Automatisiertes Aufweichen von Kieselalgenmergel

Begonnen von bernd552, Oktober 15, 2017, 16:32:47 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

bernd552

Hallo Diatomisten,

zum Vertiefen in die Kieselalgenwelt gehört für mich dazu auch deren Aufarbeitung.
Als leidlicher Tüftler (der leider dazu neigt sich zu "verzetteln") und Kieselagenneuling habe ich für das schonende Aufweichen von fossilen Mergel beste Erfahrungen mit folgender Lowcost Variante (ca. 50 EUR) gemacht, die ich alle Interessierte hier weiter geben möchte.

Es handelt sich um einen Peltierkühler (er kann bis -30°C) der per Zeitschaltuhr die fossile Probe periodisch tiefgefriert und auftaut. 

Das mögliche Equipment als Beispiel:

CPU Kühler z.B.
http://www.ebay.de/itm/AAB-Cooling-Super-Silent-P4-PWM-Rev-2-CPU-Prozessor-Kuhler-Lufter-AM3-FM2-115X-/162221615148?hash=item25c529682c:g:e1sAAOSwAANY72OJ

Peltierelement (passt exakt auf o.a. Kühler) z.B.
http://www.ebay.de/itm/TEC1-12706-12V-60W-Cooler-TEC-Peltierelement-Modul-Peltier-Element-Kuhlen-TE609-/201694457497?hash=item2ef5ed2e99:g:BroAAOSwZJBYBnEs

Netzgerät 3-5 A 12V z.B.
https://www.ebay.de/sch/i.html?_from=R40&_sacat=0&_nkw=labor+netzger%C3%A4t+3A&_sop=15
http://www.ebay.de/itm/Regelbares-Labornetzgerat-QUATPOWER-LN-3003-0-30-V-0-3-A-Netzgerat-/142514089932?hash=item212e806fcc:g:dJcAAOSwK31ZsXeu

Zeitschaltuhr z.B.
http://www.ebay.de/itm/Mechanische-Zeitschaltuhr-ExtraStarTimer-24h-Kinderschutz-Zeitschaltung-TG-7/131708390324?_trkparms=aid%3D555019%26algo%3DPL.BANDIT%26ao%3D1%26asc%3D20161121134545%26meid%3Db300daf513c044daa1c87e4bf2b13d8b%26pid%3D100505%26rk%3D1%26rkt%3D1%26&_trksid=p2045573.c100505.m3226

Die Zeitschaltuhr kann alle 15 min das Netzgerät an/ausschalten, das ergibt 96 Tiefkühlzyklen pro Tag.
Aktuell versuche ich mich an Radiolarienmergel von Fa. Krantz, dieser hat sich über Nacht innerhalb von 30-50 Tiefgefrierzyklen zu einem feinen Brei verflüssigt, der zu ca. 95% ein 0,5 mm Sieb passiert (der eingestzter Mergel ist quasi sandfrei).

Eingesetzt habe ich Material im Volumen von ca. 10 ml in einer passenden Wanne auf der Kühlfläche aus Alufolie. Der Kühler könnte von der Kühlkapazität her leicht auch 20-30 ml schaffen.

Vieleicht ist das eine Anregung für den einen oder anderen hier im Forum.

LG
Bernd


plaenerdd

Hallo Bernd,
danke für diese Anregung! Ich habe auch schon darüber nachgedacht, Naturkreide zu gefrieren und wieder aufzutauen, um besser an die Foraminiferen heran zu kommen. Bisher hatte ich aber einfach immer genügend große Probemengen, um aus den 2..3 % die sich einfach so "auflösen" lassen, wenn man das kleingebröselte Zeug in Wasser einweicht und schlämmt, genügend Foraminiferen zu finden. Interessant wäre es aber auf jeden Fall zu erfahren, ob das auch schonend genug ist, damit die Foraminiferen, die ja wesentlich größere Hohlräume ausweisen als Diatomeen, bei dem Frosten ganz bleiben. Auf jeden Fall ein veilversprechender Ansatz!
LG Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

bernd552

Hallo Gerd,

z.Zt. arbeite ich eine fast analoge Probe auf, besteht fast nur aus Kreide / Ton (kann diese ich nicht unterscheiden) und sehr große, kugelförmige Radiolarien.
Ich bin sehr überascht über die hohe Ausbeute an intakten Kandidaten, deutlich über 50% der Radiolarien haben 30-50 Einfrierzyklen + starkes Ultraschall zum Filtrieren und Reinigen tadellos überstanden!!

