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Goldfolie

Begonnen von Heiko, September 06, 2017, 21:44:06 NACHMITTAGS

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Heiko


Liebe Physiker,

Goldfolie lässt bekanntlich grünes Licht durchtreten. Schon Blattgold eignet sich für dieses Unterfangen:



Die Fragestellung klingt oder ist profan, aber warum ist das so? Gibt es eine einfache bzw. verständliche Erklärung für diesen Effekt? Warum also gerade grünes Licht?

Viele Grüße,
Heiko

reblaus

Hallo Haiko -

meine naive Erklärung: Goldgelb wird aus dem weißen Licht (durch Reflektion) herausgefiltert, der Rest des Lichtes wird dann für das menschliche Auge blaugrün.

Gruß

Rolf

Heiko

Hallo Rolf,

die Sache hatte ich mir schon etwas geheimnisvoller vorgestellt, aber das muss ja nicht sein.

Von transparenten Metallfolien oder -filmen, oft werden Cu, Ag und Au genannt, ist recht häufig zu lesen. Die Anwendungen reichen vom Fassadenglas bis in die Elektronik. Aussagen über die ,,Art der Transparenz" sind rar bzw. fehlen.
Beispielsweise hätte ich gedacht, dass Schichtdicke und durchgelassene Wellenlänge korrelieren und der Atomabstand verschiedener Metalle Bedeutung besitzt.
Vermutlich bin ich auf diesem Felde aber einfach auch nur zu unbedarft, um den eventuell im Netz verborgenen Wissensschatz zu heben.

Viele Grüße,
Heiko

Lupus

Hallo Heiko,

Metalle haben einen hohen Reflexionsgrad zumindest im sichtbaren Bereich, weil durch die einfallenden Lichtwellen die freien Elektronen leicht angeregt werden (dabei das ganze Licht absorbieren) und es sofort wieder emittieren. Dadurch entsteht der normalerweise weiße metallische Glanz. Die Eindringtiefe des Lichtes ins Metall ist daher minimal. Ab einer bestimmten Lichtfrequenz überwiegt die Trägheit der Elektronen, das Licht kann nicht mehr vollständig absorbiert und wieder emittiert werden und dringt tiefer in das Metall ein. Das geschieht in der Nähe der sog. Langmuir-Frequenz, die ist von der Ladungsdichte der Elektronen und damit u.a. vom inneren Aufbau des Metalles abhängig. Meist liegt sie im UV-Bereich wie bei Silber und beeinflusst die Metallfarbe nicht. Bei Gold liegt diese Frequenz im sichtbaren Bereich, von 600 nm bis 500 nm sinkt der Reflexionsgrad daher stark auf unter 40%, daher die gelbliche Farbe weil blau wenig reflektiert wird.

Wenn das Gold als dünne Schicht vorliegt, durchdringt das im Bereich der Langmuir-Frequenz nicht mehr reflektierte Licht das Gold, es wird teilweise transparent. Allerdings steigt bei noch höherer Lichtfrequenz die Absorption im Metall wieder ohne dass das Licht reflektiert wird, das lässt sich mathematisch durch die komplexe Dielektrizitätskonstante beschreiben. Im Ergebnis entsteht ein blaugrünes Transmissionsmaximum weil langwelliges rotgelbes Licht reflektiert und kurzwelligeres blaues Licht absorbiert wird. Die Lichttransmission ist also nicht die Differenz zwischen einfallendem und reflektiertem Licht.
Bei Silber liegt der gleiche Effekt im UV-Bereich und ist daher farbneutral, bei Kupfer weiter im roten Spektralbereich.

Hubert

reblaus

Hallo Hubert -

Danke für die ausführliche und verständliche Erläuterung der tieferen Ursachen!

Gruß

Rolf

stefan_

Zitat von: Lupus in September 07, 2017, 23:15:40 NACHMITTAGS
Ab einer bestimmten Lichtfrequenz überwiegt die Trägheit der Elektronen, das Licht kann nicht mehr vollständig absorbiert und wieder emittiert werden und dringt tiefer in das Metall ein. Das geschieht in der Nähe der sog. Langmuir-Frequenz, die ist von der Ladungsdichte der Elektronen und damit u.a. vom inneren Aufbau des Metalles abhängig. Meist liegt sie im UV-Bereich wie bei Silber und beeinflusst die Metallfarbe nicht. Bei Gold liegt diese Frequenz im sichtbaren Bereich, von 600 nm bis 500 nm sinkt der Reflexionsgrad daher stark auf unter 40%, daher die gelbliche Farbe weil blau wenig reflektiert wird.

