Nochmal Amphipleura pellucida, Feinstruktur auflösen

Begonnen von Carlos, Juni 29, 2017, 11:46:55 VORMITTAG

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Carlos

Hallo Zusammen,
Beim letzten Treffen der Mikroskopiker Rhein/Main am 2. 6. 17 in DA hat mir ein ,,Diatomeen-Fachmann" einige Streu-Präparate von Diatomeen aus dem ,,Lago Maggiore" geschenkt. Eingedeckt sind die Diatomeen in Zrax. Darunter war auch eins vom Aufwuchs auf einer Boje, bei dem ich glaube, darin relativ viele ,,Amphipleura pellucida" zu erkennen. Diese Diatomee hatte ich bisher noch nicht ,,unter dem Mikroskop".
Über die Schwierigkeiten, die Feinstruktur der Kieselalge ,,Amphipleura pellucida" mikroskopisch zu erkennen, wurde hier im Forum mehrfach berichtet. Schon die Alge selbst in Diatomeen-Präparaten zu erkennen, ist nicht ohne Probleme, da sie in vielen Eindeckmitteln, selbst in Zrax eingedeckt, sehr schwach kontrastiert. Dies hab ich nun selbst sehen können.
Lange war ich schon froh, die m.E. für Amphipleura pellucida typische ,,Grob-Struktur" zu erkennen. Die Feinstruktur, in Form von aus ,,Poren-Ketten"  gebildeten, quer laufenden Linien war im Durchlicht, Dunkelfeld, Phasenkontrast trotz Pleurax als Eindeckmittel nicht zu sehen. Offensichtlich reicht die mit meinen Mitteln erreichbare, wirksame Apertur (Öl-Kondensor A= 1,25 und 100-fach Öl-Objektiv A=1,30) für die Auflösung nicht aus.
Mit schiefer Beleuchtung sollte man theoretisch das Auflösungsvermögen für Teile des Bildes erhöhen können. Dabei spielt die Richtung und Form der ,,schiefen Lichtquelle" eine entscheidende Rolle. Die Einstrahlung des ,,Schieflichts" erfolgte in Längsrichtung der Diatomee bzw. quer zum Linienverlauf. Damit ist es mir erstmals gelungen, die in der Diatomee quer laufenden Linien zu erkennen. Es ist die feinste Auflösung, die ich bisher mit meinen optischen Mitteln erreicht habe. Für die die Linien bildenden, einzelnen Poren reicht die Auflösung allerdings nicht.
5 MP Touptek-Okularkamera mit Tandem-Objektiv aus 17 mm Plössl- und 10X Periplan GF-Okular, Leitz 100-fach Öl-Objektiv A=1,30, Leitz Öl-Kondensor A=1,25, schiefe Beleuchtung.
Amphipleura pellucida
(Ich hoffe nur, meine Bestimmung der Diatomee als ,,Amphipleura pellucida" stimmt.)

Gruß Carlos
Ich muss mich korrigieren: Das Präparat ist mit Zrax , nicht mit Pleurax eingedeckt.

Tausendblatt

Hallo Carlos,

das ist eindeutig eine Amphipleura pellucida.   :-)
Für den Anfang ist das Bild schon ganz gut, für weitere Versuche wäre polarisiertes Licht (Diatomee zwischen zwei gekreuzte Lin. Polfiltern) und/oder ein Blaufilter (oder Grünfilter) gut...

Beste Grüße
Jens

Carlos

Hallo Jens,
Danke für Deine Antwort, es ist also tatsächlich eine A.p.
ZitatFür den Anfang ist das Bild schon ganz gut, für weitere Versuche wäre polarisiertes Licht (Diatomee zwischen zwei gekreuzte Lin. Polfiltern) und/oder ein Blaufilter (oder Grünfilter) gut.
Das habe ich auch versucht, leider habe ich damit die ,,Linien-Feinstruktur" nicht erkennen können, weder im Sehfeld noch in der Aufnahme.
Ohne ,,schiefe Beleuchtung" habe ich (bisher) die Linien nicht gesehen. Mit einem Blaufilter und schiefer Beleuchtung allerdings sind die Linien deutlicher.
Die Qualität des Bildes lässt sich sicherlich noch erheblich verbessern. Mir ging es darum, zu zeigen, dass auch mit einfacheren optischen Mitteln (Kondensor- und Objektiv-Aperturen << 1,4) das Linienmuster der A.p. aufgelöst werden kann. Es war schon sehr frustrierend, zu wissen, dass das Linienmuster da sein müsste, aber nicht erkannt wurde. (Keine A.p.? Oder nur der Rahmen einer A.p.? Zu niedrige Apertur?) Umso erfreuter war ich, letztlich doch das Muster noch zu sehen.
Leider habe ich im Streupräparat noch keine A.p. gefunden, die wirklich plan liegt. Deshalb kann ich das Linienmuster nur für einen kleinen Bereich der A.p. sauber einstellen. Ich habe aber noch ein Leitz C- Plan- 100/1,32 Öl-Objektiv, das einen wesentlich größeren, freien Arbeitsabstand hat (0,27 mm auf eine Deckglasdicke von 0,170 mm bezogen) hat. Damit müsste es m.E. möglich sein, auch bei nicht plan liegender A.p. einen größeren Bereich des Linien-Musters scharf abzubilden. Das werde ich mal probieren.
Gruß Carlos