Die bisherigen unterschiedlichen Streuproben "Radiolarien", die ich bekommen habe, hatten höchstens 1-5% nutzbare Ausbeute. Wahrscheinlich ist meine aktuelle Mergel-Charge von Krantz für Diatomisten zufällig eine sehr gute.   

In einem späteren Thread "sehr effektive Entfernung von Ton/Kreide von Kieselalg." zeige ich die Ergebnisse. Z.Zt. Beurteile ich die Qualität per Stemi (die Radiolarien sind sehr groß und man sieht schon die Tendenz).

LG
Bernd

Carsten Wieczorrek

Hallo Bernd,

finde ich sehr interessant. Kannst Du vielleicht mal ein Foto Deiner Anlage einstellen?

Schönen Abend

Carsten
Für's grobe : GSZ 1
Zum Durchsehen : Amplival Hellfeld, Dunkelfeld, INKO, Phasenkontrast
Zum Draufsehen : Vertival Hellfeld, Dunkelfeld
Zum Polarisieren : Amplival Pol u Auf-/Durchlicht
Für psychedelische Farben : Fluoval 2 Auflichtfluoreszenz
Für farbige Streifen : Epival Interphako

bernd552

Hallo Carsten,

der Aufbau ist unspektakulär,



Der Kühler ist ein Luft-Wasser-CPU Kühler und die Probe ist in Alufolie.

LG
Bernd

Ulrich S

Moin,
ich steh da etwas auf dem Schlauch. Für was brauchts bei dem Aufbau den CPU-Kühler?
Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

bernd552

Hallo Ulrich,

Du mußt beim Peltierelement um Kälte zu erzeugen, die entstehende Wärme abführen https://de.wikipedia.org/wiki/Peltier-Element.

Der CPU-Kühler bietet sich an, weil er von Größe und abzuführender Wärmeleistung (und als Massenprodukt von Preis) exakt zum Standard Peltierelement passt.
Natürlich geht auch ein Eimer mit Wasser und einer Wasserpumpe.

LG
Bernd

Raymond

Zitat von: bernd552 in Oktober 15, 2017, 16:32:47 NACHMITTAGS

Vieleicht ist das eine Anregung für den einen oder anderen hier im Forum.



Eine Anregung ist es bestimmt! Vielen Dank dafür. Ich finde es fabelhaft. Schönes Projekt für den kommenden Winter.

Viele Grüße
Raymond

Johann_M

Zitat von: bernd552 in Oktober 16, 2017, 13:47:51 NACHMITTAGS

der Aufbau ist unspektakulär,

Der Kühler ist ein Luft-Wasser-CPU Kühler und die Probe ist in Alufolie.


Hallo Bernd,

Deine Idee habe ich sofort ausprobiert, habe allerdings noch eine Frage zu dem auf dem Bild gezeigten Aufbau.
Hier tropft das Wasser bei jedem Abtauvorgang einfach auf die gesamte Kühleinheit.
Wäre es nicht besser, die Einheit um 90 Grad zu drehen und auf das Peltierelement einen kleinen rechtwinkeligen Metallwinkel zu schrauben, somit tropft das Tauwasser seitlich vorbei.

Liebe Grüße,
Johann


bernd552

Hallo Johann,

Du hast recht mit dem Kondenswasser, es ist eben ein aller erster Prototyp, der noch verbesserungswürdig ist.
Das mit dem Winkel wird ohne dessen Dämmung nicht klappen, da Du zu viel Kälteübertragung in Deine Probe verlierst bzw. die Taktzeiten für das Einfrieren müssten verlängert werden.

Was bei mir erstmal half, war die Außenflächen der kalten Teile zu dämmen (Schaumfolie), hat aber den Nachteil, dass dann das Auftauen wieder länger dauert.
Nun, wenn die Zeit für Dich unkritisch ist, würde ich diese Variante wählen, dann kannst Du evtl. auch größere Flüssigkeitsvoluminas verwenden (bedenke aber,die Kälteleistung des Peltierelementes ist begrenzt).
Übrigens scheint es vorteilhaft zu sein, den aufzuweichenden Brocken die spätere Waschlösung (mit Detergenzien, Alkalität usw.) statt reinem Wasser zuzugeben, aber nicht zu viel, da der Gefrierpunkt sonst zu sehr erniedrigt wird und das Peltier das Gefrieren nicht mehr schafft.  Den HCl Schritt habe ich vor dem Aufweichen gemacht und danach den pH wieder ins alkalische korrigiert.

