Vorstellung / Frage zu Mikroskop für Mineralien und Mikrometeoriten

Begonnen von Crystal, November 19, 2017, 13:15:11 NACHMITTAGS

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Crystal

Hallo
mein Name ist Andreas, irgendwann habe ich mal Physik studiert, bislang habe ich hobbymässig eher mit anderen Optiken zu tun: Teleskope....
Wir sammeln aber auch gerne Mineralien, darunter auch sogenannte Micromounts, neuerdings beschäftigen wir uns mit dem Thema Mikrometeoriten.

Wir haben (als Familie) beschlossen jetzt uns ein MIkroskop zuzulegen.
Nach eifriger Recherche denke ich verstanden zu haben, ein STEREOMIKROSKOP zu benötigen. Mir scheint unser gesetztes Budget von max. 400 Euro relativ knapp bemessen zu sein (bleibt dennoch bestehen) - also müssen wir in den Gebrauchtmarkt. Eine Randbedingung ist der Wunsch die Objekte zu fotografieren (wobei erste Erfahrungen mit einem Handy an einem kombinierten Auflicht-/Durchlichtmikroskop der 150 Euro Klasse durchaus sehr zufriedenstellend waren).

Ich habe ein paar Fragen und würde mich über Eure Einschätzung freuen:

- Langt ein Stereomikroskop hinsichtlich der Vergrößerung? Die Mikrometeoriten haben mitunter durchaus nur 20 mikrometer. Und hier möchten wir noch Oberflächen erkennen können! Stereomikroskope scheinen die Wahl zu sein wegen der Tiefenschärfe und dem '3d Blick' sowie großer Objekthöhen. Aber ist 40x fach nicht zuwenig?

- Ist es möglich ein Stereomikroskop, welches mit 30-fach oder 40-fach angeboten wird, noch mit einer Zusatzlinse / anderem Okular 'aufzubohren', oder geht dann der Kontrast in die Knie?

Ich freue mich auf Eure Antworten, gerne nehme ich auch Tipps, ggfs. Links, für empfohlene Geräte oder möglicherweise sogar Angebote für Gebrauchtgeräte entgegen. Meine Email ist im Profil hinterlegt.

Vielen Dank und Grüße
Andreas

plaenerdd

#1
Hallo Andreas,
herzlich willkommen im Forum.
Die Eierlegende Wollmilchsau ist auch bei den Mikroskopen Mangelware. Ich denke, dass Du/Ihr auf jeden Fall ein Stereomikroskop braucht. Das braucht man in diesem Metier immer. Im gesteckten Preisrahmen wäre sicher ein russisches MBS-10 auch mit Fototubus drin. Ich arbeite seit über 25 Jahren damit. Es gibt sicher bessere Stemis, aber es macht seinen Job und ist sehr robust.
Die sehr kleinen Meteorite sind sicher ein Spezialfall, der nicht ganz so oft vorkommt. Hier ist ein Auflichtmikroskop notwendig, wenn Du wirklich bei 20µm Größe noch Oberflächenstrukturen erkennen möchtest. Dafür wird Euer Budget aber nicht wirklich ausreichen. Mein Tip: Kontakt zu einer lokalen Mikroskopikergruppe suchen und mal ein solches Gerät zeigen lassen. Materialwissenschaftler, Geologen, Mikroelektroniker arbeiten mit solchen Geräten. Vielleicht findest Du auch jemanden, an dessem Gerät Du zusammen mit ihm mal schauen kannst, wenn Du einen solch kleinen Kandidaten vermutest. Die Analyseverfahren mit solchen Mikroskopen sind sehr komplex und nicht mal so schnell nebenbei gemacht, zumindest, wenn man nicht "nur mal gucken" will, sondern herausbekommen möchte, ob man Schweißkügelchen oder Meteorite vor sich hat.
Um den Kontakt zu suchen müsstest Du hier in der Vorstellung mal sagen, in welcher Gegend Ihr agiert.
Hast Du dieses Thema in unserem Forum schon gelesen: "Mikrometeoriten - Wer hat konkrete Erfahrungen gemacht?"
Beste Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Klaus Herrmann

#2
Hallo Andreas,

willkommen im Club!