Rawfoto

Hallo Carlos

Deine Überlegung hikt nach meiner Erfahrung, Du hast dann eine gleiche Vergrösserung und auch die NA ist die Gleiche. Durch reduzieren der Öffnung würdest Du mehr scharf bekommen aber die Auflösung verlieren ....

Liebe Grüsse

Gerhard

Ps: Gewinnen kannst Du also nur über die parallele Lage des Objekts
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Carlos

Hallo Gerhard,
Das Leitz C- Plan- 100/1,32 Öl-Objektiv hat zwar die etwa gleiche Apertur, also den gleichen ,,Öffnungswinkel" vom Objekt zur Objektiv-Frontlinse aber ist auf einen größeren Arbeitsabstand ausgelegt. Das Objekt wird trotz des größeren  Arbeitsabstands im Zwischenbild 100-fach vergrößert real abgebildet. Damit das möglich ist, hat das Objektiv eine größere Frontlinse als 100-fach Objektive mit kleinerem Arbeitsabstand. Der größere Arbeitsabstand erhöht aber den (Tiefen-) Bereich, der noch scharf abgebildet wird. (So jedenfalls meine Überlegungen. Was ist daran falsch? Ich lerne gern dazu.)
Gruß Carlos

Bob

Hallo Carlos,

Du kannst den größeren Arbeitsabstand nutzen, um auf tiefere Bereiche im Präparat scharf zu stellen. Der Schärfentiefenbereich jeder Fokus-Einstellung bleibt gleich, da er von Brennweite und Apertur abhängt. Ich denke, dass Dein Vergleich das bestätigen wird.

Viele Grüße,

Bob

JB

Zitat von: Carlos in Juni 29, 2017, 21:09:13 NACHMITTAGS
Das Leitz C- Plan- 100/1,32 Öl-Objektiv

Der größere Arbeitsabstand erhöht aber den (Tiefen-) Bereich, der noch scharf abgebildet wird.

Hallo,

Der Arbeitsabstand sollte keinen Einfluss auf die Tiefenschaerfe haben. Die haengt von der N.A. ab und in geringem Maße außerdem vom Abbildungsmaßstab (laut Lehrbuch).

Das Leitz C Pl 100/1,32 ist allerdings ein Plan-Apo, das sollte die Qualitaet gegenueber dem Achromaten schon verbessern, wenn das Objektiv in Ordnung ist.

Viel Erfolg,

Jon

Eckhard F. H.

ZitatDer Arbeitsabstand sollte keinen Einfluss auf die Tiefenschaerfe haben. Die haengt von der N.A. ab und in geringem Maße außerdem vom Abbildungsmaßstab (laut Lehrbuch).
Hallo Jon,
die Tiefenschärfe hängt nur vom Abbildungsmaßstab ab und die N. A. ist nur als Funktion aus Blende/Brennweite ein Parameter in dieser Beziehung.
Gruß - EFH

Lupus

Hallo,

die Tiefenschärfe hängt, wie Jon gesagt hat, von NA und Abbildungsmaßstab (und zusätzlich der Sensorpixelgröße) ab. Aber wenn man für jeden Abbildungsmaßstab nur ein Objektiv mit einer bestimmten NA hat, besteht natürlich in der Praxis eine direkte Abhängigkeit zwischen beiden Größen.

Hubert

Eckhard F. H.

Zitatdie Tiefenschärfe hängt, wie Jon gesagt hat, von NA und Abbildungsmaßstab
Hallo Hubert,
bedenke aber, daß die Brennweite sowohl in die NA als auch in den Abbildungsmaßstab eingeht.
Gruß - EFH

Lupus

Hallo Eckhard,

das ist natürlich richtig, dennoch gibt es neben der Brennweite den zweiten unabhängigen Parameter Objektivöffnung, und der Bestimmt die NA. Ein 20x z.B. gibt es mit einer NA von 0.22 bis 1.0 (u.a.), also bei gleichem Abbildungsmaßstab des Systems eine deutlich andere NA und damit Tiefenschärfe. Die Tiefenschärfe wird formelmäßig vom Produkt aus Öffnungswinkel und Objektvergrößerung bestimmt. Die Brennweite ist da nur eine Hilfsgröße, die man mathematisch gesehen herauskürzen kann.

