Wieso gelbgrünliche Tönung bei optischen Gläsern von CZJ-Mikroskopen (Mikroval)

Begonnen von Peter V., April 20, 2017, 11:40:03 VORMITTAG

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Peter V.

Hallo,

weiß jemand, woher die deutlich gelbgrünliche Tönung der optischen Elemente (Kondensoren, Tuben) aller Mikroskope der Mikroval-Serie (Amplival etc.) kommt? Sie ist so deutlich, dass das Bild selbst mit einem Blaufilter noch gelblich erscheint und selbst eine Weißlicht-LED mit hoher K-Zahl immer noch zu einem gelblichen Bild führt?



Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

knipser009

hallo Peter

Bei einigen DDR-Fotoobjektiven wurde in die Glasmasse Thorium ( ein alpha-Strahler) beigemischt. Ein Beispiel sind die CZJ-Pancolare aus den 70ern. Der Brechungsindex der Linsen wurde erhöht und damit erschien es den Objektivbauern als das Mittel der Wahl. Zerfallsprodukte führen zur Gelbfärbung des Glases. Eventl ist es bei Mikroskopobjektiven ebenso.
Viele Grüße aus dem SaarPfalzKreis

Wolfgang
gerne per "Du"

Silber_und_Licht

Guten Tag Peter,

das ist aber nicht auf ZEISS Jena beschränkt. Von ZEISS in Göttingen wurde zur gleichen Zeit sogar ein Magenta-Filter (ich meine sogar in zwei verschiedenen Stärken) angeboten, welches die grüngelbe Färbung der verwendeten Gläser in der Photographie kompensieren sollte. Besonders auffällig ist das im Durchlicht-Axiomaten, wo es in Kombination mit bestimmten Farbfilmen (Fuji vor Allem) schon mal zu recht grünen Bildern kommen konnte. Heute natürlich durch die Rechnertechnik in der Dokumentation nicht mehr aktuell. Beim rein visuellen Betrachten fällt das eigentlich weniger auf.

Freundliche Grüße

Wolfgang
"Du" fänd' ich ganz in Ordnung.

das Schönste: ZEISS Lumipan
das Liebste: LEITZ Panphot II, Ortholux
das Beste: ZEISS Axiomat

eine etwas umständliche Vorstellung: www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=28652.0

Bob

Hallo zusammen,

radioaktive Elemente als Glasbestandteil wurde auch von anderen Herstellern verwendet. Die Kodak Aero-Ektar Luftbildobjektive aus dem 2.Weltkrieg gehörten dazu, und ein paar Pentax-SLR-Objektive von Ende der 1960er Jahre. In Frage kommen generell Hochleistungsobjektive vor ca. 1975. Bei den Pentax-Objektiven hilft es wohl, das Glas längere Zeit direkter Sonneneinstrahlung auszusetzen, um den Gelbstich zu beseitigen.

Viele Grüße,

Bob

Tausendblatt

Moin Bob,

wie Wolfgang schon sagte, warmtönig und grünstichig ist bei viellinsigen Systemen normal, wenn das auch eine ungewöhnlich warmtönige Optik bei Dir ist...

Ich habe mal, da ich für Planfilmfarbdias "feingefiltertes" Licht möchte, diverse Optikkombinationen mit einem Farbtemperaturmesser (Gossen Colormaster 3F) durchgemessen.
Einige Ergebnisse, nur unterschiedliche Objektive, Rest unverändert:
Objektiv;  Farbtemperatur;  Farbstich (incl. aller Optiken des Mikroskops)
Planapo 4;  5500K;  CC20G (Grün)
Planapo 10;  5300K;  CC20G (Grün)
Planapo 25 oder 40/0,95;  5000K;  CC20G (Grün)
Planapo 40/1,0 Öl;  4600K;  CC25G (Grün)  // mein wärmstes Objektiv...
Planapo 63/1,4 Öl;  4850K;  CC25G (Grün)

Ein Magentafilter CC20M oder CC25M** ist also immer gut.

Ein Okularwechsel bringt übrigens wenig Unterschied...