Zu deinen Fragen: Für Micromounts ist ein Stemi unerlässlich und eine wahre Bereicherung. Mikrometeoriten sind eine andere Welt, dafür brauchst du ein Auflichtmikroskop, wie man es in der Materialuntersuchung verwendet. Und mit reinem Hellfeld wirst du dabei nicht glücklich du brauchst zusätzlich Auflicht-Dunkelfeld und Auflicht-Polarisation. Da reicht dann dein Budget nicht aus.
Auch eine Vorsatzlinse mach beim Stemi nur Faktor 2x da kommst du dann auf eine Gesamtvergrößerung von ca 80x

Aber die Freude ist mit einem guten Stemi weitaus größer für einen Mineraliensammler!

Bild: ein Torbernit Kantenlänge ca 250 µ

http://www.directupload.net/file/u/66924/s33yenbv_jpg.htm       




Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Crystal

Hallo nochmal,
da die Frage mehrfach aufkam: Ich bin bei Erlangen wohnhaft, Franken, Bayern...

Vielen Dank für die Infos, die bislang schon kamen!
Ich sehe schon, ich habe das Tor zu einem komplexen Thema aufgestoßen...

Ich denke es zeichnet sich der Trend ab, ein gebrauchtes 'Stemi' (again what learned) mit möglichst großer Vergrößerung als Startequipment zu erwerben. Einige bieten ja sogar eine gewisse 'Durchsichtfähigkeit'.
Darüber hinaus müssen wir wahrscheinlich eher über das 'Netzwerk' operieren, das existierende Teleskop-Equipment nimmt schon bereits sehr viel RAum ein...

Ich habe sogar schon ein interessantes Angebot erhalten, bin außerdem im Netz auch auf ein interessantes Nikon SMZ 1 gestoßen. Mit 33x Okular und 2x Vorsatzlinse komme ich nach Adam Riese auf > 60x Vergrößerung. Ja schonmal nicht schlecht für den 'Stemi'-Start.

Ich warte mal noch weitere Antworten ab.

Gerne, wenn gewünscht, kann ich im weiteren berichten, wie wir vorgegangen und eingestiegen sind.
Beste Grüße
Andreas

TPL

Hallo Andreas,

"Stemi" ist eine Modellbezeichnung für Stereomikroskope der Firma Carl Zeiss. Es wird zwar gelegentlich als Abkürzung für Stereomikroskope im Allgemeinen benutzt, ist dann aber missverständlich.

Das Nikon SMZ 1 ist sicher ein sehr gutes Stereomikroskop, aber 33x-Okulare (ich wusste nicht mal, dass es solche gibt) halte ich für keine gute Idee. Ohne zwingende Gründe sollte man bei der Okularvergrößerung 20x nicht überschreiten. Hintergrund ist das meist eher mäßige Auflösungsvermögen von Stereomikroskop-Objektiven, das ihrem großen Arbeitsabstand geschuldet ist.

Durch Kombination mit einem stark vergrößerernden Okularen erreicht man zwar rechnerisch hohe Vergrößerungen, aber dabei wird üblichereise ein zu gering aufgelöstes Bild nachvergrößert. Stichwort: leere Vergrößerung. Nicht ohne Grund gelten 8x-10x-Okulare als Standard-Ausstattung.

Beste Grüße, Thomas

Diana1982

Hallo Andreas,

Herzlich willkommen hier im Forum!

Freu mich, dass mal wieder ein Franke dazu kommt  ;)

Viele Grüße aus dem Landkreis Bayreuth
Diana
Leitz Orthoplan
Leitz Diavert
Leica DMR
Olympus SZX12

www.microscopia.de

Klaus Herrmann

#6
Zitat"Stemi" ist eine Modellbezeichnung für Stereomikroskope der Firma Carl Zeiss. Es wird zwar gelegentlich als Abkürzung für Stereomikroskope im Allgemeinen benutzt, ist dann aber missverständlich.
Hallo Thomas, dann mache ich ja dauernd was falsch, hat sich aber noch keiner beklagt, wenn ich von einem "Oly-Stemi" gesprochen habe.
Ist es nicht so, wie beim "Tempo" - eine Bezeichnung für alle Papiertaschentücher

