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Bismut

Begonnen von Heiko, Dezember 05, 2017, 22:20:50 NACHMITTAGS

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Heiko


Hallo,

Bismut kommt ,,natürlich auch bzw. auch natürlich" gediegen vor, durfte ich mit gelindem Erstaunen lernen, da es so unedel (wie angenommen) nicht ist:



Gleich vorweg, den Kriställchen tat ich nichts zuleide, da etwas ,,technisches Bismut", wie hier von Peter so trefflich abgebildet, im Hause war: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=19665.0

Zuerst die subjektiv größte Überraschung. Beim Bismut-Nachweis mit Diacetylglyoxim fallen zuerst diese blauen Nadeln bei x-Pol. auf:



Zielprodukt war aber gelbes Bismut-Diacetylglyoxim. Demnach enthält das technische Bismut durchaus Fe, Co und/oder Ni.
Bismut-Diacetylglyoxim ist natürlich auch zu erhalten, erhöht man die Konzentration des Probetropfens etwas:



Der nicht sonderlich spezifische Nachweis als Oxalat gelingt, die Kristalle halte ich für typisch, bleiben aber recht klein:



Der gelbe Bismut-Thioharnstoff-Komplex ist nicht zur Kristallisation zu bringen, färbt etwas Filterpapier aber um so auffälliger. Auf die klassische ,,Bismut-Rutsche" habe ich verzichtet, da bei geringem Stoffeinsatz kaum möglich und für das ,,Reinmetall" wohl auch nicht nötig:



Wirklich schön war die Fällung des hexagonalen Cäsium-Bismut-Iodids anzuschauen:



Viele Grüße,
Heiko

olaf.med

Lieber Heiko,

herzlichen Dank für das Zeigen weiterer wunderbarer Kristalle!

Eine Frage habe ich allerdings, und wenn ich mich recht erinnere wurde die hier auch schon einmal diskutiert, ich weiß aber nicht mehr mit welchem Ausgang. Darf (oder muss) man im deutschen Sprachgebrauch wirklich Bismut sagen? Ich weiß, die Chemiker sind oft etwas eigen und schreiben sogar Silicat statt Silikat, aber bei Bismut statt Wismut rollt's einem Mineralogen die Fußnägel auf.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Gunther Chmela

Zitat von: olaf.med in Dezember 06, 2017, 11:19:35 VORMITTAG
Eine Frage habe ich allerdings, und wenn ich mich recht erinnere wurde die hier auch schon einmal diskutiert, ich weiß aber nicht mehr mit welchem Ausgang. Darf (oder muss) man im deutschen Sprachgebrauch wirklich Bismut sagen? Ich weiß, die Chemiker sind oft etwas eigen und schreiben sogar Silicat statt Silikat, aber bei Bismut statt Wismut rollt's einem Mineralogen die Fußnägel auf.

Lieber Heiko, lieber Olaf,

dieser Frage, bzw. diesem Einwand schließe ich mich an. Ich habe diese Sprachregelung von Anfang an nicht verstanden - zumal ja das Wort Wismut sogar einen deutschen Ursprung hat. Viele Elemente haben in verschiedenen Sprachen Namen, die von der allgemeinen Nomenklatur abweichen, man denke nur an engl. Potassium, Sodium usw.
Um satirisch zu sein: Ich warte eigentlich nur darauf, daß es bei uns nicht mehr Blei heißen darf, sondern vielleicht "Plump" oder "Plomp"*), denn die Lust am Gehorchen scheint ja bei uns besonders groß zu sein.

Schöne Grüße
Gunther

*) Eigener Einwand: Natürlich "Plumb" oder "Plomb" (wegen des Elementsymbols)!


Ulrich S

#3
Zitat von: olaf.med in Dezember 06, 2017, 11:19:35 VORMITTAG
Darf (oder muss) man im deutschen Sprachgebrauch wirklich Bismut sagen? Ich weiß, die Chemiker sind oft etwas eigen und schreiben sogar Silicat statt Silikat, aber bei Bismut statt Wismut rollt's einem Mineralogen die Fußnägel auf.

Moin,
getreu dem Motto: "Eine Rede ist keine Schreibe" darf man getrost Wismut sagen, auch als Chemiker.
Der spricht ja auch weiter von Acetaldehyd (oder kennt Ihr jemanden, der Ethanal sagt?) und Essigester.
Und Kakodyoxid klingt irgendwie auch mehr nach einer übelriechenden Substanz als [Oxybis(dimethylarsan)].

Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

Klaus Henkel

Zitat von: Gunther Chmela in Dezember 06, 2017, 12:32:28 NACHMITTAGS
denn die Lust am Gehorchen scheint ja bei uns besonders groß zu sein.

Lieber Herr Chmela!

Ein schönes positives Beispiel einer Nomenklatur-Verweigerung ist die Ablehnung von Praktikern der Umbenennung des althergebrachten Namens Diatomeae in Bacillariophyceae. Diatomeen macht sich auch in Buchtiteln einfach eingängiger! Die einzige Folgsamkeit, an die ich mich erinnere, ist die Süßwasserflora von Mitteleuropa (Ettl et al.), deren Bände 2/1 bis 2/4 von Krammer u. Lange-Bertalot den Titel Bacillariophyceae tragen.

Herzlichen Gruß
KH

Eckhard F. H.

Zitat...denn die Lust am Gehorchen scheint ja bei uns besonders groß zu sein.
Hallo Gunter,
nicht nur groß, auch lust- und verhängnisvoll. Eine Art Alkohol.
Gruß - EFH

Heiko

Lieber Olaf,

meine Präferenz für ,,Bismut" erklärt sich ganz einfach, und zwar aus der Tatsache, dass dieser Name seit 1979 durch die IUPAC eingeführt ist.
Mit der neueren Bezeichnung aufgewachsen, ist die ältere für mich mit einem Hauch von Patina umduftet.
Bis zu Deiner Anmerkung war mir nicht bewusst, dass zwischen Mineralogie und Chemie nicht unbedingtes Einvernehmen herrscht – und sei es auch nur in Fragen der Nomenklatur.
Mein persönliches Unmut-Beispiel ist Iod-Iodkalium in modernen Biologie-Büchern, da mit dieser Bezeichnung dem chemisch Grundgebildeten eine unnötige Verkomplizierung zugemutet wird.

Viele Grüße,
Heiko

Thomas M

Lieber Olaf,

eine zugegebenerweise etwas persönliche Antwort auf Deine Frage:

ZitatDarf (oder muss) man im deutschen Sprachgebrauch wirklich Bismut sagen?

Ich bin Chemiker, habe mein ganzes bisheriges (Berufs-)Leben lang dieses Element Wismut genannt und werde das auch weiterhin tun!

Und negative Konsequenzen (Exmatrikulation, Disziplinarverfahren, Bastonade, Landesverweis oder Schlimmeres ...) sind mir bisher glücklicherweise erspart geblieben.   ;)

Außerdem finde ich klingt Wismut eindeutig besser als Bismut.  ;D

Herzliche Grüße
Thomas

Thomas M

Lieber Heiko,

Du hast wieder mal tolle kleine Juwelen prodziert!

Herzlich
Thomas

Dünnschliffbohrer

Hallo Heiko,

es ist ja fast schon beruhigend, dass sich auch andere an dem "B" im Wismut stören. Bitte tu uns doch den Gefallen und ändere es.

Zitatdenn die Lust am Gehorchen scheint ja bei uns besonders groß zu sein.

Ja, dass ist sie zweifellos, aber das ist nichts neues.


"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Klaus Herrmann

Hallo zusammen,

schon sehr komplex mit den Namen und Schreibweisen.
Bismut gefällt mir auch nicht; aber es kommt eben wie viele chemische Namen aus dem Lateinischen wie Cuprum, Calcium (drum ist bei mir der Calcit auch immer noch kein Kalzit) Und das Ferrum bleibt bei mir aber immer noch Eisen, aber Ferri- und Ferrosulfat rutschen mir dann doch auch manchmal raus.
Mit Iod hatte ich lange Probleme, obwohl es vom griechischen Ioeides ἰοειδής abgeleitet ist.

Man kann sich trefflich streiten über den Wandel der Sprache, aber man muss einfach anerkennen, dass sie im Fluß ist.

Worüber man aber nicht streiten kann das sind die tollen Beiträge von Heiko! Bei den schönen Kristallen geht mir wieder mal das Herz auf! :)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Gunther Chmela

Zitat von: Klaus Herrmann in Dezember 07, 2017, 12:20:18 NACHMITTAGS
Bismut gefällt mir auch nicht; aber es kommt eben wie viele chemische Namen aus dem Lateinischen wie Cuprum [...]
Lieber Klaus,

leider wirfst Du hier Dinge in einen Topf, die nicht in denselben Topf gehören! Es ist ein Unterschied, ob eine Sache in einer anderen Sprache einen anderen Namen hat (Beispiel Eisen/Ferrum), oder ob irgendwann ein deutscher Name latinisiert worden ist. Letzteres ist beim Wismut der Fall. Es gibt im lateinischen Alphabet kein "W", und nur daher wurde es dort mit "B" geschrieben.

