Rädertiere in der „Frullania-Lebensgemeinschaft“

Begonnen von Michael Plewka, Dezember 07, 2017, 19:19:55 NACHMITTAGS

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Michael Plewka

hallo zusammen,


von Arnold Büschlen erhielt ich einige Proben des Wassersackmooses Frullania dilatata aus der Schweiz. Arnold hat dieses ja sehr schön dokumentiert sowie auch einige pilzliche Parasiten desselben, u.a. hier:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=30105.0

Hier seien nun einige Rädertiere vorgestellt, die mit diesem Moos mehr oder weniger eng vergesellschaftet sind.

Arnold hat ja bereits auf die Wassersäcke (Amphigastrien), d.h. spezielle Blätter  von Frullania hingewiesen. Dort siedeln manchmal  bdelloide Rädertiere, die man zwei Gattungen zuordnet, nämlich einmal Habrotrocha und zum andern Mniobia

Die Bestimmung der Arten ist sehr schwierig, da die Rädertiere in den Amphigastrien versteckt sind und nur ihren vorderen Teil heraustrecken, so wie hier gezeigt:




Wenn man sie dann aus den Amphigastrien herauspräpariert, rädern sie nicht mehr. d.h. man sieht die Korona nicht, die zu Bestimmung absolut notwendig ist. Vieleicht ist das der Grund, weshalb die meisten Publiktionen, die sich mit den in Frullania vorkommenden Rädertieren beschäftigen, nicht die Arten angeben, die dort vorkommen.

Die oben gezeigt Art ist ziemlich sicher H. annulata, die durch  ringförmige Falten an der Ventralseite von Hals und Kopf  charakterisiert ist:




Weitere Bilder hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Habrotrocha%20annulata.html

Eine weitere Art, die ich gefunden habe  gehört zur Gattung Mniobia, allerdings ist es nicht die Mniobia symbiotica, die wohl ,,klassische" Art, welche in den Amphigastrien gefunden wurde, sondern Mniobia scarlatina. Ich habe mehrere Exemplare dieser Art in den Blattachseln von Frullania gefunden:




Über mehrere Tage konnte ich beobachten, dass die Tiere immer wieder Blätter aufsuchten und sich in den Blattachseln verkrochen. Rädernd habe ich die Art nur an diesen Stellen gefunden.
Diese Art kann man eigentlich nur genau anhand der Form der  "Warzen" auf der Epidermis erkennen, die einzigartig bei den Bdelloiden ist. Sie haben eine Form, die an Puzzle-Stücke erinnert:



Weitere Bilder hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Mniobia%20scarlatina.html

Immer wieder wird im Zusmmenhang der Besiedlung von Moosen durch Rädertiere die Frage diskutiert, ob es sich dabei um eiine Form von Parasitismus oder Symbiose handelt. Beispielsweise gibt es in einem alten Mikrokosmos-Heft (Jahrg. 20) einen Artikel mit dem Titel "Zwei Rädertiere als Raumparasiten des Torfmooses" über die neulich hier im Forum besprochenen Arten H. reclusa und H. roeperi. https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=30058.0
Es lassen sich einige Argumente pro und kontra für beide Lebensformen finden; ein Argument  aber ist  im Zusammenhang mit den von Arnold dokumentierten Parasiten ganz interessant: zum  Nahrungsspektrum der auf bzw. in Frullania vorkommenden bdelloiden Rädertiere gehören u.a. Pilzsporen. Das bedeutet: ein  Argument für die Symbiose ist, dass die Rädertiere die Vermehrung der Pilze durch Verringerung der Sporenzahl reduzieren; somit wären sie von Vorteil für das Lebermoos.


Frullania kommt natürlich (auf Dauer) nicht alleine vor, sondern ist  mit anderen Moosen vergesellschaftet. Insofern ist es nicht klar, in welcher Beziehung zwei weitere Rädertierarten, welche   gefunden wurden, zu Frullania stehen.

Zum einen eine Macrotrachela-Art, die ich vorher noch nicht gesehen hatte: Macrotrachela intermedia:




Weitere Bilder hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Macrotrachela_intermedia.html

Zum anderen (eine Variante von) Adineta gracilis, eine Art, die ansonsten sehr häufig in (Torf-) Moosen zu finden ist. Hier mal in Seitenansicht beim Abgrasen eines Detritus-Teilchens fotografiert:




Weiter Bilder hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Rotifers/01RotEng/source/Adineta%20gracilis.html

Viel Spaß beim Anschauen & beste Grüße
Michael Plewka

A. Büschlen

Hallo Michael,

danke für diese spannende Doku. Sie gibt eindrückliche Einblicke in diese kleine Lebensgemeinschaft.

Gruss Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.
- Nikon Optiphot I mit HF, DIC.
- Nikon Microphot mit HF, Pol.
- Zeiss Standard Universal mit HF, Ph, Pol.
- Wild M3Z mit Ergotubus.
- Nikon SMZ-U Zoom 1:10 mit ED Plan Apo 1x.