LG
Bernd

Johann_M

Hallo Bernd,

ich danke Dir vielmals für Deinen Tip und werde ihn ausprobieren.

LiebeGrüße,
Johann

plaenerdd

Hallo Bernd,
Frage eines Menschen, der wenig Ahnung von Elektronik hat: Kann man die Peltierelemente nicht auch umpolen und dann auf der Seite, die vorher zum Kühlen da war Wärme erzeugen um das Auftauen zu beschleunigen? Dann würde dort eine ordentliche Dämmung schon Sinn machen. Die würde ja auch die Wärme stauen.
Zitat von: WikipediaPeltier-Elemente können sowohl zur Kühlung als auch – bei Stromrichtungsumkehr – zum Heizen verwendet werde
Ahnungslos theoretische Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Johann_M

#12
Zitat von: bernd552 in Oktober 19, 2017, 10:31:23 VORMITTAG

Du hast recht mit dem Kondenswasser, es ist eben ein aller erster Prototyp, der noch verbesserungswürdig ist.
Das mit dem Winkel wird ohne dessen Dämmung nicht klappen, da Du zu viel Kälteübertragung in Deine Probe verlierst bzw. die Taktzeiten für das Einfrieren müssten verlängert werden.


Hallo Bernd,

die Idee mit dem Winkel habe ich auf Dein Anraten aufgegeben.

Das Aggregat steht jetzt mit der Kühlfläche nach oben, was sich auf den Kühlkreislauf anscheinend nicht negativ auswirkt.
Um das Peltierelement dauerhaft an den Kühlkörper anzupressen, habe ich es mit einer Aluplatte 40x40x6mm und Wärmeleitpaste niedergeschraubt und schräg darunter ein Blech montiert, welches das Kondenswasser ableitet.
Nach sechzigmaligem Viertelstundenrhythmus bei jeweiliger Abkühlung auf minus 30 Grad und anschließendem Auftauen entstanden ca. 4 mL Kondenswasser, von dem nichts auf die Kühleinheit gelangte. Die Umgebungsluftfeuchtigkeit lag dabei knapp unter 50% und die Raumtemperatur war 18 Grad.
Dein System ist in dieser Anordnung gut verwendbar.



Liebe Grüße,
Johann

bernd552

Hallo an die Bastler,

@Gerd
im Prinzip sollte das gehen, da ist aber etwas zusätzliche Elektronik notwendig (der Aufbau sollte sollte ja für die Nichtelektroniker hier einfach sein).
Wenn man möglichst wenig Wasser nimmt, dann geht der Einfrier/Auftauvorgang sehr schnell, bei 3-5 ml Wasser fror dieses innerhalb von ca. 5 min ein und taute in ca. 8-10 min wieder auf.

@Johann
Eine sehr gute Idee mit der Rinne! Wenn Du noch auf Deinen "Mergeltopf" einen Deckel machst, hast Du nur eine Kondensation am Rand der Aluplatte, wenn die diese auch Dämmst, fast keine.
Für diesen Fall noch einen Tip: Wenn Du den Lüfter an ein seperates 12V Netzteil anschließt, läuft dieser permanent und hilft so bei schnelleren Auftauen, so könntest Du Taktzeiten 5/5 min erreichen (diese macht aber ein 0815 Zeitschalter leider nicht).

Eine wichtige Sache noch, ich würde beim Peltierelement den Rand hermetisch mit Silikon verschließen, damit kein Wasser reinlaufen kann. Bei mir ist dieses geschehen, was zum Defekt (innere Korrosion) des P. geführt hat.

Viel Erfolg und eine reiche Ausbeuten an intakten Kieselalgen!

LG
Bernd


Johann_M

#14
Lieber Bernd,

vielen Dank für Deine wertvollen Tips, ich werde sie beherzigen und auch durchführen.
Die kurzen Taktzeiten brauche ich allerdings nicht und daher belasse ich es beim Grundprinzip 15/15.

Liebe Grüße aus Graz,
Johann