Übrigens:  https://de.wikipedia.org/wiki/STEMI   ;)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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HDD

Hallo Andreas

Zum Betrachten von Mikromounts reichen Vergrößerungen bis 40 bis 50 fach vollkommen aus. Viel wichtiger ist bei diesen kleinen Mineralienstufen ein großes Gesichtsfel. Erst damit hat man den umwerfenden räumlichen Eindruck. Da ist weniger Vergrößerung meistens mehr.
Um ganz kleine Kristalle zu erkennen benötigst Du ohnehin ein anderes Mikroskop. Da bewegst Du Dich aber schon im professionellen Bereich. Bis Du mit einem Stemi die Mineralienwelt erforscht hast, vergehen sicher ein bis zwei Jahre oder noch länger. Erst dann erkennst Du allmählich in welche Richtung Deine Interessen bei der Mineralien-Betrachtung gehen. Ich mache das jetzt seit drei Jahren und weiß immer noch nicht wo es mal lang gehen soll, obwohl ich für befreundete Mineraliensammler schon hunderte Bilder gemacht habe. Vermutlich bleibe ich beim Fotografieren hängen.
Mit unseren Schülern im Schülerforschungszentrum habe ich die Erfahrung gemacht, dass man mit einem guten Handy durch ein 10 er Okular des Binos oftmals bessere Bilder machen kann als durch den Foto-Tubus des Stemis. Die sind nur bei den ganz teuren Geräten richtig gut.

Mit einem Nikon SMZ 1 bist Du auf der richtigen Spur. Schau mal auf meiner Webseite unter "Steine und Mineralien"  nach, da kommst Du sicher auf den Geschmack. Die meisten der dort gezeigten Bilder sind auch durch ein gutes Stemi so zu sehen. Möchtest Du sie aber so fotografieren benötigst Du eine anderes Mikroskop und musst Dich mit der Stacking Fotografie auseinandersetzen.

Einfach die Weltkugel unter meinem Bild anklicken und unter der Rubrik " Steine und Mineralien " und "Arbeitstechnik" nachschauen.

Viele Grüße und herzlich willkommen im Club
Horst-Dieter

Crystal

Hallo und Danke an alle für die ganzen Tipps und Hinweise!
Ich habe einige sehr interessante Angebote bekommen, doch mir fällt es total schwer hier abzuwägen welches ist das beste für MEINE Anforderungen.

Angeboten:
alle ca 300-400Euro
Leitz TS Großfeldstereomikroskop
Zeiss Zoom Stereomikroskop IV
Zeiss Stemi Typ 3
MBS 10
Nikon SMZ1
Eschenbach 3351.

Anforderungen an Stereomikroskop:
- Möglichst hohe Vergrößerung bei guter Bildqualität / Kontrast
- Objekthöhen von mindestens 6 cm möglich
- Gerät soll 'lange tragen' - unwahrscheinlich, dass zweites dazu kommt
- Qualität / Robustheit
- Für 9 jährigen Sohn nutzbar (Augenabstand).

Ich möchte keine Diskussionen anzetteln, aber vielleicht kennt jemand mehrere der o.a. und kann mir sagen
(a) welche passen am besten und
(b) welches ist der Vorteil dieses zu kaufen statten meinetwegen einem neuen Bresser Stereom. mit Garantie u Co.? (Mehr Auflösung pro Euro?)

Danke
Andreas

Klaus Herrmann

#9
Hallo Andreas,
Das Leitz ist gut, aber ein schwerer Elefant. Wenn du bei den beiden Zeiss  Stemi III und IV (wichtig wäre IVb )das IV b zum gleichen Preis bekommen kannst, dann würde ich dem den Vorzug geben (Zoom geht bis 5x statt 4x beim III, allerdings muss es das b sein, das IV hat einen unpraktischen Zoom-Drehring.
Den Rest würde ich eher vergessen (ist aber meine ganz persönliche Meinung, ich will keinen Glaubenskrieg damit anzetteln)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

ZitatVon Deiner Liste finde ich das Nikon SMZ1 am interessantesten

Mit welcher Begründung?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Klaus Herrmann

ZitatBauchgefühl.