Farbreine Grüße
Jens

** das sind die Werte nach Kodak Nomenklatur, wie sie der Colormaster anzeigt.
Vermesse ich verschiedene Magentafilter (habe da welche von Sinar und Tiffen) direkt,
stimmen nur manche mit ihrer Bezeichnung überein...  ::)
Daneben gibt es noch Filter, die bei gleicher Wirkung mehr Einheiten brauchen, von Orwo etwa.
Eine weitere Tücke ist, das manche Magentafilter warmtönig sind, andere nicht.
Weitere Hindernisse auf dem Weg zum "farbkalibrierten" Mikroskop sind Magenta- oder Grünstichige "Neutral"-Graufilter und Blaufilter...

Jürgen Boschert

Hallo Jens,

könnte sein, dass der Grünstich -zieht sich ja durch alle von Dir gemessenen Objektive- kein Zufall ist, sondern mit dem Umstand zusammenhängt, dass die Empfindlichkeit und Auflösung unserer Augen für Grün am höchsten ist ?

Gruß !

JB
Beste Grüße !

JB

Tausendblatt

Zitat von: Jürgen Boschert in April 20, 2017, 23:12:55 NACHMITTAGS
Hallo Jens,

könnte sein, dass der Grünstich -zieht sich ja durch alle von Dir gemessenen Objektive- kein Zufall ist, sondern mit dem Umstand zusammenhängt, dass die Empfindlichkeit und Auflösung unserer Augen für Grün am höchsten ist ?

Gruß !

JB

Hallo Jürgen,

Du meinst, ein absichtlicher Grünstich? Ich vermute eher, das es die Korrekturmöglichkeiten der Optiken zu sehr einschränken würde, alles auf Neutralität zu konstruieren.
   
Auch fällt auf, das die aufwändigeren Optiken weniger neutral sind - wie bei Fotooptiken, wo ein Leica Noctilux 1,0/50mm wärmer als ein Summichron 2,0/50mm ist.

Und einfach 20 Einheiten Magenta fest irgendwo als Planglas unterzubringen, würde die Bildhelligkeit um ca. 30% reduzieren...

Beste Grüße
Jens


jochen53

Hallo,
ich nehme an, bei Mikroskop-Objektiven sind die Korrektur der Abbildungsfehler und das Erreichen einer hohen Auflösung bei hohem Kontrast das Hauptziel, Farbneutralität steht da nicht so im Vordergrund. Die Farbtemperatur änderte sich ja sowieso bei jeder Verstellung am Regeltrafo. Farbneutralität kann man durch Filtern erreichen, ebenso wie bei der Fotografie, jedoch wurde das zu Analog-Foto Zeiten von Amateuren bei Color- Umkehrfilmen nur sehr begrenzt gemacht, bei Negativfilmen erledigte das (mehr oder weniger zufriedenstellend) der Printer im Großlabor, der Profi jedoch betrieb immer großen Aufwand, um Farbstiche zu vermeiden.
Viel Grüße Jochen

Lupus

Hallo,
eine fehlende Farbneutralität kann bei allen Optiken, Foto- und Mikroskopobjektiven, auftreten. Wenn man von der Verwendung von nicht farbneutralen Sondergläsern einmal absieht entstehen Farbstiche auch durch die Entspiegelungsschichten. Die beruhen auf der Interferenz dünner Schichten. Bei einer hochwertigen Entspiegelung mit vielen Schichten kann man deren Dicke individuell so variieren, dass die Restreflexionen mehr oder weniger gleichmäßig über den sichtbaren Bereich verteilt sind. Aber meist eben nicht vollständig. Es reicht schon eine gering schneller ansteigende Reflexion am äußersten roten oder blauen Rand des Spektrums um den Eindruck eines andersfarbigen Farbstiches zu erzeugen. Die alleinige Messung der Farbtemperatur kann da zu falschen Schlüssen über Kompensationsmaßnahmen durch Farbfilter führen.

Hubert

Peter V.

Hallo,

was ich meine, ist aber eine "Besonderheit". Ich kenne ja nun viele Mikroskope aller möglichen Altersklassen und Hersteller, aber so eine massive "Tönung" wie bei der Mikroval-Serie kenne ich von keinerlei optischen Mikroskopkomponenten anderer Hersteller oder Generationen. Es betrifft auch keine absolut hochrechenden Linsen, sondern vor allem die Kondensoren (und wohl Elemente der Tuben). Eigentlich kenne ich eine solch starke Tönung nur noch von dem MBS-10-Stemis.
Bei diesen Gläsern muss schon etwas "anders" sein als bei sonstigen in der Mikroskopfertigung aktuell und früher verwendeten Gläsern.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.