Und mit "Veränderung einer Sprache" hat das gar nichts zu tun. Eher schon mit meiner Anmerkung über den Gehorsam, die sich übrigens auf gar keinen Fall auf Heiko bezog, sondern auf die IUPAC (bzw. deren Teil, der für die deutschen Bezeichnungen zuständig ist). Na ja, und dann natürlich ein bißchen auf die Teile unserer Gesellschaft, die nur allzu bereitwillig sogenannte "Vorschriften" befolgen. Das braucht hier nicht näher ausgeführt werden.

@ Heiko
Ich bitte um Entschuldigung, daß ich hier zumindest mitgeholfen habe, eine Diskussion loszutreten, die mit Deinem Anliegen, die eindrucksvollen Bilder zu zeigen, nichts mehr zu tun hat. Es tut mir leid!

Grüße an alle
Gunther

olaf.med

Zitat@ Heiko
Ich bitte um Entschuldigung, daß ich hier zumindest mitgeholfen habe, eine Diskussion loszutreten, die mit Deinem Anliegen, die eindrucksvollen Bilder zu zeigen, nichts mehr zu tun hat. Es tut mir leid!

Na ja, eigentlich war ja ich der Bösewicht, und auch mir tut es leid Heikos Beitrag damit befrachtet zu haben. Ich hoffe Heiko weiß, dass ich alle seine Beiträge außerordentlich schätze und mir keinen entgehen lasse.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Klaus Herrmann

Lieber Gunther,

ok ich war wohl etwas schludrig. Als Neusprachler habe ich natürlich nicht gewusst dass das W im Latein nicht existiert.

Aber wie ist es denn beim: Calcit, Kalzit, Kalkspat oder Doppelspat, ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der ,,Carbonate und Nitrate" mit der chemischen Zusammensetzung Ca[CO3] und damit chemisch gesehen Calciumcarbonat.

Hat der Wechsel der Schreibweise Calcit--> Kalzit nichts mit Veränderung der Sprache zu tun? Und wenn die UPAC nun mal verbindlich festlegt, dass aus Jod nun eben Iod wird. Auf meiner Perioden-Tafel, die bei mir im Blickfeld hängt ist das Element 53 mit I aufgeführt.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Gunther Chmela

#14
Lieber Klaus,

eigentlich wollte ich in dieser Diskussion nun wirklich nichts mehr schreiben (siehe meine Entschuldigung bei Heiko). Aber da Du mich so direkt auf einzelne Probleme ansprichst, sollte ich mich wohl doch äußern.

Erstens: Die Vorgaben der IUPAC beziehen sich auf die Fachsprache der Chemie, auf nichts anderes. Die IUPAC hat nicht darüber zu bestimmen, was allgemein in der deutschen Sprache richtig und was falsch ist. (Ob die Mineralogen sich an IUPAC orientieren wollen/müssen, das weiß ich nicht.) Für die Alltagssprache heißt das, Du kannst so oder so schreiben.

Zweitens: "Kalk" (und das ist ja das Grundwort all jener Bezeichnungen, die Du genannt hast) ist ein uraltes Lehnwort aus dem Lateinischen. Die Germanen haben den Kalk durch die Römer kennengelernt und, da sie ihn vorher nicht gekannt hatten, auch das Wort dafür übernommen (lat. calx). Näheres dazu hier: https://www.dwds.de/
Meine (!) Meinung zu all den Namen: In fachlichen Texten würde ich das lateinische "C" bevorzugen; auch jede chemische Bezeichnung würde ich so schreiben (Calcium etc.). Bei Mineralen wäre ich tolerant, weiß aber nicht, ob es da spezielle Regeln gibt (Olaf?). Den Kalk selber aber sollte man so lassen - ein Lehnwort ist kein Fremdwort, es ist alter Bestandteil der deutschen Sprache. So dann auch Kalkstein, Kalkgebirge usw.

Ich hoffe gedient zu haben - schöne Grüße!
Gunther

P.S.: Nachträglich: Wenn Du Calcium aber gern mit "K" schreiben willst, dann aber auch mit "z", also Kalzium, Kalziumkarbonat usw. Das macht aber kaum jemand, oder?