Hubert

Carlos

Hallo zusammen,
Eigentlich wollte ich mit meinem Beitrag nur zeigen, dass auch mit weniger aufwendiger (und im Preis deutlich niedrigerer) Mikroskop-Ausrüstung am Beispiel A.p. Auflösungs-Ergebnisse erzielt werden können, für die ,,normalerweise" teure Öl-Kondensor und Öl-Objektive mit Aperturen von 1,4 (aber wer hat die schon) verwendet werden. Ich hielt deshalb mein ,,Auflösungs-Ergebnis" an dem sehr ,,schwierigen" Objekt A.p. trotz aller Mängel des (unbearbeiteten) Bildes für berichtenswert.
Dummerweise habe ich meine Überlegungen zum Vergleich von Leitz Öl-Objektiven mit sehr ähnlicher Apertur (1,30 und 1,32), gleichem Abbildungsmaßstab (100-fach), ausgelegt auf gleiche Tubuslänge (170 mm) aber deutlich unterschiedlichem, freien Arbeitsabstand (bezogen auf ein Deckglasdicke von 0,170) hier angesprochen.
Trotz der vielen Beiträge hierzu ist mir nach wie vor nicht klar, ob sich daraus ein Unterschied in der ,,Schärfentiefe" ergibt. (Wie ich jetzt gelesen habe, ist der Begriff Schärfentiefe präziser als Tiefenschärfe.) Das wäre sicher ein Thema für ein interessantes, ,,neues Thema".
Gruß Carlos

Lupus

Hallo Carlos,

es wurde ja bereits erwähnt, dass die Schärfentiefe unabhängig vom konstruktiven Arbeitsabstand ist. Übrigens sind beide Begriffe möglich, es kommt eventuell nur darauf an was man begrifflich stärker betonen möchte.
Hier ein lesenswerter Beitrag:   ;)
https://scilogs.spektrum.de/sprachlog/im-rausch-der-sch-rfentiefe/

Hubert

   

Carlos

Hallo Hubert,
Mir scheint der Begriff ,,Schärfentiefe" in der Mikroskopie treffender, weil hier m.E. stets, ein Schärfen-Bereich von einem unscharfen Nah-Bereich und einem unscharfen Fern-Bereich eingegrenzt ist. (Unterschied zur Fotokamera).
Zitates wurde ja bereits erwähnt, dass die Schärfentiefe unabhängig vom konstruktiven Arbeitsabstand ist.
Ja, das habe ich natürlich gelesen. Ein nachprüfbarer Beweis ist das sicher nicht. Man müsste doch, zumindest als Physiker oder Mathematiker mit Kenntnissen der Gesetze der Optik, in dem von mir oben beschriebenen Fall zweier sonst gleicher Mikroskop-Objektive mit nur unterschiedlichem, freien Arbeitsabstand physikalisch/mathematisch klären können, ob bezüglich der Schärfentiefe Unterschiede bestehen.
Gruß Carlos

Lupus

Hallo Carlos,

Zitat.....weil hier m.E. stets, ein Schärfen-Bereich von einem unscharfen Nah-Bereich und einem unscharfen Fern-Bereich eingegrenzt ist. (Unterschied zur Fotokamera)
bei der Fotokamera gibt es regelmäßig einen unscharfen Nah- und Fernbereich.  ??? Wer seine Kamera immer nur auf Unendlich stellt und es daher nicht anders kennt verschenkt lediglich seine gestalterischen Spielräume.....

ZitatEin nachprüfbarer Beweis ist das sicher nicht.
Du stellst ganz schöne Anforderungen, da müsste man einige Threads hier im Forum neu aufrollen.  :)
Aber im Prinzip ist es ganz einfach:
Die geometrische Schärfentiefe (es gibt auch eine wellenoptische) ist nichts anderes als die Tiefenausdehnung, innerhalb der ein Objektpunkt, der sich außerhalb der optimalen Scharfeinstellung befindet, noch scharf wirkt: Weil sich das Bild seines geometrischen Zerstreuungskreises, der durch die Randstrahlen des Objektives definiert ist, noch innerhalb der möglichen Auflösung des Bildsensors befindet. Und der Zerstreuungskreisdurchmesser am Sensor ergibt sich durch Öffnungswinkel des Objektives, also der NA, multipliziert mit der gesuchten Schärfentiefe (einfache Anwendung des Sinussatzes) multipliziert mit dem Abbildungsmaßstab des Systems.
Da kommt der Arbeitsabstand nicht vor. Der ist lediglich ein äußeres Merkmal des Objektives, der in keiner optischen Abbildungsgleichung relevant ist außer für die Berechnung während der Konstruktion des Objektives. Er bestimmt nur die Größe der Frontlinse bei vorgegebener NA.

Hubert