. Foto). Mein erster Polfilter von 1972, damals Markenqualität, 40DM. Man sieht einen deutlichen Unterschied. Dieser Unterschied fällt bei Tageslicht (mehr Blauanteil) noch viel stärker auf, auch mit dem Auge als hellblauer Hintergrund sofort zu erkennen. Irgendwo muss der technische Fortschritt in den 45 Jahren doch zu sehen sein.

Grüße
Udo

   
Kristalle von Aspirin                                                                Referenzaufnahme mit Neutral-Graufiltern

   
Polfilter 2017                                                                          Polfilter 1972

PS. Ich habe die Bilder noch einmal ausgetauscht. Bei den ersten war ein automatischer Weißabgleich eingestellt, was nicht sein sollte.