Das ist natürlich überzeugend. Gab bei Loriot doch das harte Frühstücksei, das nach Gefüüühl gekocht wurde! ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Dr. Jekyll

Hallo Klaus,

Warum ist das TS ein "schwerer Elefant"?  Es ist nicht schwerer als das Stemi IV. Davon abgesehen hat es eine super Optik.
Wenn der Preis eine Rolle spielt würde ich das MBC-10 auch nicht vergessen. Die Optik ist nicht berauschend aber brauchbar und es ist schon für 200€ zu bekommen.
Ich würde allerdings lieber etwas mehr investieren, es lohnt sich.

Hallo Thomas,

Ich schließe mich Deiner Meinung völlig an. 33er Okulare sind bestenfalls für spezielle Anwendungen brauchbar. In meinem Besitz befinden sich Leitz 32er Okulare. Sie nehmen nur Platz weg.

Beste Grüße
Harald

Wutsdorff Peter

Hallo Horst- Dieter,
ich bitte um die genaue Adresse Deine Web-Seite: Steine und Mineralien

Gruß Peter

TPL

#14
Zitat von: Crystal in November 20, 2017, 21:43:46 NACHMITTAGS(...) Anforderungen an Stereomikroskop:
- Möglichst hohe Vergrößerung bei guter Bildqualität / Kontrast
- Objekthöhen von mindestens 6 cm möglich
- Gerät soll 'lange tragen' - unwahrscheinlich, dass zweites dazu kommt
- Qualität / Robustheit
- Für 9 jährigen Sohn nutzbar (Augenabstand). (...)
Hallo Andreas,

zu Deiner Liste und den vorher genannten Mikrometeoriten: Ich kenne Mikrometeoriten bislang nur aus Rückständen mariner Sedimente im Pazifik (wo sie durch die extrem geringen Sedimentationsraten angereichert sind). Allerdings erzwang damals eine halbwegs zügige Aufbereitung die Verwendung von 63 µm-Sieben (Standard in der Mikropaläontologie). Klar, dabei gehen dann sicher viele kleinere Mikrometeoriten durch die Maschen, aber mir fällt auf Anhieb keine Aufbereitung ein, mit der die kleineren Mikrometeoriten durch Aufbereitung angereichert werden könnten. Sieben ist im Bereich der genannten 20 µm sehr problematisch.

Sollten Dir/Euch auch die Mikrometeoriten in Sandkorn-Größe (>63 µm) reichen, dann ist 80-100-fache Vergrößerung genug. Ab diesem Bereich stoßen die meisten älteren, aber auch die bezahlbaren aktuellen Stereomikroskope an ihre optischen Grenzen.

Zur Objekthöhe: einige der genannten Stereomikroskope haben unter dem herausnehmbaren Objektitisch ein "Loch" und erlauben deshalb einen Aufbau oberhalb der Probe. Damit gibt es keinerlei Probleme der Objekthöhe (wenn man von der Zimmerhöhe absieht ;)). Eine andere Sache ist der freie Arbeitsabstand (AA): Der fällt, je nach Modell, sehr unterschiedlich aus, insbesondere bei starken Vergrößerungen. Grob gesagt: Greenough-Systeme (z.B. das Leitz TS) haben bei starken Vergrößerungen einen wesentlich kürzeren AA als galiläische Systeme (z.B. das Stemi IV).

Ob das aber tatsächlich ein Nachteil ist, kann ich nicht abschätzen. Für mich wäre es keiner, denn großen AA brauche ich typischerweise bei schwachen Vergrößerungen (z.B. um die Probe zu platzieren oder auszulesen).

Qualität/Robustheit: Wenn Dir daran liegt, scheiden Neugeräte innerhalb Deines Budgetrahmens aus. Es mag da auch löbliche Ausnahmen geben, aber bei gleich großer Investition erhältst Du speziell in dieser Rubrik bei älteren Geräten mehr für's Geld. Natürlich unter der Voraussetzung, dass deren Technik in Ordnung ist. Bei Gebrauchtgeräten kann das damit verbundene Risiko durch Kauf bei vertrauensvollen Anbietern (gute Händler, Mikromarkt, Mikroskopie-Vereine) auf nahe Null reduziert werden.

Viel Erfolg, Thomas