Guten Abend,

hm das habe ich heute morgen z.B. auch so im Gerthsen gelesen. Wenn man nun allerdings die Langmuir-Frequenz bzw. Plasmakante mal nachschlägt (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4875142/, Table 1), findet man Werte von 8.5 bis 9 eV, also umgerechnet über den Daumen gepeilt eine Wellenlänge von 140 nm. Das ist weitab vom sichtbar-violetten Bereich ...? In der Anorganik bzw. Festkörperchemie wurde uns das damals etwas anders beigebracht: die Farbe von Gold ist ein Effekt der besonderen Bandstruktur, die auf relativistischen Effekten beruht. Die kernnahen 6s-Elektronen haben so hohe Geschwindigkeiten, dass sie eine Massenzunahme, "Verkleinerung der Bahn" und somit Energieerniedrigung erfahren. Dadurch wird allerdings die Ladung des Kerns für die anderen Elektronen besser abgeschirmt, die effektive Kernladung sinkt, und somit steigen insbesondere die 5d-Elektronen in ihrer Energie. Die Farbe von Gold soll nun dadurch auftreten, dass der entsprechende Interband-Übergang von 5d nach 6s (bzw. ich glaub es war eigentlich ein sp-Band) aus dem Ultravioletten ins blau-Sichtbare rückt. Somit verbleibt dann die gelbe reflektierte Farbe ...

Grüße,
Stefan

Lupus

Hallo,

ich sehe keinen allzu großen Widerspruch, die Ursache des speziellen Verhaltens von Gold im Vergleich zu weißen Metallen ist sicherlich seine Bandstruktur. Die makroskopische Beschreibung der optischen Eigenschaften durch z.B. den komplexen Reflexionskoeffizienten etwas ganz anderes. Soviel ich über Messungen aus der Literatur weiß entspricht die Plasmafrequenz von Gold einer Energie von 2.4 eV bzw. einer Wellenlänge von 520 nm.

Hubert

stefan_

#7
Hallo Hubert,

so ganz verstehen tue ich das allerdings noch nicht (hab auch gestern vormittag schon länger drüber nachgegrübelt): zwischen 2.4 eV und den in der obigen Literatur genannten 8.5-9 eV (aus den dort zitierten sieben Quellen) liegt doch ein ziemlicher Unterschied? Könnte es sich dabei um folgendes handeln: die Reflektion von Gold zeigt in der Tat eine Kante bei ca. 500-550 nm:

https://www.filmetrics.com/reflectance-calculator?wmin=380&wmax=820&wstep=1&angle=0&pol=s&units=nm&mmat=Air&mat[]=Au&d[]=100&smat=SiO2&sptype=r

(<-- muss per hand in den Browser kopiert werden, wegen der eckigen Klammern funktioniert das mit dem Url-Code irgendwie nicht. Hübsche Seite, man kann sich auch Transmission/Absorption anzeigen lassen; wie verlässlich die Werte hier allerdings sind, weiß ich nicht ...)

Diese Kante sieht nun aus wie bei "normalen" Metallen die Plasmakante, und somit wird z.T. dieser Wert für Gold als Plasmakante angegeben. Hervorgerufen wird das allerdings durch die Interbandübergänge, wohingegen der Effekt, dass die Elektronen nicht mehr ausreichend schnell folgen können und somit das Metall transparent wird, erst ab ~140 nm im Vakuum-UV eintritt. Das wäre dann der "andere" Wert der Plasmakante, die ich in der obigen Literatur gefunden habe. Wird so ein Schuh draus?

Mittlerweile verwirrte Grüße
Stefan

PS: @ Heiko: Habe hier noch ein Papier gefunden, in dem die Transmission für unterschiedlich dicke Goldfilme gezeigt ist (Figure 6):

http://journal-spqeo.org.ua/users/pdf/n4_2000/514_3_00.pdf

Heiko

Hallo Hubert und Stefan.

Hubert, Deine Erklärung ist wunderbar plastisch und zusammen mit der Abbildung 6 aus dem pdf-Verweis von Stefan entsteht für mich ein rundes Bild.

Danke Euch.

Viele Grüße,
Heiko

Lupus

Hallo Stefan,

eigentlich sollte das von mir nur eine bildliche Beschreibung der Mechanismen sein. Die wissenschaftlichen Artikel zu dem Thema sind oft nicht sehr präzise, auch bei den Bezeichnungen, z.T. mit absolut gegensätzlichen Aussagen. Es gibt einige Artikel über Gold-Nanopartikel zu dem Thema, aber die sind recht einseitig ausgerichtet. Ich kann Dir zu dem sehr speziellen Thema spontan keine Antwort geben. Wenn Du die konkrete Abgrenzung zwischen Absorption durch Plasmafrequenz oder Interbandanregung bei Gold genauer herausbekommen willst bleibt nur der Gang in die Bibliothek und vertiefte Literaturrecherche.  ;)

Hubert

Ulrich S

#10
Moin,
nicht als Erklärung, aber als Denkanstoß:
Bei der Reproduktion von alten Handschriften wird der "Goldauszug", also daß, was im Original golden war nach wie vor per Hand hergestellt und vergoldet. Der Untergrund der Vergoldung ist dabei dunkelblau!, wodurch das golden , ich sags mal trivial, besonders golden wirken kann/soll.

Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

güntherdorn

neulich gelesen:
1200 blattgold-blätter sich 1mm dick.
damit 0,000833 mm = 0,8µ
- gerne per du -
günther dorn
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=444.0
www.mikroskopie-gruppe-bodensee.de
gildus-d@gmx.de